Protocol of the Session on November 19, 2015

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nun ist es ja gut!)

Das sind die Jobcenter und dieser Fall ist authentisch.

Und was auch immer noch läuft, ist das Kotrastprogramm zur Willkommenskultur für sogenannte Flüchtlinge. Zumindest in Vorpommern-Greifswald und auch an der Seenplatte ist es so, dass die Hartz-IV-Bezieher, die Immobilieneigentum haben, Hauseigentum, immer noch gezwungen werden, indirekt ihre Häuser zu verkaufen, indem man ihre Leistungen total streicht und sagt: Verwerte dein Haus, bevor du wieder Geld kriegst! Vielleicht ziehen dann ja Flüchtlinge ein, sogenannte.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Dummes Gerede!)

Und die Leute werden sogar gezwungen, ihre Verwandten zu verklagen, wenn sie Teile von Erbengemeinschaften sind. Dann werden sie gezwungen, die Erbauseinandersetzung zu verlangen und gegen ihre eigenen Geschwister vor Gericht zu ziehen.

Also diese Vereine in irgendwas einzubeziehen, was moralischen Wert hat, das kann ja wohl überhaupt nicht sein. Und auch der ganze Aktionsplan wäre eigentlich überflüssig, wenn man eine einfachere Maßnahme treffen würde, nämlich wenn man den Leuten das Kindergeld nicht wegnehmen würde.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Es ist ja eine der übelsten Schweinereien beim SGB II, dass das Kindergeld abgezogen wird als anrechenbares Einkommen und gleich wieder einkassiert wird, was dazu führt, dass Millionäre Kindergeld kriegen, aber Hartz-IVBezieher, Langzeitarbeitslose eben nicht. Wenn man das abschaffen würde, dann hätten die Leute schon mal 188 Euro – das sind es jetzt bis zum Ende dieses Jahres für ein Kind – mehr. Wer arm ist, für den spielt der eine Euro eine umso größere Rolle. Wer 5.000 Euro hat, dem kann das egal sein, ob er Kindergeld kriegt oder nicht,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

aber 188 Euro mehr im Monat bedeuten einen himmelweiten Unterschied in der Lebensführung. Das ist der Unterschied zwischen wirklich dahinkrebsen, immer Angst haben, ob es reicht, oder so ein bisschen durchatmen können.

Und zu denken wäre auch noch daran, dass man das Kindergeld unter Umständen staffelt, dass man es also nicht gießkannenmäßig jedem gleich gibt, vom Millionär bis zum Langzeitarbeitslosen, sondern es auf die Ärmeren konzentriert. Für einen Gutverdiener oder gar Millionär

(Udo Pastörs, NPD: Der hat eh keine Kinder.)

ist es keine Geldfrage, ob er Kinder hat oder nicht, das sind dann andere Motive, die ihn zu dieser Entscheidung bringen. Aber bei ärmeren Leuten ist es durchaus eine Geldfrage. Wenn man das Kindergeld aufheben würde für die Reichen und es konzentrieren würde auf die Ärmeren, dann hätte man auch die Kinderarmut zu einem Gutteil bekämpft, ohne solche Aktionspläne und Großkonferenzen und alles Mögliche. Dann könnte man sich dieses komische Teilhabepaket sparen, das ja auch nur ein Schwindelpaket ist. Man nimmt den Leuten nämlich

das Kindergeld weg und dafür gibt man ihnen einen kleinen Teil wieder zurück und sagt, hier hast du ein kostenloses Mittagessen, wie toll, und feiert sich auch noch.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das ist ein alter Mafiatrick aus Chicago der 20er-Jahre. Damals gab es einen Mafiaboss namens Big Jim Colosimo, der plünderte die von ihm kontrollierten Viertel aus. Zu Weihnachten kam er als Weihnachtsmann verkleidet und verschenkte Truthähne –

(Heiterkeit bei Udo Pastös, NPD)

ein winziger Teil seiner Beute – und machte sich dadurch sogar noch beliebt. Aber ich fürchte, dass die Jobcenter und der dahinterstehende Staat nicht so gute schauspielerische Fähigkeiten haben wie Big Jim Colosimo. Das glaubt ihm keiner.

Also ich würde Ihnen raten, führen Sie ein, dass das Kindergeld behalten werden darf durch Hartz-IV-Bezieher- gemeinschaften. Das wäre dann schon bei einem Kind gut und bei mehreren erst recht. Und dann hätten wir den ganzen Zirkus hier nicht nötig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Normalerweise sagt man ja immer, alle Jahre wieder, aber hier kann man fast sagen, alle Monate wieder nimmt DIE LINKE die Gelegenheit wahr, uns was zum Thema Armut zu erzählen.

(Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Langzeitarmut und Kinderarmut, das sind die Dinge...

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, wenn Sie zum Beispiel einen AWO-Bericht aufgesetzt hätten, hätte sich das erübrigt, aber das wollten Sie ja nicht.)

Der AWO-Bericht war ja auch schon dran, dann sind noch andere Sachen dran und jetzt ist diese Initiative dran.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Na eben, da hätten Sie mal diskutieren sollen.)

Es wird natürlich für Sie immer schwieriger.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Also wenn DIE LINKE über das Thema Armut redet, kapriziert sie meistens auf Einkommensarmut und versucht uns zu vermitteln: Gebt den Leuten mehr Geld, dann wird alles gut! Das ist natürlich weit gefehlt, weil Armut...

(Helmut Holter, DIE LINKE: Es wäre gut, über geistige Armut zu sprechen. – Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Wem wollen Sie das hier unterstellen?! Sollte das jetzt irgendwie eine Bemerkung in meine Richtung sein?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Überhaupt nicht, überhaupt nicht.)

Also wissen Sie, Vergleiche, intellektuelle Vergleiche mit Ihrer Fraktion brauche ich nicht zu scheuen, das können wir gern machen. Das ist irgendwie so, das geht an der Sache vorbei.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Es geht nicht um die Fraktion, es geht um Sie persönlich.)

Armut ist eine vielschichtige Problemlage. Man kann Einkommensarmut sicherlich betrachten, es gibt Bildungsarmut, kulturelle Armut. Und eins ist natürlich auch richtig: Leute, die lange in Einkommensarmut festhängen, haben es schwer, ihre Partizipationsmöglichkeiten letztendlich wahrzunehmen. Das gilt für sie, das gilt auch für ihre Kinder.

Ich kann mich erinnern – da war ich noch als Sozialamtsleiter in Westdeutschland tätig –, es gab eine Frau mit Hilfebezug, die hatte vier Kinder. Sie kaufte für einen ihrer Söhne ein paar Turnschuhe und der ging einen Tag später mit den Turnschuhen zur Schule. Er kam wieder, zog die Turnschuhe aus und zog sie nie wieder an, weil auf den Turnschuhen nicht Adidas oder Nike draufstand. Er ist von seinen Mitschülern entsprechend hochgenommen worden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist alles nicht ganz unberechtigt, solche Dinge zu betrachten, und das hat natürlich seine Konsequenzen.

Aber wir sind seit Jahren dabei, uns dieser Dinge anzunehmen. Der Bildungsminister ist in Vertretung für die Sozialministerin darauf eingegangen, dass wir seit Jahren versuchen, im Bereich der Kindertagesstättenförderung deutliche Akzente zu setzen, die wir in der Tat setzen. Wir haben unsere Mittel, die wir für das Thema Kindertagesstätte und Förderung zur Verfügung stellen, über die Jahre in erheblichem Umfang erhöht auf inzwischen über 180 Millionen Euro im Jahr. Wir machen also deutlich mehr im Bereich der Schule, wie heute auch mehrere Tagesordnungspunkte gezeigt haben, die wir jetzt im Landtag beraten haben.

Wir werden uns künftig darüber Gedanken machen müssen, wie wir Dinge, die zwischen Kita und Schule laufen, besser miteinander verzahnen können. Wir werden uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir das Thema Schwerpunktförderung in sozialen Brennpunkten intensivieren. Wir werden uns darüber Gedanken machen müssen, wie man das Thema Dortmunder Entwicklungsscreening zur Identifizierung von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen ausweitet.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh, nee!)

Wir werden uns darüber Gedanken machen müssen, wie man geeignete Instrumente entwickelt, um den Kindern, die Hilfe brauchen, da auch Unterstützung zu geben, zum Beispiel beim Thema Sprache, denn die Grundlagen für Sprache werden schon sehr früh gelegt. Das heißt also, da muss man was machen, da sind wir dran und das werden wir auch weiter forcieren.

Aber man muss sich natürlich auch mal die Situation angucken, die wir in Mecklenburg-Vorpommern haben.

Mit 9,4 Prozent Arbeitslosigkeit haben wir die geringste Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 1991. Das ist sicherlich zum guten Teil der Politik geschuldet. Es ist aber auch darauf zurückzuführen, dass wir im Augenblick jeden Monat 1.200 Menschen verlieren im arbeitsfähigen Alter von, glaube ich, 15 bis 65. Die gehen weg. Und wir haben inzwischen heute schon in bestimmten Bereichen erhebliche Probleme, Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt noch adäquat besetzen zu können.

Ich finde, deswegen ist es richtig, was unser Ministerpräsident Erwin Sellering immer sagt: Konzentrieren muss man sich auf den ersten Arbeitsmarkt. Und da sind ein paar Dinge genannt worden. Einmal ist das Thema Mindestlohn angesprochen worden. Das Thema Anstreben von mehr Tarifbindung ist noch nicht angesprochen worden, dann mache ich es. Also der Mindestlohn kann nur der erste Schritt sein. Der zweite Schritt muss jetzt heißen, Anstreben von mehr Tarifverbindung, damit man letztendlich in die Situation kommt, zu Löhnen und Einkommen zu kommen, die doch dann auch einiges über dem Mindestlohn liegen.

Und, na sicher, auch das Thema öffentlicher Beschäftigungssektor ist eine Geschichte, die man sich meines Erachtens von der Bundesebene aus angucken muss. Also wenn man konstatieren muss, dass wir es in Größenordnungen mit Leuten zu tun haben, die derartig multiple Vermittlungshemmnisse haben, dass man sie nicht in den ersten Arbeitsmarkt integrieren kann, dann muss man wohl gucken, dass man hier etwas macht, denn letztendlich definieren sich viele Menschen über Arbeit, und das Selbstwertgefühl korrespondiert in erheblichem Umfang damit. Aber noch mal: Die Konzentration muss auf der Integration in den ersten Arbeitsmarkt liegen.

Was mich überrascht hat, war jetzt das Ergebnis einer Anhörung, die wir am letzten Freitag in der Enquetekommission gehabt haben. Da war ein Vertreter, Herr Dr. Kotte, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur als Sachverständiger da. Dieser hat gesagt, es gibt jede Menge Belege dafür, dass so etwas wie Jobcoaches in erheblichem Umfang zu Erfolgen führen. Das heißt, auch er votierte dafür: Konzentriert euch darauf, die Leute am ersten Arbeitsmarkt unterzubringen! Ergreift die entsprechenden Maßnahmen wie mit solchen Jobcoaches

(Torsten Renz, CDU: Hat mich nicht überrascht.)

oder verbessert den Betreuungsschlüssel zwischen Integrationsberater bei der Arbeitsagentur beziehungsweise beim Jobcenter und der Leute, die er zu betreuen hat! Das heißt also, auch da gibt es Potenziale, wenn Leute für weniger Menschen zuständig sind, in erheblichem Umfang Effekte zu erreichen.

Wir hatten noch einen anderen interessanten Sachverständigen dabei. Das war jemand von der Industrie- und Handelskammer in Hagen. Der Mann war von der Ausbildung her, wenn ich das richtig verstanden habe, Behindertenpädagoge, kam aus der Behindertenpädagogik, hatte mal in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen gearbeitet, war jetzt bei der IHK gelandet. Seine Aufgabe bestand darin, letztendlich Betriebe zu beraten, wie man Arbeit anders organisiert, um auf diese Art und Weise Menschen mit Arbeitseinschränkungen den Einstieg in Betriebe zu ermöglichen. Hagen liegt am Rand vom Sauerland und auch im Sauerland ist die Situation