Protocol of the Session on February 3, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 10. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – UNESCOWeltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“, Drucksache 6/253. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/294 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU UNESCO-Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“ – Drucksache 6/253 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/294 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Krüger für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die UNESCO, also die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, hat im Jahr 1972 die Welterbekonvention verabschiedet. Zwischenzeitlich haben 188 Staaten diese Konvention ratifiziert.

Wir haben gestern schon einmal über einen UNESCOWelterbeantrag geredet und deswegen gewandt an die Herren von rechts außen will ich Ihnen nicht ersparen ein Zitat aus der Leitidee der UNESCO. Da steht nämlich: „Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden“. Weiterhin …

(Michael Andrejewski, NPD: Das muss die UNO gerade sagen.)

Hören Sie gut zu, hier geht es nämlich nicht um ein ehemaliges Rüstungsprojekt, eine ehemalige Rüstungsschmiede, sondern es geht um ein Kulturgut. Hören Sie es sich gut an!

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Weiterhin heißt es darin: „Ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Abmachungen von Regierungen beruhender Friede kann die einmütige, dauernde und aufrichtige Zustimmung der Völker der Welt nicht finden.“

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

„Friede“ – und hören Sie jetzt zu, das ist wichtig –

(Stefan Köster, NPD: Ja, reden Sie mal weiter!)

„muss – wenn er nicht scheitern soll – in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden.“

(Stefan Köster, NPD: Da müssen Sie noch an sich arbeiten. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das sagt die UNESCO. Deswegen, glaube ich, sind nicht Rüstungsprojekte angesagt, sondern es gibt andere Sachen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Das UNESCO-Kulturerbe unterscheidet zwischen zwei Dingen, dem Kulturerbe und dem Naturerbe. Aufgenommen werden sollen nur außergewöhnliche Kultur- und Naturdenkmäler, die von überragender Bedeutung für die Menschheitsgeschichte sind. Unser heutiger Antrag zielt auf zwei Naturdenkmale.

Was sind Naturdenkmale? Ich zitiere hier gern aus der UNESCO-Konvention. Hier steht dazu, ich zitiere:

(Im Plenarsaal klingelt ein Handy. – Stefan Köster, NPD: Ihr Telefon klingelt.)

„Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als ,Naturerbe‘ Naturgebilde, die aus physikalischen und biologischen Erscheinungsformen oder -gruppen bestehen, welche aus ästhetischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind“. Mit der Bewerbung um den Titel „UNESCO Naturerbe“ erkennt jeder Staat an, dass er sich um den Schutz und Erhalt dieses Naturerbes kümmern wird. Er verpflichtet sich, seine Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen.

Mit der Verleihung dieses Titels hat jeder Staat ein Konzept zu erarbeiten, wie er mit diesem Naturerbe umgeht. Das heißt nicht, dass man dieses Kultur- oder Naturerbe einfach absperrt oder wegschließt, sondern in Artikel 5 der Kommission heißt es dazu sehr klar, „eine allgemeine Politik zu verfolgen, die darauf gerichtet ist, dem Kultur- und Naturerbe eine Funktion im öffentlichen Leben zu geben und den Schutz dieses Erbes in erschöpfende Planungen einzubeziehen“. Meine Damen und Herren, und genau das wollen wir mit diesem Antrag erreichen.

Die UNESCO hat am 25. September 2011 die alten Buchenwälder im Waldteil Serrahn des Müritz-Nationalparks und des Nationalparks Jasmund als UNESCO Naturerbe anerkannt. Zusammen mit drei weiteren Buchenwäldern in Deutschland bilden sie nun mit dem seit 2007 bestehenden UNESCO-Naturerbe Buchenurwälder der Karpaten eine gemeinsame Stätte. Buchenurwälder der Karpaten sind Gebiete in Höhenlagen in der Slowakei und der Ukraine.

Das ist ein großartiges Ereignis für uns, stehen wir doch jetzt in einer Reihe mit anderen bekannten Stätten wie dem Baikalsee, den Galapagosinseln, der Serengeti, dem Yellowstone-Nationalpark oder den Viktoriafällen. Unsere Bemühungen um den Schutz und den Erhalt der alten Buchenwälder wurden damit anerkannt. Buchen wachsen heute nur noch zu einem kleinen Teil ihrer potenziellen Wuchsfläche. Vor einigen Hundert Jahren wuchsen die Buchenwälder von den norddeutschen Küsten bis zu den Alpen. Im Vergleich dazu sind heute nur noch sieben Prozent der eigentlichen Bewuchsfläche von Buchen bewachsen.

Heute gibt es kaum noch Buchenbestände, die älter als 200 Jahre sind, dabei kann der Baum 300 Jahre und

älter werden. Naturnahe Tieflandwälder, wie Serrahn und Jasmund, gibt es heute weltweit nur noch in Deutschland. Allein das zeigt schon die Bedeutung dieser Waldregion an. Die ökologische Bedeutung dieser Wälder ist immens groß, sie bietet Lebensraum für mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten und sie trägt damit zur biologischen Diversität bei. Buchen werden sich, so sagen es uns die Wissenschaftler, vermutlich gut an den Klimawandel anpassen können.

Meine Damen und Herren, als ich mich auf diese Rede vorbereitet habe, sind mir interessante Zahlen in die Hände gefallen, was die biologische Bedeutung insbesondere der Buchen betrifft, die würde ich Ihnen hier gern auch einmal sagen: Eine 100 Jahre alte Buche produziert im Jahr mehr als 4,5 Tonnen Sauerstoff, davon kann ein Erwachsener 13 Jahre lang atmen, oder auch eine 120 Jahre alte Buche speichert fast 3,5 Tonnen CO2. Wir haben hier einen natürlichen Klimaschützer.

Jetzt gilt es, ein Konzept für die Etablierung der UNESCOWelterbestätten innerhalb der Großschutzgebiete zu erstellen. Wir fordern daher die Landesregierung auf, dieses Konzept naturschutzgerecht zu entwickeln und es dem Landtag bis zum 30. September des Jahres vorzulegen. Von Bedeutung wird dieses Konzept für verschiedene Bereiche sein, beispielsweise für den Tourismus – unsere Wälder haben einen hohen Erlebniswert –, aber auch für die Entwicklung des Images von Mecklenburg-Vorpom- mern als Natur- und Gesundheitsland, aber auch selbstverständlich für den weiteren Schutz dieser Waldgebiete.

Meine Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag vorliegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Diesen Änderungsantrag werden wir ablehnen. Sie fordern hier verschiedene Dinge, zum Beispiel was die personelle Ausstattung anbetrifft. Sie wissen, dass wir bemüht sind, einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, und wir werden sehr verantwortungsvoll mit Mitteln umgehen, auch wenn es darum geht, Personal einzustellen.

Was eine touristische Vermarktung betrifft, die möglichst in vernünftigem Rahmen stattzufinden hat, da stimmen wir zwar mit Ihnen überein, aber der weitere Punkt, den Sie hier haben, Sie wollen weitere Gebiete unter Schutz stellen – ich will erinnern, dass wir 35 Prozent der Landesfläche inzwischen mit einem Schutzstatus belegt haben –, eine weitere Ausweitung dessen halten wir für nicht sinnvoll. Deswegen werden wir Ihren Änderungsantrag ablehnen und bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Krüger.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe, der Minister behält sich das letzte Wort vor. Okay, dann sei es so.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ich halte diesem Antrag zugute, dass er ermöglicht, die Bedeutung der Aufnahme der alten Buchenwälder

Deutschlands ins Weltnaturerbe hier im Plenum zu würdigen. Aber dann hört es auch schon auf. Der Antrag ist überflüssig, zumindest, wenn er so bleibt. Oder man könnte auch sagen, er unterstellt eine derzeit vorliegende Konzeptlosigkeit und fehlende Einbindung der im Land gelegenen Teile des Weltnaturerbes in das Nationalpark- management. Das wäre für alle, die im Naturschutz tätig sind, ein Faustschlag ins Gesicht, meine Damen und Herren. Das ist genau das, was Sie uns immer vorwerfen, und eine nicht zu überbietende Fehleinschätzung der Arbeit von zwei Jahrzehnten.

Alle, die wie ich auf der Grünen Woche waren, konnten sich davon überzeugen. Nicht wahr, Kollege Krüger?

Wohlwollend betrachtet soll wohl ein Konzept erarbeitet werden, wie man mit dem Pfrund des Weltnaturerbes noch mehr zum Vorteil des Landes wuchern kann, wie man diesen Status für den nachhaltigen naturgebundenen Tourismus nutzen kann. Deshalb kann ich Ihnen nur raten: Stimmen Sie dem Änderungsantrag der GRÜNEN doch zu, man hätte es nämlich viel deutlicher formulieren können!

(Rainer Albrecht, SPD: Und warum machen Sie es nicht?)

Sie in Ihrem Antrag, nicht, dass Sie mich missverstehen. Sie sollen den Änderungsantrag der GRÜNEN annehmen, dann kommt wenigstens etwas heraus bei diesem Antrag.

(Egbert Liskow, CDU: Das können Sie doch noch machen.)

Meine Fraktion und ich danken den Initiatoren der Arbeitsgruppe und allen, die über Jahre hinweg den Prozess begleitet haben, der im Sommer letzten Jahres mit der Entscheidung der UNESCO seinen krönenden Abschluss fand. Viele Jahre Arbeit liegen zwischen der Idee, der Erarbeitung von Studien und Nominierungsunterlagen, der Antragstellung und dem Bangen, ob die Bewerbung erfolgreich sein wird.

Zunächst einmal mussten die Ukraine und die Slowakei überzeugt werden. Sie mussten zustimmen, die 2007 ins Weltnaturerbe erhobenen Buchenwälder der Karpaten durch weitere Buchenwälder zu ergänzen. Das Besondere an diesem Prozess war und ist, dass sich eine beispielhafte Zusammenarbeit zwischen der Ukraine, der Slowakei und den vier Bundesländern Deutschlands entwickelt hat. Kern dieser Zusammenarbeit sind Schutz und Forschung. Die gemeinsame Welterbestätte ist einzigartig und repräsentiert die Buchenwälder der Gebirge und des Tieflands auf Sanden, Kreide, Lehm und Schiefer.

Dazu gehören Teile des Waldes im Nationalpark Jasmund und Serrahn im Müritz-Nationalpark. Beide Gebiete liegen in den Kernzonen der Nationalparke. Wofür soll die Landesregierung eigentlich ein Konzept vorlegen?

Erstens. Um den Welterbestatus zu erreichen, wurde ein Verfahren mit hohen Hürden durchlaufen. In Management- plänen waren Maßnahmen festzulegen, wie die Wälder langfristig erhalten und geschützt werden sollen und wie man den Besuchern diesen Schatz erschließen will.

Zweitens. Das letzte trilaterale Treffen von Vertretern der Welterbeteilgebiete fand vor rund vier Monaten in der

Ukraine statt. Beraten wurde, wie Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbeobachtung und Management gemeinsam und abgestimmt erfolgen sollen.

Drittens. Das, was Sie einfordern, sind Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nationalparkämter. Dazu gehören Öffentlichkeitsarbeit, Angebote zur Umweltbildung und für Führungen. Dazu gehören die Planung, der Bau und die Unterhaltung einer Infrastruktur, mit der die Besucher gelenkt und informiert werden können. Dafür werden Konzepte entwickelt für die Flächen, zum Artenschutz und zur Landschaftspflege. Außerdem werden Tier- und Pflanzenarten oder Umweltfaktoren erfasst, überwacht und erforscht.

Wozu eigentlich ein Konzept der Landesregierung? Der Schuh drückt doch ganz woanders. In Hohenzieritz klagte der Nationalparkleiter, Herr Meßner, dass er personell und finanziell schlecht ausgestattet ist. 1996 arbeiteten noch 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im MüritzNationalpark. 2010 waren es noch 102 und nach dem Personalkonzept werden es noch 77 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Im Nationalpark Jasmund sieht es nicht besser aus. Zudem sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Durchschnitt über 50 Jahre alt. Die Arbeit ist körperlich anstrengend. Sie können sich vielleicht vorstellen, was das heißt.