Protocol of the Session on October 21, 2009

Und ich möchte hier noch einmal Martin Dieckmann vom 9. Mai 2009 aus dem Schloss zitieren: „Eine solche Substitution findet faktisch nicht statt, was der Tageszeitung abhanden kommt, fehlt schlichtweg, es fällt weg. Das kann sich aber eine Region, ein Bundesland, überhaupt nicht leisten. Das rührt an die Voraussetzungen von Demokratie in einem sehr grundlegenden Sinne – der täglichen Teilhabe an öffentlichen Belangen. Was also bei rein formaler Medienvielfalt wegfällt, ist die Öffentlichkeit selber.“ Ende des Zitats.

Jawohl, meine Damen und Herren, diese Einschätzung teile ich und sie macht zugleich Handlungserfordernisse deutlich, denen wir gerecht werden müssen, um die Medienvielfalt und die Demokratie in unserem Lande weiterzuentwickeln. Ich gehe davon aus, dass wir ausgehend von der Rede des Ministerpräsidenten, der heute stattfindenden Diskussion und auf der Grundlage des vorliegenden Medienberichtes mit denen, die Zeitung in diesem Land machen, die Rundfunk in diesem Land machen, die Onlineangebote erstellen, darüber nachdenken und zu Entscheidungen kommen, wie wir ähnlich wie beim Rundfunk Regelungen zur Sicherung von Meinungsvielfalt und demokratischer Teilhabe auch im Pressebereich sichern können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon gut, und da stimme ich Andreas Bluhm zu, dass wir gemeinsam die Landesregierung aufgefordert haben, einen solchen Bericht zu erstellen. Und, Andreas, ihr wart uns nur einen Schritt voraus mit dem Antrag auf Aufsetzung auf die Tagesordnung. Vielen Dank, wir hätten das auch gemacht.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Na ja! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: „Vielen Dank“ war ironisch gemeint.)

Aber ist der erste umfassende Bericht seit 2000 überhaupt …

Nein, das war nicht so. Das war ganz ernsthaft gemeint, denn da gab es auch so eine Absprache im Innenausschuss: Wir brauchen hier einfach eine Zuarbeit für unsere weiteren Beratungen. Das war so ernst gemeint und deswegen meine ich das auch wirklich.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Es ist doch gut und richtig, dass wir darüber sprechen.)

Ja, genau das.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Herr Ringguth hat das schon wieder verkehrt. So ist das doch oftmals. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Nein, das hat er nicht.

Meine Damen und Herren, wenn wir über Medien diskutieren, dann geht es um Meinungsfreiheit und um Meinungsvielfalt. Der Ministerpräsident hat den Ansatz der Landesregierung hier aus meiner Sicht sehr zutreffend geschildert. Ich glaube, es gibt kaum jemanden im Hause, der das nicht bestätigen wird. Der Bericht ist, das ist vollkommen klar, das eine oder andere hätte noch besser sein können, aber er ist eine sehr gute Grundlage für unsere weitere Diskussion. Und dafür, Herr Ministerpräsident, Ihrem Hause und Ihnen herzlichen Dank. Das genau haben wir gebraucht, um weiterdiskutieren zu können.

Es ist wichtig, dass wir den Bericht hier im Plenum beraten. Ich bin aber der Meinung, dass wir durchaus Veranlassung haben, weiterzuberaten. Deswegen beantrage ich, auch wenn es geschäftsordnungsmäßig anders ginge, von hier aus die Überweisung in den Innenausschuss, damit wir die Diskussion dort weiterführen können.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, richtig.)

Ich glaube, dass das sinnvoll ist. Dort werden wir auch sehen, wen wir uns zu unserer Meinungsbildung noch einladen können. Wir haben da eigentlich immer ein ganz gutes Verfahren gefunden.

Die Rahmenbedingungen für die Medien in unserem Land, das wissen wir alle, sind nicht einfach. Sie sind auch in den letzten Jahren nicht einfacher, sondern, wie wir alle wissen, schwieriger geworden. Bei sinkender Einwohnerzahl, bei teilweise in manchen Regionen zumindest sinkendem Einkommen verändern sich nicht nur Lesegewohnheiten, sondern auch Gebrauchsgewohnheiten. Wenn heute mehrere Haushalte sich eine Zeitung teilen,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ja, mitunter kann man die auch nicht lesen.)

dann wirkt sich das auf die Auflage aus. Und die Auflage, das ist in dem System, wie Zeitung gemacht wird in dieser Bundesrepublik Deutschland, eben anders als beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem dualen System. Das ist eine wirtschaftliche Frage und das ist ein wirtschaftliches Problem. Deswegen: Wenn man jetzt die letzte Untersuchung etwa in „Media Perspektiven“ im Heft 9/2009 sich mal anschaut, dann sieht man, wie sich die verkauften Auflagen der Zeitungen in unserem Lande von 608.000 Exemplaren im Jahre 1991 auf nur 350.600 zurückentwickelt haben.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Oder halbiert.)

Ja, das kriegt man wirtschaftlich nur schwer in den Griff. Da können wir als Politiker auch noch so nette Worte finden, das ist ein wirtschaftliches Problem, das die Verlage lösen müssen, um zu überleben. So weit zu den gedruckten Medien.

Das gilt in nicht ganz so starkem, aber auch vorhandenem Maße für Hörfunk und Fernsehen, wenn der Markt kleiner wird. Logischerweise steht unser gebührenfinanzierter NDR dank der Einbindung in den Norden noch ganz gut da. Und wenn wir es heute rückblickend sehen, dass durch sinkende Einwohnerzahlen und Gebührenbefreiung, die wir alle wollen, natürlich Mindereinnah

men entstehen, können wir ganz froh sein, dass der NDR im Verbund der norddeutschen Länder aufgefangen wird. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass das auch anders sein könnte. Wer zum MDR und zum RBB blickt, sieht, welche Schwierigkeiten es macht, wenn man rein ostdeutsche Sender hat.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Weil die sich auch ganz schön verzockt haben.)

Mag sein, Andreas, dass auch im betriebswirtschaftlichen Bereich der eine oder andere Fehler gemacht worden ist, aber ich fühle mich, ehrlich gesagt, recht gut aufgehoben in diesem Verbund, weil ich damit rechnen kann, dass innerhalb der Familie NDR der Ausgleich möglich ist.

Private Rundfunkanbieter, lokale Fernsehmacher haben das nicht. Für die trifft in ganzer Schärfe das zu, was wir bei den Printmedien festgestellt haben. Das hat auch der Bericht, Herr Ministerpräsident, noch mal deutlich gemacht. Er zeigt auch, dass die ausschließlich onlinegestützten Medien in unserem Land bisher noch ein Schattendasein führen.

Aber, meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Solche Entwicklungen, sie kommen, was auch immer wir von diesem Platz hier dazu sagen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Die Menschen entscheiden sich dafür oder sie entscheiden sich nicht. Und wir stellen fest, bei der nachwachsenden Generation, bei unseren jungen Leuten sind sie schon sehr viel wichtiger geworden.

Der Bericht, so gut er auch sein mag oder auch ist, beschreibt einen Status quo. Es ist ein Punkt auf einer Geraden, hoffe ich, auf einer, die nicht zu sehr nach unten geht, hoffe ich weiter, aber es ist ein Punkt einer Entwicklung. Medienpolitik ist Landespolitik. Es ist unsere Sache, uns damit zu befassen. Das ist nicht von ungefähr so, denn für uns alle sind Medien der Informationszugang, den eine Demokratie dringend braucht. Wenn Sie das einem Verleger sagen, sagt der: Ist gut, kannst du sagen, aber zunächst mal muss meine Zeitung überleben.

Wir als öffentliche Hand sind nicht berufen, die Zeitung zu finanzieren. Das ist anders bei den Printmedien als bei den elektronischen. Dennoch: Wir brauchen Medien, die Informationen an unsere Bürger liefern. Wir brauchen Medien, die Journalisten haben – und da bin ich durchaus auf der Seite derjenigen, die sagen, dass es hier für Journalisten sehr viel schwieriger geworden ist, ihre Aufgaben zu erfüllen –, die einordnen können, die Sachverhalte so darstellen können, dass die Menschen sie aufnehmen und sie bewerten können. Denn nur informierte Bürgerinnen und Bürger – ich werde nicht müde, das zu wiederholen – können in einer Demokratie auch verantwortungsvoll an unserem Staatswesen teilnehmen. Über die Medien gelangen die Ideen und Meinungen in die Öffentlichkeit. Sie sind in der Demokratie das Forum der Diskussion. Und durch Medienkonkurrenz und Medienvielfalt wird auch der Diskurs erzeugt, der unerlässlich für die Meinungsbildung in unserer Demokratie ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir sehr genau sehen, was dieser Bericht uns an Informationen gibt, und dass wir darauf aufsetzen: weiter Diskussion.

Wir sollten uns, und das ist die andere Seite der Medaille, tunlichst vor der Versuchung hüten, in Medien hineinregieren zu wollen. Erstens geht es nicht, Gott sei Dank.

Die Pressefreiheit ist so gesichert, wie sie gesichert sein muss.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja lachhaft.)

Und zweitens, meine Damen und Herren, das würde nur genau zum Gegenteil führen. Gerade die bitteren Erfahrungen mit Diktaturen auf deutschem Boden machen es ja ganz klar: Wer daran rührt, gefährdet die Grundfesten unserer Demokratie. Wir müssen den Medien helfen, aber wir können sie auf keinen Fall beeinflussen oder sogar Inhalte hervorrufen. Und deswegen ist es für mich schlicht unvorstellbar, dass wir durch Staatszuschüsse nun auch noch öffentlich-rechtliche Zeitungen erhalten. Das, meine Damen und Herren, wird nicht gehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und wir sollten solche Modelle auch gar nicht weiterverfolgen. Wir sollten ernsthaft und genau prüfen, was wir als Landesgesetzgeber tatsächlich tun können. Wir haben uns in den Koalitionsfraktionen, Frau Schildt, darüber verständigt, dass wir das sehr intensiv tun. Die Anfänge, die wir in den letzten Wochen gemacht haben, halte ich auch für vielversprechend.

(Ute Schildt, SPD: Das kann ich nur bestätigen.)

Und, meine Damen und Herren, es gehören einige Dinge dazu, die sich auch von uns beeinflussen lassen. Ich will das an nur vier Stichworten klarmachen:

Erstens. Für mich heißt das erste Stichwort Transparenz. Ich denke, es ist wichtig und gut, wenn die Menschen wissen, wer hinter einem Medienprodukt steht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Das hast du, lieber Andreas, so gesagt und das halte ich auch so.

(Udo Pastörs, NPD: Wenn das nur so wäre, wäre es gut.)

Deshalb sollten die Eigentümer in allen Medienbereichen verpflichtet werden, sich zu erkennen zu geben.

(Michael Roolf, FDP: Auch Parteien.)

Auch Parteien, selbstredend.

(Michael Roolf, FDP: Auch Parteien.)

Und wenn man den Bericht der Landesregierung genau liest,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

braucht man gar nicht so genau zu sein, um festzustellen, dass sich hinter mancher blumigen Firma, einer GmbH, etwas verbirgt, was wir gar nicht wissen.