Protocol of the Session on November 19, 2015

(Helmut Holter, DIE LINKE: Die Frage ist immer, wer bringt welche Anträge ein.)

Weiterhin soll der Landtag feststellen, dass öffentliche zentrale, …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Euer Tourismusantrag, der nichts bringt.)

Hören Sie doch mal!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Und jetzt gehts mal um einen konkreten Antrag!)

Hören Sie doch einfach mal zu!

… dass öffentliche zentrale WLAN-Netzwerke fester Bestandteil einer digitalen Infrastruktur sind. Ja, lieber Kollege Herr Holter, das sind sie doch gerade nicht. Das haben Sie hinterher selbst in Ihrer Rede betont!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Was sind sie nicht? – Udo Pastörs, NPD: Das weiß sie nicht mehr.)

Dass sie zentraler Bestandteil der digitalen Infrastruktur sind, das sind sie nicht, das sind sie nicht in Deutschland!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Na eben, weil es die Störerhaftung gibt!)

Und genau das Problem ist es doch hier in Deutschland, dass aufgrund der sogenannten Störerhaftung, Sie haben es selbst gesagt,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja.)

nicht wie in anderen Ländern üblich, überall in den Cafés, in den Hotels und auf den Flughäfen Hotspots für den freien öffentlichen Internetzugang verfügbar sind. Dann gehen Sie sogar so weit, dass Sie diese zentralen öffentlichen WLAN-Netzwerke zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählen wollen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, aus gutem Grund.)

Damit würden Sie einen rechtlichen Anspruch der Öffentlichkeit gegenüber privaten oder kommerziellen Hotspotanbietern festlegen. Oder hatten Sie etwa die Absicht, ein landesweites kommunales oder gar ein LandesWLAN installieren zu wollen?

(Vincent Kokert, CDU: Keine schlechte Idee.)

Das hört sich komisch an, ist es auch, und es ist technisch nicht umsetzbar.

Soweit würde ich nicht gehen, öffentliche zentrale WLANNetzwerke – schauen Sie bitte in Ihren Antrag, da steht das so drin – zur öffentlichen Daseinsvorsorge zu erklären. Dieses Angebot sollte weiterhin freiwillig durch kommerzielle oder kommunale Betreiber oder auch private Anbieter zur Verfügung gestellt werden, natürlich je mehr, desto besser.

Was mich nun noch mehr verwundert, ist, dass Sie sich in diesem Zusammenhang von der Überschrift und auch von der Begründung Ihres Antrages entfernen, denn Sie sprechen von zentralem öffentlichem WLAN. Worum es aber eigentlich gehen sollte, war doch Freifunk,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Netze, die Sie laut Antragsüberschrift zu fördern ersuchen. Kennen Sie den Unterschied? Ich meine, Sie haben ihn auch in der Rede betont. Ich möchte mich gern wiederholen: Zentrale WLAN-Netze sind die Hotspots, wie zum Beispiel in Hotels,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Koalition ist ein bisschen durcheinandergekommen bei dem Antrag.)

ein zentraler Anbieter, bei dem sich die User einloggen. Das kann ein privater oder ein kommerzieller sein, in manchen Städten sind es kommunale Anbieter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, und öffentlich damit.)

Freifunk aber, das sind viele Nutzer mit dementsprechend vielen Internetanschlüssen, vielen Routern,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

die mit einer schnellen Software ausgestattet sind, die sich zu einem Peer-to-Peer-Netzwerk zusammengeschlossen haben, um freie Kapazitäten zur Verfügung zu stellen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig. Und warum soll die öffentliche Hand da jetzt nicht mitmachen?)

Wenn Sie jetzt meinen, das wäre Rosinenpickerei, nein, das sind zwei völlig unterschiedliche Technologien, die man nicht gleichsetzen sollte. Bei der Störerhaftung, die auch später in Ihrem Antrag aufgerufen wird, verfestigt sich genau dieser Unterschied und führt letztendlich zu unterschiedlichen rechtlichen Problemen.

In Punkt II Ihres Antrages sind wir wieder beim Freifunk und das ist auch gut so, denn darum soll es im Antrag ja gehen. Sie fordern, durch unterschiedliche Maßnahmen den Freifunkaktivisten zu ermöglichen, landeseigene oder kommunale Immobilien für die Installation ihrer Anlagen zu nutzen. Ich gehe davon aus, dass Sie die Richtfunkantennen meinen, weil ich mir nur sehr schwer vorstellen kann, dass Sie davon ausgehen wollen, dass Landesbehörden ihre eigenen internen Netze zur Verfügung stellen, um sich am Freifunk direkt als Peer zu beteiligen. Falls Sie genau dieses Ansinnen hatten, wür

de ich hier sofort die rote IT-Sicherheitskarte hochheben und Nein sagen.

(Patrick Dahlemann, SPD: Das darfst du nicht.)

Das würde ich also für mich nicht befürworten wollen. Aber auch Richtfunkantennen würden zum Beispiel bauliche Maßnahmen oder Zutritt zu den Gebäuden erfordern, Minister Glawe hat es schon ausgeführt, und selbst für diesen Zweck hätte ich, genauso wie er, Bedenken, ob das von den Freifunkern denn auch so gewollt wäre.

Es beschleicht mich das Gefühl, dass Sie hier den zweiten Schritt vor dem ersten machen wollen. Gibt es überhaupt den Bedarf von Freifunkinitiativen im Land – haben Sie schon was gehört –,

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Landes- oder kommunale Gebäude für ihre Zwecke nutzen zu wollen?

(Regine Lück, DIE LINKE: Besser als Stillstand.)

Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch, also die Bedarfe sehen relativ mau aus.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, weil die technischen Möglichkeiten nicht da sind. – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann kommen Sie mal nach Greifswald!)

Ist es nicht übertrieben, nur um laut Ihres Antrages – da sind wir wieder beim Antrag – ein Signal zu senden, das „Pro Freifunk“ lauten soll, die Landesverwaltung und die kommunalen Zweckverbände so frühzeitig mit Prüfaufträgen zu belasten?

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, bloß weil Sie das nicht kennen, heißt das nicht, dass es das nicht gibt. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben doch noch Redezeit, Frau Karlowski.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Freifunker zunächst auf die Kommunen, Zweckverbände oder Kurverwaltungen zugehen – wie es üblicherweise eigentlich deutschlandweit ist, ich kenne es so – und erst mal gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort ausloten, welche Möglichkeiten sich durch das Angebot der Initiativen ergeben könnten. Dann könnte nämlich bei Bedarf auf kurzem Wege auch der erforderliche Zugang zu den kommunalen Immobilien erfolgen. Diesen Weg halte ich für den vernünftigeren.

Noch ein Wort zur Störerhaftung. Ein für alle verständliches Beispiel für die Auswirkungen dieses leidlichen Gesetzgebildes – Sie haben es selbst schon ausgeführt – möchte ich anführen: Hier in diesem Hause, im Landtag steht ein fix und fertig installiertes WLAN-Netzwerk für die Öffentlichkeit bereit. Es bedarf nur noch eines Knopfdruckes und wir könnten unseren Besucherinnen und Besuchern frei zugängliches Internet anbieten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Und warum drückt ihn keiner?)

Aber wie Sie schon gesagt haben, wenn über dieses Netzwerk ein anonymer Nutzer eine Urheberrechtsverletzung beginge, also zum Beispiel über eine Tauschplattform eine Musikdatei herunterladen würde, würde nicht der Nutzer, sondern der Landtag für diese Straftat belangt. Der Landtag wäre der sogenannte Störer.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: In jeder kleinen Stadt in Polen gibts das am Markt.)

Da diese rechtliche Unsicherheit besteht, ruht dieses Netz bis heute. Da solche Phänomene nicht nur bei uns, sondern deutschlandweit auftreten und so das Angebot für freies WLAN im Vergleich zum Rest der Welt eher dürftig ist, sollte eine Änderung des Telemediengesetzes technische Voraussetzungen vorgeben, um den Betrieb öffentlicher WLAN rechtssicher zu machen. – Kleiner Ausflug.

Zurück zu Ihrem Antrag: Sie verlangen, dass sich die Landesregierung für die Abschaffung der Störerhaftung im Bundesrat einsetzt. Sie hatten gesagt, dass am 06.11. die Beratung stattgefunden hat. Ihr Antrag ist vom 04.11. Ich gehe mal davon aus, dass sich das ein wenig überschnitten hat. Da – so wie auch die Netzpolitiker und Netzpolitikerinnen der SPD – die Verantwortlichen der Länder erkannt haben, dass die Novelle des Telemediengesetzes nicht hinreichend dazu geeignet ist, die Förderung öffentlicher WLAN zu gewährleisten, haben sich die Länder und auch M-V im Bundesrat mehrheitlich für die Annahme der Stellungnahme der Fachausschüsse, das heißt, zur Überprüfung der Abschaffung der Störerhaftung ausgesprochen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und das hat der Minister nicht gewusst?!)

Somit wurde dem letzten Punkt Ihres Antrages bereits entsprochen. Ich denke, da hat sich etwas überschnitten.