Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/259. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/259 abgelehnt mit Zustimmung der Fraktion der NPD, den Gegenstimmen der Fraktion der SPD, Fraktion der CDU, Fraktion DIE LINKE und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Landes-Storchenschutz-Konzept entwickeln, Drucksache 6/250.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landes-Storchenschutz-Konzept entwickeln – Drucksache 6/250 –
Mecklenburg-Vorpommern beherbergt rund ein Viertel der gesamten Storchenpopulation Deutschlands. Nur in Brandenburg leben noch mehr Störche als in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Jahr 2004 besiedelten noch 1.142 Storchenpaare unser Bundesland. Seit 2005 liegen die Zahlen jedoch jedes Jahr deutlich bei unter 900 Paaren. Im letzten Jahr waren es dann nur noch 822 Storchenpaare und die Gesamtzahl sinkt seit vielen Jahren – nicht nur in M-V, doch in Mecklenburg-Vorpommern fällt der Rückgang der Störche im bundesweiten Vergleich leider am stärksten aus.
Natürlich treten bei vielen wandernden Tierarten – und so auch beim Storch – Populationsschwankungen auf, doch haben wir es hier seit mehreren Jahren mit einer für die Störche des Landes instabilen Situation zu tun. Was heißt „instabil“ in diesem Kontext? Es bedeutet, dass die Population der Weißstörche unseres Bundeslandes sich nicht mehr aus sich selbst heraus erhalten kann und von Zuzügen aus dem osteuropäischen Nachbarland, besonders aus Polen, abhängt.
Wo liegen nun die Ursachen und was können wir hier vor Ort tun? Zunächst könnte man annehmen, der Rückgang liege eben an den Bedingungen, denen die Tiere im Zuggeschehen und an ihren Winterlebensräumen, also in Afrika und Spanien begegnen. Doch die vielen leeren Nester sprechen eine andere Sprache. Der Symbolvogel schafft nämlich die Reise hin in sein Winterquartier und wieder zurück in unsere Region, er schafft es hierhin zurück in sein Vermehrungshabitat. Doch bei 220 der 822 Brutpaare, die das geschafft haben, also bei rund einem Viertel der gesamten Brutpaarpopulation, kam es im letzten Jahr nicht zu einem Bruterfolg. Was ist denn hier los?
Zwar kamen im vergangenen Jahr auch noch besonders ungünstige Witterungsverhältnisse dazu, doch im Wesentlichen ist es eine Frage fehlender Nahrungsgrundlage in der Horstnähe.
Das ist hier der limitierende Faktor. Es wird für die Tiere immer schwieriger, die etwa 500 bis 700 Gramm Nahrung, die ein ausgewachsener Storch täglich benötigt,
(Burkhard Lenz, CDU: Deswegen frisst er ab und zu Hasen, junge. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)
Ein Jungvogel braucht für einen kurzen Zeitraum bis zu, hören Sie ruhig zu, 1.600 Gramm Nahrung pro Tag, so- dass der tägliche Bedarf einer ganzen Storchenfamilie bei bis zu 4.600 Gramm liegt. Stellt man sich dieses Gewicht in Mäusen oder Fröschen vor, dann ist das schon eine ganze Menge.
Nun nimmt, auch wegen der Bioenergieförderung, die Fläche mit Mais und Raps stetig zu. Auch ehemalige Stilllegungsflächen werden dazu benutzt. Auf der anderen Seite schrumpft die Fläche extensiv genutzten Feuchtgrünlandes mit Kleingewässern, wo Amphibien auftreten könnten.
Ebenso verringert sich der Anteil an extensiv bewirtschaftetem Weideland, wo Heuschrecken oder Mäuse als Nahrungsgrundlage dienen könnten.
Extensives Weideland und Feuchtgrünland wäre für die Ernährung unserer Jungstörche lebensnotwendig und darum geht es hier.
Interessant ist, dass sich auf den renaturierten Flächen, beispielsweise an der Recknitz, der Bestand nicht negativ verändert und eher noch etwas wächst. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Tiere hier noch genügend Nahrung finden, während sie in intensiv bewirtschafteten Gegenden ihre Jungen einfach nicht mehr großziehen können. Das schlechte Wetter allein scheidet da als Erklärung einfach aus.
Wir meinen, dass das Moorschutzprogramm der Landesregierung ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ohne diese Anstrengungen sähe es für den Storchnachwuchs vermutlich noch viel schlimmer aus.
Heutzutage kann der Weißstorch als Indikatorart für eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung angesehen werden. Er braucht ja, wie bereits erwähnt, gerade für das Heranwachsen der Jungvögel eben nicht nur Frösche, sondern auch Mäuse, Maulwürfe, Heuschrecken und andere Kleintiere. Sein Fehlen beziehungsweise Nester ohne Jungvögel zeigen uns, dass im Umkreis um den Horststandort eben keine nachhaltige Landbewirtschaftung stattfindet. Die Störche zeigen uns also, wie es um unsere Landschaft bestellt ist. Wenn sie auftreten, dann sind sie der weithin sichtbare Beweis, dass eine im tatsächlichen Sinne des Wortes nachhaltige Bewirtschaftung stattfindet.
Jedes Storchenpaar benötigt in Horstnähe so ungefähr 20 Hektar feuchtes Grünland zum Beispiel, um die Jungstörche satt zu bekommen. Dieses Grünland bietet neben den Störchen, das ist ja klar, vielen weiteren seltenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum, weshalb Storchenschutz immer auch ein Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt der Offenlandschaften unseres Bundeslandes ist.
Lassen Sie uns noch einen Blick in die Zukunft werfen, sehr geehrte Damen und Herren. Im Gegensatz zu anderen Tierarten kann ja beim Storch sehr genau beobachtet
werden, wie viele Tiere aus den Winterquartieren zurückkommen und auch wie viele Jungvögel flügge werden. Und die vielen ehrenamtlichen Storchenbetreuer und -betreuerinnen zählen seit vielen Jahren die Rückkehrer und ihren Nachwuchs.
Der Ornithologe Klaus-Dieter Feige von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern wer- tet seit vielen Jahren die Entwicklungstendenzen der Storchenpopulation aus. Er hat anhand der langjährigen Entwicklungsdaten vorausberechnet, dass im Jahre 2050 in Mecklenburg-Vorpommern kein Storchenpaar mehr brütet,
wenn sich an den derzeitigen Formen der landwirtschaftlichen Produktion und am Zustand der Nahrungshabitate nichts ändert. Wer hier von unnötiger Bürokratie spricht, Herr Lenz, verkennt den Ernst der Lage.
Wollen Sie, Herr Lenz, wirklich dafür verantwortlich sein, dass diese Tierart ganz aus unserer Heimat verschwindet?
Wenn wir uns für ein Storchenschutzkonzept einsetzen, setzen wir uns gleichzeitig für eine tatsächlich nachhaltige Landwirtschaft ein, mit einer Biodiversität, die für die jeweilige offene Landschaft angemessen wäre,
also Arten der Feuchtlebensräume in den Niederungen, Arten der Trockenlebensräume auf den trockeneren Bereichen. Wir brauchen intakte Flussauenlandschaften, wir brauchen temporäre Kleingewässer, Sölle mit Flachwasserzonen,
mehr beweidetes statt gemähtes Grünland und auch Energiefreileitungen mit Vogelschutzeinrichtungen. Wir brauchen mehr extensiv genutztes Weideland für unsere Störche, für den Erhalt der Artenvielfalt der offenen Landschaften, weil der Erhalt der Weißstörche auch das Überleben vieler anderer Arten rettet, wie ich jetzt dargestellt habe, also die Biodiversität insgesamt fördert.
Deshalb fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung auf, sie solle ein landesweites Storchenschutzkonzept entwickeln, um die Bruterfolge der Weißstorchpopulation in Mecklenburg-Vorpommern zu erhöhen. Dieses Konzept soll einen besonderen Fokus auf die Förderung adäquater Lebensraumbedingungen legen. Für die Umsetzung dieses Storchenschutzkonzeptes soll sie prüfen, in welchem Umfang Förderrichtlinien für entsprechende zielgerichtete Agrarumweltmaßnahmen aufgelegt beziehungsweise vorhandene Agrarumweltmaßnahmen modifiziert werden sollten.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit und bin gespannt auf die Diskussion.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.