Protocol of the Session on June 4, 2008

(Michael Andrejewski, NPD: Nur noch per Gestik. – Volker Schlotmann, SPD: Die wollen wieder Klamauk.)

Das Wort hat jetzt der Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Tesch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Über die Bedeutung der politischen Bildung besteht unter den Demokraten in diesem Haus nicht erst seit der letzten Landtagswahl Konsens.

(Michael Andrejewski, NPD: Hier ist nur Konsens.)

Das Landesprogramm für Demokratie und Toleranz aus der letzten Legislaturperiode, und das klang schon an, wird aktuell fortgeschrieben und die Landesregierung hat sich in der Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, dass die politische Bildung einen grundlegenden Beitrag zur Sicherung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leistet. Ich will es vorab sagen: Die Auseinandersetzung mit extremistischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen, die auch in diesem Haus geführt wird, ist in dem Bemühen um eine Stärkung der politischen Bildung ein ganz, ganz wichtiges Element.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Udo Pastörs, NPD: Bravo! Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen.)

Zu dieser direkten Auseinandersetzung mit all jenen, die zentrale Grundwerte unserer Demokratie wie Pluralismus und Toleranz

(Michael Andrejewski, NPD: Die auf dem Papier steht.)

durch Totalitarismus, Abschottung und Rassismus ersetzen wollen, muss aber eine langfristige Strategie zur Stärkung der politischen Bildung und des Demokratiebewusstseins hinzukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Ich dachte, die hätten wir schon entwickelt. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und das ist im Übrigen auch der Kern der Überlegungen von Jörn Mothes.

Politische Bildung ist eine Daueraufgabe. Ein modernes Mecklenburg-Vorpommern braucht weltoffene, aktive Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihr Gemeinwesen engagieren.

(Udo Pastörs, NPD: Das erzählen Sie immer wieder, das ist doch nichts Neues.)

Politische Bildung leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Vermittlung der Werte der Demokratie.

(Udo Pastörs, NPD: Tibetanische Demokratiemühle.)

Das Wissen um die Funktionsweisen der Demokratie – und das erschreckt Sie ja, Herr Pastörs –

(Udo Pastörs, NPD: Mich erschrecken Sie nicht. Ich habe andere, die mich erschrecken.)

und unseres Verfassungsstaates, die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte

(Udo Pastörs, NPD: Es tut mir leid, aber mich erschrecken Sie nicht. Das ist ja jämmerlich.)

und mit den komplexen Problemen der globalisierten Welt sind gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden Bildung.

Politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern wird von zahlreichen Institutionen, Vereinen, Organisationen, Stiftungen, Verbänden und Einzelpersonen geleistet. Und ich finde, der Fraktionsvorsitzende der SPD Herr Volker Schlotmann hat hierzu eben einen ganz konkreten Vorschlag unterbreitet, wie man noch zu weiteren Zusammenarbeiten kommen kann.

Der staatlichen politischen Bildung und ihren Einrichtungen fällt in diesem Verbund eine besondere Rolle zu. Sie ist ein Bekenntnis des demokratischen Rechtsstaates zur Notwendigkeit der Vermittlung dessen, was ihn ausmacht. Der ehemalige Verfassungsrichter ErnstWolfgang Böckenförde hat darauf hingewiesen, Zitat: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Welche Bedeutung der politischen Bildung daher zukommt, hat der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau, wie ich finde, in präziser Weise auf den Punkt gebracht. Zitat: „Eine freiheitliche Demokratie ohne politische Bildung zerfällt, und dann werden aus Bürgern Untertanen oder gar Rechtlose.“ Das sollten wir uns auf die Fahnen schreiben, das sollte jeden Tag unser Motto sein.

(Udo Pastörs, NPD: Da sind wir fast angekommen durch Ihre Politik.)

Davor haben Sie Angst. Sie wollen gar keinen mündigen Bürger, Herr Pastörs. Das ist doch genau das Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Torsten Koplin, DIE LINKE: So ist es.)

Wir haben in den letzten Monaten deshalb einige Anstrengungen unternommen, um die staatliche politische Bildung im Land organisatorisch neu zu strukturieren und inhaltlich zu modernisieren. Sowohl die Landeszentrale für politische Bildung als auch die Behörde des Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen wurden dem Geschäftsbereich des Bildungsministeriums zugeordnet. Die Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation dieser beiden Einrichtungen und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen des Ministeriums werden intensiv genutzt und führten zu erheblichen Verbesserungen in der Abstimmung. Schon allein deshalb bewährt sich aus meiner Sicht diese Neuordnung.

Begleitet wird die Landeszentrale durch ein neu zusammengesetztes Kuratorium, dessen Mitglieder ich auf Vorschlag der Fraktionen dieses Hauses benannt habe. Das neue Kuratorium der Landeszentrale ist am 10. Januar dieses Jahres erstmals zusammengetreten. Ich bin sehr froh über die große Bandbreite an fachlicher und politischer Erfahrung, die sich in diesem Gremium versammelt. Ich bin sicher, dies wird sich auf die inhaltliche Neuformierung und Modernisierung der Landeszentrale positiv auswirken. Ich sage es ganz offen: Sichtbarster Ausdruck für die hohe fachliche Kompetenz des Kuratoriums ist für mich die Wahl des renommierten Politikwissenschaftlers Professor Hubertus Buchstein aus Greifswald zum Vorsitzenden.

Auch inhaltlich wurde in der Landeszentrale eine Neuausrichtung vorgenommen, das klang hier heute schon an. Die Konzeption, die der neue Direktor dem Kuratorium vorgelegt hat, sieht als zentrales Element die Etablierung der Landeszentrale als Serviceeinrichtung und Dienstleister für die politische Bildung vor. In allen Fragen der politischen Bildung und der Information über relevante politische Probleme will sich die Landeszentrale zum Ansprechpartner für Multiplikatoren, Träger und interessierte Bürgerinnen und Bürger machen. Von großer Bedeutung ist dabei die intensive Zusammenarbeit der Landeszentrale mit den freien Trägern der politischen Bildung und Einrichtungen wie den Regionalzentren für Demokratie und Toleranz.

Die Landeszentrale wird im Oktober dieses Jahres zum ersten Mal einen Kongress zur politischen Bildung im Land durchführen, welcher der Vernetzung der politischen Bildner untereinander und gleichzeitig dem Austausch über neue Ansätze in der politischen Bildung dienen soll. Gleichzeitig muss die politische Bildung eine stärkere Präsenz in der Fläche des Landes zeigen und sie darf sich nicht allein auf Multiplikatoren als Zielgruppen beschränken. Bei vielen Menschen gibt es einen immensen Gesprächs- und Informationsbedarf zu politischen Themen. Deshalb muss sich die politische Bildung öffnen. Sie kennen meine Devise: Hinaus zu den Leuten! Dabei müssen wir neue und vielleicht manchmal ungewöhnliche Wege gehen. Ein Instrument, um die Bürgerinnen und Bürger mit den Angeboten der politischen Bildung besser zu erreichen, ist das Projekt „Demokratie auf Achse“,

(Udo Pastörs, NPD: „Demokratie auf der Flucht“, das wäre besser.)

das mein Haus gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen jetzt gestartet hat. Der politische Bildungsbus macht vor allem in kleineren und mittleren Orten Station, vormittags an Schulen, wo Projektstunden und Lehrerfortbildung angeboten werden, und nachmittags auf Marktplätzen, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Gesprächen zur Verfügung stehen und Informationen bereithalten.

Ich kann Ihnen sagen, schon nach wenigen Tagen zeigen die vielen Anfragen von Kommunen und Schulen, dass ein solches Angebot überfällig war. Ich glaube auch, Verbesserungen dienen dazu, dieses Angebot weiter zu vervielfältigen. Während wir hier sprechen, ist der Bus zum Beispiel in Anklam, gestern war er in Gützkow, morgen macht er in Neuenkirchen bei Greifswald Station und am Freitag ist er in Wolgast. So wollen wir nach und nach alle Regionen des Landes erreichen. Ich hebe ausdrücklich

hervor, dass dieses mobile Angebot der politischen Bildung von Dauer sein soll und von Dauer sein muss. Wir wollen keine künstlichen Demokratieevents schaffen, die nach einem Tag wieder vergessen sind. Dieses Projekt ist auf Nachhaltigkeit angelegt.

(Udo Pastörs, NPD: Demokratie als Event.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Schulen haben für die politische Bildung der Jugendlichen eine große Bedeutung. Für die stärkere Verankerung der politischen und historischen Bildung an den Schulen des Landes wurden deshalb ebenfalls Weichenstellungen vorgenommen, die zum einen auf die Behandlung politischer und historischer Themen im Unterricht abzielen und zum anderen die Schule zu einem Lernort für Demokratie machen soll. Und so sind seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 in den vier staatlichen Schulämtern des Landes Lehrkräfte als Koordinatoren für Demokratieerziehung eingesetzt. Gemeinsam mit den Schulräten unterstützen sie die Schulen dabei, geplante Vorhaben und Projekte umzusetzen. Sie koordinieren deren Zusammenarbeit mit den Partnern in der Region und sorgen dafür, dass die Angebote der Partner für die Demokratieerziehung in den Schulen optimal genutzt werden können.

Die Landesinitiative „Demokratieerziehung an Schulen“ hatte ihren Auftakt mit einer zentralen Dienstberatung für die Schulleiterinnen und Schulleiter im September vergangenen Jahres. Die Landesinitiative wird von mehreren Partnern, wie der Landeszentrale, dem Bildungsministerium und den seit vielen Jahren in der politischen Bildungsarbeit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen der beiden evangelischen Landeskirchen, getragen. Nach der Entwicklung des Programms werden den Schulen ab dem kommenden Schuljahr Bausteine für die Lehrerfortbildung und für die Unterrichtsgestaltung an die Hand gegeben, die neben der Wissensvermittlung „Demokratie lernen“ die Bedeutung demokratischen Handelns, nämlich Demokratie leben, betonen.

Einen besonderen Stellenwert für die politische Bildung junger Menschen nimmt die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein. Mit den Fahrten von Schulklassen zu KZ-Gedenkstätten sowie zu Gedenkstätten und Orten für Opfer der jüngeren deutschen Geschichte wird diesem Aspekt Rechnung getragen. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Orte und den Schicksalen der Menschen, die dort gelitten haben, ist eine notwendige Ergänzung des Geschichtsunterrichts. Der Landtagsbeschluss ist inzwischen umgesetzt. 120.000 Euro stehen für die Bezuschussung solcher Klassenfahrten jährlich zur Verfügung. Eine Handreichung für die Lehrerinnen und Lehrer liegt ebenfalls vor. Begleitende Fortbildungsveranstaltungen werden folgen.

Gleichzeitig hat der Landtag mit dem Haushalt 2008/2009 die Mittel für die Gedenkstättenförderung ebenfalls erhöht. Nur durch eine vernünftig ausgestattete Förderung können die Gedenkstätten in die Lage versetzt werden, den hohen pädagogischen Ansprüchen, die mit den Klassenfahrten verbunden sind, auch nachzukommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, diese vielfältigen Anstrengungen zur Stärkung der politischen Bildung sind nur ein Baustein auf dem Weg zur Stärkung des demokratischen Bewusstseins der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Wir dürfen jetzt

nicht und niemals nachlassen in dem Bemühen um eine Stärkung und Verbesserung der politischen Bildung. Alle Demokraten sollten sich zugleich als politische Bildner verstehen. Überlassen Sie das Werben für unsere Demokratie nicht allein der politischen Bildung. Wir alle sind jeden Tag dazu aufgerufen, für Freiheit, für Demokratie und für Menschenrechte einzutreten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Udo Pastörs, NPD: Fast wie in der DDR, die Rede.)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Dr. Jäger, ich bin davon ausgegangen, dass wir heute ein sehr wichtiges Thema behandeln. Allerdings sage ich Ihnen klar und deutlich, das, was Sie vorhin in Ihrer Einführungsrede gesagt haben, war nicht das Thema, das ich erwartet hatte. Sie haben darüber gesprochen, wenn ich das kurz und knapp zusammenfassen darf, wie man politische Bildung umgehen und trotzdem Wähler gewinnen kann,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: Bravo!)

wenn Sie hier vor allem darüber gesprochen haben, wie wir zum Beispiel irgendetwas am Wahlrecht ändern.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich will das nicht weiter ausführen, denn ich möchte über politische Bildung und über die entsprechende Qualität sprechen.

(Harry Glawe, CDU: Da haben Sie die Rede aber falsch verstanden. Sie liegen ja völlig daneben heute. – Dr. Armin Jäger, CDU: Sie haben eine eingeschränkte Wahrnehmung heute.)