Unsere Antwort auf rechtsextremistischen Populismus muss über die dringend erforderliche harte Repression hinausgehen und auch die Aufklärung über die wahren Ziele des Rechtsextremismus reicht nicht aus. Wir müssen zeigen, wie man Politik tolerant und weltoffen gestaltet und wie man über verschiedene Lösungsansätze streitet, ohne sich zu verletzen oder den anderen herabzuwürdigen.
Und auch deshalb brauchen wir eine offene Sachdebatte, für die konstruktive Kritik unerlässlich ist.
Meine Damen und Herren, zurzeit befindet sich eine Entscheidung der Landesregierung im parlamentarischen Verfahren, die schmerzliche Ausgabenkürzungen vorsieht, die Kürzung des Landesblindengeldes.
Aber ich denke, diese schwierige Entscheidung wird ein gutes Beispiel für eine konstruktive Arbeit der Koalitionsfraktionen sein.
(Raimund Borrmann, NPD: Ja, ja. Das ist ja fast zynisch. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Wir werden im Sozialausschuss intensiv daran arbeiten und nach ausgiebigen Anhörungen und Abwägungen eine vernünftige Lösung für die Betroffenen selbst, aber ebenso für den Landeshaushalt finden.
Meine Damen und Herren, ich will den Beratungen im Sozialausschuss und der Zweiten Lesung hier im Plenum nicht vorgreifen, aber lassen Sie mich ein wenig spekulieren. Wenn wir als Koalition das gemeinsam schaffen, trotz Kürzung dennoch weiterhin das höchste Blindengeld in Ostdeutschland zu zahlen, dann wäre das ein klares sozialpolitisches Bekenntnis.
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Es ist eine Kürzung und es bleibt eine Kürzung. – Irene Müller, DIE LINKE: Es ist mehr eine Mogelpackung.)
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ohne Not. – Michael Andrejewski, NPD: Ich denke, wir stehen so gut da.)
und gewährt einen überdurchschnittlich hohen Nachteilsausgleich, um den Benachteiligten eine adäquate Teilhabe am Leben zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, Ministerpräsident Sellering hat uns ausführlich dargelegt, wo er die Schwerpunkte der Regierungspolitik der nächsten Jahre setzen will. Es geht um mehr Chancengleichheit in einem kinder- und familienfreundlichen Land und das bedeutet einen deutlichen Akzent auf die Bildungspolitik. Dazu gehören für mich zwingend eine erneute Qualitätsoffensive für die Kindertagesstätten und eine weitere Schwerpunktsetzung in der Sozialräumlichkeit, nämlich der chancenfördernden Gestaltung aller Lebensräume.
Es geht um ein selbstständiges, wirtschaftlich starkes und unabhängiges Mecklenburg-Vorpommern und dafür brauchen wir eine bessere Wirtschaftspolitik. Unsere Finanzpolitik der Haushaltskonsolidierung und auch die Absicherung des Bankensystems dienen einem starken Staat, der den Schwachen helfen kann und aktive Politik für eine Zukunftssicherung unserer Gesellschaft betreibt. Auch darin stimmen wir mit unserem Ministerpräsidenten überein.
Wir müssen die Jugendlichen neugierig machen auf ein Studium und wir müssen eine finanzielle Absicherung während dieses Studiums auch gewährleisten. Mit uns wird es für ein Erststudium in Mecklenburg-Vorpommern auch weiterhin keine Studiengebühren geben. Die abschreckende Wirkung von Studiengebühren, gerade gegenüber Frauen und Abiturienten aus bildungsfernen Elternhäusern, ist sogar durch eine Studie belegt, die unverständlicherweise von der zuständigen Bundesministerin unter Verschluss gehalten wird. Solche Studien, meine Damen und Herren, gehören auf den Tisch.
Wir wollen aber Studierwillige nicht abschrecken, sondern wir wollen mehr Jugendliche an die Hochschulen locken.
Meine Damen und Herren, wir sind gegen eine Einführung von Studiengebühren, aber Verwaltungsgebühren zahlen alle Bürger und selbst Studierende haben bereits
in der Vergangenheit für verschiedene Leistungen konkret zugeordnete kostendeckende Gebühren an ihre Hochschulen zahlen müssen. Der gegenwärtige Streit um pauschale Verwaltungsgebühren geht am eigentlichen Problem weit vorbei.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So, so. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist richtig. – Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)
Meine Damen und Herren, ich denke, das politische Klima zwischen den einzelnen demokratischen Fraktionen ist bei allen gegensätzlichen Auffassungen eigentlich sehr gut. Aber im nächsten Jahr stehen Wahlen an, nicht nur bei den Kommunen, sondern auch im Bund und für das Europäische Parlament. Dabei wird es eine Konkurrenz um die Wählerstimmen geben. An dem Werben für die jeweilige Partei werden auch viele von uns, aus unseren Reihen beteiligt. Wir sollten bei den bevorstehenden Auseinandersetzungen jedoch daran denken, dass die demokratischen Fraktionen im Landtag eine gemeinsame Aufgabe haben. Wir haben das Mandat der Wählerinnen und Wähler bekommen, weil man von uns ernsthafte Anstrengungen zur Bewältigung der Probleme erwartet. Wir enttäuschen unsere Wählerinnen und Wähler, wenn wir uns hier stattdessen mit Wahlkampfpolemik aufhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns in den wichtigen Zukunftsfragen unseres Landes weiterhin zwischen allen demokratischen Fraktionen konstruktiv zusammenarbeiten, wir Sozialdemokraten sind dazu bereit. Die Fraktion der SPD wird den Ministerpräsidenten bei der Umsetzung seiner Ziele mit allen Kräften unterstützen, nicht nur, weil wir derselben Partei angehören, sondern weil er für eine Politik steht, die unser Land weiterbringt. Die Regierung unter Führung von Erwin Sellering steht für ein soziales und sicheres, für ein selbstbewusstes, weltoffenes und zukunftsfähiges Mecklenburg-Vorpommern. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
Sehr geehrter Ministerpräsident Sellering, Ihre Regierungserklärung hier heute wirkt auf uns Liberale kraftlos und ideenlos, kraftlos, weil Sie, Herr Ministerpräsident, hier nichts anderes machen, als im Fahrwasser Ihres Vorgängers mitzuschwimmen oder, wie es gerade der Vorsitzende der SPD-Fraktion gesagt hat, sich an die persönlichen Erfolge Ihres Vorgängers anzuhängen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das habe ich nicht gesagt. Sie sollten mir nicht Worte in den Mund legen, die ich nicht gesagt habe.)
Was aber ist Ihr eigenes Profil und was sind Ihre eigenen Ansätze? Schauen wir uns einfach einige Bereiche an und beginnen wir doch mal beim Thema Bildung.
Im Bereich Bildung ist das Land geprägt von einer niederschmetternden Bilanz, die uns sowohl durch die Bildungskommission, aber auch durch das alljährliche Bildungsmonitoring bestätigt worden ist. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste Studierendenberechtigungsquote, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste Fachhochschulquote, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste Quote an männlichen Studienberechtigten aller Bundesländer.
Was die Tatsache noch dramatischer erscheinen lässt, ist, dass Mecklenburg-Vorpommern auf seinem letzten Platz die geringste Dynamik in der Bildungsentwicklung aufzeigt. Dieses zu verändern, dafür sind Sie offensichtlich zu kraftlos, Herr Ministerpräsident.
Sehr geehrter Herr Sellering, wer beim Thema Kultur und Bildung so hinterherhängt wie unser Land, wird auch keine Kraft finden, um für mehr Demokratie und Toleranz in diesem Land zu werben.
Oder nehmen wir ein weiteres Themenfeld. Woher, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, nehmen Sie und wo sehen wir Ihre Handschrift bei der Gestaltung der Gesundheits- und Sozialpolitik? Etwa daran, dass Sie als Minister das Blindengeld kürzen wollten und jetzt als Ministerpräsident die drastische Kürzung zur Diskussion stellen?
Etwa daran, dass sich das Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern nur nach den Gästen und nicht nach der eigenen Bevölkerung ausrichtet?
Etwa daran, dass die Kitas in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu anderen Bundesländern den geringsten Personalschlüssel und die geringste Finanzierung aufweisen? Etwa daran, dass die KiföG-Novellierung trotz bekannter Probleme bis 2010 auf sich warten lässt?
Im Übrigen, sehr geehrter Herr Sellering, lassen Sie mich darauf hinweisen, dass es Kindertagesstättenfördergesetz und nicht Kindertagesstättengesetz heißt.
Und dann, bei so einer Betrachtung, sprechen Sie auch noch davon, dass man uns beneidet um dieses Paradies. Ein schönes Paradies, in dem wir leben! Das gerade von Ihnen Dargestellte und Gesagte gibt uns Liberalen wenig Hoffnung für die Zukunft hier in Mecklenburg-Vorpommern.