Was die Fraktion der NPD nicht zu wissen scheint, Solidarität hat zwei Seiten. Es geht nicht nur darum, die Solidarität der Versicherungsgemeinschaft einzufordern, sondern die Solidargemeinschaft kann auch verlangen und erwarten, dass Krankenversicherungsbeiträge gezahlt werden. Anderenfalls würde das Krankenkassensystem Gefahr laufen, nicht mehr zu funktionieren,
wobei ich genau das, die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Krankenversicherungssystems, als das eigentliche Ziel des Antrages ansehe, worauf ich gleich noch ausführlicher zu sprechen kommen werde.
(Stefan Köster, NPD: Schlechter gehts doch gar nicht mehr, Frau Gajek. – Zuruf von David Petereit, NPD)
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal im Hinblick auf die Versicherungspflicht sowie die rückwirkenden Krankenkassenbeiträge auf Folgendes hinweisen: Die Versicherungspflicht sowie der Grundgedanke, dass es keine Menschen ohne Versicherungsschutz mehr geben soll, haben zur Folge, dass ein Versicherter oder eine Versicherte ihren oder seinen Versicherungsschutz auch dann nicht vollumfänglich verliert, wenn er oder sie die Beiträge nicht zahlt. Unaufschiebbare Leistungen werden dennoch finanziert.
Was die NPD in ihrer Antragsbegründung außerdem verschweigt: Mithilfe des Bundesgesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung wurden nicht nur ein zeitlich begrenzter Schuldenschnitt ermöglicht, sondern dauerhaft die bis dahin geltenden und von allen als zu hoch empfundenen Zinsen abgeschafft
Der Antrag der NPD verdeutlicht aufs Neue, der NPD geht es darum, Feindbilder zu erzeugen und Unfrieden
zu schüren, weshalb in der Antragsbegründung einseitig argumentiert und das tatsächliche Bild nicht vollumfänglich, sondern verzerrt dargestellt wird.
Auch in der 104. Landtagssitzung hatte die NPD einen Antrag mit Bezug zum Krankenversicherungssystem gestellt und in diesem Zusammenhang die Krankenkassen als Feind dargestellt, wie Herr Koplin in der damaligen Sitzung stellvertretend für alle demokratischen Fraktionen zutreffend feststellte.
Diese Feststellung trifft auch für den vorliegenden Antrag zu, denn das geltende Krankenversicherungssystem ist mit der Ideologie der NPD nicht zu vereinbaren.
Das Verwaltungsgericht Greifswald hat sich in seinem Urteil vom 02.12.2008 mit der Frage der Verfassungsfeindlichkeit der NPD auseinandergesetzt
und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die NPD eine Affinität zu den Ideen des Nationalsozialismus aufweise
Zur Erinnerung: Während des Nationalsozialismus wurde der Aufbau der Krankenkassen in Organisation, Finanzierung und Aufsicht grundlegend geändert. Die Selbstverwaltung wurde im Interesse des sogenannten Volksganzen abgeschafft und den Trägern wurden staatlich anerkannte Leiter zugewiesen.
(Stefan Köster, NPD: Ich glaube, da wurde sehr viel Geld eingespart. Sonst wäre das an die Vorstandsbosse geflossen. – Udo Pastörs, NPD: Nicht nur das.)
Die Sozialpolitik wurde dem Leitbild der sogenannten Volksgemeinschaft unterworfen. Dies hatte auch zur Folge, dass beispielsweise Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens aus den privaten Krankenversicherungen ausgeschlossen wurden.
unser heutiges Krankenversicherungssystem basiert unter anderem auf den Prinzipien der Solidarität, der Pluralität und der Selbstverwaltung und damit auf dem Gegenteil dessen, was im sogenannten Dritten Reich galt. Nach dem Solidarprinzip, dem dabei wichtigsten Prinzip, werden die Erkrankungsrisiken von allen Versicherten getragen. Es wird insbesondere nicht nach Alter, Geschlecht, Gesundheitsstatus oder auch Herkunft, Rasse oder Abstammung differenziert.
Ein Antrag, dem eine Ideologie zugrunde liegt, die auf eine Gleichschaltung der Krankenversicherungen abzielt,
in der der Einzelne nur eine Daseinsberechtigung als Glied der Gemeinschaft hat, weil der sogenannten Volksgemeinschaft in der Vorstellung der Antragsteller der absolute Vorrang zukommt, ein Antrag, dem eine Ideologie zugrunde liegt, die das Solidar- und Gleichheitsprinzip ablehnt und den Antisemitismus wiederbelebt, muss abgelehnt werden.
Frau Gajek, wenn ich nicht mehr weiter weiß, greife ich zum Dritten Reich – geschenkt, Halluzinationen von nicht vorhandenem Antisemitismus,
den Sie da erkannt haben – auch geschenkt, dass die GRÜNEN die Partei der Besserverdienenden ist, denen es scheißegal ist, ob es Leute ohne Krankenversicherung gibt und wie es ärmeren Leuten geht – auch geschenkt, und dass Sie den Kern dieses Antrages übersehen haben, der darin besteht, den Schwachsinn der jetzigen Regelung zu entlarven – auch geschenkt,
denn Schwachsinn ist ja den GRÜNEN inhärent, den können sie gar nicht erkennen, weil der für sie schon völlig selbstverständlich ist.
Aber ich erkläre Ihnen das mal: Die Krankenversicherungspflicht wurde gesetzlich eingeführt und soll also die Leute dazu bringen, dass sie auch eine Krankenversicherung abschließen. Wie erreicht man das? Man erreicht das durch das genaue Gegenteil von dem, was jetzt gemacht wird. Zum Beispiel Personalausweisgesetz: Wenn ich keinen Personalausweis habe, keinen gültigen mehr, weil meiner abgelaufen ist, dann schreibt mich das Einwohnermeldeamt an und sagt, besorgen Sie sich gefälligst einen Personalausweis. Dann kriege ich, wenn ich nicht reagiere, ein Zwangsgeld oder ein Bußgeld angedroht. Dieses Zwangsgeld bringt mich dazu, dass ich irgendwann hingehe – oder wenn ich Bußgelder zahle
noch und noch –, dass ich mir irgendwann einen Personalausweis besorge. Das ist eine vernünftige Regelung.
Das hier ist genau das Gegenteil, das ist ein Abschreckungsgeld. Das heißt, wenn ich meine gesetzliche Pflicht erfülle
und meine Krankenversicherung endlich abschließe, dann werde ich bestraft. Das wäre so, als ob ich jahrelang ohne Personalausweis rumlaufen dürfte