Protocol of the Session on November 19, 2009

wie das früher bei den Marxisten der Fall war, oder einer dienenden Funktion der Wirtschaft für ein Volk oder seiner Kultur wie etwa im Gedanken des Nationalsozialismus, oder einer dienenden Funktion zu Ehren Gottes und seiner Gebote, wie wir es anfänglich bei den Christdemokraten finden, bevor der Leitspruch „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ die Runde machte.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die FDP gliedert Kultur und Kreativität in die Wirtschaft ein und gibt ihnen eine vom Staat geförderte Existenzberechtigung nur und insofern, als sie wirtschaftlich in Erscheinung treten. Eine Kultur als Selbstzweck ist in diesem System nicht vorgesehen. Kultur ist immer Unterhaltungsbetrieb. Kreativität ist immer nur Kreativwirtschaft. Warum dann eine Förderung bei einer freiheitlich-demokratischen, bei einer liberalen Partei? Müsste sie nicht für das Gegenteil eintreten – grundsätzlich keine Förderung der Wirtschaft bis auf streng definierte Ausnahmen wegen der Verzerrung des Marktes?

Auch hier, wie bei den Linken, müssen wir die babylonische Sprachverwirrung und den bekennenden Byzantinismus der FDP zum Staats- und Wirtschaftssystem erst beseitigen, ehe die Motive klar zutage treten. In einer soliden, real existierenden Marktwirtschaft, in einem weltoffenen Staat wäre eine Förderung von Kultur und Kreativität als Wirtschaftsfaktor bis auf wenige Ausnahmen nicht nur nicht nötig, sondern auch nicht möglich, denn jegliche Förderung würde entweder ein Privilegiensystem von Bevorzugten und Begünstigten schaffen oder, auf alle mit der Gießkanne angewandt, zu einer Verstaatlichung der Kultur- und Kreativwirtschaft führen.

Berechtigt im Sinne der liberalen Dogmen wäre eine Wirtschaftsförderung, denn nichts anderes ist eine Kompetenzberatung mit staatlichen Mitteln, nur dann, wenn eine Marktwirtschaft gar nicht oder nur noch als bloßer Schein existieren würde. Denn dann wären die Unterhaltungskultur und die kreativen Leute nicht vermarktbar, das heißt, sie könnten sich nicht anbieten oder ihr Angebot fiele auf keine effektive Nachfrage. Genau dies ist in der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung der Fall.

Man muss nicht erst die Rettung des Bankensystems allein in Deutschland für über 500 Milliarden Euro ins Feld führen. Wer kreativ genug ist und noch nicht von der Kultur der allgemeinen Verblödung erfasst ist, der erkennt, dass wirtschaftlich unterschiedlich starke Rechtssubjekte mit unterschiedlichem Gewicht in der Welt auftreten. Sie üben faktische Herrschaftsgewalt auf jene aus, die ihnen unterlegen sind. Opel und General Motors sprechen hier für eine moderne Feudalisierung unserer Welt, in der die ausgleichende Gerechtigkeit durch die austeilende ersetzt wird. Der Staat wird hier zum Vermittler unterschiedlich starker Ebenen von Wirtschaftskreisläufen, die nicht mehr zueinander in Beziehung treten, auch in der Unterhaltungskultur.

Ich komme zum Ende: Die zahlreichen Förderprogramme sind eine Art Kompensationsgeschäft für eine aus den Fugen geratene bürgerliche Ordnung. Wer sich in diesem Dschungel auskennen will, braucht genau die Dschungelkenntnis. Wir Nationaldemokraten sind radikaler, wir lehnen eine Pseudokultur dieser Art ab.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kulturwirtschaft ist eigentlich eine sehr, sehr alte Sache. Schon Albrecht Dürer war Unternehmer.

(Angelika Peters, SPD: Das ist nicht neu. Was ist daran neu?)

Seine Frau Agnes hat nicht nur auf dem Markt von Nürnberg seine Grafiken verkauft. Er war sogar ein sehr guter Unternehmer. Zu dieser Zeit – auch Cranach –

(Angelika Peters, SPD: Das ist nicht neu. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

hatten die ein Unternehmen, oft mit mehreren Leuten sogar, die zum Teil auf Anweisung des Künstlers die Bilder malten. Rembrandt war dann später ein nicht ganz so guter Unternehmer. Er ist unternehmerisch gescheitert. Trotzdem war er ein großer Künstler. Aber das ist eben zum Teil auch das Problem, meine Damen und Herren. Wir haben heute viele.

Und jetzt, Herr Koplin, zu Ihrem Einwand. Sie sagen, im Wesentlichen wollen Sie unseren Antrag unterstützen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen den Humus ein bisschen anreichern.)

Es gibt viele Künstler, die in prekären Verhältnissen leben. Und das ist zum Teil der Grund, weshalb wir diesen Antrag gestellt haben, weil auch bei mir mehrere waren. Ich habe auch viele Schüler, die in diesem Bereich arbeiten. Ich weiß das. Und Sie wissen ja, unsere gemeinsame Bekanntschaft mit Herrn Fuhrmann, der hat ja bei Ihnen mal ausgestellt. Ich weiß, was es heißt, Künstler zu sein, wenn man nicht entsprechende unternehmerische Fähigkeiten hat.

(Angelika Peters, SPD: Was sind Sie für ein Künstler?)

Und das ist gerade der Grund, weshalb wir wegen dieser prekären Verhältnisse in diesem Bereich diese Beratung brauchen. Nur der Vorwurf, der dann von anderen kommt, dass wir nun wer weiß wie viel Geld dafür ausgeben müssten, ist ja gar nicht da. Deshalb brauchen wir da auch nicht große Säcke aufzuschnüren, um etwas zu ermöglichen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Frau Ministerin, Sie haben es im Namen des Bildungsministers gesagt: Das Portal ist vorhanden. Und wenn wir dann, wie es jetzt hier versprochen wurde, diesen Teil Beratung in kreativwirtschaftlichen Teilen mit einbringen, dann haben wir ja mit unserem Antrag schon was erreicht. Das ist ein Teil.

Und, Herr Wirtschaftsminister,

(Michael Roolf, FDP: Aufpassen.)

wenn Sie Ihr Mentoringprogramm auch so nutzen würden, um im Bereich der Kreativwirtschaft etwas voranzubringen. Das Programm ist ja da. Es muss nur auf diese Bereiche ausgedehnt werden.

(allgemeine Unruhe)

Und dann, das habe ich ja vorhin gesagt, da waren Sie nicht anwesend, hören viele: Bei Kultur gehen Sie bitte in das andere Ministerium. Das ist das Problem, das wir dabei haben,

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

und deshalb weisen wir auf diese Dinge hin.

Und, meine Damen und Herren von der Koalition, wir sind Ihnen nicht böse, wenn Sie das ablehnen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Leute kommen zu mir in mein Wahlkreisbüro.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Zu uns kommen sie auch.)

Sie sind in Wismar bei Herrn Roolf, zum Beispiel lexikus.de. Das ist auch ein Bereich heute in der Kreativwirtschaft, Internetportale sind ein wichtiger Bereich, Designer in diesem Bereich.

(Harry Glawe, CDU: Der Wirtschafts- minister macht, was er kann.)

Aber das sind oft Leute, die haben an der Kunsthochschule studiert und ihnen fehlen oft die unternehmerischen Kenntnisse. Und darum geht es hier, dies stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wer soll das machen?)

Wenn Sie das nicht wollen. Ich habe bei Ihnen gemerkt, Herr Vierkant, also mal vorsichtig ausgedrückt, Sie haben sich mit diesem Thema noch gar nicht genügend befasst, und Herr Körner erst recht nicht.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Marc Reinhardt, CDU: Na, na, na, na!)

Also machen Sie weiter so in Ihrer Koalition. Wir sind Ihnen dankbar, denn Sie treiben uns dann diese Leute, die zum Teil bisher auf die SPD gehofft haben, zu. Das sind ja oft Leute, die uns gar nicht nahestanden,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Genau.)

die bisher bei Ihnen waren, die kommen jetzt zu uns.

(Harry Glawe, CDU, und Gino Leonhard, FDP: Jeh, jeh, jeh!)

Machen Sie weiter so, es ist zu unseren Gunsten. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ich schließe die Aussprache.

(allgemeine Unruhe)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2929.

(Harry Glawe, CDU: Alle zu Herrn Kreher in die Sprechstunde!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Herr Kreher, das tun wir jetzt nur für Sie. – Hans Kreher, FDP: Danke.)

Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2929 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt.