Protocol of the Session on March 11, 2010

Nun ist ja Amflora eine Industriekartoffel und gegebenenfalls noch ein Futtermittel. Wie soll sie dann eine Resistenz von Bakterien des Magen-Darm-Traktes übertragen, wenn Menschen sie gar nicht essen können?

Die erste Gefahr: Die direkte Kontamination – die längerfristig nicht auszuschließende Vermischung von Genkartoffeln mit Kultur- oder Naturkartoffeln. Bis zu 0,9 Prozent Amflora dürfen beispielsweise nach EU-Recht in der Kartoffelsorte Adretta, einer ebenfalls mehligkochenden Kartoffel, vorkommen. Aber wer bitte schön, Frau Reese, prüft denn, ob es nur 0,9 Prozent sind, 1,9 Prozent oder 9,9 Prozent? Kein Mensch kann die Markergene von Amflora schmecken. Aber jeder kann sie essen und schlucken. Und wenn nicht alle Gensequenzen beim Kochen zerstört werden, können mit Amflora verunreinigte Lebensmittel längerfristig in den Magen-DarmTrakt kommen.

Zweite Gefahr: Indirekte Kontamination – Schweine fressen die Pulpe. Das ist ein Abfallprodukt der AmfloraVerwertung, deren Darmbakterien entwickeln eine Resistenz. Möglicherweise gelangen die Sequenzen auch in das Fleisch des Tieres. Ich kenne eine Menge Bürger des Landes, die essen gerne Hackepeter, das ist das Fleisch von Schweinen, oder Tatar, das rohe Fleisch vom Rind.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

Die grob geschroteten Muskelfasern enthalten noch jede Menge lebender Zellen oder Zellsequenzen.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Sicher können die Abgeordneten der etablierten Parteien nicht der Fantasie eines NPD-Mannes folgen, nach der Gensequenzen im Darmtrakt von Bakterien oder gar von menschlichen Darmzellen resorbiert und im gesamten Organismus verbreitet werden. Daher darf ich an die fleischfressenden Rinder erinnern, die nicht richtig erhitztes Tiermehl von Schafskadavern in sich wiederkäuen mussten und leider an Wahnsinn erkrankten, auch als BSE bekannt. Hier wurden eine Artensperre und mehrere Organsperren überwunden. Noch heute zahlen wir für die BSE-Untersuchung jedes Rindes. Die multiresistente Tuberkulose ist weltweit auf dem Vormarsch, das sollte uns zu denken geben.

Wir Nationaldemokraten sagen mit Granit in der Beharrlichkeit: Es kann keine friedliche Koexistenz zwischen Gentechnik und naturnahem Landbau geben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Nicht nur aus biologischen Gründen werden Sorten und Rassen durch Kontamination verdrängt, auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn zwischen frei am Markt agierenden Produzenten etwa gleich starker Wirtschaftskraft und hierarchisch strukturierten Netzen mit manipulativer Macht und finanzieller Dominanz

(Udo Pastörs, NPD: Und krimineller Energie.)

kann es nur ein ungleiches Ringen geben, an dessen Ende eine Not bestehen könnte, wie jene, die nach dem Ende des Bauernkrieges durch eine zweite Leibeigenschaft das freie Bauerntum vernichtete.

Namens meiner Fraktion beantrage ich eine namentliche Abstimmung in dieser Sache.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3287. Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zur Drucksache 5/3287 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte jetzt den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat und das tun möchte?

(Die Abgeordneten Andreas Bluhm, Barbara Borchardt, Rudolf Borchert, Dr. Ulrich Born und Lorenz Caffier werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ich frage noch einmal: Ist ein Mitglied des Hauses jetzt anwesend, das seine Stimme noch abgeben möchte? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 18.10 Uhr

Wiederbeginn: 18.12 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich darf Ihnen das Abstimmungsergebnis zur Drucksache 5/3287 bekannt geben. An der Abstimmung haben insgesamt 59 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 6 Abgeordnete, mit Nein stimmten 53 Abgeordnete und enthalten hat sich niemand. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3287 entsprechend abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Grundgesetzwidrige Hartz-IV-Regelsätze müssen korrigiert werden, auf Drucksache 5/3281, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – 5 Jahre Hartz IV – eine Bilanz für Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 5/3282.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Grundgesetzwidrige Hartz-IV-Regelsätze müssen korrigiert werden – Drucksache 5/3281 –

Antrag der Fraktion DIE LINKE: 5 Jahre Hartz IV – eine Bilanz für Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/3282 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3281 hat die Abgeordnete Frau Müller von der Fraktion DIE LINKE.

Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Landtages MecklenburgVorpommern! Mit der Drucksache 5/3281 liegt Ihnen ein Antrag vor, der, wie Sie unschwer schon gemerkt haben, erneut das Thema Hartz IV zum Inhalt hat. Ich darf auch gleich versprechen – und Herr Waldmüller wird es sich wahrscheinlich schon denken –, dass das Thema Hartz IV natürlich auch wieder mit Mindestlohn zu tun hat. Wir werden dieses Thema von allen Seiten und in allen Zusammenhängen beleuchten, bis gearbeitet wird.

Seit der Einführung von Hartz IV liegen Kritiken vor, und zwar aus unserer Partei, aus anderen Vereinen und Verbänden, Institutionen und von professionellen Menschen, dass die Regelsätze in der Höhe nicht angemessen sind und dass die Regelsätze nur so geschrieben worden sind, ohne dass eine Grundlage vorhanden war. Davon sprach ich schon im Januar dieses Jahres. Wir haben jetzt März, also ist das noch gar nicht so lange her.

Jetzt haben wir das Urteil zum Hartz-IV-Gesetz und somit haben wir es klipp und klar schwarz auf weiß, dass Teile des Hartz-IV-Gesetzes grundgesetzwidrig sind. Erst war es die Art und Weise und die Form der Arge, wo Grundgesetzwidrigkeit festgestellt wurde, nun ist es die Art und Weise, wie die Regelsätze gestaltet wurden und in welcher Höhe sie über uns gekommen sind.

Wichtig dabei ist, es geht dabei nicht nur um die Regelsätze für Kinder. Manch einer benimmt sich in Äußerungen in der Presse und anderswo so, als ob es so wäre. Nein, es sind die Regelsätze insgesamt und es ist das SGB II insgesamt, welchem vorgeworfen wird, dass es nicht seinen verfassungsmäßigen Auftrag erfüllt, nämlich klipp und klar das Existenzminimum für Menschen zu sichern.

Wir fordern nun alle politischen Akteure auf, dieses nicht nur zur Kenntnis zu nehmen und so zu tun, als ob das eine Klarstellung wäre, sondern dementsprechend zu handeln! Wir fragen Sie, wie Sie zu diesen Äußerungen stehen. Ich bin auch schon ganz gespannt, wie Sie über den Punkt 1 in unserem Antrag abstimmen werden. Dabei habe ich jetzt gleich unauffällig eingefügt, dass wir zu diesem Antrag zu den Punkten 1 und 2 eine Einzelabstimmung möchten. Nur dieses Urteil zu akzeptieren, das reicht nicht, man muss auch handeln oder akzeptieren. Basta!

Frau Schwesig hat in der Zwischenzeit in der Presse etliche Erkenntniszuwächse erkennen lassen. Allerdings müssen wir daran erinnern, dass es die Regierung Schröder war und die SPD, die das Hartz-IV-Gesetz, also das SGB II, in dieser Art und Weise eingeführt haben, obwohl vorher alle möglichen Warnungen an die Gesetzesmacher herangetragen wurden – ich hatte es im Januar dieses Jahres schon einmal dargelegt –, ohne Ergebnis.

Wenn man heutzutage die Presse liest, hat man das Gefühl, Frau Schwesig kann sich überhaupt nicht daran erinnern, auf welche Art und Weise in den letzten Jahren immer wieder davon gesprochen worden ist, dass das alles so in Ordnung ist und man da nichts zu ändern braucht. Das ist aber nicht so. Ich finde, es ist eigentlich ein Skandal, dass erst ein Gerichtsurteil davon sprechen muss, dass Verfassungswidrigkeit besteht, bevor man zumindest per Wort Aktionen ankündigt.

Das Verfassungsgericht beziehungsweise die Richter werden ja nun ganz bestimmt nicht unter dem Verdacht stehen, dass sie sich von den Menschen beeinflussen lassen haben, die schon vor dem Gerichtsurteil davon sprachen, dass das Gesetz nicht in Ordnung ist, denn unsere Richter sind unabhängig. Das wissen wir und das verteidigen wir auch. So eine Lektion haben wir vor Kurzem hier gerade erst bekommen, obwohl wir, DIE LINKE, genau das unterstützen wollten. Es bedeutet aber auch, dass Richter unabhängig sind, egal ob sie so urteilen, wie es nun gerade der Partei richtig erscheint.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Schön, dass Sie das hier mal feststellen.)

Auch wenn es nicht so ist, muss man sich dieser Sache stellen.

In der Drucksache 5/76 habe ich übrigens am 22. November des Jahres 2006 zu diesen Dingen hier auch schon gesprochen.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Kein Ohr von Ihnen, alles Blödsinn, alles Quatsch, alles Populismus! Ich bitte Sie dringend, darüber nachzudenken, wie Sie heute dazu stehen. Auch damals schon haben Menschen festgestellt, und zwar 73 Prozent unserer befragten Bundesbürger, dass die Kinder zumindest einen so hohen Regelsatz benötigen wie Erwachsene. Sie sind keine zu klein geratenen Erwachsenen, es sind Individuen, die einen Anspruch haben auf Bildung, die einen Anspruch haben auf Kultur, und da diese Regelleistungen ja jetzt für Kinder und Erwachsene angemahnt werden, natürlich auch auf politische und gesellschaftliche Teilhabe. Das steht alles in den Regelleistungen nicht drin. Es ist also falsch gewesen, das von Anfang an auszusparen, denn mit kleinen Veränderungen ist das nicht gemacht.

Sie werden verstehen, dass wir als LINKE gestärkt aus diesem Urteil herausgehen. Das, was wir Ihnen schon jahrelang gesagt haben, haben wir jetzt schwarz auf weiß als Gerichtsurteil. Natürlich hat das Gericht keine Festlegungen getroffen, wie hoch die Regelsätze sein müssen. Das kann das Gericht nicht und das will es auch gar nicht, dazu sind nämlich wir da, wir, die wir gewählt sind von den Menschen, die letztendlich mit dem, was beschlossen wird, leben müssen oder auch nicht leben können, weil die richtige Lage nicht erfasst wurde.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Problematisch wird natürlich für Sie die Aktion in Richtung Änderung der Regelsätze des SGB II, des Hartz-IV-Gesetzes sowieso, das ist uns klar, denn Sie sind in einem völlig falschen Ansatz verhaftet und Reförmchen werden es nicht machen. Armut per Gesetz ist falsch und muss abgeschafft werden! Das wissen wir nun eigentlich alle, nun muss gehandelt werden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, durch den Bundestag.)

Schon vor Hartz IV haben Menschen an der Armutsgrenze gelebt, und zwar durch Arbeitslosenhilfe und durch Sozialhilfe. Nun hat aber eine Rechnung ergeben, dass nach Hartz IV 61 Prozent der Menschen, die schon Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe hatten, noch weniger bekommen. Noch mal der Hinweis: Die Gerichte haben hier Recht und Gesetz gesprochen, es muss gehandelt werden!

Übrigens waren nur vier Prozent der Menschen in den Umfragen dafür, dass die Regelsätze zu hoch sind und sie noch gekürzt werden müssen. Nach meiner Meinung muss das wohl der harte Kern der FDP gewesen sein, denn wie wir von Herrn Dr. Westerwelle erfahren haben, lief er gleich los, um nach dem Urteil des Gerichtes uns allen anzutragen, dass natürlich das Lohnabstandsgebot ordentlich eingehalten werden müsse und es nicht sein kann, dass Hilfeempfänger mehr Geld bekommen. Natürlich hatte er in keiner Art und Weise in seinen Gedanken, dass vielleicht der Mindestlohn eingeführt werden müsste, damit wir es hier nicht mehr mit Dumpinglöhnen zu tun haben, sondern er wollte einfach die Regelsätze kürzen, und das angesichts der allgemeinen Negierung und angesichts des Verfassungsgerichtsurteils.

Seit dem 11.02. dieses Jahres haben wir es nun allerdings auch noch mit einer altrömischen dekadenten Diskussion zu tun. Da frage ich mich natürlich ganz besorgt, wer wohl dieser altrömische Feldherr ist, der noch trunken von seinem letzten Sieg – er meint damit wahrscheinlich seinen Wahlsieg, der schon eine Weile her ist – nun nicht richtig einschätzen kann, was wo wie tun. Vielleicht ist er auch überfordert, aber das ist meine Einschätzung.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)