Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Unterstützende Hilfsangebote für Alleinerziehende vernetzen, Drucksache 5/3097.
Antrag der Fraktion der FDP: Unterstützende Hilfsangebote für Alleinerziehende vernetzen – Drucksache 5/3097 –
Herr Heydorn, ich habe schon gewartet, was heute kommt. Ich hoffe auch, dass meine Kollegen gleich da sind.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es die meisten Alleinerziehenden in ganz Deutschland. Mit unserem Antrag wollen wir dieser gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen. Unser Ziel ist es, einen Rahmen für Alleinerziehende zu schaffen, in dem sie ohne finanzielle Hilfe ein Auskommen für sich und ihre Kinder erwirtschaften können.
Im Jahr 2008 kamen mehrere Studien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Ergebnis, dass Alleinerziehende nicht nur auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, vor allem die Notwendigkeit einer individuellen Betreuungssituation der Kinder stellt für die meisten Alleinerziehenden die größte Hürde für die Berufstätigkeit dar. Dies trifft vor allem Frauen, die mit knapp 90 Prozent den Großteil der Alleinerziehenden ausmachen, und oftmals sind diese von staatlichen Sozialleistungen abhängig.
Die neuesten Erkenntnisse zeigen, dass gerade Kinder in der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft einem weitaus größeren Armutsrisiko ausgesetzt sind
Hier gilt es aus Sicht der FDP, den Müttern und Vätern den Rahmen zu bieten, der sie unabhängig von Transferleistungen macht und ihnen die Möglichkeit bietet, ein auskömmliches Einkommen zu erwirtschaften.
Gerade in der Gruppe der Alleinerziehenden sind die Voraussetzungen wie geschaffen. Das Ansbacher Institut bescheinigt 90 Prozent der alleinerziehenden Frauen eine hohe ausgeprägte Berufsmotivation.
Den Alleinerziehenden sollten hier keine Steine in den Weg gelegt werden, um für sich und ihre Kinder selbst zu sorgen. Da gilt es gerade für uns in MecklenburgVorpommern, die Möglichkeiten auszureizen, den Alleinerziehenden eine würdige Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bieten.
Im Entwurf des neuen KiföG ist die Landesregierung auf die veränderten Bedürfnisse eingegangen, also die Betreuungszeiten. Dies reicht jedoch aus Sicht der Liberalen bei Weitem nicht aus, um Alleinerziehenden eine ausreichende Flexibilität in ihrer Arbeitszeit zu bieten. Hier stehen für uns weitere unterstützende Hilfsangebote im Vordergrund.
Soziale Netzwerke und eine gute Beratung stellen den Grundstein der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende dar. Je einfacher der Zugang zu diesen Netzwerken und Beratungsangeboten ist, desto größer sind die Möglichkeiten der Alleinerziehenden, darauf zurückgreifen zu können. Hier sollten Bund, Land und Kommunen enger zusammen arbeiten. Daher fordern wir eine Übersicht über die Hilfsangebote in Mecklenburg-Vorpommern. Auch diese Hilfsangebote müssen aus Sicht der FDP untereinander vernetzt werden, um sie untereinander greifen zu lassen und den Alleinerziehenden ein wirkliches Netz der Unterstützungsangebote bieten zu können.
Für die Liberalen steht am Ende dieser Entwicklung ein regionalisiertes Hilfsangebot aus einer Hand, ein Ansprechpartner für alle Fragen, ein unbürokratischer Zugang zu der Unterstützung der Alleinerziehenden, um sie in die Lage zu versetzen, für den eigenen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Daher fordern wir die Landesregierung auf, genau dieses Konzept zur Bündelung der Hilfeangebote für Alleinerziehende zu erstellen. Denn diese Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht Alleinerziehenden ein würdiges Leben ohne Abhängigkeit von staatlichen Sozialleistungen, es verringert das Armutsrisiko der Kinder von Alleinerziehenden und am Ende auch unserer Sozialkassen. Ich bitte um die Zustimmung. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In Ihrem Antrag fordert die FDP-Fraktion die Landesregierung auf, über Angebote für Alleinerziehende in unserem Bundesland zu berichten sowie über Konzepte zur Bündelung der Angebote. Wenn ich aber den Antrag lese, meine Damen und Herren, dann wird darin suggeriert, dass es keine Vernetzung der unterschiedlichen Angebote gibt. Dem ist nicht so und darauf werde ich noch eingehen.
Ich will voranstellen, dass es bei der sozialen Familienpolitik darum geht, dass Familienpolitik auch für die verschiedenen Familienformen gemacht werden kann. Ich bin nicht der Meinung – so wie vielleicht bei der sehr stark konservativ ausgerichteten Familienpolitik –, dass wir den Menschen vorschreiben sollten, wie sie zu leben haben.
Familien sind so bunt wie das Leben. Und deswegen müssen wir akzeptieren, wie die Familien zusammenleben. Deswegen müssen wir Familienpolitik machen für Familien und für Menschen, die partnerschaftliche Verantwortung füreinander übernehmen. Und dazu gehören eben nicht nur die Paare mit Kindern, egal ob mit oder ohne Trauschein, dazu gehören vor allem auch die vielen Alleinerziehenden, am Ende sogar der Single, wenn es darum geht, sich Gedanken zu machen, wie vereinbare ich Beruf und Pflege miteinander, wenn ich heute berufstätig bin und mein Vater oder meine Mutter pflegebedürftig wird, ganz aktuelles Thema heute auch am Tag der Pflege. Deswegen finde ich es sehr gut, wenn der Landtag sich mit der Thematik Alleinerziehender beschäftigt.
Herr Grabow, Sie haben es zu Recht angesprochen, die Anzahl der Alleinerziehenden hier in MecklenburgVorpommern ist sehr hoch. Generell in Ostdeutschland sind mittlerweile 30 Prozent der Familien Alleinerziehende und in Westdeutschland 20 Prozent. Die Zahl steigt und deswegen müssen wir auch speziell auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden reagieren.
Bevor ich darauf eingehe, frage ich trotzdem noch mal den Antragsteller, was Sie mit Alleinerziehenden meinen. Nach meiner Auffassung gibt es bei dieser Gruppe auch noch mal vielschichtige verschiedene Formen und deswegen eben auch vielschichtige Angebote. Es gibt Angebote, die Familien ansprechen, aber auch die Alleinerziehenden ohne Partner. Es gibt Alleinerziehende, die in Arbeit sind, und es trotzdem sehr schwer haben, beides zu vereinbaren, es gibt die vielen Alleinerziehenden, die nicht in Arbeit sind, es gibt auch Alleinerziehende, die in Bedarfsgemeinschaften leben, und es gibt die alleinerziehenden Teeniemütter, die wiederum einen ganz anderen Hilfebedarf haben und Unterstützung brauchen. Daran sehen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass sich aus diesen Beispielen ergibt, dass wir eben sehr unterschiedliche Hilfsangebote brauchen.
Lassen Sie mich kurz anhand einiger Zahlen deutlich machen, warum dieses Thema für die Landesregierung so wichtig ist: 30 bis 40 Prozent der Kinder in unserem Land sind von Armut betroffen. Damit liegen wir weit über dem Bundesdurchschnitt.
Kinderarmut ist natürlich eine Folge von Dauerarbeitslosigkeit, von geringem Einkommen in Familien, auch eine Folge von Niedrig- und Billiglöhnen, die wir leider in unserem Land zu verzeichnen haben. 124.000 Menschen waren beispielsweise im Jahr 2008 davon betroffen. Eine Vielzahl von Kindern von Alleinerziehenden ist eben von Kinderarmut betroffen, weil es für Alleinerziehende viel schwerer ist, Beruf und Familie zu vereinbaren, weil es viel schwerer ist, in Arbeit zu kommen, gerade dann, wenn der Berufsabschluss/Schulabschluss fehlt und Dauerarbeitslosigkeit schon in vielen Generationen vorgegeben war.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier Angebote finden. Wir haben supergute Angebote für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In unserem Bundesland sind wir mit Sachsen-Anhalt bundesweit an der Spitze. Ich erinnere an die Betreuungsquote der über Dreijährigen. 98 Prozent unserer Kinder über drei Jahre gehen in
Ich darf Ihnen ein Vergleichsbeispiel machen: In Niedersachsen gibt es nur für zehn Prozent der Kinder Krippenangebote. Und dann unterscheiden sich unsere Angebote darin, dass eben die Kita nicht zur Mittagspause schließt, sondern die Kitas im Regelfall bis 17.30 Uhr geöffnet sind.
Wir haben zusätzliche Angebote im Land, wie gerade hier in Schwerin aktuell die 24-Stunden-Kita, um zum Beispiel Schichtdienste abzudecken, was gerade für Alleinerziehende wichtig ist, für die Verkäuferin, die heute bis 20 Uhr arbeiten muss, aber auch für die Leute, die im Schichtdienst arbeiten. Aber die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und auch die Öffnung der weiten Ladenzeiten beeinträchtigen die Situation dieser Familien, gerade der Alleinerziehenden, denn wenn von solchen Arbeitnehmerinnen immer mehr verlangt wird, flexibel zu sein, dann ist es immer schwieriger, Beruf und Familie, wenn man alleine ist, unter einen Hut zu bekommen.
An der Stelle möchte ich gerne noch einmal den Spruch von Herrn Kokert aufrufen. Deswegen hat nach meiner Vorstellung gute Familienpolitik für Alleinerziehende nicht nur etwas mit Transferleistungen und Bereitstellung von Infrastruktur zu tun, sondern auch mit guten Arbeitsangeboten. „Dazu gehört“ – und jetzt darf ich Sie noch mal zitieren, Herr Kokert,
das haben Sie mal in der Debatte zur Familienpolitik gesagt –, „dass eben nicht die Familien arbeitsfreundlicher werden müssen, sondern die Arbeitswelt auch familienfreundlicher“, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Vincent Kokert, CDU: Genau, das habe ich gesagt. Sehr richtig. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig gesagt.)
Ja, was gut ist, nehme ich gerne auf. Wenn sich die praktische Politik dann auch in der Bundesregierung fortsetzen würde, würde ich mich sehr freuen, denn das würde einige Probleme in unserem Land verringern.
Aber noch einmal: Deswegen sind die Kita-Angebote so wichtig. Wir haben sie quantitativ, wir wollen qualitativ investieren. Wir werden gerade im KiföG die Vernetzung der Familienberatungsangebote mit Kitas stärken. Wir wollen gerade hier stärken, damit Familien und ihren Kindern, die besonderen Förderbedarf haben, zusätzliche Angebote gemacht werden. Davon werden vor allem Kinder aus Familien profitieren, wo vor allem Frauen alleinerziehend sind mit mehreren Kindern, weil sie oftmals diesen Hilfebedarf brauchen. Wir wollen vor allem die Eltern da abholen, wo sie hinkommen, und wir wollen die Beratungsangebote, die guten, die wir im Land haben, dahin bringen, wo die Familien und vor allem die Alleinerziehenden sie brauchen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch mal darauf hinweisen, dass die Landesregierung viel dafür tut, dass möglichst diese Familien entlastet werden. Ich darf daran erinnern, dass wir das kostenfreie Mittagessen für Kinder aus finanziell schwachen Familien haben, wovon natürlich vor allem die Alleinerziehenden profitieren, dass wir das letzte Kindergartenjahr kostenfrei gestellt haben,
wovon natürlich vor allem Alleinerziehende, die immer kurz über Hartz IV verdienen und von der ganzen Entlastung nicht profitieren, eben auch profitieren. Das ist ganz wichtig.
Herr Koplin, natürlich sehe ich auch mit Sorge, dass in diesem Bereich die Gebühren wieder steigen. Aber das ist zum einem eine Folge daraus, dass Kommunen und Länder das wenig abfedern können, wenn ihnen auf der anderen Seite Einnahmeausfälle wegen Steuergeschenken für Besserverdienende blühen. Das ist auch eine Politik Ihrer Partei, Herr Grabow.
Und das zweite Problem – und daran möchte ich Sie erinnern – war der Gesetzentwurf aus dem Haus von Frau Dr. Linke. Das alte KiföG sieht leider vor, dass der Landeszuschuss gedeckelt ist.
Ja, Frau Müller, darauf kann man sich nicht immer zurückziehen. Entweder waren Sie zu schwach, sich da durchzusetzen, oder Sie wollten es nicht richtig.