Protocol of the Session on September 25, 2015

Aber was dann? Anders kann ich die Rede hier nicht verstehen.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Die einzige Strategie, die ich hier erkennen kann, ist, wenn es nötig wird, bestellen wir ab. Von Planung kann keine Rede sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Andreas Butzki, SPD: Aber von Freibier für alle auch nicht.)

Nein, darum geht es überhaupt nicht. Freibier für alle – also, darüber haben wir noch nie geredet, Herr Butzki, dass hier Freibier für alle …

(Andreas Butzki, SPD: Doch, jeder in seinem Bereich, na klar. Immer „Geld spielt keine Rolle“, genau wie hier jetzt.)

Auch das hat niemand gesagt. Natürlich müssen wir reden, aber wir brauchen endlich mal ein Konzept,

(Andreas Butzki, SPD: Generell ein Haushaltskonzept.)

wie das hier weitergehen soll mit dem öffentlichen Verkehr und ob der Zug zukünftig noch dazugehört in unserem Land. Wenn nicht, dann sollte man das jetzt auch ehrlich sagen, und nicht immer nur warten, bis sozusa

gen ein Zeitpunkt gekommen ist, wo man sagt, oh, tut uns leid, den Vertrag können wir nicht verlängern.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Wann wollen Sie denn eigentlich damit anfangen, die Verkehrswende umzusetzen? Dann, wenn der Südbahn weitere Linien und Strecken gefolgt sind in der Abbestellung? Denn wie sich jetzt gezeigt hat – und da kann ich nur das wiederholen, was der Kollege Jaeger schon gesagt hat –, ist diese Teilstrecke eingestampft worden, obwohl die nötigen Mittel vorhanden waren.

Sehr aufschlussreich fand ich in der Beantwortung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Johann-Georg Jaeger folgende Aussage, ich zitiere: „Aus diesem Grunde wird zu den jeweils möglichen Zeitpunkten – den Beendigungszeitpunkten von Verkehrsverträgen, in denen dann für mindestens ein Folgejahrzehnt die Weichen neu gestellt werden – sodann für die Folgejahre kluge Vorsorge getroffen, die den erforderlichen finanziellen Puffer für die danach folgenden Jahre und die fortlaufenden, langjährigen Verträge beinhaltet.“ Zitatende. Nichts anderes hat der Minister hier gesagt.

„Kluge Vorsorge“ – das klingt gut. Für mich ist das nur eine Hintertür. Ich sehe den Eindruck bestätigt, den ich schon in meiner Einbringungsrede zum Antrag meiner Fraktion „Südbahn-Weiterbetrieb sichern – Modellvorhaben auf den Weg bringen“ dargelegt habe. Es wird geschaut, wann welcher Vertrag ausläuft, und dann wird nicht wieder ausgeschrieben oder die Ausschreibung wird gestoppt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Seit Längerem lässt Minister Pegel keinen Zweifel aufkommen, dass auch der Streckenteil der Südbahn zwischen Malchow und Waren nach Vertragsende nicht mehr weiter durch das Land bedient werden soll.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Bisher war völlig unklar, wie hoch die Regionalisierungsmittel sein würden, die das Land bekommt. Auch wenn noch einige Unwägbarkeiten nicht völlig durchgerechnet sind, heute Nacht haben die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin mal so nebenbei am Rande des Flüchtlingsgipfels entschieden, dass der Bund jährlich 800, Entschuldigung, 8 Milliarden – 800 wären schön –, 8 Milliarden plus 1,8 Prozent Regionalisierungsmittel an die Länder ausreicht.

Auf jeden Fall, denke ich, ist jetzt die Klarheit zumindest ein bisschen größer. Das rechtfertigt nicht mehr, schon im vorauseilenden Gehorsam Ausschreibungen zu verzögern, einzukürzen oder gar nicht mehr vorzunehmen. Alles wird den Finanzen untergeordnet.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Jaja.)

Bis gestern kannten Sie noch nicht mal die Höhe.

Dass es ausgerechnet die Teilstrecke der Südbahn getroffen hat, ist lediglich Pech. Es hätte genauso gut eine andere Strecke im Land treffen können, nämlich die, deren Vertrag ausläuft.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Keine Planung.)

Das, Herr Minister Pegel, ist für mich keine Planung und auch nicht vorausschauend. Erklären Sie das bitte mal den Menschen vor Ort, die mit ihrem heroischen Einsatz bis zuletzt um ihre Südbahn kämpfen und immer noch hoffen, dass sie wieder in Gang kommt!

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Eine ganze Region will das Zerschlagen der Südbahn nicht hinnehmen. Heute, Herr Minister, würden Sie ab 17 Uhr Gelegenheit haben, dort Klartext zu reden und den Leuten Rede und Antwort zu stehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da gibt es keinen Sekt.)

Ja, da gibt es keinen Sekt, nee.

Die Bürgerinitiative „ProSchiene Hagenow-Neustrelitz“ demonstriert mit der Aktion „Rote Laterne“ jeden letzten Freitag im Monat auf dem Lübzer Bahnhof, auch heute. Die Schlagzeile in der „Müritz-Zeitung“ vom „Nordkurier“ vor wenigen Tagen lautete: „Südbahn: Pro Schiene fühlt sich belogen“. Die Emotionen spiegeln das sehr deutlich wider. Ja, das Geld vom Bund ist immer zu wenig. Das beklagen wir eigentlich an vielen Stellen. 1,8 Prozent Aufwuchs wird auch zu wenig sein, wenn man die Kostensteigerungen mit einbezieht.

Sie, Herr Minister, haben uns in den vergangenen Sitzungen des Energieausschusses und auch heute wieder mit voller Inbrunst dargelegt, dass Ihr Haus ganz pragmatisch und vorausschauend plant und Vorsorge trifft für die Zukunft. Wie gesagt, Planung kann ich überhaupt nicht erkennen. Ich sage, die Landesregierung hat ganz pragmatisch aufgegeben. Sie hat schon verloren, weil sie auch nicht ausreichend gekämpft hat. Jedenfalls können wir das nicht erkennen. Wir halten es für notwendig und für möglich, dass das Land mit Landesmitteln auch komplementieren kann, wenn dies tatsächlich ein Schwerpunkt in der Landesentwicklung ist. Den Finanzrahmen des Bundes kennen Sie jetzt noch nicht vollständig, aber es besteht die Chance, mit dem Inhalt des Antrages mit der Umsetzung zur Verkehrswende tatsächlich zu beginnen.

Der Haushaltsentwurf, den wir vorliegen haben, sagt aus: Nicht ein einziger Cent des Landes fließt in den SPNV. Nur die Gelder des Bundes werden durchgereicht. Das war schon mal anders. Da sprang das Land mit eigenen Mitteln ein, um Verträge zu erfüllen. Ich denke, das sollte es auch zukünftig zumindest planen. Bei der Sicherung von Mobilität als Teil der Daseinsvorsorge in allen Landesteilen, so, wie es auch die Enquetekommission vorgegeben hat, ist – aus meiner Sicht zumindest – nicht erkennbar, dass daran gearbeitet wird. Daher frage ich: Wofür ist die Landesregierung verantwortlich? Wie gewichtig sind die Belange des Landes und der Landesentwicklung in all ihren Teilen gegenüber der schwarzen Null im Landeshaushalt?

Im Lokalteil der SVZ vom 1. September dieses Jahres las ich, wie Michael Wufka von der Tourist Information Plau am See die Lage in Bezug auf das Touristenaufkommen in der Gegend nach der Schließung des Bahnteilstücks zwischen Parchim und Malchow einschätzt. Demnach ist die Verbindung Plau am See–Malchow mit dem Bus 77 auch wegen des Fahrradanhängers für Radtouristen recht attraktiv. Klarer Verlierer ist aber die Verbindung Plau am See–Parchim.

Zudem ist seit der Schließung des Südbahn-Teilabschnitts auch in Plau insbesondere im Tagestourismus aus dem Hamburger Raum ein deutlicher Rückgang spürbar. Das betrifft auch spontane Zimmeranfragen aus der Hansestadt und dem Elberaum. Auch werden durch die fehlende Bahnanbindung die Pläne des Tourismusverbandes Mecklenburgische Seenplatte zum Beitritt in die „AG Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ konterkariert. Neben anderen Orten der Region soll Plau am See hierbei eine führende Rolle spielen. Aber dazu müssten die Gäste auch anreisen können.

Ich will damit verdeutlichen, dass der wirtschaftliche Schaden enorm ist, wenn eine Strecke stillgelegt wird. Es ist ein Armutszeugnis, dass eine volkswirtschaftliche Betrachtung – eine volkswirtschaftliche Betrachtung – der Auswirkungen und Aspekte wirtschaftlicher Entwicklung ausgerechnet beim für Landesentwicklung zuständigen Minister, aber wohl auch im ganzen Kabinett kaum eine Rolle spielt.

Herr Minister, auf meine Nachfrage bejahten Sie, dass für alle im Planungszeitraum neu abzuschließenden Verträge Vorsorge im Haushaltsentwurf getroffen wurde. Gilt das auch für den Abschnitt Waren–Malchow? Ich würde gerne eine Antwort darauf haben. Zum Zeitpunkt der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage „Entscheidungen über Ausschreibungen von SPNV-Linien“ im Juli dieses Jahres war die Entscheidung noch offen. Wie sieht es nun ein paar Monate später aus, und bis wann kann die Entscheidung noch hinausgezögert werden?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt außer der Südbahn noch weitere Baustellen, bei denen das Land die Weichen pro Region stellen müsste. Derzeit läuft das Vergabeverfahren für das Teilnetz „Usedom“, Sie sind schon darauf eingegangen. Die Strecke Barth–Stralsund ist nicht Bestandteil des Verfahrens. Damit wird den Planungen für die Verlängerung der Darßbahn – zunächst bis Zingst, später bis Prerow – der Boden entzogen. Dabei ist das Planfeststellungsverfahren recht weit fortgeschritten. Davon konnten sich mein Fraktionsvorsitzender und ich bei einem Ortstermin mit der UBB überzeugen. Gäste und Einheimische könnten bequem mit der Bahn direkt vom Strand in die Welterbestadt und umgekehrt reisen.

Wenn dieses Projekt ad acta gelegt wird, wäre das ein weiterer Beweis dafür, wie kurzsichtig und unausgegoren die Landesregierung handelt. Dabei könnten wir den allsommerlichen Verkehrskollaps auf den Straßen mindern und noch dazu eine neue Attraktivität hinzufügen – bei Strandwetter ab zum Strand, bei Regen rein ins kulturelle Erbe. Aber das soll ausfallen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Landestourismusverband involviert war in diese Entscheidung.

Aber damit nicht genug. Das Einstampfen der UBBVerbindung Barth–Stralsund ist auch hier nur der Anfang. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 sollen nur noch Züssow–Swinemünde sowie Zinnowitz–Peenemünde bedient werden. Der seit 2002 bediente Abschnitt Züssow–Greifswald–Stralsund wird Opfer eines reduzierten Linienkonzepts, das die Landesregierung plant. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die Tourismusbranche fordert: die Erreichbarkeit der Urlaubshochburgen zu verbessern. Auch die ideale Möglichkeit, Städtetrip und Badeurlaub zu verbinden, wird geopfert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, noch immer liegt uns kein Integrierter Landesverkehrsplan vor. Ist der möglicherweise ganz auf Eis gelegt? Während der Haushaltsdebatte werden wir nicht nur fiskalisch, sondern auch politisch herangehen. Denn, wie gesagt, die ehemalige Fraktionsvorsitzende Angelika Gramkow hat es immer so bezeichnet: „Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik.“

(Jochen Schulte, SPD: Deswegen ist sie auch in die Kommunalpolitik geflüchtet.)

Das politische Ziel Ihrer Verkehrspolitik, Herr Minister, kann ich bisher jedenfalls nicht erkennen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Schwenke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Kollege Jaeger, lassen Sie mich an erster Stelle vielleicht mal mit einem Irrtum oder Missverständnis aufräumen, dem Sie offensichtlich immer noch – zumindest bis zum heutigen Tage – aufgesessen sind. Sie haben zu Recht angeführt – und ich habe das an dieser Stelle auch in der Vergangenheit gesagt –, dass man in den Worst-Case-Szenarien, was die Ausstattung dieses Landes mit Regionalisierungsmitteln angehen würde, mit Mindereinnahmen von rund 90 Millionen Euro im ersten Jahr – das war bezogen auf 2015, aber das hätte man für 2016 genauso nehmen können – rechnen müsste.

Das ist auch tatsächlich der Fall gewesen, denn das ist eine ganz einfache Rechnung gewesen. Grundlage waren die 7,3 Milliarden, die der Bund angeboten hatte ohne Dynamisierungskosten bei einer Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel. Dann wären Sie statt den 240, 245 Millionen oder 250 Millionen, die im Ist waren, auf rund 160 Millionen gekommen. Das ist eine Differenz von 90 Millionen. Daraus hat sich dieser Betrag ergeben.

Dann komme ich zum zweiten Punkt – deswegen habe ich das eben auch angesprochen –: Wenn Sie die Zahlen, die Sie selbst aufgrund Ihrer Kleinen Anfrage aus dem Haushalt haben, erkennen können, dann werden Sie zwei Dinge sehen. Sie werden auf der einen Seite sehen, dass es durchaus – der Minister hat es angesprochen – im Verlauf der verschiedenen Haushaltsjahre seit 2006 bis einschließlich 2014 tatsächlich eine Art Wellenbewegung mit Ansteigen und Abschmelzen der entsprechenden Haushaltsreste gegeben hat. Und was Sie auch sehen können, ist natürlich, dass ab den Jahren 2012/2013 ein überproportionaler Anstieg von Haushaltsresten da war. Das muss man einfach als Fakt zur Kenntnis nehmen.

Das wird hier gar nicht in Abrede gestellt, das hat der Minister auch nicht in Abrede gestellt. Aber man muss auch die Hintergründe dafür sehen. Ab diesem Zeitraum 2012/2013 sind die Diskussionen zwischen allen Bundesländern und dem Bund, was die Verstetigung der Regionalisierungs

mittel angeht, massiv „geführt worden“, wobei man das eben nicht sagen kann, weil sie sind teilweise von der Bundesebene verschleppt worden. Es hätte ja an sich schon für 2015 eine Fortschreibung der entsprechenden Regionalisierungsmittel für die Folgejahre geben müssen. Das Einzige, was es in 2015 „endlich“ gab – endlich in Anführungszeichen –, war ein Beschluss des Haushaltsgesetzgebers im Bund, dass er gesagt hat, wir nehmen für 2015 noch mal den gleichen Betrag, den wir vorher hatten, ohne Dynamisierung übrigens.

Wir sind also in einer Situation gewesen, Herr Kollege Jaeger, wo wir genau wussten, wir müssen uns möglicherweise auf dieses Worst-Case-Szenario einstellen als tatsächlich schlimmstem Fall, deswegen ist es ja auch ein Worst Case. Wir wissen nicht, wie sich das überhaupt entwickelt, aber wir wissen ganz genau, dass die Verbindlichkeiten, die wir in diesem Land aufgrund der bestehenden Verträge haben, sich eben nicht daran stören, ob der Bund sagt, wir geben ein paar Millionen Euro mehr ins Land hinein oder in die Bundesebene hinein oder nicht.