auf die politischen Gestaltungen. Ein- und Ausgabenströme werden im Vorfeld festgelegt und dadurch die Exekutive verpflichtet, die beschlossenen politischen Maßnahmen und Prioritäten auch entlang des Haushaltsplans zu realisieren. Das Hauptziel der Kameralistik ist es also, der Haushaltshoheit des Gesetzgebers zu entsprechen.
Mit der Doppik wäre dies viel schwieriger. Eine Mittellenkungsfunktion im Sinne des Haushaltsplans der Kameralistik kann nur durch eine Budgetplanung erreicht werden, die viel ungenauer und flexibler erfolgt. Eine weitere zentrale Funktion der Doppik, nämlich die Darstellung der Vermögenssituation im Sinne einer Bilanz, ist bezogen auf die öffentlichen Hände durchaus problematisch
Meine Damen und Herren Abgeordnete, schauen Sie aus dem Fenster und versuchen Sie einmal, den Wert des Schlossparks mit seinem alten Baumbestand zu schätzen.
Wie viel mag das Reiterstandbild von Friedrich Franz II. wert sein oder die 850 Jahre alte Urkunde von Papst Hadrian IV. im Landeshauptarchiv?
Und da Sie Hamburg angesprochen haben, Herr Schnur, die Hansestadt Hamburg hat bei ihrer Bilanzerstellung etliche Probleme aufgezeigt. Die erste Bilanz ist nämlich noch mal zur Seite gelegt worden, weil es einfach nicht funktionierte.
Zu einem transparenten und durchschaubaren Haushalt trägt die Doppik nicht gerade bei. Auch der Bund lehnt im Übrigen aus diesen und weiteren Gründen die Einführung der Doppik für den Bundeshaushalt ab.
Von den Anhängern der Doppik wird der Kameralistik jedoch Ineffizienz vorgeworfen. Ein Grund dafür sei die detaillierte Planung, die damit einhergehende mangelnde Flexibilität. Entsprechend dem Grundgedanken der Kameralistik ist ihr Hauptinstrument die im Vorfeld zu erstellende Haushaltsplanung. Folge sei unter anderem die fehlende Anreizstruktur für sparsames Haushalten, da eingesparte Mittel nicht den Finanzbestand erhöhen, sondern am Ende des Haushaltsjahres verfallen. Wir kennen das. Das berühmte „Dezemberfieber“ setzt dann ein.
Diese Kritik trifft vielleicht die klassische Kameralistik, vergisst jedoch, dass die öffentliche Verwaltung schon längst auf dem Weg zu einer erweiterten Kameralistik ist. Mit der flächendeckenden Einführung der Kosten-Leistungs-Rechnung sind wir hier auf dem richtigen Weg. Ziel ist es, dass jede Verwaltungsleistung auf ihren spezifischen Ressourcenverbrauch hin überprüft werden kann. So sollen gezielt Kostenfaktoren ermittelt und durch geeignete Steuerungsmaßnahmen reduziert werden.
Der Einführung der staatlichen Doppik bedarf es hierfür allerdings nicht. Die Ergebnisse der Kosten-Leistungs-Rechnung lassen sich nämlich nicht nur in ein doppisches, sondern auch in ein kameralistisches Haushaltssystem integrieren.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, Sie werden sich nun vielleicht fragen, warum wir vor diesem Hintergrund unsere Kommunen zur Doppik verpflichtet haben.
Aber zwischen den Aufgaben der Kommunen und den Aufgaben eines Landes bestehen durchaus Unterschiede. So haben Kommunen zum Beispiel die Verantwortung für alle Bereiche der Daseinsvorsorge. Und dies ist ein Betätigungsfeld, in dem unternehmerisches Handeln durchaus gefragt ist.
Das Land ist hingegen in vielen Fällen nur Zuschussgeber, zum Beispiel an die Kommunen oder andere Bedarfsträger oder auch im Bereich der Wirtschaftsförderung und der Bildung. Übrigens, beim Bund werden etwa nur 20 bis 30 Prozent hinsichtlich der Doppik irgendwie als sinnvoll eingeschätzt, 20 bis 30 Prozent des gesamten Etats des Bundes. Ich habe es bei uns, ehrlich gesagt, noch nicht gerechnet. Ich schätze aber auch, dass es deutlich unter 50 Prozent sind.
Und soweit ein unternehmerisches Handeln in Betracht kommt, ist die Landesregierung bestrebt, diese Aufgaben aus der Verwaltung auszugliedern, wie zum Beispiel beim Betrieb für Bau und Liegenschaften oder der Landesforstanstalt geschehen. In diesen Bereichen wird dann selbstverständlich das doppische Rechnungswesen angewendet.
Wir sollten also erst einmal die Erfahrungen und Ergebnisse der sicher nicht einfach werdenden Einführung der Doppik in unseren Kommunen abwarten, bevor wir gravierende Veränderungen für den Landeshaushalt in Betracht ziehen.
Lassen Sie mich mit einem Hinweis auf die wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Doppikeinführung enden. Wollten wir auf ein doppisches System übergehen, müssten wir uns auch ein komplett neues Buchungssystem anschaffen.
Entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für Mecklenburg-Vorpommern liegen nicht vor und sind auch aus den anderen Ländern nicht bekannt. Nach unseren Kenntnissen bewegen sich solche Kosten in den Ländern, die die Doppik schon eingeführt haben oder gerade vorbereiten, im zwei- oder sogar dreistelligen Millionenbereich. Ich sehe nicht, dass dem ein adäquater Nutzen gegenübersteht, denn auch aus den Ländern, die die Doppik eingeführt haben, hört man selbstkritische Töne. So wendet sich beispielsweise das niederländische Finanzministerium von der Doppik ab, weil man im politischen Prozess mit unlesbaren Haushalten, verschwommenen Ergebnisbeschreibungen des staatlichen Handelns und verlorenen Informationen zu kämpfen hatte.
Vergessen wir nicht, Mecklenburg-Vorpommern gehört zu den wenigen Ländern, die einen ausgeglichenen Haushalt haben und Schulden tilgen. Ganz schlecht können wir also nicht gewirtschaftet haben ohne kaufmännisches Rechnungswesen. Ein finanzpolitisches Umdenken, wie es die FDP-Fraktion fordert, halte ich für nicht notwendig, denn wir wollen nicht umdenken, wir wollen nämlich keine neuen Schulden machen. Wir wollen unser System, ohne neue Schulden auszukommen, weiter fortführen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Toralf Schnur, FDP: Keiner von uns hat gesagt, Sie sollen Schulden machen.)
Sie sagen, wir sollen unser finanzpolitisches System umstellen. Dann kann ich nur fragen: In welche Richtung?
Also, meine Damen und Herren, wer die Kameralistik so schlechtmacht, wie es in der Rede und auch in der Begründung der FDP zum Ausdruck gekommen ist, da habe ich eigentlich nur eine Begründung dafür: Sie haben die Kameralistik noch nicht richtig verstanden. –
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht wundern, dass Finanzerinnen erstens bei diesem Thema emotional werden
und zweitens – die jedenfalls, die lange Jahre mit der Kameralistik und mit der Doppik gearbeitet haben, und ich habe mal Studentinnen und Studenten in beidem ausbilden dürfen, vor der Wende in der doppelten Buchführung und nach der Wende auch in der Kameralistik –, dass wir hier uns ziemlich einig sind mit der Frau Finanzministerin in der Darlegung der Systematik.
Ich will vielleicht nur noch hinzufügen, dass gegenwärtig aufgrund von Verfassungsrecht und gesetzlicher Grundlagen die flächendeckende Einführung der doppelten Buchführung auf Landesebene gar nicht möglich ist. Wir müssten ein paar gesetzliche Regelungen dazu ändern. Es gibt Öffnungsklauseln, es soll darüber diskutiert werden. Dann müssten wir trotzdem sagen, über einen Parallelzeitraum müssen wir die Doppik und die Kameralistik parallel fahren. Den Papieraufwand sollten wir uns wirklich ersparen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Gino Leonhard, FDP, und Toralf Schnur, FDP)
Sie haben Länder genannt. Baden-Württemberg hat sich im Übrigen auch wieder verabschiedet von den Versuchen der Einführung der Doppik im breiten Maßstab auf der Landesebene.
Ich will vielleicht noch hinzufügen, dass es sich wirklich lohnt, die Elemente und Projekte der Kosten- und Leistungsrechnung des Landes sich einmal anzuschauen. Die Projektgruppe beim Finanzministerium arbeitet hervorragend und man kann auch die Fachhochschule besuchen, weil auch mit einem Anreizsystem verbunden hier wirklich eine tolle Arbeit geleistet worden ist, die aber wirklich nur Sinn macht für bestimmte Bereiche