(Michael Roolf, FDP: Das war unnütze Zeit. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war eine hervorragende Rede, sehr hervorragend!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der FDP auf unterstützende Hilfsangebote für Alleinerziehende ist teilweise widersprüchlich, zum Teil stellt er aber auch aus meiner Sicht einfach nur kontraproduktiven Aktionismus dar.
Was beantragt die FDP konkret? Sie will zum einen, dass die Landesregierung eine Übersicht über alle Angebote für Alleinerziehende erstellt. Gut, das kann man wollen. Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen diesen Hilfsangeboten zu prüfen, ist ja auch noch okay. Aber darüber hinaus geht es dann darum, dass ein Konzept zur Bündelung aller Hilfsangebote erstellt werden soll. Das heißt, wir reden hier offensichtlich nicht über eine Vernetzung, sondern über eine Bündelung. Und da frage ich mich: Ist das der liberale Kern der Politik der FDP, dass man Dinge, die auf breiten Schultern oder auf mehreren Schultern verteilt sind, von Staatsseite her bündeln will und sagen will, wir führen alles zusammen?
(Heinz Müller, SPD: Das ist der neue Staatsliberalismus. Liberale Sozialpolitik, das ist schwierig. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)
dass das Verteilen auf breite Schultern durchaus dem Grundansatz ihrer Politik entspricht. Hier habe ich Zweifel, ob dieser Antrag genau in die richtige Richtung geht.
Um zum eigentlichen Thema zu kommen, vorab: Selbstverständlich ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf heutzutage eine hohe Herausforderung, nicht nur für Alleinerziehende, sondern sogar auch für gemeinsam erziehende Eltern, die in der Regel im Doppelverdienerhaushalt ebenfalls Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen. Ungleich größer ist diese Herausforderung zweifelsohne dann selbstverständlich für Alleinerziehende, die deutlich höhere Anforderungen, was die Organisation des Alltages, was Haushaltsführung, Kindererziehung und die Sicherung des finanziellen Einkommens betrifft, schultern müssen.
Es ist insofern – da sind wir uns einig – wichtig, ein engmaschiges Netz der Unterstützung zu gewährleisten, aber das, und das hat ja auch Frau Ministerin schon dargestellt, gibt es in weiten Teilen. Es ist richtig und wichtig, Alleinerziehende zu fördern, auch aus gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten. Auch hierzu wurden bereits Fakten genannt wie, dass Alleinerziehende einen ganz wesentlichen Anteil in Deutschland bei den Familien ausmachen. Es gibt rund 1,6 Millionen Alleinerziehende mit 2,2 Millionen Kindern deutschlandweit. Jede fünfte Familie, auch das wurde bereits genannt, in Deutschland hat einen alleinerziehenden Elternteil, Tendenz steigend.
Gesellschaftspolitisch wird es umso wichtiger, dass man diese Hilfe bereitstellt, wenn man berücksichtigt, dass 800.000 Kinder von Alleinerziehenden armutsgefährdet sind und überproportional viele davon auch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Zahl der Alleinerziehenden mit Bezug von Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch II, also Hartz-IV-Empfänger, ist seit Jahren unverändert hoch. Und das ist selbstverständlich auch inakzeptabel.
Zum Glück ist es so, dass die meisten der Alleinerziehenden, nämlich über zwei Drittel, gerne in die Arbeitswelt integriert werden würden, also arbeiten wollen. Und dass man hier auf diesem Weg versucht, die Alleinerziehenden künftig besser zu unterstützen, ist wie gesagt eindeutig. Wir benötigen dazu spezifische Angebote, die mehr umfassen als Arbeits- und Ausbildungsvermittlung oder ausgewählte Einzelmaßnahmen. Wir brauchen eine frühe aktive Förderung und einen spezifischen, auf die Bedürfnisse der Alleinerziehenden abgestimmten Maßnahmenkatalog, dass hier die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist.
Deshalb und vor diesem Hintergrund wurde auch bereits vom Bundesfamilienministerium im Frühjahr letzten Jahres das Projekt „Vereinbarkeit für Alleinerziehende“ ins Leben gerufen. Auch dieses Projekt zielt darauf hin, stabile und nachhaltige Netzwerkstrukturen zu schaffen und zur wirksamen Integration von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt beizusteuern.
Bildungs- und Jugendhilfeträgern sowie Netzwerken sollen auch im Rahmen dieses Bundesprojektes weiterentwickelt werden. Dieses Bundesprojekt greift dabei auf zahlreiche, sehr kreative und auch bedarfsorientierte Angebote von lokalen Bündnissen für Familien zurück. Diese reichen dann auch vom Mittagstisch über Hol- und Bringedienste, Ferien-, Notfallbetreuung, Unterstützung in Erziehungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, also in sehr vielen Alltagsfragen. Dazu gab es von dem Bundesministerium zwölf Pilotstandorte, die ausgewählt worden sind, unter anderem einer davon auch in Rostock. Das Bundesministerium fördert diese Projekte mit jeweils 40.000 Euro. Und da sollen, ich sagte es gerade schon, in dem Projekt „Vereinbarkeit für Alleinerziehende“ beispielhaft stabile und nachhaltige Netzwerke etabliert werden.
Es gilt zunächst aus Sicht der CDU-Fraktion, die bundesweit noch laufenden Pilotprojekte erst einmal erfolgreich zu Ende zu führen, dann umfassend zu evaluieren und zu sehen, inwieweit es weitergehenden Handlungsbedarf und Möglichkeiten, hier weiter einzugreifen, gibt.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Serviceportal des Bundesfamilienministeriums einen schnellen Zugriff auf Wegweiser bereithält, dass man also über das Internet die wichtigsten Informationen zu Leistungen und Ansprechpartnern jederzeit abrufen kann. Außerdem ist es den Kommunen vor Ort selbstverständlich möglich, alle vor Ort vorgehaltenen Angebote für Alleinerziehende in einem kleinen Ratgeber zusammenzufassen. Das gibt es beispielsweise bereits in Bayreuth, in Baden-Württemberg, in Marburg. Da gibt es sehr gute Broschüren, an denen sich auch die Kommunen in unserem Land orientieren könnten.
Es ist nicht Aufgabe des Landes – und das muss eben dann an dieser Stelle auch im Hinblick auf den Antrag der FDP-Fraktion deutlich gesagt werden –, neben dem Familienwegweiser des Bundesministeriums und auch neben den vor Ort kommunal vorgehaltenen Hilfsmöglichkeiten und Wegweisern eine weitere Struktur zu etablieren, die letztendlich dem zuwiderläuft beziehungsweise hier nur unnötig zusätzliche Strukturen schafft.
Darüber hinaus ist es so, dass niemand in Mecklenburg-Vorpommern eine umfassende Übersicht braucht, was außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches, sage ich mal, an Möglichkeiten vorhanden ist. Also ein Rostocker braucht in der Regel nicht zu wissen, was in Neubrandenburg oder auf Usedom oder in Ludwigslust vor Ort vorgehalten wird.
(Michael Roolf, FDP: Es sei denn, er will umziehen. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)
Herr Roolf, die Möglichkeiten, sich heute über das Internet zu informieren, sind ja gegeben. Wir brauchen da nicht zusätzlich eine Konzeption des Landes,
Die staatliche Bündelung der regionalen Initiativen, diese letztendlich Gleichschaltung der Initiativen vor Ort wäre für das Land fatal. Und aus diesem Grund lehnt die CDU den Antrag auch ab. – Vielen Dank.
Herr Roolf, Sie sprachen vorhin bei unserem Antrag davon, dass wir unsere Hausaufgaben machen sollten. Ich würde Sie dringend bitten als FDP-Fraktion, mal gegenseitig auf die Anträge zu gucken und uns zukünftig so was zu ersparen wie diesen Antrag. Ich komme nicht umhin, diesen Antrag zu betrachten, und zwar Stück für Stück. Es wird Zeit, dass in bestimmte Anträge, auch wenn sie ehrlich gemeint sind, Aktion und vor allen Dingen Verstand einzieht.
Sie fordern die Landesregierung auf, zu vernetzen, und zwar zu vernetzen Bundes-, Landes- und kommunale Angebote. Es sind schon Dinge hier gesagt worden. Auf welche Art und Weise Sie sich das vorstellen, niemand weiß es. Ganz vergessen haben Sie wahrscheinlich auch, dass zu Vernetzungen Menschen, Arbeitskraft und Zeit gehören. Kein Wort darüber.
Sie fordern auf, „Möglichkeiten … zu prüfen“ – ich betone: zu prüfen – „der Zusammenarbeit zwischen den … Hilfsangeboten“. Ich frage mich ganz besorgt: Was ist das für ein Deutsch? Seit wann können Hilfsangebote zusammenarbeiten? Sie können sehr wohl miteinander wirken, zueinander wirken, sich auswirken, aber dass die Landesregierung prüfen soll, wie Hilfsangebote zusammenarbeiten sollen, halte ich schlicht und ergreifend für nicht akzeptabel und für nicht durchführbar, weil es einfach nicht funktioniert. Falsche Grammatik, falsches Deutsch.
Zum Konzept der Landesregierung, um zu bündeln, wurde schon genug gesagt. Da lasse ich mich jetzt nicht mehr aus.
Aber was lesen wir dann unter Punkt 3? Es soll ein „einfaches … und … lückenloses“ Angebot „aus einer Hand“ geschaffen werden, damit die Hilfsangebote allen zugute kommen. Werter Herr Grabow, meine Dame und Herren aus der FDP-Fraktion, auch wenn man Worte, die ins Politikfeld gehören und parlamentarische Ausdrücke sind, aneinanderreiht, sind sie nicht unbedingt schlau. Und wie soll wohl funktionieren ein lückenloses Angebot vor Ort, wo Sie gerade von Herrn Specht gehört haben, dass die Kommunen ihre Angebote alleine regeln und es demzufolge einer Unmenge an Personen bedürfte, die dann überall sitzen und sich damit beschäftigen und dazu beraten?
Also wir sehen, dieser Antrag ist ein Kracher der FDPFraktion, der hinten und vorn erst mal nichts aussagt, was man auch handhaben könnte.
Man kann ja dann in die Begründung gucken, um vielleicht ein bisschen schlauer zu werden. Da ging es aller
dings dann völlig durcheinander, denn die Begründung zu diesem Antrag ist einfach nicht da. Es ist eine Begründung da, wozu auch immer, die in sich widersprüchlich ist und auch noch falsch.
Sind es denn die Alleinerziehenden, die in der Hansestadt Rostock – ausgerechnet in der Hansestadt Rostock, wo es so viele Angebote gibt – nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen? Oder sind es vielleicht die Erzieherinnen und Erzieher von Kindertagesstätten, von Kindereinrichtungen, die mit alleinerziehenden Müttern und Vätern nichts anzufangen wissen, die nicht wissen, wo sie sie hinschicken sollen? Oder wissen vielleicht die Familienberatungsstellen nicht, in welche Familien, in welche Richtung sie ihre Beratung stricken sollen, oder die Schuldnerberatungen nicht? Oder weiß das Jugendamt nicht, wie es mit Alleinerziehenden umzugehen hat? Wo ist das Problem? Wo ist die Analyse, wo ist die Recherche, welche Lücken Sie mit der Vernetzung, die angeblich – ich betone: angeblich – nicht da ist, füllen wollen? Wir können es nicht sehen.
Benötigen wir wirklich einen Katalog, den die Landesregierung aufstellt, im Internet und sonst wo, der Alleinerziehende besser durch manchen Dschungel von Anträgen hilft? Wir sind der Meinung, nein. Wir haben nämlich unterschiedlichste Angebote, auf die Frau Schwesig schon sehr intensiv eingegangen ist.