Protocol of the Session on December 17, 2009

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist richtig, wir haben nicht nur in den vergangenen Wochen, wir können sagen, in den vergangenen Monaten – Herr Bluhm hat darauf hingewiesen – in ganz Deutschland Proteste in dieser Frage gehabt. Auch in Rostock haben sich am 10. Dezember 1.000 Studierende versammelt. Den Studierenden in Deutschland und hier im Lande geht es in erster Linie um die Verbesserung ihrer Studienbedingungen. Es ist so ein weites Feld, dass wir es heute wahrscheinlich nur in Einzelteilen in der Debatte anreißen. Ich finde es insofern auch ganz interessant, dass wir uns einfach mal vergegenwärtigen, wir haben an der einen oder anderen Stelle nicht reagiert.

Ich war im Juni dabei, als die Protestierenden auf der Straße waren, und habe die Gespräche geführt. Wir haben uns relativ schnell vereinbart, dass wir genau diese Fragen auf die Tagesordnung setzen. Nichts anderes haben wir im Oktober in diesem Land in Waren an der Müritz gemacht. Das heißt also, im Oktober 2009 stand der Fahrplan fest. Insofern, sehr geehrter Herr Bluhm, war im November dieser Fahrplan da.

Das Problem war nur, in der Öffentlichkeit entstand ein Bild, als ob der Schwarze Peter von der einen Seite zur anderen Seite geschoben wird. Man kann ja den Föderalismus kritisieren, nur, wenn die Verantwortung aufgeteilt ist, muss sie auch an der jeweiligen Stelle wahrgenommen werden.

Da wir jetzt in Bonn zusammengesessen haben und ländergemeinsame Strukturvorgaben beschlossen haben, will ich das einfach nur mal erläutern. Wir haben de jure in diesem Land immer noch das Hochschulrahmengesetz in Kraft. Denn nach meiner Kenntnis ist es so, dass es in der letzten Legislatur der Bundesregierung im Deutschen Bundestag gelandet ist, und da liegt es noch. Das war vielen an der einen oder anderen Stelle, wenn es um diese fünf Jahre Obergrenze dann beim Studium ging, nicht bewusst. Das Hochschulrahmengesetz wird am Ende abgelöst durch ländergemeinsame Strukturvergaben, und das nicht in irgendeiner Beliebigkeit, auch wenn das im Ton vielleicht so leichtfertig daherkommt, das ist dann verbindlich für alle.

Herr Bluhm hat es angesprochen, ich werde heute nicht im Weiteren darauf eingehen können, dass natürlich ein ganzer Strauß von Forderungen existiert. Ich vermute auch, dass der eine oder andere, der sich da in die Debatte einschaltet, kaum alle Protestforderungen kennt, geschweige denn auf Veranstaltungen war.

(Hans Kreher, FDP: Das ist auch unterschiedlich gewesen.)

Aber es wird schon spannend, wenn wir sagen, der Föderalismus soll weg, es soll vereinheitlicht werden. Dann muss man, jetzt frage ich Sie mal, Herr Bluhm, am Ende fragen: Wofür wären Sie dann im Zweifel, für ein 12-jähriges oder für ein 13-jähriges Abitur? Denn wenn Sie die Forderungen in ganz Deutschland nehmen, die auch DIE LINKE in dem einen oder anderen Bundesland unterschrieben hat, da würde ich mich dann schon im Einzelnen fragen, wie wir vorgehen. Das ist keine Kritik,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, ja, ja, ja, ja.)

ich will nur sagen, wie hoch differenziert wir hier mit semantischen Dingen daherkommen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, ja.)

am Ende einen Strauß bunter Forderungen haben und zurückgeführt auf unser Land uns fragen müssen: Ja, wofür sind wir denn eigentlich?

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, ja.)

Wir könnten uns wahrscheinlich an der einen oder anderen Stelle hier schnell einigen. Das würde dann aber übersetzt heißen, wir sind dem einen oder anderen in Deutschland nicht entgegengekommen. Und genauso ist es im Bologna-Prozess mit den ganzen Forderungen.

Insofern glaube ich, dass wir hier im Land den richtigen Schritt gegangen sind. Ich will es einfach nur verdeutlichen. Bevor ich zur Kulturministerkonferenz gefahren bin – zu der ich ja ohnehin fahren muss, aber nun auch einmal in dieser Doppelrolle als Minister und als Präsident –, haben wir am 3. Dezember gemeinsam mit den Rektoren und den Vertretern der Studierendenschaften beraten und diskutiert: Welche Vorstellungen sollen wir eurer Meinung nach, wenn wir in diese Verhandlung gehen, mit durchsetzen? Und das Erfreuliche in diesem Land ist doch, dass wir bei allen Differenzen, die wir haben werden, die wir auch in der Anhörung und im Nachgang besprechen müssen, im Land eine große

Übereinstimmung haben: Wir wollen ländergemeinsame Strukturvorgaben haben.

Für die, die sich damit nicht so gut auskennen, muss man wissen, es gibt auch länderspezifische Vorgaben. Das eine oder andere glänzende Land nimmt die ländergemeinsamen Strukturvorgaben an. Eine breite Mehrheit, auch der Hochschulen, sagt: „Ja, das wollen wir eins zu eins haben.“ Und in anderen Ländern wird das an der einen oder anderen Stelle – ich sage das jetzt einmal ganz bewusst auch in diesem Hohen Haus – durch länderspezifische Regelungen unterlaufen. Diese werden dann genutzt, schwappen auch in unsere Hochschulen und kommen vielleicht in die eine oder andere Rede. Man weiß ja auch nicht, wer das dann immer aufschreibt, und dann haben wir Forderungen hier im Land, wo wir uns doch aber eigentlich einig sind, die Dinge eins zu eins umzusetzen.

Mitten in diesem Verfahren wollen wir weitermachen. Wir haben jetzt den Kultusministerkonferenzbeschluss, auf den ich noch eingehe, wir werden im Februar – auch ein Ergebnis dieses Beschlusses – die Fachtagung haben. Wir werden uns dann im Land schon wieder am 26. Januar zusammensetzen und auch nach dem Februar vor dem Gipfel im April die Dinge hier im Land besprechen. Ich glaube, dass das ein strukturierter Gesprächsprozess ist, in enger Abstimmung mit den Hochschulen.

Im April 2010 sind die Kultusminister mit den Hochschulen und Studierenden bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung eingeladen. Dann muss es uns schon gelungen sein, in diesen einzelnen Punkten in der Umsetzung zu sein. Denn es ist ja völlig richtig, was hier bemängelt wird: Die Studierenden wollen sehen, wenn ein neues Semester beginnt, dass sich etwas geändert hat. Es müssen also sichtbare Schritte her.

Ich finde, der Fahrplan steht, und ich glaube auch, man muss – das ist vielleicht für die Opposition dann nicht ganz einfach –, aber man muss hier schon anerkennen, dass wir diese Anliegen ernst nehmen, und ich nehme das auch persönlich für mich in Anspruch, natürlich gerade mit der letzten Sitzung in Bonn.

Wir haben unter dem Vorsitz von Mecklenburg-Vorpommern, auch das wurde angesprochen, im Vorfeld, bevor ich die Eckpunkte in das Plenum eingebracht habe, mit der Hochschulrektorenkonferenz beraten. Das war sinnvoll, zu sagen, was wir gemeinsam tun wollen. Es war erfreulich, dass wir uns mit der Hochschulrektorenkonferenz einigen konnten und gemeinsam vorgehen wollen.

Die Punkte sind folgende, ich will sie kurz skizzieren:

Zunächst einmal soll der Bachelor eine breite wissenschaftliche Qualifizierung, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualitäten beinhalten. Sein Ziel ist die Beschäftigungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Der Bachelor kann sechs bis acht Semester umfassen.

Wer sich in unserem Land auskennt, weiß, das haben wir. Allein, Frau Lochner-Borst hat es angedeutet, dass wir das nun noch aufschreiben mussten, ist doch ein deutsches Problem.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Insofern können wir doch auch all die benennen, die uns das eingebrockt haben.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Und das ist kein Vorwurf, sondern das ist einfach eine Tatsache. Aber daran wollen wir uns nicht aufhalten und ich finde, gerade an dem Punkt sind wir in Mecklenburg-Vorpommern sehr weit. Das, was wir wollen, ist: Ein Bachelor muss ein berufsqualifizierender Abschluss sein. Wir verwechseln regelmäßig in den Diskussionen diese Frage mit stringent konsekutiven Bildungsgängen, wodurch Studierende oft in Unsicherheiten gebracht werden. Hier haben wir einfach unsere Hausaufgaben zu erfüllen.

Die Regelstudienzeit, ein zweiter Punkt, bleibt in konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengängen bei zehn Semestern. Ich habe auch gerade gesagt, aus welchen rechtlichen Gründen. Ausnahmen sind bei entsprechender studienorganisatorischer Gestaltung möglich. Das klingt einfach, muss aber umgesetzt werden. Also auch hier keine Beliebigkeit, das ist zu machen.

Die Studiengänge müssen Fenster der Mobilität enthalten. Auch das ist verbindlich.

Der Zugang zu den Masterstudiengängen soll grundsätzlich offengehalten sein, kann jedoch aus Qualitäts- wie aus Kapazitätsgründen begrenzt werden. Auch das sollte man nicht gleich so pauschal sagen, dass es eine Beschränkung ist. Man schaue sich einfach mal an, dass auch bestimmte Qualitäten zu erfüllen sind und nicht nur Quantitäten bei bestimmten Studiengängen.

Masterabschlüsse können im Einzelfall auch unterhalb von 300 ECTS-Punkten erworben werden. Das heißt also, da ist eine Flexibilisierung drin. Das ist gefordert worden.

Die Schlüssigkeit des Studienkonzeptes und die Studierbarkeit der Studiengänge sind in der Akkreditierung zu prüfen und zu bestätigen. Auch hier müssen wir sagen, da müssen wir mit Sicherheit ran. Ich will das Thema an der Stelle gar nicht weiten. Die Arbeitsbelastung wird auf ein realistisches und vertretbares Maß zurückgeführt. An der einen Stelle haben Sie auch schon davon gesprochen, Herr Kreher.

Ein siebter Punkt: Die Prüfungsbelastungen werden reduziert.

Auch das, was ich jetzt sage, ist etwas, was nicht eine Kultusministerkonferenz hätte regeln müssen.

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

Aber ein bisschen hat man mich von Oktober bis zum Dezember auch damit getrieben, dass ich gesagt habe, wenn es nicht anders geht – das habe ich immer, in jedem Interview gesagt –, dann könne ich mir vorstellen, dass ich das einbringe. Und nun ist es auch passiert, dass ich gesagt habe, Module sollen einen Umfang von mindestens sechs ECTS-Punkten haben. Da war ja der Vorwurf der Studierenden in Deutschland nach Kleinteiligkeit zu vernehmen, dass das mitunter nur drei, zwei Punkte oder einen Punkt bringt. Und sie werden in der Regel mit nur einer Prüfung abgeschlossen. Auch das ist eigentlich kein Beschluss, den wir auf der Ebene von ländergemeinsamen Strukturvorgaben hätten erarbeiten müssen. Wir haben ihn jetzt also erarbeitet.

Und achtens. Die wechselseitige Anerkennung wird entsprechend der Lissabon-Konvention verbessert. Die Anerkennung für Module oder andere Teilleistun

gen ist zu erteilen, wenn hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Dadurch wird die Mobilität gefördert. Das ist wirklich ein dickes Brett und da müssen wir alle sehr genau hinschauen, dass hier nichts unter die Räder gerät, dass hier dann auch die Mobilität vonstatten geht.

Bei uns im Land, muss man einfach sagen, haben die Fachhochschulen von vornherein eine spezifische Form der Umsetzung gewählt, nämlich überwiegend siebensemestrige Bachelorstudiengänge. Man muss in die Pressemeldungen vom Januar 2009 reingehen. Da haben teilweise die Hochschulen veröffentlicht, wie die Umstellung aussieht. Das ist ja ein bisschen in Vergessenheit geraten. Da sieht man, welchen Weg wir hier gegangen sind. Die Curricula sind klar strukturiert und entsprechen auch dem Typ des Lernens, der an dieser Hochschulart dann gepflegt wird. Verbesserungsbedarf existiert hier in Einzelfällen. Auch das haben die Rektoren vorgetragen und dem wollen wir uns annehmen.

Ein Wort zur HMT, zur Hochschule für Musik und Theater. Hier sind die neuen gestuften Studiengänge entwickelt worden und stellen sich im Januar zur Akkreditierung. Dabei wird die Agentur die Eckpunkte der Kultusministerkonferenz und die Besonderheiten einer Kunsthochschule berücksichtigen. Das begrüße ich außerordentlich. Was uns auch freut, das sage ich auch schon mal an dieser Stelle für das Hohe Haus: Das Ministerium ist zur Begehung durch die Akkreditierungskommission eingeladen. Das ist auch ein wichtiger Punkt. Wer sich auskennt in diesen ganzen Gesprächen, weiß, dass wir diese Blackbox auch ein wenig aufmachen können.

Die größte Aufgabe haben natürlich an dieser Stelle auch die Universitäten vor sich. Beide Universitätsleitungen haben sich positiv zu den Anliegen der Studierenden geäußert und werden bessere Studienbedingungen schaffen.

An der Universität Greifswald ist eine fakultätsübergreifende Arbeitsgruppe, hier unter der Leitung des Prorektors für Studium und Lehre, eingerichtet, die die Bachelorstudiengänge auf den Prüfstand stellen und vor allem hier die Prüfungsbelastung kritisch anschauen wird. Auch das haben die Studierenden, gerade auch von Greifswald, vorgetragen.

Die Universität Rostock wird in einer sogenannten Bologna-Woche ab 11. Januar 2010, also mit Beginn des neuen Jahres, sämtliche Bachelorstudiengänge einer Revision unterziehen. Der Rektor geht nach eigener Aussage mit großer Zuversicht in diese Gespräche.

Und dann werden wir uns, wie ich bereits gesagt habe, am 26. Januar im Bildungsministerium zusammensetzen, um eine erste Bilanz zu ziehen. Beide Universitäten werden die notwendigen Änderungen ausarbeiten und im Laufe des Sommers durch die Gremien bringen, sodass zum kommenden Wintersemester mit erneuerten Bachelorstudiengängen gerechnet werden kann.

Wenn wir jetzt diesen ganzen Fahrplan haben, sage ich auch noch ein Datum: Im März sitzen wir nämlich in Budapest. Das ist ein Punkt, der hier auch schon anklang: Wir müssen natürlich nicht nur auf Deutschland schauen, sondern wir müssen sehen, wie wir gerade auch hier international kompatibel bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Studierenden kritisieren in ihren Protesten auch die zu geringe

Ausstattung der Hochschulen. Auch Herr Bluhm ließ es hier anklingen nach dem Motto: Glauben wir nun, dass genug Finanzen in dem System sind? Ich finde, in dem nun beschlossenen Haushalt sehen wir für das Jahr 2010 eine Steigerung des Budgets der Hochschulen um 7,6 Prozent vor. Für das Jahr 2011 sind nochmals rund 2 Prozent Steigerung eingeplant. Allein in diesen beiden Jahren nehmen wir fast 29 Millionen Euro zusätzlich in die Hand.

Ich will an dieser Stelle sagen, natürlich könnte es vielleicht auch mehr sein. Aber Sie alle wissen doch in diesem Haus, in welcher angespannten Situation wir sind. Ich finde, das Land geht bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, hat zwei Schwerpunkte gesetzt. Darüber haben Sie hier debattiert und das sollte man nicht kleinreden. Das sollte man wirklich nicht kleinreden. Denn wenn wir es über Schulden finanzieren, welchen Gefallen würden wir dann der jungen Generation tun in dieser Frage? Wenn wir Einsparungsmöglichkeiten an anderer Stelle sehen, die wir zugunsten des Bildungssystems dann nutzen können, ich glaube, da werden Sie in mir nicht nur einen Partner haben, sondern da werden wir hier übergreifend zusammenarbeiten können. Aber die Landesregierung und auch der Haushaltsgesetzgeber, finde ich, können mit diesem Haushalt sehr zufrieden sein. Mit dieser gemessen an den schwierigen Zeiten eben bemerkenswerten Aufstockung sichern wir die Zukunft hier für unsere Hochschulen. Die Qualität der Lehre kann aufrechterhalten werden, die Forschung intensiviert werden.

Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigen die erneut gestiegenen Studierendenzahlen an unseren Hochschulen. Auch das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Zur Stunde 38.425 Studenten in MecklenburgVorpommern sprechen, wie ich finde, eine überzeugende Sprache. Aber auch hier sollten wir im Blick haben, gerade auch hier im Hohen Haus, und Max Planck in Rostock hat es uns ja vorgerechnet, die Demografie ist nicht nur ein Problem Mecklenburg-Vorpommerns, sondern es ist ein Problem der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union. Man schaue genau hin!