Protocol of the Session on January 28, 2009

Da haben Sie, ich darf einmal zitieren, folgenden Satz rausgehauen: „Wir können uns jetzt mit dem Wechsel in dem Ministerpräsidentenamt ganz klar emanzipieren.“ Emanzipieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh!)

„Und wir müssen das deutlich machen, dass wir auf einer fachlich guten Grundlage politisch zuspitzen und die Regierung faktisch vor uns hertreiben.“

(Helmut Holter, DIE LINKE: Natürliche Aufgabe der Opposition.)

„Und das ist die Herausforderung, die Erwin Sellering tatsächlich mit sich gebracht hat.“

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Recht hat Herr Holter.)

Also, Herr Holter, Emanzipation bedeutet Befreiung von einem Zustand der Abhängigkeit.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und FDP)

Sie gestehen hier freimütig ein, dass Sie bis zum Wechsel im Amt von unserem ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Ringstorff abhängig waren. Das ist schon eine beeindruckende Leistung unseres ehemaligen Ministerpräsidenten, die ganze Linke von sich abhängig gemacht zu haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Babara Borchardt, DIE LINKE)

Welch ein Armutszeugnis aber, Herr Holter, so eine Aussage in einem Interview zu treffen.

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Irgendwie scheinen Sie Ihre Rolle als Opposition während der letzten zweieinhalb Jahre völlig falsch verstanden zu haben.

(Michael Roolf, FDP: Gar nicht.)

Aber dennoch: Herzlichen Glückwunsch zur Emanzipation! Eigentlich hätte die Aktuelle Stunde „100 Tage politische Freiheit für die Linksfraktion“ heißen müssen.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Allerdings, das mit dem Vor-uns-Hertreiben hat wohl noch nicht so richtig geklappt,

(Irene Müller, DIE LINKE: Oh ja, perfekt klappt das!)

schon gar nicht mit dem Thema dieser Aktuellen Stunde. Vielleicht üben Sie noch ein wenig, Herr Holter,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ihre Pirouetten sind richtig hübsch. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

und versuchen es bei „200 Tage Erwin Sellering“ noch einmal.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Liebe Damen und Herren, für die ersten 100 Tage kann man dem Ministerpräsidenten und seiner Regierungsmannschaft eine durchaus positive Bilanz bescheinigen und ich kann Ihnen versichern, das wird auch in Zukunft so weitergehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Irene Müller, DIE LINKE: So sieht die Emanzipation der SPD aus.)

Vielen Dank, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDPFraktion Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „100 Tage Regierung Erwin Sellering“ könnte auch heißen „3.000 Tage Erwin Sellering“. Nach sechs Jahren als Justizminister, gleich 2.200 Tage, unter einer, wie wir Liberalen finden, sehr tragischen Zeit in Mecklenburg-Vorpommern einer rotroten Koalition,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Angelika Peters, SPD: Es geht hier nicht um die Person, es geht um den MP. – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

die eine Richtung zwar vorgegeben hat in ihrer Politik, aber leider eine falsche Richtung vorgegeben hat in der Politik, sind Sie 2006 dann ins Sozialministerium gewechselt und haben dort für 700 Tage,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

bevor Sie Ministerpräsident geworden sind, Herr Sellering, das eine oder andere an Altlasten hinterlassen, was Ihre Nachfolgerin, die werte Frau Kollegin Schwesig, dann aufarbeiten musste,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Der kratzt aber.)

Altlasten im Bereich des Blindengeldes, an die wir hier jetzt noch mal deutlich erinnern wollen. Es war Ihr Vorschlag, das Blindengeld in einer Art und Weise zu kürzen, die völlig unsozial und völlig unangemessen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Es war Ihr fehlendes Engagement als Sozialminister, das eine Reform des KiföG hätte möglich machen müssen, schon viel früher hätte möglich machen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Mit Gutachten und mit Umfragen haben wir so unser Problem. Wir waren schon alle erstaunt, als Sie kaum aus dem Amt des Sozialministers draußen waren und ein Gutachten im Sozialministerium zum Thema Lubmin auftauchte.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Auch das ist, denke ich, eine Altlast aus dem Sozialministerium, die mit Sicherheit nicht so positiv für Ihre Nachfolgerin gewirkt hat.

Und jetzt haben wir 100 Tage Ministerpräsident Erwin Sellering, 100 Tage in einer mit Sicherheit schwierigen Zeit. Aber es ist, denke ich, Herr Sellering, völlig unangemessen und viel zu kurz gesprungen, diese Zeit jetzt einfach an der Finanzkrise festzumachen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Von einem Ministerpräsidenten erwarten wir, wie alle Bürger des Landes, Führungsstärke, Durchsetzungsvermögen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das haben Sie doch alles.)

und Loyalität in seinem Kabinett.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und genau das vermissen wir Liberalen sehr klar und sehr deutlich, Führungsstärke bei den Dingen, die umzusetzen sind. Führungsstärke heißt für uns nicht, wenn Ihr Wirtschaftsminister einen Konjunkturrat anspricht und einlädt, dass Sie zwei Tage später da draufspringen und sagen: Ich kann noch einen besser, ich mache das Bündnis für Arbeit. Das ist keine Führungsstärke, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Führungsstärke heißt für uns auch nicht, dass Sie bei dem Thema Lubmin

(Reinhard Dankert, SPD: Warum sind Sie denn da hingelaufen?)

rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln wieder eine andere Meinung haben. Führungsstärke heißt, so, wie Sie es heute gesagt haben, zu einem sehr frühen Zeitpunkt Ja zu einem rechtsstaatlichen Verfahren und Nein zu parteipolitischem Gezänk zu sagen.