Protocol of the Session on December 18, 2009

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/3009(neu) zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP sowie Stimmenthaltung der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Programm für ländliche Dienstleistungszentren und Markttreffs initiieren, Drucksache 5/3013.

Antrag der Fraktion der FDP: Programm für ländliche Dienstleistungszentren und Markttreffs initiieren – Drucksache 5/3013 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der FDP Herr Roolf.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das zeichnet uns beide doch aus, Herr Nieszery, dass wir voll im Thema stehen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt. Ich will ihn mal kurz bezeichnen mit dem Thema „MarktTreff auch in Mecklenburg-Vorpommern“.

(Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

Frau Kollegin Lochner-Borst, ja, wir haben geklaut. Wir haben in Schleswig-Holstein geklaut und haben uns …

(Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

Ich bekenne mich. Ich bekenne mich, dass wir geklaut haben, solange wir gute Dinge auch für MecklenburgVorpommern generieren können.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Seit dem Jahre 1999 hat Schleswig-Holstein das Programm MarktTreff für sich im ländlichen Raum installiert.

(Ute Schildt, SPD: Schön für Schleswig-Holstein.)

25 Standorte mit einer Einwohnerzahl von 27.000 Bürgerinnen und Bürgern profitieren davon, dass man sich aufgemacht hat zur Revitalisierung der regionalen Infrastruktur. Der MarktTreff hat drei Aufgaben zu erfüllen, die, denke ich, für den ländlichen Raum in MecklenburgVorpommern von genauso großer Bedeutung sind:

Das eine ist der Treffpunkt von Bürgerinnen und Bürgern als gesellschaftlicher Mittelpunkt einer Dorfstruktur, wie wir sie heute in Mecklenburg-Vorpommern leider immer weniger zu sehen bekommen.

Der zweite Punkt ist das Thema der Grundversorgung, der Grundversorgung einvernehmlich mit denjenigen, und das will ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen, die bereits gewerblich und geschäftlich tätig sind, einvernehmlich mit demjenigen eine Grundversorgung im Wohnumfeld und in der Region der Bürgerinnen und Bürger zu etablieren.

Und der dritte Bereich ist der Bereich der Dienstleistungen, die etabliert werden, Dienstleistungen ganz unterschiedlicher Art: Dienstleistungen im Bereich von Post, Dienstleistungen im Bereich von Versand, von Beratung, von Veranstaltungsmanagement, aber Dienstleistungen auch in einem für Mecklenburg-Vorpommern sehr wichtigen Bereich, nämlich in dem Bereich der medizinischen Betreuung.

Es ist in Schleswig-Holstein gelungen, die entscheidenden Akteure, und zwar die Regionale Planung, die IHK, das Deutsche Rote Kreuz und auch die Kassenärztliche

Vereinigung sowie die Einzelhandelsverbände zusammenzuführen und zu sagen, was können wir eigentlich für die Revitalisierung des ländlichen Raumes gemeinsam machen. Und wenn Sie erste Umfragen aus SchleswigHolstein hören, dann sagen 95 Prozent der Menschen, dass wir eines besonders gut in Schleswig-Holstein damit erreicht haben, nämlich ein lebenswertes Umfeld gerade für ältere Bürger im ländlichen Raum zu etablieren. 95 Prozent der Befragten, das, finde ich, ist eine tolle Zahl und ein toller Beweis dafür, dass dieses Programm hervorragend in Schleswig-Holstein läuft.

Wie haben die das angestellt? Die haben geschaut, welche Möglichkeiten stehen ihnen aus Fördermitteln zur Verfügung, und haben entschieden, dass sie den Förderschwerpunkt so aufbauen, dass 50 Prozent dieser Gelder, die dafür notwendig sind, aus Fördergeldern bereitgestellt werden. Sie haben geschaut, welche Infrastruktur, welche Struktur des Landes haben sie eigentlich, und sind in Orte reingegangen, die in einer Größenordnung zwischen 700 und 2.500 Einwohnern groß sind. Und wenn wir uns die Struktur von Mecklenburg-Vorpommern anschauen, dann haben wir in etwa 400 Orte hier im Land, die mit einer Einwohnerzahl von 500 bis 2.000 Einwohnern versehen sind, das heißt 400 Gemeinden.

Wir reden also über das Lebensumfeld von 360.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern. Und das, meine ich, ist ein Lebensumfeld, was wir uns dringend angucken müssen und wo wir alle gemeinsam schauen müssen, wie können wir dort erreichen, dass in diesem Lebensumfeld wieder der Dorfkern als Mittelpunkt der gesellschaftlichen Gestaltung so revitalisiert wird, dass das Dorf lebenswert ist, und wir nicht das sehen, was wir leider teilweise in unserem Land sehen, und zwar leer stehende Dörfer, leer gezogene Dörfer. Wir müssen etwas tun, damit wir auch für die Fläche hier eine Antwort bekommen.

In Schleswig-Holstein ist man dann dazu übergegangen und hat gesagt, wir brauchen keine großen Studien und keinen Aktionismus, wir holen uns Experten ran. Und auch da gestehe ich, dass wir geklaut haben. Wir haben uns die Experten aus Schleswig-Holstein in die Fraktion geholt. Das ist, ich mache hier keine Schleichwerbung, die BBE, eine sehr anerkannte Beratungsagentur, die einen exzellenten Job für Schleswig-Holstein gemacht hat. Die machen Folgendes: Die gehen in die Regionen rein. Die machen in den Regionen die Prüfung, ad eins, ob keine Konkurrenz zu bestehenden Anbietern besteht, die machen eine Prüfung bei der Ermittlung der Marktchancen und die machen eine Analyse der Tragfähigkeit der Wirtschaftlichkeit. Und was noch entscheidender ist, sie machen anschließend das regelmäßige Controlling, ob sie das, was sie politisch mit diesem Ding erreichen wollen, auch wirklich am Ende durchgesetzt haben.

Die Schleswig-Holsteiner sind sogar noch einen Schritt weiter, indem sie sagen, sie machen einmal den MarktTreff nicht nur stationär, sprich in der Mitte des Dorfes. Sie gehen mittlerweile dazu über, dass sie den MarktTreff mobil machen. Auch das sehen wir ja hier in Mecklenburg-Vorpommern, dass es mobile Unternehmerinnen und Unternehmer gibt, die diese Versorgung in einigen Bereichen des ländlichen Raumes hier sehr erfolgreich und sehr engagiert durchführen. Diese haben auch die Kollegen in Schleswig-Holstein gleich mit eingebunden, sie gleich mit an den Tisch geholt und gesagt: Wie können wir den MarktTreff mobil hier auch für Mecklenburg-Vorpommern etablieren? Ich denke, auch da kann

man lernen, wie man vom ersten Tag eines gemeinsamen Engagements miteinander und nicht gegeneinander agiert.

Und dann kommen wir zum MarktTreff Gesundheit. Das habe ich vorhin auch beim stationären MarktTreff kurz angedeutet. Auch dort sind die Kollegen in SchleswigHolstein mittlerweile so weit, dass sie diesen Gesundheitsaspekt nutzen, damit zum Beispiel zwei Ärzte eine Praxis im Einvernehmen mit der Kassenärztlichen Vereinigung dann auch nutzen können. Das ist etwas, was wir, glaube ich, hier für Mecklenburg-Vorpommern sehr sinnvoll und sehr vernünftig übernehmen wollen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wie soll denn das gehen? – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Was wollen wir heute mit unserem Antrag erreichen? Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass wir uns auf den Weg machen, eine Antwort dafür zu finden, wie wir 360.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, Bürgerinnen und Bürgern, die zunehmend auch älter sind, die zunehmend auch älter werden, die wir zunehmend auch in unserer ländlichen Struktur wohnen haben möchten, ein Angebot machen, wie sie sich in ihrer Lebensstruktur, in ihrem Lebensumfeld weiterhin ein lebenswertes Leben gestalten können.

Und wir wollen ein Zweites erreichen damit, nämlich den jungen Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern, die sich überlegen, nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen, eine Alternative zu zeigen, dass man sagt, es gibt eben nicht nur Schwerin, Rostock, Wismar, Greifswald oder Neubrandenburg, sondern es gibt auch noch wunderschöne Flecken in Mecklenburg-Vorpommern …

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie haben Stralsund vergessen.)

Was habe ich vergessen, Stralsund? Stralsund auch, okay.

(Jochen Schulte, SPD: Den wunderschönen Flecken.)

... es gibt wunderschöne Flecken in diesem Land, wo wir alles tun sollten, um sie in ihrer Struktur lebenswerter zu gestalten und lebenswerter zu entwickeln.

Ich hoffe, dass ich Sie mit meiner Einbringung ein bisschen mit auf die Reise nehmen konnte, also auf das, was in Schleswig-Holstein gemacht wird.

(Zurufe von Ute Schildt, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, als die Herrn vom BBE uns das vorgestellt haben, mit welcher Begeisterung die Akteure das gemacht haben – ich habe sie vorhin genannt –, die Einzelhändler, die Kassenärztliche Vereinigung, die Bürgerinnen und Bürger in der Region und alle Landesregierungen in Schleswig-Holstein in den letzten zehn Jahren, unabhängig ob ein sozialdemokratischer Ministerpräsident, ob ein CDU-Ministerpräsident, unabhängig ob Liberale in der Regierung waren oder nicht, sie haben sich dieses Themas intensiv angenommen.

Ich werbe bei Ihnen dafür, dass wir das in MecklenburgVorpommern auch tun. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen uns die Erkenntnisse von Schleswig-Holstein einfach nach Mecklenburg-Vorpommern

holen und darauf aufsatteln. Ich denke, das ist ein Riesenpotenzial. Wir sollten dieses Thema angehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Roolf.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat stellvertretend für den Landwirtschaftsminister die Finanzministerin Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Roolf, ich hoffe, dass ich nicht zu einem Alptraum für Sie gerate.

(Michael Roolf, FDP: Überhaupt nicht.)

Immer, wenn Sie so einen tollen Antrag gestellt haben, kommt die Finanzministerin und macht alles wieder kaputt. Ich spreche natürlich für den Landwirtschaftsminister und halte auch seine Rede.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)

Ich glaube, es wird Sie nicht überraschen, dass sich die Rede mit meiner Auffassung zu 100 Prozent deckt.

(Zurufe von Hans Kreher, FDP, und Gino Leonhard, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Möglichkeit, sich mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu versorgen, ist grundlegender Bestandteil der Lebensqualität. In vielen ländlichen Räumen, nicht nur bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, besteht seit geraumer Zeit keine Gelegenheit mehr, sich vor Ort mit Lebensmitteln, Briefmarken oder auch Bargeld zu versorgen. Oftmals waren und sind die Dorfläden auch Orte der Begegnung und des Dorfklatsches im besten Sinne. Wo sie verschwinden, geht ein wichtiges Stück Identifikation mit dem Dorf verloren.