Protocol of the Session on October 21, 2015

vor allem im Spezialschiffbau und im Offshorebereich. Wir werden sie dabei unterstützen, wo immer das rechtlich möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Aber über eines, sage ich, müssen wir uns im Klaren sein: Am Ende entscheidet nicht das Land, sondern der Markt darüber, ob der Strukturwandel gelingt. Es ist ein Irrglaube, das Land könne ein maritimes Konzept schreiben und dann gehe es den Werften wieder gut, meine Damen und Herren.

(Udo Pastörs, NPD: Das haben Sie alles schon dreimal vorgetragen, was Sie hier bieten.)

Viele andere Branchen haben sich in den letzten Jahren eindeutig positiv entwickelt. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe gehören nach dem Strukturwandel zu den leistungsstärksten und produktivsten in ganz Deutschland. Sie sind zugleich die Basis für eine starke Ernährungswirtschaft. Die Gesundheitswirtschaft habe ich schon angesprochen. Sie ist mit mehr als 100.000 Beschäftigten heute eine der tragenden Säulen der Wirtschaft des Landes. Und mit den erneuerbaren Energien haben wir

uns ein weiteres wichtiges Zukunftsfeld erschlossen, in dem Tausende neue Arbeitsplätze entstanden sind.

Gut entwickelt hat sich auch die Hafen- und Logistikwirtschaft, wobei unsere Häfen nicht nur wichtig sind für den Passagierverkehr und Güterumschlag, sie sind in den letzten 25 Jahren auch wichtige Industriestandorte geworden, in denen direkt an der Kaikante produziert wird. Und im Umfeld unserer Universitäten und in den Technologiezentren des Landes sind zahlreiche innovative junge Unternehmen entstanden, die sich am Weltmarkt behaupten. Hinzu kommen ein starkes Handwerk und der gewerbliche Mittelstand als das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes.

Die wachsende Wirtschaftskraft macht sich erfreulicherweise auch immer stärker am Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich in Mecklenburg-Vor- pommern in den letzten zehn Jahren praktisch halbiert, und das ist nicht allein ein demografischer Effekt, sondern die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im gleichen Zeitraum deutlich angestiegen.

Was besonders wichtig ist: Die Zeiten, in denen junge Menschen für eine Ausbildung in andere Länder gehen mussten, sind endgültig vorbei.

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Es gibt inzwischen genügend Ausbildungsplätze und es gibt gute Zukunftschancen für junge Menschen. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse nach 25 Jahren Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, zu einer ehrlichen Bilanz gehört aber auch die Feststellung, dass wir trotz aller Fortschritte immer noch Rückstand aufweisen. Die Wirtschaftskraft und die Einkommen sind bei uns wie auch in den anderen ostdeutschen Ländern immer noch niedriger, die Arbeitslosenzahlen immer noch höher als in den westdeutschen Ländern. Auch dessen sind sich die Menschen bei uns im Land sehr bewusst. Nur 8 Prozent der Menschen sehen die Ost-West-Angleichung schon als weitgehend abgeschlossen an. 90 Prozent meinen, dass es nach wie vor größere Unterschiede sind. Wir sind also wirtschaftlich auf einem guten Weg, aber wir sind noch nicht am Ziel. Es werden auch in Zukunft große Anstrengungen erforderlich sein, um die ostdeutschen Länder weiter voranzubringen. Auch deshalb kämpfen wir – in großer Gemeinsamkeit mit den anderen ostdeutschen Ländern – für einen fairen Länderfinanzausgleich.

Meine Damen und Herren, auch im sozialen Bereich und in der Bildung ist eine positive Entwicklung festzustellen. Ein gutes Angebot an Kitaplätzen gab es hierzulande schon während der DDR-Zeiten und es war ganz sicher richtig, das nach 1990 zu erhalten. Heute besuchen 97 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen eine Kita bei uns. Bei den Unterdreijährigen sind es 56 Prozent. Damit liegen wir ganz vorne in der Spitzengruppe in Deutschland.

Gute Kitas, das ist ein Thema, bei dem die westdeutschen Länder auch heute noch viel von den ostdeutschen Ländern lernen können.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

Die Landesregierung hat in den letzten Jahren einen klaren Schwerpunkt bei den Kitas gesetzt. Wir haben die Landesausgaben in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Wir haben mit einer Vielzahl von Schritten die Kitas deutlich verbessert, die Elternbeiträge gesenkt in der Krippe und im letzten Kitajahr. Wir zahlen das Mittagessen für Kinder aus finanziell schwachen Familien, wir haben inzwischen kleine Gruppen, wir haben den Erzieherinnen und Erziehern mehr Vor- und Nachbereitungszeit ermöglicht, die vorschulische Bildung gestärkt. Das sind wichtige Voraussetzungen für die Eltern und vor allem für die Kinder bei uns im Land.

Meine Damen und Herren, deutlich schwieriger gestaltete sich lange Zeit die Entwicklung an den Schulen. Für mich gehört es zu den größten Fehlern der Anfangszeit, dass 1990 die damalige Landesregierung mit großer Selbstverständlichkeit einfach das westdeutsche Schulsystem übernommen hat. Vieles haben wir inzwischen korrigiert. Heute haben wir ein gutes System aus Gymnasien und Regionalschulen. Der ostdeutschen Tradition entsprechend gibt es das Abitur nach zwölf Jahren und das längere gemeinsame Lernen bis Klasse 6.

Aber natürlich haben diese Richtungswechsel, die nötig waren, auch zu Unruhe an den Schulen geführt, ebenso wie die Probleme, die aus dem demografischen Wandel resultieren. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler sank in den 90er-Jahren auf ein Drittel der vorherigen Zahlen. Das führte natürlich in den Kreisen und kreisfreien Städten zu schwierigen Debatten um den Erhalt der Schulen, um Schulschließungen und es führte zu einem – inzwischen zum Glück beendeten – Lehrerpersonalkonzept, von dem ich aber ganz deutlich bei dieser Gelegenheit sagen will, das war eine große Solidarleistung der Lehrerinnen und Lehrer, verbunden mit erheblichen Einschnitten und mit großem Einsatz. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Diese Landesregierung hat in dieser Wahlperiode ganz bewusst zwei Schwerpunkte in der Schule gesetzt, um nach Jahren der Unruhe wieder zu Verlässlichkeit und zu mehr Gemeinsamkeit zu kommen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es soll mehr Kommunikation, mehr Gespräche mit den Eltern und Lehrern geben und eine deutlich bessere Organisation. Natürlich müssen die Lehrer, wenn sie in die großen Ferien gehen, wissen, wo sie nach den großen Ferien eingesetzt werden.

Wir haben inzwischen ein 50-Millionen-Paket auf den Weg gebracht, um den Unterrichtsausfall zu reduzieren, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Und es ging mir, das habe ich auch 2008 schon in der Regierungserklärung gesagt, um einen Punkt ganz besonders, nämlich dass wir die Zahl derer, die unsere Schulen ohne einen Abschluss verlassen, deutlich verringern müssen. Darauf haben wir große Anstrengungen verwandt, mit Erfolg: Die Zahl hat sich seit 2008 halbiert. Wir können sagen: Nach vielen schwierigen Jahren sind unsere Schulen heute wieder auf einem guten Weg.

Meine Damen und Herren, große Summen wurden in den letzten 25 Jahren in die Universitäten, die Hochschu

len und die Fachhochschulen investiert – in Baumaßnahmen, aber natürlich vor allem in Lehre und Forschung, auch das mit Erfolg. Unsere Hochschulen ziehen heute Studierende aus ganz Deutschland an. Sie bieten Wissenschaftlern gute Arbeitsbedingungen. Und die Universitäten in Rostock und Greifswald sind heute zugleich wichtige Entwicklungsmotoren für das Land.

Deshalb können wir heute sagen, es war richtig, dass wir uns auch gegen manchen Expertenrat für den Erhalt der Universitätsmedizin in Greifswald entschieden haben. Das war eine ganz wichtige Weichenstellung, auch für die Entwicklung insgesamt im Landesteil Vorpommern. Genauso wichtig war natürlich der Aufbau der Fachhochschule in Stralsund.

Und auch die Hochschulen in Wismar und Neubrandenburg liefern wichtige Impulse für die Entwicklung ihrer Region. Die neu aufgebaute Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Güstrow – ebenfalls sehr wichtig – hat die Qualität der Landesverwaltung erheblich verstärkt. Und von besonderem Wert ist für mich – ich denke, für uns alle – die Hochschule für Musik und Theater im alten Katharinenstift in Rostock. Sie bereichert auf vielfältige Weise das kulturelle Leben im Land, eine Perle, auf die wir stolz sein können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Insgesamt muss man ja sagen, wenn man sich im Land umschaut, Mecklenburg-Vorpommern verfügt nach diesen 25 Jahren über eine wirklich vielfältige Kultur- und Kunstszene. Unsere Musikfestivals, allen voran die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, das Usedomer Musikfestival, begeistern Einheimische wie Urlaubsgäste gleichermaßen. Das gilt in gleicher Weise für unsere Museen, das Staatliche Museum hier in Schwerin, die Kunsthalle in Rostock, das Pommersche Landesmuseum in Greifswald oder das Meeresmuseum und Ozeaneum in Stralsund.

Von besonderer Bedeutung war für alle Landesregierungen immer die Bewahrung unseres historischen Erbes. Und dazu gehört natürlich auch die Backsteingotik in den alten Hansestädten. Dazu gehört der Erhalt der Schlösser und Herrenhäuser bei uns im Land, fast 2.000. Ich kenne kein Land, das über so viel verfügt. Und besonders wertvoll sind die vielen kleinen Kunstprojekte, die vielen kleinen Kulturveranstaltungen. Sie sind ein beeindruckendes Zeugnis für die kulturelle Vielfalt unseres Landes in unseren Städten, aber eben gerade auch auf dem Land, die kulturelles Leben anbieten und den sozialen Zusammenhalt stärken.

Meine Damen und Herren, bei dem Thema „sozialer Zusammenhalt“ gehen, wenn man die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern befragt, die Meinungen auseinander. Eine Hälfte der Bevölkerung sieht auch hier eine positive Entwicklung. Demgegenüber haben vor allem viele Ältere das Gefühl, von diesem sozialen Zusammenhalt sei in den letzten 25 Jahren etwas verloren gegangen oder jedenfalls aktuell gefährdet. Und vielleicht gibt es ja beide Tendenzen.

Deutschland hat in den letzten Jahren unzweifelhaft an wirtschaftlicher Stärke gewonnen. Zu beklagen ist allerdings, dass in der gleichen Zeit die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgegangen ist.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die sozialen Unterschiede zählen zu den größten Defiziten der letzten 25 Jahre. Trotz aller Fortschritte bei uns im Land sind immer noch rund 80.000 Menschen arbeitslos und andere arbeiten unter sehr prekären Verhältnissen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Nicht alle Menschen haben bisher von der positiven Entwicklung der letzten 25 Jahre profitieren können. Das zu ändern, ist eine ganz wichtige Aufgabe für die Zukunft. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

Wir sehen aber auf der anderen Seite auch ein großartiges soziales Engagement im Land. Besonders wertvoll ist die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen. Jeder Dritte im Land engagiert sich ehrenamtlich – bei der Feuerwehr, im Sport, in den sozialen Diensten, technischen Hilfsdiensten, Kirchengemeinden,

(Udo Pastörs, NPD: Muss sich gängeln lassen.)

in der Kultur, in der Kommunalpolitik. Dieses Engagement ist sehr wertvoll und verdient alle Unterstützung. Dafür gibt es seit diesem Jahr die Ehrenamtsstiftung,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Tja!)

deren Arbeit inzwischen auch die früheren Skeptiker schätzen lernen, meine Damen und Herren. Ich sage bei dieser Gelegenheit sehr ausdrücklich einen großen öffentlichen Dank an alle Ehrenamtlichen im Land für ihr großartiges Engagement. Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine besonders große Hilfsbereitschaft gab und gibt es immer in schwierigen Zeiten. Wir haben das während der großen Elbefluten 2002, 2013 erlebt, als viele Freiwillige unermüdlich Sandsäcke gefüllt und mitgeholfen haben, dass die Deiche halten. Und wir erleben auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen ein großartiges ehrenamtliches Engagement. Es ist wichtig, dass wir uns diese Solidarität, diese Hilfsbereitschaft, diesen Zusammenhalt bewahren. Das ist für mich die wichtigste Grundlage, wenn wir weiter gut vorankommen wollen in Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, eine moderne Infrastruktur, deutliche Fortschritte in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt, gute Chancen inzwischen auch für junge Menschen, insbesondere für Familien mit Kindern,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein starker Zusammenhalt im Land – Mecklenburg-Vor- pommern hat in den letzten 25 Jahren insgesamt deutlich an Attraktivität gewonnen. Unser Land bietet eine Heimat, in der man sich wohlfühlt. 95 Prozent der Menschen meinen, dass es sich heute gut oder sogar sehr gut in Mecklenburg-Vorpommern leben lässt. Das ist vielleicht

die wichtigste Erklärung dafür, dass nach vielen Jahren der Abwanderung in den vergangenen beiden Jahren erstmals wieder mehr Menschen zu uns gekommen sind, als von hier weggezogen sind.

All das zeigt, wir sind auf einem guten Weg. Unser schönes Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen ein hoch attraktives Bundesland, in das die Menschen gern kommen, um zu leben und zu arbeiten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Diese gute Entwicklung ist nicht allein das Ergebnis von Weichenstellungen auf Landesebene, sondern einen großen Anteil daran haben selbstverständlich auch die Städte und Gemeinden. Wir haben vielerorts eine sehr gut funktionierende kommunale Selbstverwaltung. Und wir erleben in vielen Städten und Gemeinden engagierten Bürgersinn und sozialen Zusammenhalt. Ich sage: Vielen Dank an alle, die auf kommunaler Ebene Verantwortung tragen und ihre Stadt, ihre Gemeinde in den letzten 25 Jahren gut vorangebracht haben!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)