Die demokratischen Fraktionen in diesem Hause sind sich einig, dass der Staat die Freiheit der Kunst gewährleisten und unter seinen Schutz stellen muss, auch wenn die entsprechenden Institutionen vollständig von ihm abhängig sind. Und dies unterscheidet uns von der NPD. Die NPD dagegen strebt einen Obrigkeitsstaat an, der – zunächst – die Aufführung eines Stückes empfehlen und anregen soll. Und wer mit diesem Staatsverständnis an die Kunst geht, wird natürlich nicht nur empfehlen und anregen, er wird recht bald auch nicht empfehlen oder abraten und dann verbieten oder Autoren verfolgen
und dann Bücher verbrennen. Das ist ihr Ziel. Das ist ihr Staatsverständnis. Das ist die Kette ihrer Argumentation, dass der Staat hier eingreifen soll, etwas zu empfehlen. Und das hat der Schweriner Generalintendant Johannes Kümmritz natürlich sofort durchschaut und sich dagegen verwahrt, dass die NPD, ich zitiere: „künftig in den Spielplänen der Theater herumfuhrwerken“ will.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Recht hat er.)
Kümmritz weiter, Zitat: „Ich fühle mich durch das Ansinnen der NPD an das NS-Regime erinnert. Damals waren die Theater über die Reichstheaterkammer durch das Propagandaministerium gleichgeschaltet. Nicht Theaterleute entwickelten den Spielplan, sondern Ideologen an Schreibtischen brachten in Anregung, was gesehen werden soll. So etwas darf nie wieder geschehen. Es ist entlarvend, dass das Ansinnen, dem Staatstheater eine Spielplanänderung anzuraten, gerade von der NPD kommt.“ Zitatende.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist wohl wahr. – Heike Polzin, SPD: Eben.)
Sie wollen das Fassbinder-Stück in Ihr Propagandaarsenal aufnehmen, Sie wollen Zitate aus dem Zusammenhang reißen und antisemitisch verwenden. Die Dumpfheit und Gefährlichkeit des Antisemitismus nistet in Ihren Köpfen und brütet Unheil aus. Sie ärgern sich über das Gedächtnis der Bücherverbrennung. Sie wollen mit Provokation antisemitische Reize auslösen. Doch das wird
Ihnen nicht gelingen – in diesem Haus nicht und nicht in der Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit weiß, was wir an der Jüdischen Gemeinde und ihrem Rabbi William Wolff haben.
(Michael Andrejewski, NPD: Das hätten Sie gern. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist so. – Raimund Borrmann, NPD: Wünsch dir was!)
(Zurufe aus dem Plenum: Untergehn! – Heiterkeit und lang anhaltender Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Raimund Borrmann, NPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erst einmal ist es natürlich ein Scherz, dass der Vertreter einer ehemaligen Blockpartei der DDR, die die Diktatur genauso gestützt hat wie die SED selber, uns vorwirft, dass wir einem Theater eine Empfehlung geben, was es spielen sollte. Die DDR-Theater wären glücklich gewesen, wenn sie von der SED und den Blockparteien nur Empfehlungen bekommen hätten. Da wurde nämlich knallhart befohlen, was die zu spielen hatten.
Und bedauerlicherweise hat der Theaterdirektor die DDR-Zeit vergessen zu erwähnen, als er die Unfreiheit von Theatern beklagte.
Dabei bin ich auch gerne bereit zuzugeben, dass manche von den Mitgliedern in den ehemaligen Blockparteien verfassungstreuer sind als ich.
Herr Caffier zum Beispiel ist schon zwei Verfassungen treu gewesen: der DDR-Verfassung, die gerade in der „Roten Fahne“ gefeiert wurde – 40-jähriges Jubiläum, hätten Sie mal kaufen sollen, um der alten Zeiten zu gedenken –, und jetzt ist er dieser Verfassung treu.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Hat er vielleicht auch, haben Sie bloß nicht mitgekriegt. – Zuruf von Heike Polzin, SPD)
(Dr. Armin Jäger, CDU: Wenn Sie Herrn Caffier nicht leiden können, das kann ich nachvollziehen, denn er ist ein guter Demokrat. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)
Was nun Fassbinder betrifft, so vertreten wir immer Mut vor Königsthronen. Auch wenn ich Fassbinder nicht sonderlich sympathisch finde in seinem Lebensstil, zumindest war er mutig.
Er hat sich mit der Rotlichtszene angelegt, wo Ihr Kanzleikandidat oder Kanzleikumpel, Herr Jäger, sich rumtrieb. Das hätte Fassbinder vielleicht tatsächlich …
(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh Gott, oh Gott! Haben Sie eigentlich noch ein anderes Niveau als unterhalb der Gürtellinie? Haben Sie ein Problem? Sollen wir Ihnen mal einen Freifahrtschein kaufen? – Raimund Borrmann, NPD: Das entspricht doch der Realität.)
(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie sind ein so primitiver Mensch! – Raimund Borrmann, NPD: Und was ist mit Ihnen, Herr Dr. Jäger?)
Also Lange ist ja wohl primitiver als ich. Ich habe meinen Laptop noch, er hatte ihn lange Zeit nicht.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Sie sind so primitiv! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Natürlich gibt es Spekulanten überall, das ist vollkommen klar. Es ist lächerlich, uns vorzuwerfen, wir würden behaupten, nur Juden wären Spekulanten, dann wäre die Welt einfach. Ich weiß auch, dass Israel ein vielgestaltiges Land ist. Da gibt es Antizionisten, die stellen sogar die Legitimität des Staates Israel infrage, geführt von einem Rabbi. Dort gibt es eine Friedensbewegung, die prangert die Menschenrechtsverletzungen an gegenüber den Palästinensern. Die sind mir lieber als Sie, Herr Dr. Jäger. Sie bejubeln ja alles, was Israel macht,