Und da will ich Ihnen das Thema Wertschöpfungskette ein Stückchen näherbringen. Die Wertschöpfungskette im Tourismus, die Tourismuswirtschaft, wenn wir uns die einmal anschauen, besteht aus fünf Säulen. Eine Säule ist der Einzelhandel, der hier auch ganz breit aufgebaut wird. Das heißt, wir können eine Wertschöpfung im Tourismus in dem entscheidenden Spektrum hier in Mecklenburg-Vorpommern nur dann schaffen, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Beherbergung, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Gastronomie, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Freizeit und Unterhaltung, beim Thema sonstige Dienstleistungen und beim Thema Einzelhandel.
Und genau da sind wir bei unserem Ansatz. Es ist zwingend notwendig, dass der Wirtschaftsminister uns berichtet, wie er die Chancengleichheit der touristischen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber Schleswig-Holstein hier in diesem Land gewährleisten will. Es ist für uns zwingend notwendig, dass der Wirtschaftsminister uns hier und auch im Ausschuss berichtet, wie es zu den Diskrepanzen in seinem eigenen Ministerium, in dem Ministerium zur Unterrichtung des Innenministeriums in der fehlenden Abstimmung und in Richtung der Kirchen, dass man da zu keinem gemeinsamen Konsens gekommen ist, kam.
Wir haben den Antrag hier heute eingebracht, wir freuen uns auf eine Diskussion und wir freuen uns darauf, dass womöglich der Wirtschaftsminister ein Stückchen zur Erhellung beiträgt. Ich hoffe, dass wir eine angenehme Diskussion haben und dass Sie am Ende unserem Antrag zustimmen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Um das Wort hat zunächst gebeten der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.
Ich glaube, das, was Sie jetzt hier angesprochen haben, kann ich Ihnen alles in Ruhe erklären, Herr Roolf. Da brauchen wir uns auch gar nicht zu ereifern. Ich finde, zunächst einmal muss man feststellen zur Frage, ob Mecklenburg-Vorpommern das Urlaubsland Nummer eins ist oder nicht – abgesehen davon, dass ich nicht sage, Nummer eins, mit der Nummer eins habe ich immer so ein Problem –: Ich sage einfach, wir sind das Urlaubsland in Deutschland.
Und von daher ist die entschieden. Die ist entschieden worden jetzt auf dem Germany-Travel-Markt, wo Sie sehen konnten, mit welcher Achtung, mit welchem, ja, wie soll ich sagen, mit welcher Anerkennung dort aus 43 Ländern uns gegenüber gesprochen wurde, was unsere Potenziale im Tourismus betrifft. Aber Sie haben völlig recht, Herr Roolf, natürlich spielt der Einzelhandel
eine große Rolle in diesem Zusammenhang. Das ist völlig unstrittig und deswegen haben wir auch dieser Frage eine große Bedeutung zugewendet.
Im Übrigen darf ich sagen, das einzige Gesetz, wo ich noch mitgeholfen habe, dass es zustande kommt – ich habe es nicht selbst eingebracht, sondern das waren die Fraktionen seinerzeit –, was den Landtag erreicht hat aus dem Wirtschaftsministerium, das war genau dieses Gesetz zur Ladenöffnung. Da müssten Sie jetzt eigentlich Beifall klatschen, denn wir haben auch mal einen Beitrag geleistet zur Entbürokratisierung, indem wir nicht ständig neue Regelungen in den Markt bringen. Das vielleicht nur dazu.
Also ich sagte, der Einzelhandel hat eine große Bedeutung, 2,4 Millionen Quadratmeter, 5.500 Unternehmen, 45.000 Menschen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Insofern ist ganz klar, das war der Grund, um in 2007 die Möglichkeiten, die wir dann auch erst hatten, zu nutzen, ein Ladenöffnungsgesetz zu verabschieden. Ich erinnere noch mal daran: Der Kernpunkt dieses Gesetzes ist eine flexible Öffnung der Verkaufsstellen von Montag bis Freitag von 0 bis 24 Uhr, samstags von 0 bis 22 Uhr. Da haben wir damals ein bisschen hin und her diskutiert. Man muss sagen, Schleswig-Holstein hat da zwei Stunden mehr,
das ist inzwischen geschenkt. Ich glaube, an dieser Stelle wird das Rennen nicht entschieden. Die Möglichkeit des Erlasses einer Bäderverkaufsverordnung oder Bäderregelung ist mit Verordnungsermächtigungen gewährleistet. Das alles haben wir umgesetzt, was wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Es ist richtig, wenn man noch mal auf die Bedeutung eingeht. Man muss sagen, dadurch dass die Situation in Mecklenburg-Vorpommern so ist, dass unsere eigene Bevölkerung zurückgeht, müssen wir bedingt auch mit Nachfragerückgang zumindest erst mal rechnen. Man kann viel tun, um zu versuchen, dass dies nicht passiert. Es gibt niedrige Kaufkraft,
da gebe ich Ihnen recht. Das heißt, dass das Potenzial durch den Tourismus eine besondere Bedeutung hier in Mecklenburg-Vorpommern hat. Das ist völlig korrekt. Und aus dieser Sicht heraus, genau aus dieser Sicht heraus haben wir immer gesagt, und die Meinung vertrete ich nach wie vor, dass die Möglichkeit zur Öffnung bestehen muss und dieser Weg nicht durch den Gesetzgeber, wie es ja mal ursprünglich war, versperrt wird, am Ende Wünschen und Bedürfnissen von Kunden ein bisschen flexibel nachkommen zu können.
Im Übrigen will ich erwähnen, dass gerade diese Möglichkeit durch kleine Unternehmen sehr stark genutzt wird. Das wird ja oft bezweifelt, wenn man sagt, nein, genau die großen machen das am Ende. Die großen Unternehmen machen das auch, das stimmt, aber es gibt im Lande, da soll man sich gar nicht wundern oder das soll man sich vielleicht mal anschauen …
Nee, nee, das ist schon in vielen Orten und ich kenne ganz persönlich Beispiele dafür, wo Menschen sich Nischen gesucht haben, die tatsächlich die Möglichkeit der flexiblen Öffnungszeiten nutzen,
Meine Damen und Herren, ich muss allerdings sagen, einer vollständigen Liberalisierung, da kann man jetzt dazu stehen, wie man will, des Ladenöffnungsgesetzes sind Grenzen gesetzt. Dazu verweise ich auch auf die Präambel im Gesetz, ich zitiere: „Dieses Gesetz dient der Schaffung flexibler Rahmenbedingungen für das gewerbliche Verkaufen von Waren und damit zusammenhängend der Sicherung der sozialen Belange von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern während der zugelassenen Zeiten unter Berücksichtigung des Schutzes der Sonn- und Feiertage“.
Der Schutz der Sonn- und Feiertage ist unter anderem in Artikel 140 des Grundgesetzes, aufbauend noch auf die Weimarer Reichsverfassung, geregelt. Das haben wir auch zu beachten. Aus diesem Grund bestimmt das Ladenöffnungsgesetz, dass Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich geschlossen sein müssen. Aber wir gehen davon aus, dass wir hier einen Kompromiss herstellen wollten, und deswegen die Möglichkeit zu der Bäderregelung. Ein generelles, um das mal jetzt umzudrehen, Verkaufsverbot an Sonntagen wäre nun wirklich für ein Urlaubsland völlig schädlich. Darüber sind wir uns einig, das brauchen wir gar nicht weiter zu diskutieren.
Ich will noch mal die Größenordnung nennen, die der Einzelhandel immerhin gegenwärtig angibt. Das ist über 1 Milliarde Euro, die tatsächlich dem Tourismus zugeschrieben wird, und ich glaube, dass diese Möglichkeit auch noch weiter gesteigert werden könnte. Die Möglichkeit des Erlasses der Bäderregelung haben wir genutzt, darauf wurde hingewiesen.
Am 17. Dezember 2007 haben wir eine Bäderverkaufsverordnung erlassen, die es heute am Ende in 151 touristischen Schwerpunktorten, also Orten und Ortsteilen, 151 von übrigens 847 in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt, möglich macht, am Sonntag zu öffnen. Wir haben einen ganz schwerwiegenden Fehler gemacht, das muss ich aus jetziger Sicht sagen. Wir haben …
Wir haben einen schweren Fehler gemacht, wir haben das Einvernehmen mit dem Innenministerium einen Tag zu spät erhalten. Wie das am Ende zustande gekommen ist, ich kann es Ihnen heute auch nicht mehr sagen. Das war sicherlich ein schwerer Fehler, der dazu geführt hat, dass das Gericht uns zu Recht kritisiert hat, dass wir da etwas falsch gemacht haben. Gut, wir haben das korrigiert. Sie haben das Datum genannt. Per 29.04. gibt es die überarbeitete Bäderregelung, die die Sache geheilt hat, die im Übrigen auch noch mal, und das ist das Problem, dem wir uns jetzt ausgesetzt sehen, versucht hat, dem Kompromiss mit den Kirchen ein wenig entgegenzukommen, eine etwas zum Beispiel bei den Zeiten veränderte Regelung im Hinblick auf die Sonntagsöffnung einzuführen, nämlich 11.30 Uhr, und damit die Möglichkeit zu geben, auch den Belangen des Gottesdienstes Rechnung zu tragen. Aber gut, es sieht so aus, als ob das nicht akzeptiert wird, das bedauere ich sehr.
Im Übrigen will ich schon noch mal sagen, wie wir zu den Regelungen gekommen sind, weil Sie darüber, Herr Roolf, so ein bisschen lax hinweggegangen sind. Das haben wir uns nicht irgendwie ausgedacht, sondern es ist so, dass wir uns einen unabhängigen Beirat gegrün
det haben aus Kammern, aus Verbänden. Wir haben dort Kriterien entwickelt, die stehen übrigens, wenn Sie mal nachlesen, in der Bäderregelung. Das heißt, wir haben uns wirklich bemüht, möglichst objektiv, möglichst klar Entscheidungen zu treffen, welche sollten die 151 Städte und Gemeinden sein. Ich gebe zu, ich bleibe dabei, dass nach der Festlegung des Parlamentes im Gesetz bereits die zwei Städte mit Weltkulturerbe, also Wismar und Stralsund, auch die Möglichkeit der Bäderregelung erhalten sollten. Ich habe gesagt, dann kann man aber Rostock da nicht herausnehmen zum Beispiel, denn es wäre irgendwo ein Witz, wenn Warnemünde öffnen darf und die Kröpeliner Straße in Rostock nicht.
Und ich sage noch mal: Das bedaure ich, das darf ich für meine Person sagen, das bedaure ich wirklich. Natürlich hat die Kirche das Recht zu klagen, das ist unstrittig, wir leben im Rechtstaat, Gott sei Dank. Da beklagt sich vielleicht nur einer, der sitzt hier rechts außen. Aber das Recht haben die Kirchen natürlich. Trotzdem bedaure ich es wirklich, dass die Frage, ob man am Sonntag arbeitet, zu einem Gradmesser für Religiosität am Ende gemacht wurde. Ich wage mal, die Behauptung aufzustellen, dass die bayrischen Bauern diese Frage bestimmt ganz anders beantworten würden. Da fragt auch keiner, ob die am Sonntag ihre Kühe melken oder nicht. Dass dies im Lande Mecklenburg-Vorpommern zu so einem Problem gemacht wurde, wie ich es heute erlebe, das bedauere ich zutiefst.
Meine Damen und Herren, allerdings will ich auch sagen, dass vor dem Hintergrund der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise eine weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten der Bäderverkaufsregelung nicht praktikabel wäre. Das würde mit Sicherheit neuen, wie soll ich sagen,
Konfliktstoff mit der Verfassung am Ende mit sich bringen. Bezüglich der Bedenken aus Schleswig-Holstein, ich hatte es ja schon erwähnt, denke ich, selbst wenn die Schleswig-Holsteiner da mit den zwei Stunden davor liegen, haben sie zum Beispiel nicht diese Bäderregelung im Hinblick auf die kreisfreien Städte. Ich glaube nicht, dass wir da Probleme haben. Das zeigt sich übrigens auch bei der touristischen Entwicklung.
Ja, aber das ist ja auch so eine Geschichte. Wir haben bei den Städten, außerhalb der kreisfreien, die Möglichkeit, ich kann es gar nicht genau sagen jetzt, alle Sonntage
bis auf die Adventssonntage, das sind manchmal 44, manchmal auch einer mehr oder weniger, das kann ich jetzt nicht genau sagen. Wir haben die Regelung bei den kreisfreien Städten von 15 Sonntagen, die wird im Regelfall gar nicht ausgeschöpft.
Es soll so sein, dass man nicht erst fragen muss, ob man öffnen will, sondern dies schlichtweg tun kann.
Insofern glaube ich, dass wir da den Dingen Rechnung getragen haben. Das ist alles nicht das Problem.