Protocol of the Session on September 23, 2015

Also bitte schön, dieser Interpretation kann ich nur zustimmen, und das hat sich im Ergebnis auch so gezeigt.

(Torsten Renz, CDU: Kann ich das noch mal hören? Das war richtig Logik.)

Dass die weit überwiegende Zahl eben keinen Anlass gesehen hat, sich gegen die Gerichtsstrukturreform zu wenden, liegt nicht an irgendwelchen Machenschaften der Landesregierung, sondern daran,

(Torsten Renz, CDU: Das haben die Bürger doch verstanden.)

dass die Menschen entweder ausdrücklich positiv von der Reform überzeugt waren oder vielleicht auch daran, dass sie das Thema in den Händen der Regierung und des Parlaments lassen wollten,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

sie jedenfalls nicht im Sinne des Volksentscheides vom Gegenteil hinreichend überzeugt waren.

(Michael Andrejewski, NPD: Sehr fantasievoll.)

Der Versuch, die Gerichtsstrukturreform in diesem Volksentscheid gewissermaßen zum Stein des Anstoßes auch in Bezug auf andere Reformen wie etwa der Kreisgebiets- oder Polizeireform zu erheben, mag bei der Unterschriftensammlung eine Rolle gespielt haben, hat aber im Ergebnis – und ich sage: zu Recht – ebenfalls nicht zum Erfolg geführt. Die Menschen in Mecklenburg-Vorpom- mern verstehen vielleicht doch, und zwar viel besser, als manche glauben möchten, dass bestimmte Reformen notwendig sind, um das Land unter veränderten und den sich weiter verändernden Verhältnissen zukunftsfähig zu gestalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der CDU-Fraktion.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Erneut geht es heute um den Volksentscheid, der ja abgeschlossen ist, und um die Gerichtsstrukturreform.

Ich will mal bei Ihnen, Herr Suhr, anfangen, und vielleicht auch bei Frau Borchardt. Sie haben ein bisschen Ma

thematik betrieben und fingen ja an, die Wahlbeteiligungen zu vergleichen. Ich finde, wir sollten das dann auch absolut machen: Also, bei dem Volksentscheid hatten wir eine Wahlbeteiligung von 23,7 Prozent.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Bei der letzten Landtagswahl waren es immerhin 51,5 Pro- zent, was wir alle sicherlich auch noch für viel zu wenig halten. Wenn ich dann aber so anfange wie Sie, das mit jeder einzelnen hier gewählten Fraktion zu vergleichen, mich bis zu den GRÜNEN vorarbeite,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das habe ich nicht gemacht.)

das ins Verhältnis setze und dann feststelle, dass in Ihrer Fraktion niemand ein Direktmandat hat, müssten Sie ja bei Ihrem Verständnis jetzt alle loslaufen und Ihre Mandate zurückgeben, damit Sie mit leuchtendem Beispiel Ihrem Verständnis nach vorangehen. Dafür haben Sie selbstverständlich meinen Segen.

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich erwarte dann Ihre schriftliche Mitteilung bis heute Abend.

Frau Borchardt, Sie haben an dem Wahltermin ja immer ein bisschen herumgekrittelt. Eine Woche nach den Ferien ist zu früh, eine Woche vor den Ferien ist wahrscheinlich zu spät – wir werden das ja bei den nächsten zwei Landtagswahlen erleben, die zeitlich im Zusammenhang mit den Ferien liegen. Ich halte den Sonntag eine Woche nach den Ferien für durchaus geeignet und kann nicht nachvollziehen, warum die Leute, nur, weil die Ferien eine Woche um sind, nicht zur Wahl gehen sollen. Das erschließt sich mir wirklich nicht. Aber vielleicht können Sie mich da noch ein wenig erhellen.

Sie haben den Volksentscheid nach den geltenden Regeln der Kommunalverfassung durchgeführt und behaupteten, dass die geringe Wahlbeteiligung an zu wenigen Informationen lag. Also jeder von uns war ja nun vor Ort unterwegs: Ich habe unzählige Gespräche zur Gerichtsstrukturreform geführt, sie wurden auch zum Teil mit mir geführt. Was man feststellen konnte, vor allem, je weiter man von den Orten wegkam, die es betraf, die Menschen waren durchaus sehr informiert, bloß die allerwenigsten waren interessiert und sind deshalb nicht zur Wahl gegangen. Das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen.

Ein ganz wichtiger Punkt ist: Sogar in direkt betroffenen Städten – in direkt betroffenen Städten, sagen wir Demmin, sagen wir Anklam – gab es eine Wahlbeteiligung von deutlich unter 50 Prozent. Ich selbst hätte das gar nicht so erwartet, aber es ist so eingetroffen. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Und mir kann niemand sagen, dass die Menschen in Demmin oder in Anklam das nicht mitbekommen haben bei so viel Tamtam, wie um diesen Volksentscheid gemacht wurde.

Also kann ich nur zur Kenntnis nehmen – das sollten wir alle tun –, dass dieses Thema am Ende nicht genug in der Bevölkerung mobilisiert hat, und das, obwohl auch in den letzten zwei Wochen in den Medien – ich glaube, kein Tag verging, an dem nicht in der SVZ, in der OZ, auf Facebook über diese Gerichtsstrukturreform, auch nega

tiv, was den Regierungsentwurf und sehr positiv, was die Initiatoren des Volksentscheides betraf – berichtet wurde.

Ich selbst bin auch zum Volksentscheid gegangen, allein, um mich vor Ort bei den Wahlhelferinnen und Wahlhelfern zu bedanken. Ich habe mit Nein gestimmt. Sie alle wissen aber, dass ich nicht der allerbeste Freund dieser Gerichtsstrukturreform war,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hatte ich ganz vergessen.)

aber ich will Ihnen auch erklären, warum ich mit Nein gestimmt habe: weil man ein nicht ganz optimales Gesetz, für das ich diese Gerichtsstrukturreform halte, nicht durch ein noch schlechteres ersetzen kann. Das war die Vorlage von der Initiative für mich. Denn dort sollte tatsächlich alles auf den Punkt null zurückgedreht werden. Das war mit meinem Verständnis nicht vereinbar.

(Regine Lück, DIE LINKE: Was ist der Punkt null?)

Das Verschicken von Broschüren, so, wie Sie es anregen, ist aus meiner Sicht in dieser Debatte wenig hilfreich. Ich glaube, dadurch hätten sich kaum mehr Bürger an die Wahlurne begeben, denn Informationen gab es genug. In der Regel landet so was schnell in der Papiertonne und ist aus meiner Sicht Steuergeldverschwendung.

Ich sage zum Schluss: Alle Beteiligten müssen zur Kenntnis nehmen, dass der erste Volksentscheid nicht genug mobilisiert hat und dadurch gescheitert ist. Auch das ist am Ende Demokratie. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Reinhardt, ich bin in Versuchung,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ihr Mandat abzugeben.)

Ihrer Aufforderung zu folgen, aber Ihnen fehlt ja auch die entsprechende Mehrheit. Also wenn Sie das anbieten, dass wir es gemeinsam machen, dann denke ich ernsthaft darüber nach.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, den zentralen Satz in der Auseinandersetzung, die wir heute hier führen, hat für meine Begriffe Frau Borchardt in ihrem Beitrag formuliert, indem sie nämlich sowohl Herrn Texter als auch Herrn Caffier aus der Julisitzung zitiert hat. Diese Zitate orientierten sich daran, dass beide gesagt haben, wir wollen eine hohe Wahlbeteiligung. Wenn ich Ihnen das abnehme – was ich nicht tue –, wenn ich Ihnen das abnehmen würde, dann müsste ich die Frage stellen, und die stelle ich hier: Was haben Sie denn für diese hohe Wahlbeteiligung gemacht?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ein gutes Gesetz.)

Ah! Herr Nieszery sagt, ein gutes Gesetz.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, natürlich.)

Das reicht für eine hohe Wahlbeteiligung, hat aber offensichtlich auch nicht dazu geführt, dass die Menschen in Scharen teilgenommen und gesagt haben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die Ministerin hat eben ausgeführt, dass auch ein Fernbleiben eine Abstimmung ist.)

mit Nein will ich Norbert Nieszery unterstützen, weil der ja ein gutes Gesetz gemacht hat, und dann sind die Neinstimmen in Massen gekommen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ein Fernbleiben ist auch eine Abstimmung.)

in Massen sind die Neinstimmen gekommen.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Und wenn sich die Initiative der CDU-Fraktion darauf begrenzt,

(Jochen Schulte, SPD: Jetzt weiß ich auch, warum das nicht geklappt hat, Herr Suhr, Sie haben das Grundprinzip nicht begriffen. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass sie Marc Reinhardt losgeschickt hat, um Gespräche zu führen, dann sage ich, sehr geehrte Damen und Herren, das war in der Tat zu wenig.