Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Aspekte aus der Einbringungsrede der Kollegin Reese richtigstellen:
Erstens. Frau Reese, wir haben nie gesagt, und es wäre auch völliger Blödsinn, dass das FAG nicht den Rechenweg definiert, der die Masse der Finanzausgleichsleistungen festschreibt. Selbstverständlich steht das im FAG. Nur das, was immer wieder – und ich will jetzt gar nicht darüber richten, ob es bewusst oder unbewusst geschehen ist – miteinander verwechselt worden ist, ist das FAG und die Novelle, die wir vor einigen Wochen beraten und hier beschlossen haben. Die Novelle hat dieses Thema nicht angesprochen. Das Gesetz tut es selbstverständlich. Das haben Sie offenbar falsch verstanden.
Sie haben auch noch ein Zweites offenbar falsch verstanden, das ist die Frage: Was machen wir mit positiven Abrechnungsbeträgen, wenn also die tatsächlich am Jahresende zu errechnende Summe höher ist als das, was wir an Zuweisungen vorweg geschätzt haben? Niemand – ich weiß nicht, wo Sie diese Einschätzungen hernehmen – hat gesagt, dass wir das den Oberzentren geben. Das ist, mit Verlaub, völlig falsch.
Wir haben gesagt, dass wir dieses zu maximal 50 Prozent – und so haben wir dieses auch hier in diesem Hohen Hause beschlossen – dazu benutzen werden, um besondere Belastungen bei den Sozialkosten in der kommunalen Ebene abzufangen. Und diese besonderen Belastungen, das weiß jeder, der sich ein wenig mit
dem Thema befasst, was ich in diesem Fall empfehlen würde, liegen insbesondere bei den kreisfreien Städten und Landkreisen. Landkreise sind nach meiner Kenntnis nicht als Oberzentren definiert, sehr wohl aber als Körperschaften, die sehr stark von solchen Sozialkosten belastet werden. Auch hier haben Sie offenbar nicht ganz verstanden, worum es geht.
Und das Dritte ist, wir haben nicht gesagt, wir warten auf die Steuerschätzung, sondern wir haben bewusst gesagt, wir wollen die Zahlen der Steuerschätzung haben, damit wir dann festlegen können, was wir tun und in welchem Umfang wir helfen. Das war der Grund, warum wir diesen Termin gewählt haben.
Sie haben recht, Sie haben diesen Antrag schon einmal versucht hier unterzubringen. Wir haben ihm nicht die nötige Dringlichkeit zugesprochen, weil, und das wussten Sie, es damals bereits Überlegungen in der Koalition gab, mit einem solchen Stabilisierungsfonds den Kommunen zu helfen. Zu wissen, dass die Sonne im Osten aufgeht, und dann einen Antrag zu stellen, dass zukünftig die Sonne, bitte schön, im Osten aufgeht,
und wenn dieser Antrag dann beschlossen wird, sich in die Öffentlichkeit zu stellen und zu sagen, seht ihr, was wir geschafft haben, die Sonne geht tatsächlich im Osten auf,
dieses, meine Damen und Herren, ist ein Weg, den werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen. Wir werden auch heute sagen: Ihr Antrag ist das klassische Einrennen einer offenen Tür. Wir werden Ihren Antrag deswegen ablehnen.
Aber lassen Sie mich bitte ein paar Worte über die kommunale Finanzausstattung insgesamt sagen, auch über das hinaus, was wir heute Morgen in der Aktuellen Stunde schon gesagt haben. Ich würde da gerne ein paar Ausführungen meines geschätzten Kollegen Heydorn aufgreifen, sie allerdings erweitern und vertiefen. Kollege Heydorn hat darauf hingewiesen, dass mit dem Entwurf des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, das wir im Moment in Berlin in der politischen Diskussion haben, dem Land Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2011 48 Millionen Euro fehlen werden. Das ist richtig, aber es ist nicht alles.
Ich möchte, meine Damen und Herren, dass wir uns hier sehr klar der Tatsache bewusst werden, dass Steuergeschenke – die zu verteilen in Berlin die FDP nicht müde wird und wo sie sozusagen ihren einzigen Lebenszweck rausdefiniert – natürlich auch bei denen, die Steuern einnehmen, entsprechende Löcher reißen.
Und es sind nicht nur 48 Millionen Euro, die dem Land Mecklenburg-Vorpommern fehlen im Jahr 2011. Wenn wir die Referentenentwürfe dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetzes nehmen, dann werden der kommunalen Ebene, dann werden den Städten, Gemeinden und Kreisen in diesem Land 15 Millionen Euro im Jahr 2011
fehlen. Das ist auch ein Teil der Wahrheit. Und wenn wir das darum ergänzen, dass die Steuereinnahmen des Landes ja nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz, Sie kennen ihn ganz sicher, Frau Reese, nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz des FAG zu etwa einem Drittel an die kommunale Ebene weitergeleitet werden, dann werden den Kommunen im Jahr 2011 in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur 15 Millionen Euro fehlen, sondern nach einer groben Rechnung, auch ein Drittel der 48 Millionen Euro, das heißt zusammen 31 Millionen Euro. Und das, meine Damen und Herren, ist nun das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Jetzt trifft sich das Bundeskabinett in einem Ort in Brandenburg,
hat sich getroffen, in einem Ort, dem man nachsagt, dass ein Geist dort wohne, der Regierungen beflügelt.
Und dieser Geist von Meseberg hat die Regierung und die Minister dahin gehend beflügelt, für 2011 eine weitere Steuersenkung im Volumen von 20 Milliarden Euro anzukündigen.
Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern hat etwa zwei Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik. Wir sind allerdings im Vergleich zu anderen Bundesländern ein wirtschaftsschwaches Land. Deswegen können wir nicht sagen, dass von dem, was dort an Steuern eingenommen wird oder eben auch nicht eingenommen wird, zwei Prozent in unserem Land anfallen. Es sind gut ein Prozent. Ich will es mir hier einfach machen, ich rechne einfach mal mit einem Prozent. Sie alle wissen, es ist real ein wenig mehr.
Wenn also 20 Milliarden Euro der öffentlichen Hand entzogen und dem Steuerzahler belassen werden, dann werden es Steuermindereinnahmen von etwa 200 Millionen für das Land Mecklenburg-Vorpommern sein. Ich gehe davon aus, dass dieses Steuereinnahmen sind, die im Wesentlichen im Einkommenssteuerrecht anfallen.
Meine Damen und Herren, von diesen Einkommenssteuereinnahmen sind die Kommunen mit 15 Prozent dabei. 15 Prozent von 200 Millionen. Das heißt: 30 Millionen über das bereits Genannte hinaus werden den Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2011 fehlen. Und wenn wir wissen, dass 42,5 Prozent der Einkommenssteuer dem Land zufließen, dann sind das für Mecklenburg-Vorpommern bei diesen 200 Millionen Euro im Jahr 2011 auch 85 Millionen Euro. Und wenn davon ein Drittel nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz – ich runde – der kommunalen Ebene zufließt, dann sind das noch einmal 28 Millionen Euro.
Und wenn Sie diese Zahlen miteinander addieren, meine Damen und Herren, was wir hier im Wachstumsbeschleunigungsgesetz bekommen werden und was wir nach dem Willen der Steuersenker – insbesondere der FDP – in 2011 in weiteren Gesetzen bekommen werden, dann werden allein im Jahre 2011 den Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern rund 90 Millionen Euro fehlen. Und das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche Skandal. Das ist das, wogegen wir uns wehren müssen.
Deswegen, meine Damen und Herren, wenn sich die FDP hier hinstellt und sagt, wir müssen jetzt die kommunalen Finanzen stabilisieren, wir brauchen dafür einen Stabilisierungsfonds, dann, entschuldigen Sie den harten Vergleich, ruft der Brandstifter nach verstärkten Brandschutzmaßnahmen und nach einem Ausbau der Feuerwehr. Und dieses, meine Damen und Herren, finde ich ein großes Stück unredlich. Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Gino Leonhard, FDP: Zwölf lange Jahre! Zwölf lange Jahre!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede von Herrn Müller muss man feststellen, dass es für die SPD offenbar ein Glück ist, dass sie auf Bundesebene nicht mehr regiert,
Wobei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich auch sagen muss, dass ich nicht alles, was von der FDP kommt, so toll finde. Deswegen komme ich wieder zum Antrag zurück.
Herr Roolf, Sie hatten sich heute in der Aktuellen Stunde darüber beschwert, dass die Koalition unter dem Titel „Finanzausstattung der Kommunen durch Sondervermögen des Landes stabilisieren“ ein Thema aufgreift, mit welchem wir uns jetzt auf Antrag Ihrer Fraktion beschäftigen. Zu Recht haben Sie sich darüber beklagt, das hätte ich auch getan, denn bisher war es Usus, dass ein Thema, welches mit einem Antrag auf der Tagesordnung steht, nicht gleichzeitig mit einem Thema der Aktuellen Stunde gleichgesetzt wird.
Allerdings muss ich Sie an dieser Stelle fragen, warum Sie denn nicht im Ältestenrat, also mir ist es zumindest nicht bekannt, oder auch hier heute im Landtag der Tagesordnung widersprochen haben. Von Einwänden seitens der FDP-Fraktion ist mir jedenfalls nichts bekannt. Insofern reicht es aus meiner Sicht eben nicht aus, nur hier vom Rednerpult aus dicke Backen zu machen, dann müssen dem schon konkrete Aktivitäten folgen.
Apropos dicke Backen, da bin ich dann schon beim Inhalt des Antrages der FDP. Denn wenn bei der FDP auf etwas Verlass ist, dann auf die Tatsache, dass sie gern und häufig dicke Backen macht, viel Wind, aber ohne konkrete Handlungsvorschläge, so auch in Ihrem Antrag „Kommunaler Stabilisierungsfonds“.