Protocol of the Session on September 24, 2009

Danke schön, Herr Koplin. Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat um das Wort gebeten der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die von der Fraktion DIE LINKE aufgestellten Forderungen zur Förderung eines flächendeckenden Angebotes der Freien Theater in Mecklenburg-Vorpommern – und Herr Koplin hat es selbst benannt – sind nicht neu. Der Bereich Freies Theater gehört bekanntlich bundesweit zu den, wenn man es so formulieren will, sensibelsten Fördergebieten im Kulturbereich, da er über keine dauerhaften

öffentlichen Mittel verfügt. Und dies ist im Vergleich zur etablierten Theater- und Orchesterlandschaft offensichtlich. Andererseits – und das ist hier, glaube ich, so gar nicht richtig betont worden von Ihnen, Herr Koplin – ist die Freie Theaterszene vor geraumer Zeit genau deshalb entstanden, weil sie sich als experimentelle Form und als Gegenentwurf zum traditionellen Theater auch sah.

In der heutigen Zeit verschwimmen die Grenzen mehr und mehr. Experimentelles Theater und kleine Theaterformen haben genauso ihren festen Platz in den großen Häusern gefunden. Und wenn ich es mir genau anschaue, sind alle in der Drucksache genannten Merkmale und Ziele des Freien Theaters in Mecklenburg-Vorpommern ebenso auf die Spielformen und das Anliegen aller Theater zu beziehen. Damit meine ich zum Beispiel die Rolle der Kunst und Kultur im ländlichen Raum genauso wie die der kulturellen Bildung.

Vor diesem Hintergrund befürworte ich eine stärkere Einbindung Freier Theater zur kulturellen Versorgung im ländlichen Raum sowie im Kinder- und Jugendtheaterbereich im Rahmen der derzeit laufenden Diskussion, gerade was die Umsetzung des Theater- und Orchesterkonzepts der Landesregierung betrifft. Nur hier müssen Sie natürlich sehen, wenn Sie an der einen oder anderen Stelle eine Kooperation von Schulen und Kindertagesstätten mit meinetwegen einem Theater vor Ort haben und einem Interessenverband sagen, das bleibt mir auch nicht verborgen, Sie würden aber gern in dieser Schule spielen, wer will jetzt da den Schiedsrichter machen, Sie oder ich? Das heißt also, Schulen sind Selbstständige Schulen, sie haben ein Schulprogramm, sie schließen Verträge ab, sie haben Schulkonferenzen, sie haben das festgelegt und nun finde ich das misslich, wenn man sagt, jetzt kommen wir nicht in diese Schule rein.

Etwas anderes ist es, wenn wir Angebote an Stellen haben, wo wir uns gemeinsam verstärkt bemühen müssen, dass diese Angebote stattfinden. Aber in der Realität passiert es natürlich vor Ort, dass Angebote da sind, dass sie wahrgenommen werden, dass langfristige Verträge existieren und natürlich ein gewisser, wenn wir es offen aussprechen, auch Konkurrenzkampf dann vor Ort existiert.

Mit dem Landesverband Freier Theater MecklenburgVorpommern e.V. sind wir in einem konstruktiven Dialog. Probleme werden gemeinsam erörtert. Wir bieten Unterstützung bei der Einwerbung von Drittmitteln, ein ganz, ganz wichtiges Thema. Wir haben das auch schon im Zusammenhang mit der Kulturwirtschaft hier erörtert, was an dieser Stelle geschehen muss, dass die Überschriften als solches nicht ausreichen, sondern dass hier das Wissen und ganz konkret auch die Frage der Einwerbung von Drittmitteln oder die Problemlösung in der kommunalen Zusammenarbeit über die AG bei den Kulturverwaltungen oder auch im Tourismusverband gemeinsam besprochen werden können. Eingehend werden hier die Modalitäten und Unterstützungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Projektförderung des Landes besprochen, in vielen Fällen, man kann sogar sagen, fast in jedem einzelnen Fall individuell mit der gesamten Szene. Das muss man erst mal tun.

Zur Verdeutlichung der Gesamtsituation der Förderung Freier Theater möchte ich Ihnen die Freie Theaterszene einfach nur mal beispielhaft vor Augen führen. Es gibt zahlreiche Freie Bühnen. Sie haben es genannt, Herr Koplin, Niederdeutsche Bühnen, Freilichttheater, Puppentheater, Kinder- und Kabaretts. Einige der

Theater beziehungsweise Gruppen aus diesem Bereich erhalten Mittel aus der kulturellen Projektförderung des Landes.

Andererseits, und das wirkt bei der Argumentation etwas verschwommen, weiß ich natürlich auch, wie das vor Ort diskutiert wird. Nur, wir sind hier bei einem Punkt und der heißt: Freie Theater. Zum Begriff im engeren Sinne gehören eigentlich bundesweit nur professionelle Künstler. Die Situation aber ist so, dass sie im Förderbereich Darstellende Kunst zahlreiche semiprofessionelle Theater oder Amateurtheater mit den unterschiedlichsten Profilen haben. Das macht es natürlich kulturell breit und interessant, macht es aber in der Sache nicht einfacher.

Beispielhaft für die Freien Theater in MecklenburgVorpommern können wir viele nennen. Sie haben einige genannt: Compagnie de Comédie Rostock, Schloss Bröllin, die Kulturkate in Neu Lübtheen oder aber auch die Puppentheater.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Jährlich stehen etwa 350.000 Euro für den Bereich Darstellende Kunst zur Verfügung und davon werden für Projekte Freier Theater einschließlich Tanz – auch diesen Bereich gibt es ja noch – überschlägig 265.000 Euro ausgereicht. Inhaltliche Vorgaben für die überwiegend geförderten Neuinszenierungen gibt es übrigens nicht, um auch eine Forderung der Fraktion DIE LINKE gleich aufzunehmen. Durch die Vielzahl der Förderanträge und förderwürdigen Maßnahmen gibt es für neue Projekte beziehungsweise für Träger wenig Spielraum.

Die Frage ist natürlich auch, wenn Sie sagen, nachhaltige Bestandssicherung: Was meinen Sie? Allgemein die Szene Freie Theater, meinen Sie ganz konkrete Theater? Also wenn man das so abstrakt in den Raum stellt, dann wird der Vorschlag Unterstützung und Entwicklungskonzept irgendwie löchrig. Und diese Vielzahl der Förderanträge ist insofern auch dazu da, dass wir versuchen, ganz besondere und innovative Formen zu unterstützen. Ich nenne hier das Beispiel internationale Performance- und Theaterfestival at.tension, das Sie sicherlich kennen. Das ist der Kulturkosmos e. V. in Lärz.

Mit der Landesförderung kann aber keine dauerhafte Absicherung der Existenz freier Schauspieler beziehungsweise Puppenspieler erfolgen. Auch das muss man vielleicht einfach aussprechen dürfen. Das ist nicht Aufgabe des Landes. Die Projektförderung des Landes schließt eine Förderung der Projekte durch andere Geldgeber nicht aus und wird bereits zum Teil als Komplementärfinanzierung der zum Beispiel auch an dieser Stelle erwähnten Bundesförderung eingesetzt.

Antragsfristen, auch das will ich öffentlich aussprechen, werden nicht starr behandelt vom Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, sondern eingehende Anträge werden zu jeder Zeit geprüft und eingeordnet. Innerhalb der Projekte können bereits zahlreiche oder genannte Förderzwecke einbezogen werden.

Auch projektbezogene Investitionen, laufende Kosten und Personal, Arbeitsstipendien für Freie Künstler gibt es bereits. Sicherlich kann man das alles ausweiten. Nur, diese Punkte sind bereits aufgegriffen. Und trotzdem muss ich wiederholen, dass eine volle und verlässliche Absicherung der Einkommen Freier Künstler über das Land natürlich nicht möglich ist. Hier ist es, wie schon zuvor ausgeführt, besonders wichtig, dass der zuständige Landesverband als Interessenvertretung fachliche

Beratungen unter anderem zu Fördermöglichkeiten leistet. Ich glaube, an der Stelle sollten wir übereinstimmen. Und auch hier will ich noch einmal betonen, dass der Verband seit Jahren ebenfalls mit Projektfördermitteln ausgestattet wird, die flexibel für besondere Modellprojekte und Ähnliches eingesetzt werden können.

Angeboten wurde in dem Gespräch mit dem Landesverband Freier Theater in diesem Sommer, ein Modellprojekt zur Gastspielförderung für das Jahr 2010 auf den Weg zu bringen und eine Förderung aus Landesmitteln zu beantragen. Dieser Antrag liegt allerdings noch nicht vor. Die von der Fraktion DIE LINKE geforderte Bereitstellung von 40.000 Euro als Sofortmaßnahme zur Auftrittsförderung wurde sozusagen mit dem Landesverband seit Sommer bereits thematisiert. Wir warten auf den Antrag.

Allerdings können Kulturfördermittel nur im Rahmen des zur Verfügung stehenden Haushaltsansatzes und möglicherweise unter Wegfall anderer Maßnahmen bereitgestellt werden. Ich glaube, darüber haben wir uns schon unterhalten. Die Förderung Freier Theater sowie überregionaler Kooperationen und Gastspiele gehört zum Bereich der freiwilligen Selbstverwaltung, ist Aufgabe der kreisfreien Städte und der Landkreise. Wir wissen, wie angespannt die Lage dort ist.

Andererseits kann man Prioritäten setzen. Auch das sollten wir ganz deutlich sagen. Das Land macht es und daher wird von jeher im Rahmen der Kulturförderung des Landes eine enge Zusammenarbeit auch mit den Kulturämtern vor Ort gepflegt. Diese soll durch die Vermittlung der Problematik Freier Künstler innerhalb der AG der Kulturverwaltung gezielt fortgesetzt werden.

Ich kann Ihnen sagen, ich selbst, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses sind weiterhin offen für den von uns gemeinsam verabredeten Dialog und die Erarbeitung einer gesonderten Konzeption. Sie haben ja ganz zum Schluss eine Menge Überschriften an Förderungen genannt. Ich glaube einfach, das sollten wir nicht tun. Wir sollten so weitermachen, wie wir das hier in der individuellen Beratung der Freien Träger seit Jahren praktizieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Körner. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Um es gleich vorwegzusagen, Herr Koplin: Wir werden diesen Antrag ablehnen. Ich habe bei der Lektüre dieses Antrages und bei der Beschäftigung mit der Materie, und das will ich nachdrücklich sagen, nicht den Eindruck, dass Sie sich ernsthaft mit den Fragestellungen, die im Kontext dieses Antrages durchaus aufzuwerfen sind, befasst haben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das werden Sie uns ja sicher erläutern.)

Ich werde es im Näheren ausführen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dieser Antrag folgt einem mir hinlänglich bekannten Strickmuster, was ich immer wieder bei Ihnen feststelle: Sie greifen in diesem Landtag ein kulturelles Thema auf, versuchen es in den Mittelpunkt zu stellen, und das geht dann so, dass Sie sagen, dafür brauchen wir mehr

Aufmerksamkeit und dafür brauchen wir natürlich mehr Geld.

(Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Sie sagen in der Regel nie, wie viel Geld Sie mehr brauchen, und Sie sagen in der Regel auch nie, woher dieses Geld kommen kann.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt nun aber überhaupt nicht.)

Dieses Strickmuster kann ich über die zurückliegenden Monate zurückverfolgen für den Bereich Musikschulen, für den Bereich Bibliotheken, eigentlich mehr oder weniger für alle kulturellen Bereiche.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da haben Sie aber die Anträge schlecht gelesen.)

Ständig sind diese Anträge hier im Raum präsent gewesen und ständig haben Sie mehr Geld gefordert, ohne zu sagen, wo es herkommen soll. Deshalb will ich auch nicht auf die inhaltliche Auseinandersetzung, die man hier durchaus führen könnte, im Kontext der Freien Theater eingehen, sondern ich will mich Ihrem Antrag, so, wie er vorliegt, etwas näher zuwenden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da sind aber Inhalte drin, das ist nicht zu leugnen.)

Sie schreiben in Ihrem Antrag, das Land soll ein Konzept machen, ein Konzept zu den Freien Theatern. Und da will ich schon gleich die Frage stellen: Ist es Aufgabe des Landes, ein Konzept für die Freien Theater zu machen? Das Land ist in keiner Weise Träger eines dieser Freien Theater. Meiner Einschätzung nach sind die Freien Theater weitgehend anzusiedeln in der Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise und der kreisfreien Städte.

Und wenn Sie denn schon vom Land ein Konzept für die Freien Theater fordern, dann stellt sich mir sofort die Frage: Warum fordern Sie nicht auch gleich ein Konzept für die Landesarbeitsgemeinschaft Darstellendes Spiel? Auch die gibt es. Warum fordern Sie dann nicht auch gleich ein Konzept für die Landesvereinigung Spiele und Theater? Die gibt es nämlich auch. Warum nur für die Freien Theater? Wollen Sie sich gegebenenfalls andere Tagesordnungspunkte für die nächsten Landtagssitzungen vorbehalten,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das kann durchaus passieren, Herr Dr. Körner.)

damit Sie dann sozusagen als weißer Ritter für Spiele und Theater auftauchen?

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Also warum ein Konzept für die Freien Theater und für die anderen nicht?

(Irene Müller, DIE LINKE: Wie wäre es denn mal mit einem Antrag von Ihnen?)

Im Übrigen kann man die Frage stellen: Warum erwarten Sie denn überhaupt vom Land ein Konzept? Es ist doch in der Regel so: Wenn das Land, egal zu welchem kulturellen Topos, ein Konzept vorlegt, lehnen Sie dieses Konzept ab. Gibt es ein kulturelles Konzept des Landes, was Sie akzeptieren? Ich kenne keins.

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie tun ja so, als ob Tausende vorliegen würden.)

Warum fordern Sie denn überhaupt Konzepte? Damit Sie sie hinterher wieder ablehnen können? Also das ist doch in sich überhaupt nicht stimmig. Und dann handeln Sie anders. Und hier unterscheidet sich der Antrag von dem, was Sie gesagt haben sehr deutlich. In dem Antrag ist es überhaupt nicht erkennbar, was Sie über diese 40.000 hinaus, auf die komme ich nachher noch, finanziell fordern. Sie haben hier Grundsätze zitiert, von denen überhaupt nicht deutlich wird, woher die kommen. Ich weiß und alle Eingeweihten wissen natürlich genau, woher diese Grundsätze kommen. Das haben Sie aber nicht erwähnt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Woher kommen sie denn?)

Auf jeden Fall …