Protocol of the Session on September 23, 2009

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Zu klein.)

Natürlich ist auch vorgeschlagen worden, hier ebenfalls eine Einkreisung zu empfehlen. Dennoch ist die Empfehlung richtig. Für das Jahr 2030 sind rund 90.000 Einwohner in der Landeshauptstadt prognostiziert. Damit hat die Stadt einen deutlichen Abstand zu den anderen vier Städten. In Neubrandenburg, der nächstkleineren Stadt, sollen es dann rund 61.000 Einwohner sein. Schon diese Tatsache zeigt, dass Schwerin nicht mit den anderen vier kleineren Städten verglichen werden kann.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schon gar nicht mit Greifswald.)

Hinzu kommt, egal in welchem Landkreis man Schwerin einkreisen würde, immer wäre eine Randlage die Folge.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist bei Greifswald auch so.)

Die nachteilige Lage wäre vor allem schlecht für die Kreisbevölkerung, denn man muss doch davon ausgehen, dass Schwerin dann Kreisstadt geworden wäre. Um zur Kreisverwaltung zu kommen, wären dann weite Wege nötig. Letztlich ist Schwerin aber Landeshauptstadt, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Frau Oberbürgermeisterin hat in der Anhörung zum FAG vor zwei Wochen gerade noch einmal ganz besonders betont, was sich alles aus diesem Status ergibt. Es wäre einmalig in der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Landeshauptstadt nicht kreisfrei wäre. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt gewesen, den wir hier bedacht haben.

Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite bedeutet die Einkreisungsempfehlung für die anderen vier Städte nicht, ihnen ihre Bedeutung für unser Land und auch für die Kreise abzusprechen. Im Gegenteil, sie sind im ländlich geprägten Mecklenburg-Vorpommern sehr wichtig. Neubrandenburg zum Beispiel ist die zentrale Stadt für den südöstlichen Landesteil. Die Stadt hat hohe Steuereinnahmen, die höchsten Pro-KopfEinnahmen im Land. Aber natürlich gibt es auch die für ein Zentrum typischen hohen Sozialkosten. Ich frage Sie: Wird die Bedeutung verblassen, nur weil eine Stadt nicht mehr kreisfrei ist? Ist es nicht vielmehr eine Frage

der Werbung für die Stadt, des Kultur- und Sozialangebots, der reibungslosen Verwaltungsabläufe, die sie für Familien und auch für Firmen und Unternehmen attraktiv macht? Ich bin überzeugt, das ist so, und da gibt es noch ganz viele Faktoren, die ich hier aus Zeitgründen gar nicht mehr aufzählen möchte.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch einen wichtigen Aspekt für die weitere Arbeit an der Kreisgebietsreform ansprechen. Als der Innenminister seinen Gesetzentwurf für die Kreisgebietsreform bekannt gemacht hat, sind die Kommunen und auch einige von Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dagegen Sturm gelaufen. Dem Minister wurde vorgeworfen, seine Vorschläge wären nicht auf der Grundlage des Leitbildes erarbeitet worden.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja, ja.)

Zeigt aber nicht die Empfehlung der Enquetekommission, dass dieser Vorwurf falsch ist?

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Mit Mehrheiten kann man alles tun.)

Die Kommission konnte nur Empfehlungen zum künftigen Status der kreisfreien Städte abgeben. Diese Empfehlungen decken sich aber nicht zufällig mit den Vorschlägen des Gesetzentwurfes in dieser Frage.

Ich habe Ihnen am Anfang meiner Rede einige Beispiele für die angewendeten Kriterien genannt. Diese Kriterien fußen alle auf unserem Leitbild. Wenn das aber so ist und der Minister zu demselben Ergebnis kommt, so zeigt das doch, dass auch er auf der Grundlage des Leitbildes gearbeitet hat. Es geht um die besten Strukturen für unser Land. Und ich denke, der Ausdruck, den der Minister vorhin in seiner Rede gebraucht hat – es geht um die problemangemessenste Lösung –, ich glaube, das sollten wir uns alle noch mal wirklich zu Herzen nehmen.

(Udo Pastörs, NPD: Tolle Formulierung. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, es hat sich erwiesen, dass die Enquetekommission gute Vorarbeiten für die Beratungen zur Kreisgebietsreform geleistet hat. Das Thema Funktionalreform wird uns genauso beschäftigen. Das möchte ich hier noch mal deutlich einbringen. Ich bin überzeugt, dass wir auch bei den nun anstehenden Beratungen zur künftigen Gemeindestruktur ergebnisorientiert zusammenarbeiten werden, beziehungsweise ich wünsche es mir sehr.

Und, meine Damen und Herren, eins möchte ich auch noch unterstreichen: Die Enquetekommission konnte in dieser Art und Weise auch nicht mehr leisten. Ich denke, das ist uns allen bewusst, und deswegen sage ich das noch mal deutlich.

Ich bin aber froh, dass dieser Zwischenbericht jetzt vorliegt, dass er eine gute Grundlage sein kann. Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren jetzt in den Ausschüssen weiter vorankommt, denke ich, ist es wichtig, dass dieser Zwischenbericht dann auch mit hineingenommen werden kann und eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit birgt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Abgeordnete Holznagel.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zwischenbericht der Enquetekommission könnte auch gleichzeitig der Abschlussbericht sein, weil jetzt schon klar ist, dass sie ihren Zweck nicht erfüllen wird. Der bestand darin, die Gegner der geplanten Pseudoreform einzubinden, mit ins Boot zu holen und zu vereinnahmen, sodass man das Ganze als Konsenswerk verkaufen konnte. Daraus wird wohl nichts. Die Parteien der Großen Koalition bleiben bei ihrem Vorhaben allein und ohne Unterstützung, wobei sie zum Teil noch nicht mal ihre eigene Basis unter Kontrolle haben.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: So ist es.)

Die Greifswalder CDU hat in einer für eine bürgerliche Partei erstaunlichen Aufwallung von Mut sogar gegen den eigenen Innenminister rebelliert.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja.)

Das werden viele andere auch machen. Eine Menge Landkreise und Städte werden klagen, sodass die Sache so sicher wie das Amen in der Kirche wieder vor dem Landesverfassungsgericht landen wird.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: So ist es.)

Den Zwischenbericht selber hätte man auch schon vor Beginn der Beratungen als Prognose schreiben können und die wäre auch richtig gewesen, weil alles absolut vorhersehbar war. Selbstverständlich haben die Vertreter der kreisfreien Städte nicht darum gebettelt, doch bitte endlich eingekreist zu werden. Die waren und sind natürlich dagegen, die werden es auch weiter sein. Das war nun wirklich keine Überraschung. Die Sprecher der kommunalen Verbände – deren Interessen sind auch klar – sagen auch immer dasselbe, was sie anscheinend schon selber langweilt. Die Äußerungen werden immer weniger in der Kommission, die Sitzungen immer kürzer. Selbst die hartnäckigsten Plauderer ermüden langsam. 45 Minuten ist schon viel in letzter Zeit für eine Sitzung der Enquetekommission und selbst die gehen meistens drauf mit Diskussionen über Formalien.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Verfahrensfragen, ja.)

Es ist fast schon schade um den ganzen Aufwand. Da fährt man drei Stunden lang hin und zurück, nutzt die Straßen ab, verbraucht Benzin, belastet das Klima – und für nix, nur für ewige Wiederholungen.

(Udo Pastörs, NPD: Hauptsache, der Schein wird gewahrt.)

Interessanter als der Zwischenbericht wäre eine Pressemappe aus dem gleichen Zeitraum, weil alle wesentlichen Entscheidungen in der Sache von der Landesregierung an der Enquetekommission vorbei getroffen und zuerst der Presse mitgeteilt wurden und dann erst der so superwichtigen Enquetekommission.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja.)

Der Begriff „Enquete“ leitet sich vom lateinischen Wort für „Untersuchung“ her, verwandt mit Inquisition. Wenn die so gearbeitet hätte, dann wäre glücklicherweise keine einzige Hexe verbrannt worden, weil die zu nix gekommen wären. Das ist das einzig Positive, was man sagen kann von der Enquetekommission, dass sie kein Unheil stiftet, aber Nutzen auch nicht.

Das einzig Vernünftige waren die Anhörungen der betroffenen Kommunen, besonders der kleinen Gemeinden im Umland der kreisfreien Städte. Das hatte zum Teil Informationswert und Substanz. Die Diskussion kann man sich aber wirklich schenken, weil es ganz klar ist, dass die Landesregierung beabsichtigt, das autoritär durchzupeitschen. Und dann soll sie auch dazu stehen, anstatt als Feigenblatt diese Diskussion weiterlaufen zu lassen. Das hat keinen demokratischen Anstrich, das ist rein autoritärer Ukas, Neofeudalismus. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Heinz Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Ende dieses Tagesordnungspunktes noch einige wenige Aspekte inhaltlich und dann einen Aspekt zum Thema Verfahren hier vortragen.

Zunächst zum Inhalt: Liebe Kollegin Měšťan, Sie haben hier erklärt, dass das, was der Städte- und Gemeindetag als Stellungnahme abgegeben hat und was hier abgedruckt ist, eigentlich alles sagt. Und der letzte, der fettgedruckte Satz sei ja vernichtend für die Koalition. Dann lesen wir uns doch diesen vernichtenden Satz mal durch.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Da heißt es: „Der Städte- und Gemeindetag möchte deshalb ausdrücklich erklären, dass weder die aufgestellten Kriterien, noch die Abstimmung über dieselben eine ausreichende Grundlage für die Empfehlung zur Einkreisung der Städte Greifswald, Neubrandenburg, Stralsund und Wismar darstellen.“

(Egbert Liskow, CDU: Genauso ist es.)

In dieser Aussage des Städte- und Gemeindetages steckt in der Tat eine Wertung, die sagt, dass dieses nicht ausreichend ist. Der Städte- und Gemeindetag sagt aber keinesfalls, dass das, was hier vorgeschlagen wird, falsch ist, sondern er sagt, das, was an Argumenten vorgelegt worden ist, reicht uns nicht aus. Und dies, Kollegin Měšťan, dahin gehend umzuinterpretieren, der Städte- und Gemeindetag hätte uns hier eine schallende Ohrfeige verpasst und unsere Arbeit in Grund und Boden verdammt, das geht, glaube ich, an den Aussagen des Städte- und Gemeindetages komplett vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut.)

Und wenn der Städte- und Gemeindetag – und nun greife ich einen Aspekt des Kollegen Schnur auf – in seinen Ausführungen unter anderem die Papiere des Landesrechnungshofes angreift und sagt, diese Papiere reichen für die Begründung nicht aus, dann gibt der Städte- und Gemeindetag hier doch nur wieder, was wir in der Diskussion in der Enquetekommission eigentlich über alle Grenzen und alle Bänke hinweg gemeinsam festgestellt haben. Dieses Papier des Landesrechnungshofes ist, was die einzelnen Stellen in den untersuchten Landkreisen Rügen und Nordvorpommern und in der Stadt Stralsund angeht, ein sehr akribisch gemachtes Papier. Aber die Schlussfolgerungen, die der Landesrechnungshof hier zieht – das haben wir, glaube ich, alle festgestellt –,

sind nicht hineichend untersetzt und wir haben dieses Papier entsprechend kritisiert.

Und deswegen, Herr Schnur, natürlich gibt es da noch mehr Gutachten und noch mehr Papiere, aber es gibt auch Papiere, auf die sich die Empfehlung in besonderer Weise stützt, und Papiere, auf die sie sich eben nicht so stützt, weil diese Papiere auch methodisch nicht so waren, dass wir damit glücklich gewesen wären und sie heranziehen wollen. Insofern kann ich gut nachvollziehen, wenn der Städte- und Gemeindetag hier kritisiert: Da fehlt noch etwas! Aber der Städte- und Gemeindetag sagt nicht, die Linie ist falsch, sondern er sagt, sie muss besser begründet werden,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)