Protocol of the Session on October 21, 2015

Herr Pastörs, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Beenden Sie bitte Ihre Rede!

(Der Abgeordnete Udo Pastörs beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon hart, nach so einer Rede dann wieder

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was! – Vincent Kokert, CDU: Immer auf das Wesentliche konzentrieren.)

für die deutsche Einheit ein Stück weit zu werben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war eine Karikatur.)

weil eins muss ich sagen:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das war doch keine Rede!)

So viel Rassismus, so viel Fremdenhass ist einfach unerträglich, und ich denke, dass wir demokratischen Fraktionen hier zusammenstehen,

(Udo Pastörs, NPD: Ja, alle gemeinsam.)

den Nazis keinen Millimeter lassen und gemeinsam auf die Straße gehen

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und nichts unversucht lassen, damit Sie, Pastörs und Konsorten, eben nicht mehr in diesem Landtag sind.

(David Petereit, NPD: Rotfront, Frau Gajek!)

Ich möchte zu dem Tagesordnungspunkt zurückkommen.

(Stefan Köster, NPD: Packen Sie mal schon Ihre Taschen, Frau Gajek!)

Mein Kollege Johann-Georg Jaeger hat ja vorhin seine Sicht gerade auf 1989/90 dargelegt und vielleicht fällt Ihnen etwas auf: Ich bin heute die einzige Frau, die hier steht,

(Beifall Regine Lück, DIE LINKE – Gelächter bei Udo Pastörs, NPD: Oho!)

und ich denke, das sind Punkte, die – das hätte ich mir gewünscht – auch von den anderen Fraktionen noch mal benannt werden müssten, denn gerade wir Frauen, so hieß es Anfang der 90er-Jahre, sind die Verliererinnen der deutschen Einheit. Wir hatten eine hohe Erwerbsneigung

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Neigung, hoho!)

und diese Erwerbsneigung wird heute unter Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestellt.

Aber ich möchte noch mal zu dem Jahr 1990 zurückrufen, denn natürlich kann ich sagen, 100-mal Hurra, dass es mit der DDR vorbei ist, aber wenigstens einmal schade wegen der verpassten Chancen, Chancen auf etwas Eigenes.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Zweiter deutscher souveräner Staat.)

Dies wäre wichtig gewesen, insbesondere für die spätere Wiedervereinigung, denn dann hätte sie auf Augenhöhe stattfinden können, mit mehr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Ostdeutschen.

(Torsten Renz, CDU: Sie wissen aber, dass das nicht möglich war.)

Trotzdem war es eine Utopie und für die sind wir 1989 auf die Straße gegangen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Trotzdem war es eine Utopie! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich denke, das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung holen, insbesondere weil es diese Brandstifter hier im Landtag gibt. Es ist wirklich widerlich, Herr Pastörs.

(Stefan Köster, NPD: Was hier von Ihnen gesprochen wird, ist ziemlich komisch.)

Wichtig wäre eine gemeinsame Verfassung gewesen. Dies hätte bedeutet, den Ostdeutschen zu zeigen, dass der Westen mit ihnen gemeinsam, mit ihnen gemeinsam einen Neuanfang startet und nicht nur das Alte fortsetzt, und die Ostdeutschen dürfen mitmachen. Eine neue Verfassung, an der die Ostdeutschen mitgeschrieben hätten, wäre ein Signal der Gleichberechtigung gewesen. Wir müssen uns klarmachen, dass die Wiedervereinigung wahrlich kein Geschenk oder eine Gnade der Westdeutschen an die Ostdeutschen war, sondern wir Ostdeutsche waren qua Grundgesetz ebenfalls Westdeutsche beziehungsweise Deutsche und somit den anderen Deutschen gleichgestellt.

Man hätte 1989 ein Reintegrationsprogramm für Ostdeutschland gebraucht

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

für eine Übergangszeit, vielleicht ein Einüben in demokratische Denk- und Verhaltensweisen,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

vielleicht einen Grundkurs in Marktwirtschaft nach dem Prinzip, die Leute da abzuholen, wo sie sind.

(Torsten Renz, CDU: Ist das jetzt eine Märchenstunde, oder was?! Märchenstunde oder „Wünsch dir was“?)

Stattdessen hieß es, nicht weiter drum kümmern, die werden schon merken, wie der Hase läuft. Ostdeutsche sind auch bei der Privatisierung durch die Treuhand benachteiligt worden. So durfte beispielsweise keine ostdeutsche Belegschaft ihre eigene Firma kaufen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das stimmt doch nicht.)

Überhaupt haben wir heute noch mit den Folgen einer verfrühten Währungsunion und einer verfehlten Treuhandpolitik zu kämpfen, die in keinem Fall eine weiterblickende Industriepolitik war.

Jetzt komme ich auf Mecklenburg-Vorpommern. Von Anfang an haben wir es mit einer verfehlten Landwirtschaftspolitik zu tun gehabt. Kleinteiliges Wirtschaften oder Bio- höfe wurden und werden benachteiligt,

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Ja, jaja.)

vor allem daher fällt die Landwirtschaft in einem agrarwirtschaftlich geprägten Flächenland als Arbeitgeber aus.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Es gab ja 1990 auch so viele Biohöfe.)

Nun lasst mich doch mal ausreden!

Verfehlte Subventionspolitik, Förderung von Branchen, die sich nicht halten lassen, kennen wir alle, gerade die Werftenkrise.

Und ein Punkt, der nach wie vor sehr wichtig ist: die Zunahme der Altersarmut aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit und Geringverdienern.

Herr Sellering, Sie haben zwar in Ihrem 10-PunkteProgramm in den Punkten 1 und 2 aufgezeigt, wie wichtig das ist, Arbeitsplätze zu sichern und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Das ist eine alte Leier, die kennen wir, aber wir haben gerade die Haushaltsdiskussionen, wir wissen, dass sämtliche Vorschläge abgetan werden, bei den Oppositionsanträgen wird zum Teil nicht mal mehr zugehört.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bitte?!)

Ich denke, wenn Herr Kokert hier heute sagt, klar, wir wollen das mit euch die nächsten 25 Jahre gestalten,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber mit Ihnen hat er das nicht so ganz gemeint, aber sonst.)