Protocol of the Session on June 10, 2010

Es gibt die Antwort, dass völlig entfesselte Finanzmärkte – ja, aber auch dank der legeren Politik in der Richtung –

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Die FDP-nahe.)

europäisch und weltweit ihre Chancen genutzt haben und auch nicht haltmachen davor, Staaten quasi in den Bankrott zu kippen, wenn das gute Wettergebnisse zeitigt.

(Michael Andrejewski, NPD: Die müssen vorher schon Schindluder getrieben haben.)

Insofern sind natürlich die Antworten darauf auch international, zumindest europäisch zu geben, Regularien einzuführen, und zwar etwas konsequenter als nach 2008.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Ich möchte einen Punkt dabei noch mal etwas konkretisieren. Es ist nicht so, dass nach 2008 nichts passiert ist.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Peer Steinbrück war damals noch der Finanzminister und er hat einige Gesetze zur Regulierung auf den Weg gebracht. Das Problem war nur, dass das Ganze europäisch noch nicht durchsetzbar war

(Michael Roolf, FDP: Eben, eben.)

und dass man teilweise Maßnahmen auch zurückgenommen hat. Darauf komme ich jetzt gleich noch mal.

Es waren zum Beispiel Gesetze zur Regulierung der Vorstandsvergütung, zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, zur bilanziellen Aufdeckung der Zweckgesellschaften, zur Verschärfung der Haftung der Manager, zur Erhöhung der Transparenz bei Unternehmensbeteiligungen sowie Maßnahmen zur Begrenzung der Vergütung in der Finanzbranche. Sie erinnern sich an einige Zei

tungsmeldungen. Das hat Steinbrück in ziemlich schneller Schlagzahl auf den Weg gebracht. Auch das kürzlich veranlasste Verbot von Leerverkäufen war schon von Peer Steinbrück eingeführt,

(Rudolf Borchert, SPD: Wurde auch wieder abgeschafft zwischendurch. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wurde auch wieder abgeschafft.)

ist dann allerdings durch die neue Bundesregierung wieder geknickt worden. Aber ich merke, man hält es inzwischen für das richtige Instrument.

(Rudolf Borchert, SPD: Man ist ja lernfähig anscheinend.)

Es ist nie zu spät, auch bei diesem Thema noch etwas dazu zu tun. Ich meine, hier ist ganz dringend Handlung notwendig und hier erwarte ich von Deutschland eine Vorreiterposition. Wir sind es in anderen Bereichen auch. Dann muss man sich hier auch an die Spitze der Bewegung setzen. Dafür gibt es, meine ich, genügend gute Gründe.

Der zweite Punkt aber, und insofern habe ich jetzt vielleicht hier die fünfte Position, ich sage auch ganz deutlich: Verschuldete Staaten haben es erst möglich gemacht, dass der Euro angreifbar wurde und europäische Staaten natürlich kurz vor dem Bankrott stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Diese beiden Säulen sind in der Tat gleichermaßen in den Blick zu nehmen.

Ich will doch einfach mal daran erinnern, in diesem Land Mecklenburg-Vorpommern wissen wir das eigentlich schon lange, denn wir handeln danach. Ein konsolidierter Haushalt ist doch nicht erst seit gestern auf unserer Tagesordnung und wir sind sehr konsequent dabei gewesen über lange Jahre, auch gegenüber einer viel schöneren Ausgabepolitik, bei der es an Wünschen nicht mangelte, zu sagen, wir können nur das ausgeben, was wir auch einnehmen. Und diese Konsequenz für unser kleines Land hat immerhin dazu geführt, dass wir nicht nur seit 2006 keine neuen Schulden aufgenommen haben, sondern sogar über die guten Steuerjahre die Zeit genutzt haben, um Schulden zurückzuführen. Auf diesen Weg muss sich Europa begeben, ob man drum herumredet oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Ich stimme Ihnen natürlich zu, dass man die Konsolidierung der Haushalte immer über zwei Wege erreichen kann. Es geht einmal um die Ausgabenseite.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Prima.)

Auch da sage ich ganz kritisch, hier muss man überprüfen, was Staat sich wirklich leisten kann.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Aber wenn er Standards abbauen muss,

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

manchmal auch aufgrund von Demografie, auch das haben wir hier gemacht, dann muss er im Blick behalten, wie ausgewogen das ganze Paket ist.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, sozial ausgewogen.)

Und die Verursacher der Krise und Leute, die es sich viel besser leisten können,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist nicht ausgewogen.)

nicht mit an den Tisch zu holen oder zur Kasse zu bitten, wie wir Finanzer immer sagen, das kann auch nicht gehen. Das ist für mich ein wesentlicher, ausgewogener Beitrag,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja.)

das so hinzubekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Birgit Schwebs, DIE LINKE)

So weit zur Ausgabenseite.

Es lässt sich im Konkreten mit vielen Maßnahmen sagen – und alle Anträge des gestrigen Tages haben das ja noch mal untermauert –, was man sich auf der einen Seite wünscht und was man sich auf der anderen Seite leisten kann, muss uns immer als Überschrift begleiten, was ist langfristig für uns realisierbar und womit überheben wir uns. Damit hat man, denke ich, einen richtigen inneren Kompass auch für unser gemeinsames Handeln, sowohl in der Regierung als auch im Parlament.

Aber auch die Einnahmenseite will ich dabei nicht unberücksichtigt lassen,

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

denn konsolidierte Haushalte sind nicht mehr zu schaffen, wenn man es auf der einen Seite, und ich nehme da mal wieder den Landeshaushalt, mühevoll schafft, seine Ausgabenseite stabil zu halten trotz größerer Aufgabenfülle, trotz Tarifverhandlungen und anderen Dingen,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

wenn auf der anderen Seite uns die Einnahmenseite weggehauen wird und auf einen Schlag mal 30 oder 42 Millionen pro Jahr fehlen, weil man ziemlich unausgewogen jemandem Geschenke macht.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja.)

Da fehlen mir auch das Augenmaß und die Ausgewogenheit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Wolfgang Griese, DIE LINKE: Das begreift die Partei der Besserverdienenden nicht.)

Wohlgemerkt, Konjunkturpakete sind im Zusammenhang mit der Krise zu Recht auf den Weg gebracht worden. Ich will nicht jede einzelne Maßnahme davon verteidigen.

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Aber vom Grundsatz her sieht man ja schon in unserem Land, wie das Konjunkturpaket bei der Sanierung von Schulen und Kitas, bei den Auftragsleistungen für unsere hiesigen Handwerke eigentlich ein gutes Beispiel dafür sind, dass die Konjunktur wieder anspringen konnte.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Im Übrigen, alle Wirtschaftsdaten in Deutschland sind positiv. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen dabei. Es kommt also meiner Meinung nach im Moment nicht mehr darauf an, da noch mal eine Kohle aufzulegen, sondern aufzupassen, dass man diese Positiventwicklung nicht stört durch unausgewogene Handlungen. Aber ein zusätzliches Konjunkturpaket halte ich zurzeit für nicht angemessen an der Stelle.