Protocol of the Session on November 19, 2015

Im Übrigen, ich glaube, es braucht diese 96 Prozent nicht, denn die anderen Daten sind mit einer so übergroßen Mehrheit versehen, dass ich gar keine Mühe hätte, diese Umfrage noch mal durchzuführen mit einer präziseren Fragestellung. Wie gesagt, das gebe ich zu, das hätte man präziser machen können, Frau Oldenburg. Ich würde jede Wette mit Ihnen eingehen, dass, wenn wir diese Umfrage noch mal durchführen würden, wir ein sehr großes Ergebnis hätten, auch für diese Maßnahme.

Die zweite Frage war: Sollen wir einen Grundwortschatz wieder einführen, wie es ihn mal gab? Die Grundschullehrer sagen mit 94 Prozent Ja.

Und dann die dritte Frage: Halten Sie es für richtig, dass wir den Englischunterricht etwas reduzieren, und zwar auf das Niveau, das Sachsen und Bayern heute haben, wenn wir dafür den Deutschunterricht ausweiten? Und die Zustimmung – ich glaube, an dieser Frage gibts nichts zu deuteln –, die Zustimmung der Lehrkräfte betrug 80 Prozent. Ich habe absichtlich auch die Englischlehrer gefragt, also die Lehrer, die in den Grundschulen Englisch unterrichten, und ich war selber etwas überrascht, dass diese Umfrage so ausfällt, aber selbst 55 Prozent der Englischlehrer sagen: Ja, zwei Stunden pro Woche in den Klassenstufen 3 und 4 reichen, wenn dafür der Deutschunterricht erhöht wird.

Warum rede ich von Bayern und Sachsen? Ich darf erinnern, Bayern und Sachsen sind die beiden Länder, die in Deutschland bei den Bildungstests regelmäßig auf den ersten Plätzen abschneiden. Wenn diese beiden Länder so hervorragende Ergebnisse erzielen mit zwei Stunden Englisch in der Woche, dann, glaube ich, kann das Mecklenburg-Vorpommern auch schaffen. Deswegen habe ich Mühe zu verstehen, warum – aber das ist die Sache dieser Gewerkschaft, der größten Lehrergewerkschaft in diesem Land –, ich habe Mühe zu verstehen, warum sich die Lehrergewerkschaft GEW gegen eine Maßnahme stellt, das kann man heute einer Pressemitteilung ja entnehmen, die von 80 Prozent der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer befürwortet wird. Es sind überwiegend Frauen.

Wir hatten eine solche Situation schon einmal, als wir hier diskutiert haben über die Wiedereinführung sogenannter Kopfnoten. Auch damals gab es eine Front der Ablehnung aufseiten der GEW. Auch damals haben wir die Lehrer befragt und es gab 85 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, die das anders gesehen haben.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Als diese Umfrage veröffentlicht wurde, wurde die Gewerkschaft etwas zurückhaltender in den öffentlichen Äußerungen.

Ich rege an, diese Zurückhaltung auch jetzt vielleicht zu prüfen, denn 80 Prozent sind eine Mehrheit, an der, glaube ich, niemand vorbeikommen kann. Und ich finde es insbesondere nicht richtig, wie es die GEW-Vorsitzende heute in einer Pressemitteilung getan hat, sich Hamburg als Vorbild zu nehmen. Es wird argumentiert, wir sollten eher mehr Englisch machen und nicht weniger. Ich bin fest davon überzeugt, wer gut das Deutsche beherrscht in Rechtschreibung und Grammatik, der ist auch eher in der Lage, eine Fremdsprache zu erlernen. Wir sollten uns Hamburg deshalb nicht als „Spitzenreiter“ – sogenannten Spitzenreiter, das ist ein Zitat – auswählen, weil Hamburg kein Spitzenreiter ist.

Das zeigt noch mal, dass die einfache Logik, die hier manchmal vorgetragen wird, nicht funktioniert. Ich möchte Ihnen das an folgenden Beispielen deutlich machen, an zwei wissenschaftlichen Studien. Ich habe mir das angesehen, Sekundarstufe I: Mathematik, Biologie, Chemie, Physik. Auf welchem Platz landen die Schüler von Mecklenburg-Vorpommern?

Mathe: Platz 6 in Deutschland – Spitzengruppe, Ham

burg Platz 13 – Schlussgruppe, Sachsen übrigens auf Platz 1

Biologie: Mecklenburg-Vorpommern Platz 5 – Spitzen

gruppe, Hamburg Platz 14 – Schlussgruppe, Sachsen auf Platz 1

Chemie: Mecklenburg-Vorpommern Platz 5 – Spitzen

gruppe, Hamburg Platz 14 – Schlussgruppe, Sachsen auf Platz 1

Physik/Mathematik: Platz 5 – Spitzengruppe, Hamburg

Platz 15 – Schlussgruppe, fast Letzter, Sachsen auf Platz 1

Dasselbe Bild in der Grundschule, überprüft im

Jahr 2011 Mathe und Deutsch, hier allerdings auf Platz 1 Bayern in beiden Fällen, Mecklenburg-Vor- pommern im Mittelfeld auf Platz 8 und Hamburg wieder in der Schlussgruppe auf Platz 14.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich in meiner Bildungspolitik nicht am Spitzenreiter Hamburg orientieren, denn das ist die hintere Spitze.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man immer etwas vorsichtig sein.

Im Übrigen, Herr Renz, jetzt fängt wieder diese Diskussion an: Wer regiert da?

(Torsten Renz, CDU: Das war nur eine Frage.)

Wer regiert da? Ich darf Sie daran erinnern, jetzt wollen Sie wahrscheinlich die Antwort hören, die SPD.

(Torsten Renz, CDU: Nee.)

Dann muss ich Ihnen sagen, die Studie stammt aus dem Jahr 2011. Die Maßnahmen, die ergriffen wurden, die im Jahr 2011 ihre Wirksamkeit erlangt haben, die fallen leider in die Regierungszeit der CDU, weil ja nicht von heute auf morgen die Veränderungen im Bildungssystem durchschlagen, sondern es dauert viele Jahre.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sie sind ja so ruhig, Herr Renz. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zurufe von Torsten Renz, CDU, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Also, Herr Renz,

(Torsten Renz, CDU: Sind denn die Erfolge, die wir zu verzeichnen haben, auf Herrn Tesch zurückzuführen?)

Herr Renz, es ist doch so, schauen Sie mal, das ist doch, Herr Renz, das ist doch unbestritten,

(Torsten Renz, CDU: Sehr gut.)

das ist doch unbestritten, dass die, wie soll man sagen, erheblichen Probleme im Schulsystem, mit denen ich zu Beginn der Legislatur konfrontiert war, nicht durch mich verursacht wurden.

(Torsten Renz, CDU: Metelmann.)

Das ist doch unbestritten. Und genauso ist es unbestritten, dass manche Erfolge, die jetzt sichtbar wurden, auch nach der Wahl, auch nicht zu 100 Prozent durch mich zu verantworten sind. Aber insofern, Herr Renz, war das nur meine Bitte, dass Sie nicht solche parteipolitischen Diskussionen führen, sondern vielleicht folgender Frage nachgehen: Eine Stadt wie Hamburg hat aufgrund bestimmter sozialer Probleme genauso große Schwierigkeiten wie eine Stadt München. Wenn Sie die Leistungen der Schüler in den Städten vergleichen, unterscheidet sich das nicht so gewaltig. Das hat nichts mit der politischen Farbenlehre zu tun, sondern damit, dass Großstädte andere Herausforderungen in sozialer Hinsicht haben – Migration et cetera, was es alles gibt – als andere Regionen.

Der Abgeordnete Renz hat die Frage gestellt, wie es jetzt mit dem Prüfauftrag aussieht. Sollen wir den Englischunterricht reduzieren oder nicht? Ich kann nur für mich sprechen, Herr Renz, für mich ist die Prüfung abgeschlossen. Wenn 80 Prozent aller Lehrkräfte sagen, ja, das ist der richtige Weg,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann können Sie ja den Antrag zurückziehen, oder?)

dann weiß ich nicht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zurückziehen!)

wer sich hier ins Parlament stellen und sagen sollte, dass er klüger ist als diese 80 Prozent der Grundschullehrkräfte.

Herr Renz hat aber natürlich die Debatte noch weiter aufgemacht angesichts dieser aktuellen Ereignisse. Und,

Herr Renz, ich gehe auch davon aus, dass Sie von Ihrem Vorschlag, den Englischunterricht zu reduzieren und den Deutschunterricht zu erhöhen, nicht abrücken werden, schon gar nicht nach dieser Umfrage,

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Das wäre mal ein Vorschlag.)

deswegen würde ich geneigt sein, die Debatte so zu interpretieren, dass die Prüfung damit abgeschlossen ist. Aber Sie haben Ihren Prüfauftrag ja erweitert und vorgeschlagen,

(Torsten Renz, CDU: Kontingentstundentafel.)

dass wir auch diskutieren, ob wir die von Herrn Tesch eingeführte Kontingentstundentafel wieder abschaffen. Das war ja Ihr Vorschlag.

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

Ich würde das vorurteilsfrei prüfen. Wenn ich mich recht entsinne, hat die Abgeordnete Oldenburg das auch schon mal vorgeschlagen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Mehrmals! Mehrmals!)

Ich würde vorschlagen, dass wir auch in diesem Fall die Kolleginnen und Kollegen befragen, was die eigentlich dazu sagen.

Für alle Zuschauer, die nicht wissen, was die Kontingentstundentafel ist: