Protocol of the Session on January 28, 2010

aber sie wird kommen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das hätten Sie gern.)

Kein Volk, keine Nation kann seine Identität verleugnen, um sie zu verlassen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und kein Volk, wenn es nicht untergehen will, kann ohne einen Rest von Selbstachtung und Wahrheitsliebe bestehen.

Wir sind davon überzeugt, dass jedes Volk – und damit auch das deutsche – das Recht hat, sich selber in seinem Bild, seiner Geschichte, seinen Leistungen, seinem Versagen und seinen Helden wiederzuerkennen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Und ein Symbol, das für dieses Geschichtsbild steht,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jetzt bin ich ja mal gespannt.)

ist das Symbol der Trauer und des Gedenkens an jene, die im Kampf für unsere Nation und Volk ihr Leben ließen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Auf polnischem und russischem Boden, ja. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

ebenso wie jene, die unschuldige Opfer brutaler Gewaltanwendung unserer Feinde wurden.

(Gino Leonhard, FDP: Wo waren denn Ihre stolzen Kapitäne? Verpisst haben sie sich.)

Meine Damen und Herren, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie auch auf diesen unseren Antrag nur mit undifferenzierten und hasserfüllten Pauschalbeschuldigungen gegen mich und meine Kameraden eingehen werden, sondern ich erwarte zumindest den Versuch, hierauf sachlich einzugehen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Den kriegen Sie, Herr Pastörs. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sind ein unerträglicher Geschichtsfälscher.)

Ich mache an der Stelle darauf aufmerksam, Herr Pastörs, dass wir den Inhalt Ihrer Rede sehr genau prüfen werden, auch vor dem Hintergrund, ob er gegen unsere Landesverfassung verstößt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Herr Dr. Nieszery.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ihre Rede, Herr Pastörs, war unerträglich.

(Stefan Köster, NPD: Dann gehen Sie doch raus, Herr Dr. Nieszery!)

Selbst bei einem so tief traurigen Thema wie dem heutigen besitzen Sie keinen Anstand in Ihrem Vortrag.

(Udo Pastörs, NPD: Der Vortrag, der war hoch anständig, das war mir eine Verpflichtung.)

Die Versenkung der „Wilhelm Gustloff“ ist und bleibt eine schmerzvolle Tragödie. Selbstverständlich trauern wir um die etwa 9.000 Opfer, die in der eiskalten Ostsee am 30. Januar 1945 den Tod fanden.

Und mir geht besonders eine Äußerung einer Überlebenden der „Gustloff“ nicht aus dem Kopf, die das ganze Ausmaß des Grauens deutlich macht. Frau Ursula Resas berichtete in einer Dokumentation Folgendes, ich darf zitieren: „Ich habe meinen Kindern niemals das Lied ‚Alle meine Entchen‘ vorsingen können. Die Köpfchen der Kinder waren ja schwerer als die Füßchen. Diejenigen, die Schwimmwesten umhatten, lagen mit dem Köpfchen im Wasser und ihre Füßchen ragten in die Höh.“

(Udo Pastörs, NPD: Davon rede ich. Davon habe ich geredet. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Halten Sie bloß den Mund! – Udo Pastörs, NPD: Das haben Sie nicht zu entscheiden. Das hätten Sie gern.)

Wir sind es den Opfern schuldig, dass diese überaus grauenvollen Ereignisse und ihre Hintergründe, die über viele Jahre verdrängt wurden, immer besser aufgearbeitet werden,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist auch wichtig.)

allerdings nicht so, wie Sie das gerade geschichtsverfälschend getan haben, Herr Pastörs!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Berühmte Autoren wie Günter Grass oder Walter Kempowski

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja, berühmt-berüchtigt, in erster Linie berühmt-berüchtigt.)

haben sich des Themas „Flucht und Vertreibung“ angenommen. Spielfilme und Dokumentationen wurden gesendet. Sie alle schildern die schrecklichen Ereignisse, weisen aber auch deutlich auf die Ursachen der Katastrophe hin. Diese Ursachen liegen – um das ganz unmissverständlich zu sagen – in dem verbrecherischen Regime der Nationalsozialisten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Diese Ursachen zu benennen, ist wichtig. Wichtig, um zu verhindern, dass die Tragödie der „Gustloff“ von den neuen Nazis dazu missbraucht wird, die alleinige Schuld auf die russischen Kriegsgegner zu schieben. Das verkehrt Ursache und Wirkung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Udo Pastörs, NPD: Alleinige Schuld nicht, Mitschuld.)

Und dennoch: Unrecht bleibt Unrecht! Egal von wem es begangen wurde.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Wie so oft sind es die Unschuldigen, die in einem Krieg besonders leiden, nicht nur auf der „Gustloff“!

(Udo Pastörs, NPD: Auch auf dem Golm.)

So wie einige Jahre zuvor die Kinder aus der ukrainischen Ortschaft Bjelaja Zerkow. Mitte August 1941 werden die erwachsenen jüdischen Bürger der Stadt zur Registrierung aufgefordert und nach der Erfassung ihrer Daten von dem berüchtigten Sonderkommando 4a erschossen. Die zur Registrierung mitgebrachten Kinder pferchte die SS übergangsweise in einem ehemaligen Schulgebäude ein. Bei der Besichtigung des Hauses stellte ein deutscher Offizier fest, dass sich in den Räumen über 90 Kinder im Alter von wenigen Monaten bis zu sieben Jahren befanden, die ohne Ernährung und ohne Pflege allein gelassen worden waren. Einige etwa vierjährige Kinder kratzten Mörtel von den Wänden und aßen ihn. Säuglinge wimmerten und weinten. Soldaten berichteten, dass am Abend zuvor, so wörtlich, „bereits drei Lkw-Fuhren mit Kindern hier abgefahren“ worden seien. Auch die verbleibenden Kinder sollten noch, so wörtlich, „beseitigt werden“. Der deutsche Offizier Groscurth versuchte die Erschießung zu verhindern. – Vergeblich! Auf ausdrückliches Betreiben des Generalfeldmarschalls von Reichenau, damals Oberbefehlshaber der 6. Armee, wurden die Kinder Ende 1941 ermordet.

Wer von Ihnen, Herr Pastörs, trauert eigentlich um diese Menschen?

(Udo Pastörs, NPD: Wir auch, ich zumindest.)

Hier wie da: unschuldige Tote. Kinder, Frauen und Männer! Wo liegen die Ursachen für diese beispiellose Brutalität? Sie liegen, Herr Pastörs, im Größenwahn eines diktatorischen Regimes. Dieses hatte sich die Errichtung eines großdeutschen Reiches auf rassischer Grundlage durch eine kriegerische Raumpolitik in Europa, vornehmlich im Osten, auf die Fahnen geschrieben. Schon vor dem Einmarsch in Polen wies Hitler darauf hin, ich darf zitieren: „Der nächste Kampf wird ein reiner Weltanschauungskrieg, das heißt, bewußt ein Volks- und Rassenkrieg.“ Er sah sich also als Vollstrecker einer historischen Mission der Deutschen, die im Wesentlichen aus folgenden Zielen bestand:

1. die Vormachtstellung der sogenannten „arischen Rasse“ sichern

2. Lebensraum im Osten erobern

3. Vernichtung des jüdischen Bolschewismus

(Udo Pastörs, NPD: Das war eine gute Idee, das Letzte. – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Herr Pastörs!

Diese Grundelemente der totalen Kriegsführung versuchte vor allem die SS schon während des Polenfeldzuges umzusetzen. So wurden sowohl polnische Funktionäre als auch jüdische Menschen gleich nach dem Einmarsch in Polen systematisch verfolgt und getötet. Binnen weniger Monate wurden im westlichen Polen weit mehr als eine Million Menschen ihrer Heimat beraubt und umgesiedelt, um Platz für deutsche Siedler zu schaffen. Aber das war erst der Anfang! Die Pläne für die Vertreibung von Millionen Polen und Russen lagen bereit. Die SS kalkulierte alleine für diese Landnahme mit mehr als 30 Millionen russischen Opfern!