Protocol of the Session on July 3, 2008

Beispielhaft für die Förderung von Schülerinnen sei an dieser Stelle auch das Kompetenzzentrum „Frauen für Naturwissenschaft und Technik“ unter Federführung der Fachhochschule Stralsund genannt. Dieses vom Land initiierte Projekt wurde aus Mitteln des Bund-Länder-Fachprogramms zur Förderung der Weiterentwicklung von Hochschule und Wissenschaft sowie Realisierung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre bis 2006 gefördert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Man kann doch auch Frauen Plus geben.)

Aufbauend auf dieses Projekt bieten die Hochschulen eine intensive Beratung an den fünf Hochschulstandorten unseres Landes an und organisieren Informationsveranstaltungen, Schnupperstudien, Sommerkurse, Projektkurse, Tutorien und Technikkurse. Darüber hinaus hat die Fachhochschule Stralsund einen Frauenstudiengang in der Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen eingerichtet.

Wie Sie sehen, wird die Gender-Thematik durch die Landesregierung ernst genommen, aber ich bin mir auch bewusst, dass wir im Bildungsbereich auf diesem Gebiet noch manche Fragen in Angriff nehmen müssen. Hierbei können und müssen die vielfältigen Anregungen, die im Antrag der beiden Fraktionen gegeben werden, als Leitlinien dienen.

Lassen Sie mich noch auf zwei demografische und geschlechtsspezifische Entwicklungen hinweisen, die einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung unseres Landes haben:

Mecklenburg-Vorpommerns Bevölkerung schrumpft. Ein Grund ist die Abwanderung der besonders mobilen Altersjahre, also der 15- bis unter 25-Jährigen. Hier sind es vor allem junge qualifizierte Frauen, die dem Land den Rücken kehren. Dieses Problem kann nicht nur durch die Bildungspolitik gelöst werden.

Das gilt für ein weiteres Problem, welches auf geschlechtsspezifische Faktoren zurückzuführen ist und welches mir besondere Sorge bereitet. In MecklenburgVorpommern wie auch im gesamten Bundesgebiet gehören aufgrund ihrer Bildungsbiografie immer mehr Jungen zu den sogenannten Verlierern. So sind hier in Mecklenburg-Vorpommern zwei Drittel der Förderschüler Jungen. Ähnliches gilt für die Anzahl der Klassenwiederholer und auch unter den Schülern ohne Abschluss sind 66 Prozent männlich. Ich kann es deshalb verstehen, dass sich mehr und mehr die Stimmen häufen, die auf die Benachteiligung von Jungen in unserer Gesellschaft hinweisen und hier besondere Fördermaßnahmen reklamieren. Aber kann hier wirklich nur die Bildungspolitik Abhilfe schaffen? Es ist zu fragen, inwiefern all diesen negativen Folgen durch eine geschlechtergerechte Bildung begegnet werden kann. Das soziale Umfeld der Schüler, die Arbeitssituation ihrer Eltern, die gesamtgesellschaftliche, wirtschaftliche Situation, all das sind Faktoren, die nicht der Bildungspolitik angelastet werden können. Hier sind gemeinsame Anstrengungen aller Ressorts erforderlich.

Daher begrüße ich den vorliegenden Antrag der Fraktionen von SPD und CDU, der die Vorlage einer ressortübergreifenden Rahmenkonzeption zur Gender-Thematik verlangt. Die geschlechtsspezifische Trennung und der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt sind eine Her

ausforderung für unsere gesamte Gesellschaft. Wenn wir das Geschlecht beziehungsweise die Geschlechterrolle mit dem Begriff „Gender“ als soziale und kulturelle Konstruktion verstehen, erkennen wir an, dass hier prinzipiell Veränderungen möglich sind. Unsere Gesellschaft ist so strukturiert, dass sie die Entwicklung von Jungen und Mädchen auf unterschiedliche Weise fördert oder beeinträchtigt und einschränkt. Geschlechtergerechtigkeit bedarf einer gerechten Verteilung von Ressourcen und Chancengleichheit bei der Partizipation an gesellschaftlichen Strukturen.

Gender Mainstreaming bildet deshalb die Grundlage, gezielt geschlechterbedingte Benachteiligungen abzuschaffen, Geschlechterrollen dort, wo sie einengend wirken, aufzubrechen und die individuelle Entwicklung von Mädchen und Jungen durch Erweiterung der Handlungsspielräume zu fördern. Damit ist Gender Mainstreaming ein langfristiger strategischer Ansatz. Wir dürfen niemanden zurücklassen und wollen alle Jugendlichen mit ihren unterschiedlichen Begabungen fördern, sowohl die Mädchen wie auch die Jungen. Packen wir’s an!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Gramkow von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Koalitionsfraktionen greift ein Thema auf, das nicht neu ist und offensichtlich an Brisanz gewinnt. Allerdings, als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, war mir etwas unwohl, denn wenn man ihn liest, suggeriert er, dass in unserem Land, in den Kommunen, bei den Unternehmen, in Schule und Ausbildung, bei Förderungen und bei der Landesregierung bisher nichts passiert ist.

(Egbert Liskow, CDU: Das kann man so nicht sagen.)

Denn was anderes steht nicht in diesem Antrag. Beim Bemühen Gender Mainstreaming, also generell das Prinzip anzuwenden, achten wir bei jeder unserer Entscheidungen auf die Auswirkungen auf Frauen und Männer, Jungen und Mädchen.

(Egbert Liskow, CDU: Machen wir.)

Dieses Prinzip war seit Jahren ein roter Faden in der Politik in Mecklenburg-Vorpommern, auf allen Ebenen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Das habe ich irgendwie ein bisschen vermisst. Und wenn Frau Tegtmeier dann sagt, ich komme ja auf meinen Antrag noch, das haben wir vorausgesetzt, das kann ich nicht ganz so glauben. Das will ich an ein paar Punkten deutlich machen und ich bin Frau Ministerin Kuder dankbar, dass sie auf Mittel und Methoden hingewiesen hat, die bereits diskutiert werden. Aber sowohl Frau Tegtmeier als auch Sie, Frau Ministerin, haben die Zahlen, die uns sagen, wir sind nicht weit genug vorangekommen, doch selbst präsentiert. Wenn wir seit zehn Jahren mit unterschiedlichen Methoden, mit Projekten, mit Ansätzen in der Förderung diesem Prinzip entsprochen haben, dann dürften eigentlich die Zahlen, die wir uns heute angucken und die wir beklagen, doch eigentlich nicht so sein.

Ich kenne noch Zeiten in diesem Land, da hat der Wirtschaftsminister dieses Landes die Förderung eines Ausbildungsplatzes für Mädchen mit 6.000 DM gefördert und einen Ausbildungsplatz für Jungen mit 4.000 DM.

(Regine Lück, DIE LINKE: Genau.)

Ich kenne Projekte, die mit der Arbeitsmarktpolitik dieses Landes gefördert worden sind, und wenn man sich die Mühe macht und guckt mal unter „Gender Mainstreaming Netzwerk Mecklenburg-Vorpommern“,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

werden wir erfahren, dass das High Power Team von 2002 bis 2005 gefördert worden ist, sowie „technik4girls“, was sich um Motivation für Mädchen und Jungen ebenfalls über drei Jahre gekümmert hat, weiterhin Windows Start GmbH Parchim, „Berufe haben kein Geschlecht“ und die Fachtagung, die da bereits im Jahre 2001 stattgefunden hat, oder Kinder- und Jugendakademien. Wir haben eigentlich Instrumente gepflegt, Erfahrungen realisiert, die aber offensichtlich in der Praxis tauglichkeit nicht angekommen sind.

(Egbert Liskow, CDU: Doch, die sind angekommen.)

Und ich sage Ihnen auch, warum, meine Damen und Herren. Es waren Modellprojekte, die über bestimmte Jahre gelaufen sind. Diese haben auch eine Evaluation erfahren und dann wurde festgestellt, das war’s.

(Egbert Liskow, CDU: Nee, nee.)

Man sollte sich die Mühe machen und in die Gleichstellungskonzeption dieses Landes schauen, in das Gesetz für den Landeshaushalt, in die Gleichstellungskonzeption erste Variante, zweite Variante, in die Berichte, die auch jetzt diese Regierung geliefert hat.

(Egbert Liskow, CDU: Wir sind gut.)

Dazu will ich ein Beispiel wählen aus dem Jahre 2002, da waren wir auch schon gut. Da stand unter „Chancengleichheit von Mädchen und Jungen in der Schule“, dass das im Jahr 2000 erfolgreich abgeschlossene Projekt „Mädchen und Jungen – Berücksichtigung und Förderung ihrer besonderen Möglichkeiten in der Schule“ vielfältige Ansätze für die weitere konzeptionelle Verankerung bietet. An anderer Stelle heißt es, dass die Thematik Chancengleichheit von Mädchen und Jungen in der Schule als verbindlicher Inhalt der zweiten Phase der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung sowie der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung implementiert worden ist.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, ja, da ist ja alles eingestampft worden.)

Und wenn das jetzt alles so gewesen ist, dann hätte es zu den Ergebnissen, die wir heute gehört haben, nicht kommen dürfen. Aus dem Grunde habe ich mir dann die Mühe gemacht, doch zu versuchen, diesem Antrag noch etwas Reife zu geben.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Leider haben Sie ja den Gender-Report, wo wir gesagt haben, lasst uns die Instrumente evaluieren und mal die Zahlen und Fakten nebeneinanderlegen, in den Ausschuss verwiesen. Ich hoffe immer noch und warte darauf, dass ich Unterstützung vom Ausschussvorsitzenden bekomme, dass er ernsthaft über den Antrag debattiert im September, weil die Daten- und Faktenlage doch vielleicht sehr unterschiedlich sein könnte.

Aber wieder zu dem vorliegenden Antrag. Wenn wir ihn ernst meinen, dass wir der Landesregierung sagen, wir wollen eine Rahmenkonzeption sehen, dann müssen wir auch evaluieren. Und wenn der Landtag hier sagt, er will eine Rahmenkonzeption sehen, dann kann es doch nicht sein, Frau Tegtmeier, dass wir sagen, Regierung, mach mal, und das Parlament hält sich raus. Dann sollten wir diese Rahmenkonzeption sehen und gemeinsam beschließen. Das hat einen tollen Vorteil, dass nämlich die Gleichstellungsbeauftragte in der Landesregierung nicht wieder allein da sitzt, sondern dass wir auch sagen können, es ist die gesamte Landesregierung, und die gesamte Landesregierung hat Geld zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wenn wir das nicht hinkriegen, bleibt es ein Papiertiger …

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist beendet.

… und ich finde, das ist zu schade. – Danke, Frau Kollegin.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Schuljahr verlassen 21.920 junge Menschen die Schule. Fast 9.900 streben eine Berufsausbildung als duale Ausbildung, schulische Vollzeitausbildung oder im Rahmen einer Maßnahme der Berufsvorbereitung an. Dies streben auch die voraussichtlich 7.000 bis 9.000 Altbewerber an. Das heißt, den 22.725 Bildungsangeboten stehen maximal 17.000 bis 19.000 Bewerber gegenüber. Im Bildungsausschuss wurde am vergangenen Donnerstag ein neuer Zwischenstand zum Monitoring für die Beruflichen Schulen gegeben. Per 13. Juni 2008 lagen lediglich 12.499 Anmeldungen vor.

Jetzt wird sich schon mancher die Frage stellen, was hat das mit dem vorliegenden Antrag zu tun?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Sehr viel! Weil wir nämlich erkennen und wissen, dass es künftig mehr berufliche Bildungsangebote und Studienplätze im Land geben wird als Schulabgänger, muss gehandelt werden. Es zeigt sich schon in diesem Jahr sehr deutlich, dass wir es uns nicht leisten können, auf auch nur einen jungen Menschen zu verzichten. Deshalb will die Koalition durch eine frühzeitige und umfassende Berufsorientierung erreichen, dass unsere Jugendlichen aus der ganzen Palette von Berufs- und Studienangeboten auswählen und sich nicht auf einige wenige verengen. Genau dies ist das Ziel unseres Antrages.

Der „Focus“ hat erst vor zwei Wochen wieder herausgearbeitet: Mädchen wie Jungen wählen für Beruf und Studium aus einer sehr verengten Palette von Möglichkeiten. Und Frau Tegtmeier hat ja dezidiert dazu ausgeführt, wir, die Koalition, wollen jungen Menschen aufzeigen, dass sie die starr an Geschlechterkriterien orientierte Berufs- oder Studienwahl selbst in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihren Berufschancen einschränkt.

Sehr geehrte Damen und Herren, besonders will ich hervorheben, dass sich die Koalitionspartner für die Nutzung des Girls’Days und des Bundesprogramms „Neue Wege für Jungs“ zur Berufsorientierung starkmachen. Und ich freue mich, dass wir für 2009 eine Landesinitiative zur Förderung von Jungen und jungen Männern in sozialen Berufen und eine Kampagne zur Erhöhung des Frauenanteils in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen auf den Weg bringen.

(Egbert Liskow, CDU: Hört sich gut an.)

Den Herren von der NPD, die ja eine sehr eigentümliche Vorstellung von Gender Mainstreaming haben, will ich noch Folgendes mit auf den Weg geben. In unserem Grundgesetz Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, aber nicht gleich.)