Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir haben das hier erlebt, wie es zu erwarten war, das leicht durchschaubare Ablenkungsmanöver, wenn Minister Backhaus und andere sich über Katastrophe oder Nichtkatastrophe unterhalten. Gleichzeitig drehen alle am Zuständigkeitskarussell, wenn einmal auf den Landkreis oder auf das Wirtschaftsministerium verwiesen wird, statt wirklich die Verantwortung zu benennen, um die es hier geht, die sein Haus auch hat. Dieser bei Behörden recht beliebte Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten behindert im Moment die Aufklärung der Geschehnisse und behindert, und das ist fast noch schlimmer, genauso die Herstellung eines sicheren Zustandes der Gesamtanlage in Anklam.
Herr Minister Backhaus, Sie stellen sich doch sonst wirklich jeder Diskussion und Sie treten raus zu den Leuten. Doch beim Flusssterben der Peene ist es ausgerechnet der Start der Rübenkampagne,
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jetzt stirbt schon der ganze Fluss! – Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Katharina Feike, SPD, und Tilo Gundlack, SPD)
wo Sie sich vor Ort öffentlich dem Thema widmen. Deutlicher können Sie die hier von Ihnen gesetzten Prioritäten – die Landwirtschaft ist offenbar relevanter als der Schutz der Umwelt – nicht machen. Sie, Herr Minister Backhaus, forderten anfangs eine lückenlose Aufklärung – das fordern wir auch –, um dann, während die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch laufen, zum Start der Rüben- saison
(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Heinz Müller, SPD: Wie schön, dass Sie das alles so gut beurteilen können. – Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Katharina Feike, SPD)
denn Sie haben heute noch mal gesagt, die Gefahr für Fischbestände sei nicht mehr gegeben. Andererseits
steht das Gutachten für Flora und Fauna noch aus. Wenn Flora und Fauna komplett tot sind auf, sagen wir mal, acht Kilometer – das wissen wir nicht, auf welcher Kilometerlänge der Fluss tot ist von oben bis unten, von den oberen Wasserschichten bis nach unten –, ist das eine Gefahr für die Fischbestände. Was sollen sie denn fressen? Wo sollen sie laichen?
Natürlich ist der Fluss schwer geschädigt und auch die Fische sind dort gefährdet. Man kann sich nicht hier hinstellen als Minister für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und sagen, eine Gefahr für die Fischbestände ist nicht mehr gegeben. Das kann ich einfach nicht fassen, das geht nun wirklich nicht.
Es seien Widersprüche gewesen, sagte Frau Feike, die aber nicht da war bei der Pressekonferenz in Anklam. Durchaus sind da heftige Widersprüche aufgetaucht. Der Herr Sauer sagte einmal, das Ethanol sei aus der Produktleitung entwichen. Ein bisschen später sagte er, es sei aus dem Lagertank entwichen. Also was denn nun? Aussage gegen Aussage.
Auch heute mussten wir wieder hören, menschliches Versagen sei die Ursache. Menschliches Versagen, Herr Backhaus, über vier Tage menschliches Versagen,
Nein, wir denken, es sind Fehler in der Anlagenkonstruktion, im Anlagenbetrieb ursächlich für dieses Fischsterben, für das Flusssterben.
Natürlich wäre die Umweltkatastrophe viel milder gewesen, wenn es eine unverzügliche Schnellabschottung gegeben hätte.
Hoch konzentrierter Alkohol floss in einer Menge in die Peene, die man sich in einer Kette von 30 Tanklastwagen vorstellen kann. Wenn wir jetzt darüber streiten, ob es eine halbe oder eine Million Liter gewesen sind, das ist doch eine Frage der Verdünnung und an welcher Stelle man das jetzt feststellt. Fischgiftig war es auf jeden Fall auf vielen Kilometern. Und nicht nur Fische, auch andere Organismen – der Herr Stegmann, Leiter vom LUNG, hat das ja öffentlich ausgesagt –, andere Orga
(Udo Pastörs, NPD: Gestorben?! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Ich dachte, so was verendet.)
Dass nun hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern darüber gestritten wird, ob das Wort „Katastrophe“ zutreffend ist oder nicht, das befremdet unsere Fraktion. Es kann doch bei ungefähr fünf Tonnen toter Fische und anderer Organismen des Flusses und bei bestehender Explosionsgefahr nicht einfach so getan werden, als ob es sich um einen beliebigen Unfall handelt. Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein, Herr Backhaus und Frau Feike.
Statt Wortklauberei zu betreiben, sollte unserer Meinung nach weiter an den Ursachen und einer künftigen Ursachenvermeidung solcher Katastrophen gearbeitet werden. Noch immer warten wir auf die Antworten auf unsere Kleinen Anfragen in dieser Sache, die eigentlich bis zum 18. September hätten vorliegen müssen, sind aber wohl noch nicht da.
Jetzt, gut drei Wochen nach dem Ereignis, müsste eigentlich die Erkenntnislage ausreichen, um diese Fragen zu beantworten.
Zu klären ist beispielsweise, ob beim Landkreis als unterer Katastrophenschutzbehörde entsprechende Notfallpläne vorlagen, wie mit einem solchen Betrieb wie der Zuckerfabrik nebst Bioethanolfabrik im Krisenfall umzugehen ist, denn die Zwölfte Verordnung des BundesImmissionsschutzgesetzes verlangt einen sogenannten Sicherheitsbericht. Darin sollen Risiken von Störfällen analysiert und Mittel zur Verhinderung solcher Störfälle dargestellt werden. Hat es einen solchen Sicherheitsbericht gegeben? Ich habe davon noch nichts gehört. Gibt es den für die Anklamer Anlage? Ich bin gespannt. Lag dieser Bericht in der Ethanolfabrik und den Immissionsschutzbehörden vor?
Dann zur Arbeitsgruppe „Zuckerfabrik“. Wir haben auf der Pressekonferenz erstmals gehört, dass seit September 2014 eine Arbeitsgruppe „Zuckerfabrik“ behördenintern besteht, weil die Zuckerfabrik sich in ihrer Kapazität um 25 Prozent erweitern will. Dieses Ziel soll mit behördlicher Expertise abgesichert werden. Na ja, dann stellt man sich natürlich die Frage: Soll hier trotz mehrfacher Regelverstöße einem Wirtschaftsbetrieb unter die Arme gegriffen werden, weil er nach Einschätzung der Landesregierung in der Region unverzichtbar ist? Das fragen wir uns.
Wie konnte aber dann dem Expertengremium entgangen sein, dass es Verbindungen zur Peene gab, die im Falle eines Störfalls ein Austreten giftiger Flüssigkeiten erleichtern würden? Das ist ja nun passiert.
(Katharina Feike, SPD: Was wollen Sie? – Udo Pastörs, NPD: Weniger Alkohol. – Stefan Köster, NPD: Oder mehr Berichte.)
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Andreas Butzki, SPD: Wenn man in Rostock wohnt, hat man doch andere Sorgen, oder?!)
und versuchen, das Geschehnis zu verharmlosen. Sie ließen sich erst 14 Tage nach Eintreten des Umweltschadens vor Ort sehen. Sie haben sich natürlich pressemäßig schon vorher dazu geäußert. Das ist mir durchaus aufgefallen.
Ich möchte auch noch mal ganz klar begrüßen und bejubeln sozusagen, dass diese Pressekonferenz wirklich offen gestaltet war. Ich war auch dort und konnte alle meine Fragen loswerden. Auch andere Bürger konnten das. Das war wirklich ein vorbildliches Vorgehen, was die Transparenz angeht. Das kann ich wirklich nur begrüßen.
Ja, trotzdem lassen Sie sich dann an diesem Tag beim Fahren eines Zuckerrübenladers von der Presse filmen und die Bilder erwecken den Eindruck, …