Protocol of the Session on September 23, 2015

Das ist aus meiner Sicht eine überschaubare Aufgabe für all diejenigen, die das Wahllokal aufsuchen.

Der Abend des 6. September hatte dann auch gezeigt, dass die Abstimmungsvorstände gut zurechtgekommen sind. Schon gegen 20.30 Uhr war die Auszählung bei den letzten Nachzüglern abgeschlossen. Im Prinzip ist die Mehrheit der Abstimmungsvorstände gegen 19.30 Uhr bereits in den Feierabend, in den wohlverdienten Feierabend eingetreten. Es zeigt also, es hat funktioniert.

Zum Vergleich: Trotz zusätzlicher Wahllokale bei der Kommunal- und Europawahl dauerte die Auszählung bis weit über Mitternacht hinaus. Insofern ist die Entscheidung, die örtlich getroffen worden ist, durchaus eine richtige Entscheidung. Es gab beim Volksentscheid weder zu wenig Wahllokale, noch waren die Wege zur Wahlurne zu lang. Ich will das gar nicht weiter ausführen, weil ich bereits im Juli an dieser Stelle sehr ausgiebig darüber gesprochen habe. Nur so viel: Diese geäußerte Kritik ist haltlos und entspricht nicht der rechtlichen Grundlage.

Der zweite zentrale Kritikpunkt war die Gestaltung des Stimmzettels. Erlauben Sie mir hierzu eine nachdenkliche Bemerkung. Ich war durchaus überrascht, wie viele gebildete und kluge Menschen sich in den Tagen vor dem Abstimmungssonntag plötzlich zu Wort meldeten und kundtaten, sich von dem Stimmzettel des Volksentscheides geistig überfordert zu sehen.

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD: Ja, genau.)

Das ist erstaunlich, denn es ist ansonsten eigentlich nicht üblich, sich selbst als intellektuell überfordert zu outen. Das war für mich eine neue Erkenntnis.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Aber ernsthaft: Der Volksentscheid ist eine Form der Gesetzgebung, meine Damen und Herren. Es ist der

seltene, jedenfalls bisher seltene Fall – möglicherweise ändert sich das ja auch in Zukunft –, dass das Volk selbst über einen ganz konkreten Gesetzentwurf entscheidet. Daher halte ich es – ebenso wie die Landeswahlleiterin, die für die Gestaltung des Stimmzettels zuständig war, und nicht die Landesregierung – für zwingend, dass genau danach gefragt wurde: Stimmen sie dem Gesetzentwurf zu oder nicht, und zwar mit Ja oder Nein – wie ich finde sehr überschaubar.

Gemeint war Ihr Gesetzentwurf, der selbstverständlich auch auf dem Stimmzettel benannt wurde und der Gegenstand des Volksbegehrens gewesen war, der Gesetzentwurf zur Aufhebung der mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz beschlossenen Änderungen. Was soll denn auch auf den Stimmzettel geschrieben werden? Es war Ihr Titel des Gesetzentwurfes, es war nicht unser Titel. Gegenüber der Frage, die die Bürger Griechenlands bei ihrer Volksabstimmung im Juli zu beantworten hatten, war die hiesige Fragestellung, so meine ich jedenfalls, überschaubar und auch für jeden verständlich.

Übrigens, Frau Borchardt, Sie hatten es doch in der Hand, Ihren Gesetzentwurf anders zu benennen und nicht so kompliziert.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, nun ist ja langsam Schluss! Sie haben doch den Gesetzentwurf eingebracht.)

Hätten Sie ihn „Gesetz für den Schutz der kleinen Amtsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern“ genannt, hätte jeder gewusst, worüber er abstimmt. Sie haben Ihren Gesetzentwurf anders benannt. Auch das gehört zur Wahrheit. Die Formulierung lag allein in der Hand der Initiatoren.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Initiatoren waren wir nicht.)

Sollte den Kritikern dies nicht passen, dann ist es schon reichlich komisch, dem Land vorzuwerfen, dass sie einen Titel draufgeschrieben haben, den Sie als Gesetzestitel selber bestimmt haben. Und nur über den Gesetzentwurf war abzustimmen, über den Gesetzentwurf, den die Initiatoren eingebracht haben.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Dieser Titel ist nun mal so, wie er ist. Den hat sich nicht der Minister, den hat sich nicht die Justizministerin, den hat sich nicht die Landesregierung ausgedacht, den hat sich auch nicht die Landeswahlleiterin ausgedacht. Das ist Ihr Gesetzentwurf, über den abzustimmen war. Sie hätten ihn auch anders nennen können.

Abschließend möchte ich kurz auf die Frage der Höhe der Quoren eingehen. Ob und wie wir die Quoren ändern, darüber diskutieren die Fraktionen leidenschaftlich, und das ist auch vollkommen in Ordnung. Es ist eine Aufgabe, die das Parlament zu entscheiden hat. Es ändert aber nichts daran, dass nicht einmal jeder Fünfte für den Volksentscheid stimmte, wie ich bereits erwähnte. Damit wären die Initiatoren nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern in insgesamt 11 der 16 Bundesländer gescheitert. Wer also den Vorwurf erhebt, dass das Quorum, das ja in jeder Hinsicht seine demokratische Legitimation besitzt, Schuld am erfolglosen Volksentscheid ist, weist sich – jedenfalls für mich – als schlechter Verlierer aus.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Dazu passt für mich auch der Titel der Aussprache „Volksentscheid gegen die Gerichtsstrukturreform – Umgang mit direkter Demokratie auf den Prüfstand“. Wenn ein Volksentscheid nicht so läuft, wie Sie von den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich das vorstellen, gehört das also auf den Prüfstand?! Das ist für mich, für mich persönlich jedenfalls, ein etwas schräges Demokratieverständnis, anders kann ich das nicht bezeichnen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Ich habe auch häufig Sachen, die mir nicht passen oder wo ich als Verlierer herausgehe. Die muss ich aber zur Kenntnis nehmen, dann ist das so, und dann geht das Leben weiter. Aber was Sie hier machen, ist nicht gelebte Demokratie – so, wie ich mir das jedenfalls nicht vorstelle.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Sei es drum, mir und meinen Kollegen ist es wichtig, dass deutlich wurde, dieser Volksentscheid ist ordentlich und korrekt verlaufen. Wenn das auch bei dem letzten Kritiker angekommen ist, dass er ordentlich und den Gesetzlichkeiten entsprechend verlaufen ist, dann ist das für mich ausreichend genug und dann bin ich schon glücklich. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Drese von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Einleitend möchte auch ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in den Abstimmungsvorständen, in den Wahlleitungen und Wahlbehörden, in den Gemeinden, Ämtern und Landkreisen sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Landesbehörden für die wirklich gute Organisation und den reibungslosen Ablauf des Volksentscheides am 6. September bedanken.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut.)

Wir erkennen auch die Leistung und das Engagement der Initiatoren des Volksbegehrens beziehungsweise des Volksentscheides ausdrücklich an, zeigt es doch, dass wir in einer lebendigen Demokratie mit politisch interessierten Bürgern leben und es eben keine Entfremdung von der Politik gibt, wie Sie es prophezeit haben, Frau Borchardt. Zwar wurde das erforderliche Zustimmungsquorum klar verfehlt und es wäre – ich kann es gern noch einmal wiederholen – auch in den vielen Bundesländern, die ein Zustimmungsquorum von 25 Prozent vorsehen, zu niedrig gewesen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Viel zu niedrig.)

aber in Anbetracht dessen, dass bei der Gerichtsstrukturreform nur Teile einzelner Berufsgruppen unmittelbar betroffen sind, wurde eine beachtliche Mobilisierung erreicht.

Dass von den Abstimmenden die Mehrheit für den Gesetzentwurf des Volksbegehrens gestimmt hat, wird nie

manden überraschen. Gegner einer Reform lassen sich erfahrungsgemäß besser mobilisieren als deren Befürworter. Dennoch hat die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger keinen Anlass gesehen, ihre Stimme für ein Zurückdrehen der Reform abzugeben. Sie erkennen damit an, Regieren heißt eben nicht, Stillstand zu verwalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist müßig, nach einem Volksentscheid über die Ursachen für die Höhe der Beteiligung und den Grad der Zustimmung zu debattieren. Man mag den Abstimmungstermin, die Anzahl der Abstimmungslokale oder die Fragestellung auf dem Abstimmungszettel heranziehen und überhaupt der Landesregierung alles Mögliche unterstellen, warum der Volksentscheid nicht das Ergebnis hatte, dass der Opposition genehm gewesen wäre.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tja.)

Tatsache ist, die Durchführung von Volksentscheiden ist gesetzlich klar geregelt. Der Ausgang des Volksentscheides war völlig offen. Jeder Abstimmungsberechtigte konnte sich an dem Volksentscheid beteiligen und seine Stimme abgeben. Dass der Opposition das Ergebnis nicht gefällt, ist verständlich, aber das Scheitern nun der Landesregierung anlasten zu wollen, geht an der Sache vorbei. Im Übrigen hatten Sie den frühestmöglichen Abstimmungstermin in einer unserer zahlreichen Debatten selbst gefordert und nun kritisieren Sie ihn.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Zustimmungsquorum hat den Zweck zu vermeiden, dass eine relativ kleine Gruppe ein Gesetz allein infolge der Nichtteilnahme der großen Mehrheit zustande bringt. Ein Quorum hat zur Folge, dass die Gegner des zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurfes nicht abstimmen müssen, um ihn durch Nichtbeteiligung zu Fall bringen zu können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die überwiegende Anzahl der Bundesländer bei Volksentscheiden ein Zustimmungsquorum vorsieht.

Sehr geehrte Damen und Herren, die relativ niedrige Beteiligung an dem Volksentscheid lag auf jeden Fall nicht an fehlender Information. Abgesehen davon, dass jeder Abstimmungsberechtigte eine persönliche Wahlbenachrichtigung erhalten hat, war das Thema seit geraumer Zeit Gegenstand der Berichterstattung der Medien – ob in der Zeitung, im Fernsehen oder im Radio – sowie in den sozialen Netzwerken. Insofern haben wir keinen Zweifel, dass der Volksentscheid die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhalten hat. Die Beteiligung an dem Volksentscheid hat den Stellenwert, den das Thema bei den Menschen einnimmt, widergespiegelt.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Quorum ist nicht per se zu hoch. Ein Quorum mag bei dem einen Volksentscheid erreicht werden, bei einem anderen nicht. Wenn ein gesetzlich verankertes, generell geltendes Quorum nicht erreicht wurde, muss man sagen, die Beteiligung war zu niedrig. Am Ausmaß der Beteiligung drückt sich aus, wie viele Bürger sich für das zur Abstimmung stehende Thema interessierten oder sich berührt fühlten. Es kommt auf den Abstimmungsgegenstand an. Es gibt zweifellos eine Reihe von Themen, deren Zur-Abstimmung-Stellung man sich nicht unbedingt wünscht, bei denen das geltende Quorum übertroffen werden würde.

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD-Fraktion spricht sich weiterhin für eine Vereinfachung der politischen Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land aus. Seit geraumer Zeit führen die demokratischen Fraktionen Gespräche über eine Änderung der Landesverfassung, welche neben einer Regelung zur Vermeidung von Landtagswahlterminen in den Ferien und der Stärkung des Landtages in EUAngelegenheiten durch Ausweitung der Entscheidungsbefugnisse für Ausschüsse auch Vereinfachungen für Volksbegehren und Volksentscheide betrifft. Wir haben vorgeschlagen, die Anforderungen zur Einleitung eines Volksbegehrens zu senken.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Haben Sie vorgeschlagen!?)

Eine Richtgröße ist dabei die Absenkung des Unterstützerquorums auf 7,5 Prozent der Wahlberechtigten. Das entspricht zurzeit etwa 100.000 statt bisher 120.000 Wahlberechtigten. Richtig ist aus unserer Sicht auch, parallel zu einer Quorenabsenkung eine Frist für das Sammeln der Unterschriften einzuführen. Die bisherige Regelung führt dazu, dass über Jahre unbegrenzt Unterschriften gesammelt werden können. Eine Angleichung an die Gesetzgebung in allen anderen Bundesländern, die ausnahmslos eine Frist vorsehen, wäre deshalb eine sinnvolle Maßnahme.

Zudem halten wir eine Änderung des Zustimmungsquorums bei Volksentscheiden für sachgerecht. Hier erachten wir eine Absenkung von bisher einem Drittel auf ein Viertel der Stimmberechtigten für sinnvoll. Damit würde eine Anpassung an die Regelung für Bürgerentscheide in der Kommunalverfassung erfolgen, welche ein Zustimmungsquorum von 25 Prozent der Stimmberechtigten verlangt.

Sehr geehrte Damen und Herren, statt isoliert angestrebten Änderungen erachten wir weiterhin eine Diskussion auf einer breiten Basis für sachgerechter, um die politischen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu stärken. Ich danke meinem Fraktionsvorsitzenden ausdrücklich für die Aufnahme und Koordinierung dieser Gespräche auch mit der Opposition. Die SPD-Fraktion ist weiterhin bereit und gewillt, die Gespräche zwischen den demokratischen Fraktionen zur Stärkung der direkten Demokratie wieder aufzunehmen, um gemeinsam Vorschläge zur Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden zu beraten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung feiert es als Erfolg, dass sich nur 23,7 Prozent an dem Volksentscheid beteiligt haben. Die 76,3 Prozent, die nicht hingingen, werden als Befürworter bewertet.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das ist in der Tat eine interessante Interpretation. Das heißt, wenn der Kinosaal leer ist und keiner hingeht, ist das ein Zeichen dafür, dass die Leute den Film gut finden und Fans sind.

(Manfred Dachner, SPD: Das war ja ein toller Vergleich.)