Das ist eben nur schade, Herr Jäger, dass sich die Koalitionsfraktionen sehr zögerlich dazu bekennen, und wir sind gespannt, wie Ihr Diskussionsprozess fortschreitet,
natürlich fortschreitet, und welches Ergebnis von Ihnen auf den Tisch gelegt wird. Sie haben uns ja hier vollmundige Ankündigungen im März unterbreitet.
Meine Damen und Herren, um eines klarzustellen: Die bestehenden Vergabegesetze zielen natürlich nicht darauf ab, Kommunen und öffentliche Vergabestellen grundlos zu ärgern. Es geht darum, ein Mindestmaß an Fairness im Wettbewerb herzustellen. Und das ist auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes möglich und nötig. Wir registrieren auf der anderen Seite auch Bestrebungen, Landesvergabegesetze wieder abzuschaffen oder gar nicht erst zuzulassen.
Wir sagen aber in aller Deutlichkeit: Wer das will, der leistet Lohndumping und Lohndrückerei den Vorschub. Noch immer sind solche Beispiele alltäglich. Bauarbeiter müssen auf öffentlichen Baustellen für weit weniger als den vorgeschriebenen Mindestlohn arbeiten. Oder die Gebäudereiniger, die in öffentlichen Einrichtungen eingesetzt werden, diese werden oft weit unter Tarif bezahlt. Nicht selten sind die Löhne so niedrig, dass man davon nicht leben kann. Aufstocker nach Hartz IV – das Stichwort ist ja hinreichend bekannt. Es sind eben Löhne, die anständigen Betrieben die Existenzgrundlage rauben.
Vergabegesetze können darauf reagieren. Das hat die Praxis gezeigt und so kann man dem Generalunternehmen kündigen. Das Unternehmen kann auf einen Index gesetzt werden und eine Vertragsstrafe kann verhängt werden. Dies ist nicht oder nur eingeschränkt möglich, solange Vergabegesetze nicht existieren. Einzig die örtlichen Tarifvereinbarungen stehen dem geltenden Europarecht entgegen. Und die lassen sich durch allgemein verbindliche Mindestlöhne, wie sie für das Bauhauptgewerbe im Entsendegesetz geregelt sind, ersetzen.
Im Übrigen bleibt es rechtlich möglich, dass die öffentliche Hand den Verstoß gegen die Zahlung von Mindestlöhnen bestrafen kann und dass sie die Generalunternehmen in die Pfl icht nimmt, wenn Subunternehmen die Vertragsbestimmungen unterlaufen. Wie wir wissen, leiden viele Branchen unter zum Teil erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Deshalb gibt es zu Recht eine große Akzeptanz in der Bevölkerung und auch Erwartungen an die Politik, man sehe nur die Umfragen, sich auf Mindestlöhne zu einigen. Sie werden auch mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes quasi als europäischer Standard vorausgesetzt. Das heißt, gesetzliche Mindestlöhne bilden eine wesentliche Basis, damit Länder bei der Auftragsvergabe Unternehmen zur vernünftigen Bezahlung ihrer Mitarbeiter überhaupt anhalten können.
Meine Damen und Herren, wir erwarten, wie ich schon ausführte, dass der von den Koalitionsfraktionen angekündigte Gesetzentwurf jetzt schnell das Licht der Welt erblickt und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes dabei selbstverständlich berücksichtigt wird. Solange dies nicht der Fall ist, halten wir unseren Antrag für wichtig. Und wir sehen nach wie vor die
Gefahr, dass sie entweder sich nicht einigen können oder einer von ihnen umfällt und dieses Gesetz nicht kommt. Deswegen bitten wir Sie alle um Ihre Zustimmung, damit Mecklenburg-Vorpommern sein Vergabegesetz endlich bekommt. – Danke schön.
Das Wort zur Begründung des Antrages auf Drucksache 5/1394 hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Fraktion der FDP Herr Roolf.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke mal, es ist sehr positiv, dass wir zwei so konträr stehende Anträge wirklich jetzt einmal gemeinsam diskutieren. Für uns Liberale ist es auch sehr angenehm, denn besser können wir uns von den LINKEN nicht abgrenzen wie bei so einem Thema und wie bei einer solchen Diskussion.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das tut uns aber leid. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Das, was wir in unserem Antrag beantragen, ist, Klarheit herzustellen, und zwar Klarheit, dass es hier im Landtag oder durch die Landesregierung keine Erarbeitung eines Vergabegesetzes in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Und warum wollen wir das? Weil wir ein bisschen verwirrt sind durch die Signale, die wir aus der Koalition bekommen. Die SPD, klar strukturiert, sagt – Herr Schulte ist nicht im Raum, doch, da ist er –, wir wollen ein Landesvergabegesetz. Klare Aussage: Herr Schulte will ein Landesvergabegesetz.
Herr Minister Seidel, CDU, sagt relativ klar und deutlich, er begrüßt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen darf nicht an die Einhaltung von Tarifverträgen gekoppelt sein,
eine klare Aussage. Er fragt nicht: Brauche ich dazu ein Vergabegesetz oder reicht das Vergaberecht, das wir im Augenblick haben, eigentlich aus? Er lässt es also offen.
Sie sprechen also schon davon, dass Sie ein Gesetz machen wollen, denn sonst könnten Sie ja nicht sagen, dass Sie kein Gesetz machen dürfen. Sie sagen, ich zitiere: „Wir dürfen kein Gesetz machen, das den Entscheidungen des Gerichtshofs widerspricht.“
Und dann gibt es ja noch einen Wolfgang Waldmüller, der ist, glaube ich, wirtschaftpolitischer Sprecher der CDUFraktion. Der sagte am 05.04.: „Ein Vergabegesetz ist dazu nicht zwingend erforderlich.“
Das sagt Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher. Statt neuer Demokratie brauchen wir mehr Transparenz und mehr Wirtschaftlichkeit bei der Auftragsvergabe. Und da sind wir wieder bei Herrn Schulte, der vorhin dankenswerterweise auch ganz richtig gesagt hat: Das Geld, was wir für Bürokratie ausgeben, fehlt uns bei Investitionen. Da schließt sich der Kreis.
Also bin ich ganz gespannt, wie Sie uns das heute erklären. Arbeiten Sie jetzt an einem Gesetz? Dann hat Herr Waldmüller unrecht, weil er ja sagt: Mit uns gibt es kein Gesetz. Da erwarten wir eine klare Antwort, ja, wir arbeiten, oder, wir arbeiten nicht. Dafür ist das da.
Und dann, denke ich, sollten wir uns auch mal die Grundlage, auf der wir hier diskutieren, vor Augen führen. Wo gibt es denn ein Vergabegesetz? Ein Vergabegesetz gibt es in Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein will das Tariftreuegesetz, gültig bis 2010, vorzeitig aussetzen. Bremen will die geplante Verschärfung seines Vergaberechts auf Eis legen. In NRW wird das Tariftreuegesetz im November 2006 wieder aufgehoben. Das Saarland rechnet damit, dass ein laufendes Gesetzgebungsverfahren für die Einführung einer Tarifklausel unterbrochen wird. Rheinland-Pfalz prüft sein Vorhaben noch. In Hessen wird das Tariftreuegesetz nicht angewendet. Niedersachsen hat Tariftreueerklärungen für nichtig erklärt. Bayern sieht keinen Bedarf für ein Gesetz.
(Regine Lück, DIE LINKE: Bayern hat ja ein Gesetz. Sie sind schlecht informiert, Herr Roolf. – Zuruf von Ute Schildt, SPD)
Sie sehen, selbst da, wo mal ein Vergabegesetz eingeführt worden ist mit der Tariftreue, ist die Erkenntnis stärker, dass man dieses Vergabegesetz nicht braucht. Und selbst da ist man am Arbeiten, dass ein Vergabegesetz eigentlich nur mehr Bürokratie bringt, als dass es die Effekte bringt, die wir damit haben wollen.
Auf welcher Grundlage bewegen wir uns weiterhin? Wir bewegen uns auf der Grundlage – und da bin ich beim wissenschaftlichen Dienst, beim wissenschaftlichen Beirat, beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – von Gutachten zum Thema öffentliches Beschaffungswesen aus dem Dezember 2007. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist CDU, nicht CSU?
Vergabefremde Ziele sind zum Beispiel Innovationsförderung, Berücksichtigung von Umweltaspekten und Tariftreue.
Weiterhin sagt es, Tariftreue als Voraussetzung für öffentliche Aufträge ist ein Paradebeispiel für ein vergabefremdes Element. Und das wollen wir nicht.