Protocol of the Session on December 17, 2008

(Vincent Kokert, CDU: Genauso ist es. Sehr richtig.)

eine flächendeckende, für das Bundesgebiet im Ganzen bedrohende Gefahr von einem einzelnen Kriminalamt, zum Beispiel in Rampe, abzuwehren.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Völlig ausgeschlossen, dass das funktioniert, und deswegen stimmt Ihr Punkt 1 nicht.

Und dieses, meine Damen und Herren, hat in der Föderalismuskommission I dazu geführt,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass der Verfassungsgeber des Bundes das Grundgesetz geändert hat und dem Bundeskriminalamt eine Aufgabe zugewiesen hat.

Und damit komme ich auch zu dem Punkt 2, Herr Ritter, der auch nicht stimmt, denn nicht durch das vom Bundestag beschlossene Gesetz, sondern durch das Grundgesetz in Artikel 73 hat das Bundeskriminalamt eine Aufgabe zu erfüllen, für die es allerdings noch nicht die Instrumente hat.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist genau der Punkt.)

Darüber müssen wir reden. Darüber müssen wir reden, aber wir dürfen es nicht verwechseln.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Darüber hat Herr Ritter auch geredet.)

Wir können nicht dem Beamten des Bundeskriminalamtes dauerhaft die Verantwortung für die Gefahrenabwehr Terrorismus übertragen und ihm dann aber nicht das geben, was er braucht, um diese Aufgabe zu erledigen. Deswegen haben wir, und zwar auch in den Ländern, die Pflicht, an dieser Stelle das Grundgesetz zu erfüllen. Und demzufolge sage ich, dass auch Ihr zweiter Punkt in Ihrem Antrag an der Sache vorbeigeht und in Ihrem Änderungsantrag übrigens aus meiner Sicht glücklicherweise auch, weil sich inzwischen der Vermittlungsausschuss mit heutigem Datum geeinigt hat.

(Vincent Kokert, CDU: Genau. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Darauf hat Herr Minister Caffier hingewiesen.

Aber ich will gern noch ein paar weitere Ausführungen machen, die auch von Herrn Caffier schon angesprochen worden sind. Das Bundeskriminalamt bekommt Eingriffsbefugnisse für die Terrorismusabwehr, die im Übrigen Polizeigesetze der Länder bereits für die Landespolizeien enthalten, zum Beispiel Wohnraumüberwachung, zum Beispiel auch Telekommunikationsüberwachung oder Rasterfahndung und vieles mehr. Das alles ist nicht neu.

Neu ist allerdings, dass jetzt auch das Bundeskriminalamt erstmalig in Deutschland eine Zuständigkeit – und zwar immer nur dann, wenn mindere Eingriffsbefugnisse nicht greifen können – im Bereich der Onlinedurchsu

chung erhalten soll. Ich bin der Ansicht, dass die Diskussion über die Frage, ob überhaupt eine Eingriffsbefugnis bei einer Behörde im Onlinebereich liegen sollte, sehr lange geführt worden ist. Schon seit vielen, vielen Jahren ist hier das Internet das Medium schlechthin, in dem alle sich bewegen, und zwar meine ich mit „alle“ auch die unbescholtenen Bürger. Hier geht es ja nur um diejenigen, die über dieses Medium terroristische Angriffe planen. Warum soll nicht in diesem Fall, wo dieses Medium sozusagen zum Alltagsmedium geworden ist, auch eine Behörde, wie bei der Telekommunikationsüberwachung oder bei der Wohnraumüberwachung, in engen Grenzen ihre Informationen beschaffen, die sie nur hier beschaffen kann und anderswo nicht, Herr Ritter? Das ist die entscheidende Frage. Und Sie sehen ja auch daran, dass der Vermittlungsausschuss noch einmal, zum wiederholten Mal an dieser Stelle getagt und beraten hat und dazu gekommen ist, dass im Bereich von Eilverfahren nun auch ein Richtervorbehalt gelten soll, dass sehr vorsichtig und abgewogen Onlinedurchsuchungen möglich gemacht werden sollen.

Wir können nicht als Politiker, die für die Sicherheit der Menschen Verantwortung tragen, ebenso auch für die Freiheit, aber eben auch für die Sicherheit der Menschen Verantwortung tragen, endlos lange darüber diskutieren, ob im Internet Informationen beschafft werden sollen, um Gefahren abzuwehren, während unter der Hand diese Planungen ständig weiterlaufen. Das ist eine große Gefahr im Sinne dieser Verzögerung, die dadurch eintritt, Herr Ritter. Und deswegen, meine ich, sollten wir im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern der jetzigen Fassung, die im Vermittlungsausschuss gefunden wurde für die Änderung des BKA-Gesetzes, nicht widersprechen.

(Vincent Kokert, CDU: Richtig. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und die kennen Sie schon?)

Meine Damen und Herren, wir als Sozialdemokraten empfehlen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen und den neuen Kompromiss des Vermittlungsausschusses im Bundesrat dann anzunehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Timm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss hier überhaupt keinen Hehl daraus machen, wie die Liberalen sich zu diesem Antrag stellen werden, wenn Sie sich auch bitte die Bundeslinie und die Linie der Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag anschauen.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist bei euch nicht immer ganz so einfach wie bei uns.)

Ich will darum auch keinen langen Spannungsbogen aufbauen, denn die Meinung unserer FDP-Fraktion, unserer Liberalen ist auch ganz klar: Wir sind und waren gegen das BKA-Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Der Gesetzentwurf überträgt dem Bundeskriminalamt erstmals die Befugnisse zur Abwehr von Gefahren, beschränkt auf den Bereich des internationalen Terrorismus. Bisher ist das BKA Koordinierungs- beziehungsweise Informationsstelle oder wird im Auftrag des Generalbundesanwaltes im Rahmen der Strafverfolgung tätig. Im Rahmen der Aufgabenübertragung erhält das BKA die Befugnisse für vielfältige heimliche Ermittlungsmaßnahmen. Ich will hier nur einige Beispiele nennen: die Wohnraumüberwachung durch Lausch- und Spähangriffe, die Onlinedurchsuchung, die Telekommunikationsüberwachung, den Einsatz von verdeckten Ermittlern und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Daneben werden zahlreiche weitere Befugnisse wie der Platzverweis, die Rasterfahndung, das Befragungsrecht, der Gewahrsam und die Durchsuchung von Personen, Sachen und Wohnungen übertragen.

Dass sich der Vermittlungsausschuss des Bundesrates mit diesem Gesetz beschäftigen musste, ist vor allem, und das will ich auch deutlich machen, dem klaren und dem deutlichen Nein der Liberalen aus den Bundesländern zu verdanken, in welchen die FDP Regierungsverantwortung trägt.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Ich hatte bisher das Gefühl – nach dem, was hier der Kollege Timm vorgetragen hat –, dass auch die SPDLänder insofern mit dazu beigetragen haben, dass sie sich zumindest bisher ebenfalls enthalten haben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor drei Wochen war das noch so.)

weil sie eben keinen blinden Regierungsgehorsam geübt haben, sondern sich ernsthaft mit der mehr als berechtigten FDP-Kritik auseinandergesetzt hatten.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Die von der FDP erzwungene Neuberatung ist leider kein Grund zum Feiern, denn das Vermittlungsergebnis des Bundesrates macht aus einem sehr schlechten Gesetz jetzt nur ein schlechtes Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Wesentliche verfassungsrechtliche Bedenken sind erst gar nicht beraten worden. Und was geändert wurde, räumt unsere Bedenken und unsere Kritik höchstens in ganz kleinen Ansätzen aus. Die Zeugnisverweigerungsrechte von Berufsgeheimnisträgern, wie den Journalisten, den Ärzten und den Rechtsanwälten, sollen weiterhin auf verfassungsmäßig höchst fragwürdige Weise eingeschränkt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Damit werden Grundsätze unseres Rechtsstaates infrage gestellt, denn Pressefreiheit, meine Damen und Herren, Menschenwürde und das Recht auf ein faires Verfahren werden auch durch die Zeugnisverweigerungsrechte der Berufsgeheimnisträger geschützt. Bei heimlichen Onlinedurchsuchungen sind nur marginale Änderungen erfolgt.

Geradezu lächerlich sind dabei die Regelungen zum Kernbereichsschutz. Verboten ist die Erhebung von Dateien lediglich dann, wenn allein Daten aus dem Kernbereich erhoben würden. Angesichts der Vielzahl von Dateien, die auf einer Festplatte zu finden sind, wird das nie der Fall sein,

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

damit die Regelung völlig ins Leere läuft. Die Unterstellung der Prüfung der Kernbereichsrelevanz der bereits erhobenen Daten unter die Sachleitung des Gerichts entspricht auch weiterhin nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichts, das ein Verfahren gefordert hat, das objektiv zum Schutze der Grundrechte der Betroffenen geeignet ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Ebenso ohne Verbesserungen ist eine Änderung der Aufgabenübertragungsnorm geblieben. Denn das BKA erhält quasi ein Selbsteintrittsrecht in eine Vielzahl unbestimmter Fälle.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Und an einen Reim werden wir uns jetzt sicherlich gewöhnen müssen, getreu dem Motto: „Der Weg ist frei für ein deutsches FBI.“

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Gleichwohl sollen die Länderpolizeien – zumindest ist das die derzeitige Formulierung – weiterhin parallel zum BKA tätig werden. Also das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Hier sind eine unnötige Doppelarbeit und ein Verschleiß von personellen und sachlichen Ressourcen zu befürchten und schon prophezeit. Dringend geklärt werden müsste auch, wer die Verantwortung trägt, wenn es zu Ermittlungspannen kommt. Auch dazu ist keine klare Aussage getroffen.