Ich bitte um Entschuldigung, aber es lagen mir die Wortmeldungen so vor. Sie haben ja gemerkt, ich habe selber gestutzt.
Wenn das so gewünscht ist, dann hat zunächst das Wort der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Backhaus. Herr Backhaus, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar, dass wir heute über den Klimaschutz reden. Ich will an dieser Stelle auch betonen, die Unterrichtung der Landesregierung ist ja der erste Teil im Zusammenhang mit der Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes der Landesregierung. Und der erste Teil besteht in der Unterrichtung, so, wie sie vorgelegt worden ist, nämlich die Studie „Klimaschutz und Folgen des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern“. Ich glaube, dass es ein sehr solides und auch an der Sache orientiertes Papier darstellt. Wir werden im Herbst, im Spätherbst, also zum Jahresende, die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes der Landesregierung vorlegen.
Klimaschutz geht uns alle an. Ich glaube, an dieser Stelle darf man auch noch einmal betonen, die 9. Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität, die gerade zu Ende gegangen ist, steht damit auch im direkten Zusammenhang. Mit dem Klimaschutz Mecklenburg-Vorpommern sind alle Regionen dieser Erde aufgefordert, mehr dafür zu tun. Wir sind unter dem Strich, glaube ich, das darf man festhalten, nur Gast auf dieser Erde.
In den letzten Jahren, wenn man es so will, oder insbesondere im letzten Jahr hat der Klimaschutz in der öffentlichen Darstellung und in der Bewertung eine riesige Bedeutung erlangt. Und wenn ich einmal ein Zitat hier aus dem Papier nehmen darf, dann steht dort: im langjährigen Durchschnitt ist es zu warm. Für MecklenburgVorpommern trifft auch dieses, wenn man das aktuell betrachtet, schon wieder ziemlich extrem zu. Wenn es die nächsten Tage so weitergeht, sehe ich das natürlich mit großer Sorge, denn wir haben die höchste Waldbrandstufe jetzt in einigen Landkreisen ausgerufen und erste Dürreerscheinungen innerhalb des Landes sind auch für jeden, der einen Blick für die Natur hat, deutlich zu erkennen.
Diese Aussage – im Durchschnitt ist es zu warm –, wird oft genannt, wenn es um die Auswertung der Klimaschutzparameter der letzten Jahre geht und man sich das in Ruhe anschaut. Häufig werden wissenschaftlich begründete Informationen sehr emotional bewertet. Ich appelliere insofern an uns alle, insbesondere an dieses Hohe Haus, den Klimawandel sachlich innerhalb unseres Landes zu bewerten. Dazu nenne ich zwei Fakten und deren Einschätzung: In den letzten fünf Monaten war es zu warm, circa 1 bis 4 Grad Celsius. Das ist ein klares Wetterphänomen. Die letzten zehn Jahre waren im Jahresmittel zu warm, das ist schon eine klimatische Auswertung.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Bericht werden erstmalig umfassende Informationen und Chancen, aber auch die Risiken des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Die entscheidende Aussage des Berichtes will ich an den Anfang stellen. Ja, Mecklenburg-Vorpommern ist vom Klimawandel betroffen, aber eine Anpassung an den Klimawandel ist möglich. Die Änderung des Klimas ist ein langfristiger Prozess, das wissen wir alle, auf den wir uns jetzt einstellen können und müssen. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit den möglichen Folgen des Klimawandels wird dazu führen, dass wir die Risiken und Chancen rechtzeitig und effektiv nutzen. Auf der einen Seite nutzen wir die Chancen, aber auf der andren Seite haben wir rechtzeitig vorzubeugen.
Im ersten Teil des Berichtes wird die projizierte Veränderung der klimatischen Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern aufgezeigt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen die Temperatur- und Niederschlagsentwicklung innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Die Experten gehen davon aus, dass es bis zum Ende des Jahrhunderts stetig zu einer Erwärmung kommen wird. Sie rechnen je nach Region damit, dass wir einen Anstieg der Jahrestemperatur von 1,8 bis 3 Grad Celsius haben werden. Durch den Einfluss der Ostsee werden die Temperaturen insbesondere in den Küstenregionen etwas moderater als im Binnenland ausfallen. Damit Sie sich vorstellen können, wie sich eine solche Temperaturerhöhung auswirkt, erläutere ich diese Veränderungen an zwei Parametern:
Erstens. Im Winter gibt es die sogenannten Eistage. Da bleibt die Temperatur auch tagsüber unter null Grad Celsius. In der Vergangenheit, und zwar im dreißigjährigen Mittel, war es in Mecklenburg-Vorpommern so, dass wir davon 21 Tage hatten. Diese Anzahl wird sich voraussichtlich nur noch auf fünf Tage bis zum Ende des Jahrhunderts verringern. Das heißt, 21 Tage zu 5 Tage, die wir dann als Eistage bezeichnen.
Zweitens. Im Sommer wird es deutlich wärmer. Während wir also in der Vergangenheit im Mittel 20 Tage mit Temperaturen über 25 Grad, also sogenannte Sommertage hatten, werden zum Ende des Jahrhunderts circa 49 Sommertage in Westmecklenburg erwartet.
Gleichzeitig gehen die Projektionen auf der einen Seite von deutlich niederschlagsärmeren Sommern und auf der anderen Seite von niederschlagsreicheren Wintern aus. Die Sommertrockenheit spielt insbesondere in den östlichen Landesteilen eine außerordentlich wichtige Rolle. Schon jetzt werden dort logischerweise geringere Niederschlagsmengen beobachtet. Die Niederschlagsmenge könnte sich nach den aktuellen Projektionen im Sommer regional um bis zu 50 Prozent vermindern.
Im zweiten Teil des Berichtes, meine Damen und Herren, werden dann auf Grundlage dieser Informationen Chancen und Risiken erörtert, und zwar in den Schwerpunkten Ostsee und Küste, Wasserwirtschaft, Gesundheit, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Biodiversität und Naturschutz, aber auch Energie und Verkehr.
Ich greife hier ein Beispiel heraus, an dem die Vielschichtigkeit des Themas deutlich wird: Die Veränderung der Vegetationsperiode und ihre Auswirkung kann im Rahmen der Landwirtschaft zu positiven Effektiven führen. Gleichzeitig steigt aber, es ist jetzt sehr verkürzt dargestellt, für die Allgemeinheit das Allergierisiko. Fast jeder dritte Deutsche leidet mittlerweile an einem Allergierisiko beziehungsweise an Reaktionen. Durch eine Veränderung der Vegetationsperiode kommt es sehr wahrscheinlich zu einer verlängerten Pollenflugsaison und damit zu einer verlängerten Belastung für Allergiker. Das dazu, um nur zwei verschiedene Facetten im Zusammenhang dessen, was ich hier gesagt habe, darzustellen.
Damit eine Anpassung an den Klimawandel erfolgen kann, haben die Experten für alle Untersuchungen drei Handlungsempfehlungen vorgeschlagen. Diese Empfehlungen sind mit einer zeitlichen Einstufung versehen, nämlich kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen, die wir dann zu ergreifen haben. Bei der Abschätzung der notwendigen Maßnahmen und vor allem bei der Einstufung der Dringlichkeit lege ich großen Wert auf eine sachliche Auseinandersetzung. Eine monetäre Bewertung ist im Rahmen der Untersuchungen noch nicht gemacht worden, wird aber erfolgen.
Die vorliegenden bundesweiten Informationen, das wissen Sie, bestätigen, dass Mecklenburg-Vorpommern selbstverständlich finanziell auch betroffen sein wird. Ziel sollte und muss es sein, die Felder herauszufinden, in denen schnell gehandelt werden muss, um langfristig hohe Kosten für unser Land zu vermindern oder zu verhindern. Dieses ist die Aufgabe aller Ressorts.
Bei der Bewertung der Handlungsempfehlungen, die nun von der Landesregierung vorgenommen werden sollen, spielen drei Aspekte aus meiner Sicht die wichtigste Rolle:
Im Rahmen der Kabinettsbefassung haben wir den Ressorts den Auftrag gegeben, die einzelnen Handlungsempfehlungen abzuschätzen. So können mit der Vorlage des Aktionsplans Klimaschutz aktualisierte Informationen geliefert werden. Letztlich geht es um eine Prüfung, wie die Anpassungskapazitäten unseres Landes optimiert werden können. Hierfür möchte ich Ihnen auch ein Beispiel nennen: Eine Anpassung an deutlich verkürzte Heizperioden im Winter und einen steigenden Kühlbedarf im Sommer ist sowohl durch technische als auch durch bauliche Maßnahmen notwendig und auch sinnvoll.
Die vorliegende Studie ist auch Grundlage, um erste Bewertungen für den Bereich der Raumordnung und des Tourismus vorzunehmen. Für eine qualitativ sinnvolle Auswertung der Folgen des Klimawandels ist es notwendig, alle Informationen aus den einzelnen Schwerpunktbereichen zu nutzen. Es ist jetzt auch Auffassung der Experten, diese wissenschaftliche Studie zu erarbeiten. Dementsprechend haben die Experten ihre Arbeit erst in diesem Jahr begonnen. Die Ergebnisse werden Ihnen zum Ende des Jahres zusammen mit der Übergabe der Fortschreibung des Aktionsplans Klimaschutz in Mecklenburg-Vorpommern übermittelt. Der Klimawandel wird uns selbstverständlich in allen Lebensbereichen betreffen.
Die Endlichkeit der energetischen Ressourcen verlangt von uns ohnehin ein Umdenken im Umgang mit Energie und natürlichen Ressourcen. Innovation und neue Technologien zur Ressourcenschonung sind unerlässlich. Einen Beitrag dazu leistet unter anderem selbstverständlich die von der Bundesregierung initiierte Klimaschutzprogrammatik oder auch das, was wir in den Häusern leisten. Laut der letzten Publikationen, insbesondere des IPCC, wächst weltweit die Bereitschaft, mehr für den Klimaschutz zu tun und gleichzeitig auch Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Einfluss des Klimawandels auf die internationale Sicherheit und die Weltwirtschaft sowie auf deren Verknüpfung in unserem Land war nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Trotzdem müssen wir diesen Fakt natürlich auch erkennen.
Mögliche Spannungsfelder nach dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen sind:
1. die soziale und politische Umwälzung durch den zunehmenden Wassermangel, durch Ernterückgänge oder auch Extremereignisse
insofern mit dieser Studie auf den Punkt. Es ist zwingend notwendig, in eine Allianz für den Klimaschutz einzutreten, um damit die Chancen rechtzeitig nutzen zu können und auf der anderen Seite Risiken vorzubeugen. Insofern ist das der erste Teil dessen, was der Landtag von uns erwartet hat, diese Studie vorzulegen, der zweite Teil wird dann zum Jahresende kommen. – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, können wir jetzt mit der Rednerliste beginnen. Das war aber hier bei mir auch wirklich falsch.
Erstens. Es war richtig, dass der Landtag diesen Bericht über den Klimawandel in Mecklenburg-Vorpommern im März 2007 in Auftrag gegeben hat.
Einflüsse hat dieser Bericht auf fast alle politischen Handlungsfelder bei uns im Bundesland. Der Bericht beschreibt die Veränderungen in Mecklenburg-Vorpommern, die durch den globalen Klimawandel in diesem Jahrhundert bei uns erwartet werden. Wegen der Unsicherheiten bei so einem großen Zeitraum ist es natürlich erforderlich, dass der Bericht angepasst wird, das heißt, dass er in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben wird. Das schätzt der Bericht auch selbst so ein, wenn er eingangs auf die großskaligen Risiken, wie das Abschmelzen großer Eisschilder, die thermische Ausdehnung der Ozeane und vieles mehr hinweist, die alle mehr oder weniger unberücksichtigt geblieben sind.
Es wird auch zu berücksichtigen sein, dass die wissenschaftlichen Daten, die die aktuellen Auswirkungen des Klimawandels fortlaufend beschreiben, weitaus gravierender ausfallen als die vorliegenden Prognosen. Das heißt, der Klimawandel verläuft deutlich schneller als die Annahmen, die in teilweise langwierigen wissenschaftlichen und politischen Abstimmungsverfahren getroffen werden. Das spüren die Menschen auch bei uns im Lande inzwischen hautnah. Das wissen auch die Wissenschaftler aus unserem Land, die an diesem Bericht gearbeitet haben und denen unser Dank gilt.
Ein weiterer Punkt: Der Bericht enthält eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen. Herr Minister Backhaus hat darauf hingewiesen, dass er konkrete Handlungskonzepte noch nicht enthalten kann, denn das war auch nicht seine Aufgabe.
Wir werden allerdings, besser gesagt, die Landesregierung wird allerdings, wie es Herr Minister Backhaus bereits ausgeführt hat, daran arbeiten. Insofern werden wir die Debatte, welche konkreten Schritte das Land, ich
füge hinzu, und auch die Kommunen im Land zum Klimaschutz und zum Klimawandel zu gehen haben, noch führen müssen. Auch diese politische Arbeit wird fortlaufend stattfinden. Die Klimakurve ist ja nichts anderes als die Fieberkurve unserer Erde. Sie weist auf Symptome hin, deren Ursachen in der konkreten ökologischen und ökonomischen Verantwortung des Menschen liegen. Energieerzeugung, Energienutzung, Rohstoffeinsatz, Ernährung, Gesundheit, das sind wichtige Handlungsfelder, die hinter dem Stichwort „Klimawandel“ liegen.
Ich will deshalb, weil über die monetären Auswirkungen der Handlungen ja noch zu diskutieren sein wird, an dieser Stelle noch einmal auf den Bericht von Nicolas Stern hinweisen, der im Auftrag der britischen Regierung einen Klimafolgenbericht oder einen Bericht über die Folgen des Klimawandels auf die Weltwirtschaft gegeben hat, dessen Ergebnisse im Großen und Ganzen vom DIW für die Bundesrepublik Deutschland bestätigt worden sind. Ohne aktive Klimaschutzpolitik gerät die Weltwirtschaft in absehbarer Zeit in eine katastrophale Lage. So nüchtern, aber auch so brisant ist seine Kernaussage.