Protocol of the Session on April 30, 2010

Danke schön, Frau Borchardt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Liebe Abgeordnete Frau Borchardt, sehen Sie es mir nach, dass ich die ersten zwei Minuten Ihrer Rede nicht von der Regierungsbank aus verfolgt habe, aber ich hatte gehofft, zwischen zwei Tagesordnungspunkten zu Mittag zu essen. Das ist mir nicht ganz gelungen. Aber es lag nicht daran, dass wir dieses Thema nicht für wichtig halten – das war mir noch mal wichtig, voranzuschicken –, im Gegenteil, ich glaube, wir sind uns alle da rüber einig, alle demokratischen Fraktionen in diesem Parlament, dass die Freiwilligentätigkeit wichtig ist für unser Land und dass ohne die Freiwilligentätigkeit in unserem Land der soziale Zusammenhalt schon längst nicht mehr da wäre.

Die Europäische Union engagiert sich seit Langem im Bereich der Förderung der Freiwilligentätigkeit. Ein Meilen stein war die Einrichtung des Europäischen Freiwilligendienstes im Jahr 1996 im Rahmen des Programms „Jugend in Aktion“. Mit dem jetzt von der Kommission ausgerufenen Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 werden die Bemühungen, die Zivilgesellschaft und die Freiwilligentätigkeit in Europa zu fördern und damit zu stärken, fortgesetzt.

Ich stimme ohne Vorbehalt den im Antrag der Fraktion DIE LINKE formulierten Punkten 1 und 2 zu. Freiwilligentätigkeit ist seit Langem ein unermesslicher Wert. Durch die Freiwilligentätigkeit werden Demokratie, Bürgersinn und Bürgerbeteiligung gelebt und gefördert, und ohne Freiwilligentätigkeit würde vieles, und hier insbesondere soziale, ökologische und kulturelle Bereiche, nicht so funktionieren, wie sie es heute tun. Und ohne diese Freiwilligentätigkeit oder, wie man es auch nennt, ohne dieses bürgerschaftliche Engagement wäre unsere Gesellschaft um vieles ärmer, und ich behaupte sogar, in einigen Bereichen nicht lebensfähig.

Und deshalb begrüße ich die Kampagne der Europäischen Union, das 2011 als Jahr der Freiwilligentätigkeit auszurufen, auch die vier Ziele der Euro päischen Union, nämlich

die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Freiwillige in der Europäischen Union,

die Stärkung der Freiwilligenorganisationen und Verbesserung der Qualität von Freiwilligentätigkeiten,

die Honorierung und Anerkennung von Errungenschaften im Zuge von Freiwilligentätigkeiten und

die Sensibilisierung für den Wert und die Bedeutung von Freiwilligentätigkeiten,

finden sicher nicht nur meine, sondern auch die Unterstützung dieses Parlaments.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, allerdings haben wir in Mecklenburg-Vorpommern nicht erst auf die Kampagne der Europäischen Union zur Freiwilligentätigkeit gewartet, wir sind hier seit Jahren aktiv und fördern die Freiwilligentätigkeit im Land nachhaltig. Lassen Sie mich einige Beispiele, nur aus dem Ressort, für das ich hier spreche, aufzeigen.

Zunächst möchte ich das Landesnetzwerk freiwilliges Engagement nennen. Das Landesnetzwerk ist Träger einer landesweiten Kontakt- und Beratungsstelle für Freiwilligentätigkeit. Es unterstützt und vernetzt ehrenamtlich getragene Projekte und Initiativen im Land und initiiert unter anderem Fortbildungsmaßnahmen für ehrenamtlich Engagierte in Form von Seminaren, Fachtagungen, Projekttreffen und Informationsveranstaltungen.

Als zweiten Punkt, um Freiwilligentätigkeit zu ermöglichen und effektiv und qualitativ gut zu gestalten, möchte ich die Ausbildung der Ehrenamtskoordinatoren erwähnen. Mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums werden im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege Ehrenamtskoordinatoren ausgebildet. Unser Ziel ist es, allen Interessierten den Zugang zur Freiwilligentätigkeit zu erleichtern. Durch die Ehrenamtskoordinatoren haben die Freiwilligen einen festen Ansprechpartner, der sie gerade in der ersten Phase ihres Engagements unterstützt, begleitet und für Fragen zugänglich ist.

Auch die Ehrenamtsmessen tragen dazu bei, Freiwilligentätigkeit anzuerkennen, vorzustellen und dafür zu werben. Seit 2008 beteiligt sich unser Land aktiv an den jährlich stattfindenden norddeutschen Ehrenamtsmessen. Über 300 Vereine, Verbände und Initiativen, in deren Reihen insgesamt rund 9.500 Ehrenamtliche mitarbeiten, präsentieren sich und ihre Tätigkeiten pro Jahr auf den regionalen Veranstaltungen. Mehr als 6.000 Bürgerinnen und Bürger informierten sich jährlich auf den Messen über Möglichkeiten für ein ehrenamtliches Engagement. Die Ehrenamtsmessen haben das Ziel, die Öffentlichkeit über die Freiwilligentätigkeit zu informieren, die Vielfalt der Projekte und Leistungen öffentlich bekannt zu machen und dabei möglichst viele Menschen zu gewinnen, sich ehrenamtlich zu aktivieren. Darüber hinaus sollen sie die Zusammenarbeit zwischen regionalen Initiativen, Vereinen und Verbänden fördern.

Um die Erfahrung und das Wissen der älteren Generation gezielt für die Freiwilligentätigkeit zu nutzen, wurde das 2002 initiierte Bundesmodellprojekt „Erfahrungswissen für Initiativen“, kurz EFI, ab 2006 als Landesprojekt „Weiterbildung älterer Menschen für bürgerschaftliches Engagement als seniorTrainerinnen“ fortgesetzt. Ingesamt konnten im Rahmen dieses Projektes bisher über 300 Seniortrainerinnen und Seniortrainer ausgebildet und qualifiziert werden.

Die Projekte, die sie initiieren und durchführen, sind im Grunde unbezahlbar. Den Mehrwert für unser Land haben wir bisher leider noch nie ermittelt. Die ausgebildeten Seniortrainerinnen und Seniortrainer haben sogar ein eigenständiges Landesnetzwerk mit konkreten Zie

len, Aufgaben und Handlungsfeldern gegründet. Im Rahmen der Initiative „Alter schafft Neues“ begleiten und unterstützen wir das Programm des Bundes „Freiwilligendienste aller Generationen“. So konnten drei mobile Kompetenzteams aufgebaut werden, die Vereinen, Verbänden, Initiativen und Kommunen bei allen Fragen zum Freiwilligendienst beratend und unterstützend zur Verfügung stehen.

Qualifizierungsangebote für Freiwillige werden von einem Bildungsträger angeboten. Das Land fördert neben den zwei Leuchtturmprojekten des Bundes zwei weitere Leuchtturmprojekte aus Landesmitteln. Und diese Projekte zielen darauf ab, in sozial benachteiligten Regionen neue Freiwilligendienste in Form eines Selbsthilfenetzwerkes aufzubauen und dabei eine große Vielfalt von Tätigkeitsfeldern im bürgerschaftlichen Engagement anzubieten.

Die Umsetzung soll gemeinsam mit Kooperationspartnern wie Lokalen Bündnissen für Familien, Mehrgenerationenhäusern, Wohlfahrtsverbänden, Freiwilligenzentren und Seniorenvereinen erfolgen. Ziel ist es, den Ausbau freiwilliger Engagementstrukturen in den Kommunen zu unterstützen und Menschen aller Generationen die Möglichkeit zu eröffnen, sich im neuen „Freiwilligendienst aller Generationen“ zu engagieren.

Auch die Woche des bürgerschaftlichen Engagements zeigt, dass in unserem Land Freiwilligentätigkeit gelebt wird. Unter dem Motto „Engagement macht stark!“ finden jährlich im September landes- und bundesweit Veranstaltungen zum Ehrenamt statt, um zu verdeutlichen, dass bürgerschaftliches Engagement bereichert und die Gesellschaft insgesamt stärkt – eine Zielstellung, die auch die Europäische Union im Rahmen des Jahres der Freiwilligentätigkeit aufgegriffen hat.

Und abschließend möchte ich noch die Unfall- und Haftpflichtversicherung für ehrenamtlich Tätige erwähnen. Das Sozialministerium hat unter Federführung von Herrn Erwin Sellering, dem heutigen Ministerpräsidenten, für die im Land ehrenamtlich Engagierten zusätzlich eine Unfall- und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Sie gelten seit dem 1. April 2008. Die Versicherungen treten im Schadensfall ein, wenn der Betroffene nicht oder nicht ausreichend versichert ist. Die Haftpflichtversicherung soll greifen, wenn bei der Ausübung des Ehrenamts ein Schadensfall eintritt und andere Menschen, deren Sachen oder Vermögen durch den Einsatz von Ehrenamtlern zu Schaden kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie sehen, wir sind bereits gut aufgestellt. In unserem Bundes land wird Freiwilligentätigkeit unterstützt, anerkannt und bereits gelebt. Selbstverständlich werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten die Umsetzung der Ziele mit den uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Mitteln unterstützen und fördern. Auch wird mein Haus regionale Projekte und Veranstaltungen unterstützen und begleiten und ich selbst werde natürlich an der einen oder anderen Veranstaltung teilnehmen und die Schirmherrschaft übernehmen.

In Vorbereitung auf das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit beabsichtige ich außerdem, gemeinsam mit unseren Partnern eine landesweit einheitliche Form der Anerkennung für unsere Freiwilligen zu entwickeln. Dar

über hinausgehender Festlegungen seitens des Landtages zur Umsetzung der durch die Europäische Union initiierten Kampagne bedarf es meines Erachtens nicht. Selbstverständlich bin ich auch gerne bereit, dem Sozialausschuss im Jahr 2012 über von der Landesregierung durchgeführte Aktivitäten im Bereich der Freiwilligentätigkeit zu berichten,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: 2012? Davor sind doch Wahlen!)

gerne auch schon vorher über unsere geplanten Aktivitäten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Specht von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Der Antrag, Frau Borchardt, ist ein überflüssiger Antrag, da er die Landesregierung hier zu einer Sache auffordert, wozu die Landesregierung gar nicht mehr aufgefordert werden muss. Das hat Frau Ministerin gerade sehr umfassend, wenngleich auch nur exemplarisch dargestellt.

Es freut uns natürlich, dass auch DIE LINKE inzwischen mitbekommen hat, dass die Europäische Kommission bereits Anfang Juni letzten Jahres das Jahr 2011 zum „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“ ausgerufen hat,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

aber die Vorbereitungen hierzu laufen auf Bundes- und Länderebene bereits und insofern müssen wir hier nichts mehr Zusätzliches beschließen.

Lassen Sie mich klarstellen, dass die Ablehnung dieses Antrages unsererseits nicht die Freiwilligentätigkeit als solche in irgendeiner Form gering schätzen soll. Freiwilligentätigkeit, das ist unbestritten, spielt eine wichtige Rolle in unserer Bürgergesellschaft. Wir hatten dieses Thema jüngst in der Diskussion um das Freiwillige Soziale beziehungsweise Freiwillige Ökologische Jahr, auch dort haben wir bereits viele Aspekte, was die Freiwilligentätigkeit betrifft, ausführlich debattiert. Ich betone noch mal, dass Freiwilligentätigkeit wichtig ist, beispielsweise für zusätzliche berufliche Qualifikationen, ins besondere bei Jugendlichen, dass durch Freiwilligentätigkeit der Erwerb von Schlüsselqualifikationen erfolgt und dass die Übernahme von Verantwortung im Rahmen von Freiwilligentätigkeit auch ein wichtiger Aspekt ist, der nicht gering zu schätzen ist.

Freiwilligentätigkeit, meine Damen und Herren, kann darüber hinaus die Solidarität zwischen den Generationen fördern. Intergenerationelle Freiwilligentätigkeit führt zu einer stärkeren Verbundenheit junger Menschen mit ihrer Gemeinschaft und ermöglicht es Älteren, ihre Erfahrungen und ihre Kenntnisse einzubringen. Die Synergien, die durch intergenerationelle Freiwilligentätigkeit entstehen, können einen wichtigen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leisten.

Freiwilligentätigkeit kann darüber hinaus die Integration und den interkulturellen Dialog fördern. Sie ermöglicht es

Migranten und Drittstaatenangehörigen, in die örtliche Gemeinschaft einbezogen zu werden. Außerdem fördert sie den interkulturellen Dialog und den Erfahrungsaustausch und kann darüber hinaus ein Instrument sein, durch das junge Menschen, die im Ausland Freiwilligentätigkeit verrichten, positive Erfahrungen hinsichtlich kultureller Vielfalt machen, und dadurch zur Prävention von Diskriminierung und Vorverurteilungen beitragen.

Meine Damen und Herren, Menschen, die Freiwilligentätigkeiten verrichten, stärken die Attraktivität einer Region. Dies kann geschehen, indem sie zu nachhaltiger Entwicklung, Umweltbewusstsein und ökologischem Handeln beitragen. Insbesondere in ländlichen Gegenden kann dies einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Ökotourismus darstellen.

Menschen, die Freiwilligentätigkeiten verrichten, meine Damen und Herren, spielen eine entscheidende Rolle im Zivilschutz. Menschen, die Freiwilligentätigkeiten verrichten, kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, Katastrophen oder auch Naturkatastrophen Herr zu werden. Sie selbst, Frau Borchardt, sprachen das im Zusammenhang mit den Leistungen der Freiwilligen Feuer wehr an. Darüber hinaus lässt sich bei den Bewohnern eines Gebietes ein Gefühl von Sicherheit und besseren Lebensqualität sicherstellen. Auch hier leisten Freiwillige einen wichtigen Beitrag.

Und nicht zuletzt tragen Freiwilligentätigkeiten auch dazu bei, dass es zu einer verstärkten kulturellen Entwicklung in einer Region kommt. Ihr Einsatz schafft mehr Möglichkeiten für kulturellen Ausdruck und kulturelle Teilhabe.

Meine Damen und Herren, in Anerkennung all dieser Punkte hat die Europäische Kommission das Jahr 2011 zum „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“ ausgerufen, denn für die soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklung Europas bietet die Freiwillentätigkeit viele, aber noch nicht in allen Teilen umgesetzte Möglichkeiten. Im Rahmen der Umsetzung des „Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit“ gilt es, im Wesentlichen vier Schwerpunkte umzusetzen. Frau Ministerin hatte dies gerade kurz angerissen, lassen Sie mich das noch einmal in Kürze darstellen.

Zum Ersten geht es um die „Schaffung günstiger Rahmen bedingungen für Freiwilligentätigkeiten in der“ Euro päischen Union, „um die Freiwilligentätigkeit als Instrument zur Förderung der Bürgerbeteiligung und des Engagements von Menschen für Menschen im EU-Kontext zu verankern und – falls dies angezeigt und erforderlich ist – um bestehende administrative und rechtliche Hindernisse für Freiwilligentätigkeit zu beseitigen“.

Zweitens geht es um die „Stärkung des Potenzials der Organisatoren von Freiwilligentätigkeiten zur Verbesserung der Qualität von Freiwilligentätigkeiten“, um Freiwilligen zu erleichtern, ihr Engagement einzubringen.

Meine Damen und Herren, als Drittes geht es darum, „Anerkennung von Freiwilligentätigkeiten“ zu verstärken, um geeignete Anreize für Einzelpersonen, Unternehmen und auch Organisatoren zu schaffen, Freiwilligentätigkeiten aufzunehmen.

Und als letztes, als Viertes, die „Sensibilisierung für den Wert und die Bedeutung von Freiwilligentätigkeiten um die breite Öffentlichkeit für die Bedeutung von Freiwilligentätigkeiten zu sensibilisieren, die Ausdruck der Bürgerbeteiligung sind und Fragen betreffen, die alle