Das Schulgesetz ist immer noch gültig, es gilt nach wie vor. So viel zu unserer Gesetzesgrundlage. Da ich davon ausgehe, dass sowohl unsere Schulträger als auch unsere Schulleiter rechnen können, kann ich auch davon ausgehen, dass sich die Betreffenden vor Ort schon längst ausgerechnet haben, welche Schule nach dem geltenden Gesetz Bestand haben kann, was nicht heißt, dass es nicht durchaus auch Ausnahmen geben kann.
Und auch diese werden im gültigen Schulgesetz – wir haben es heute schon gehört – beschrieben. Auf dieser Grundlage des Gesetzes handelt das Bildungsministerium, ohne das Gesetz zu brechen,
... zum Schuljahr 2008/2009 resultiert aus der Tatsache, dass zu diesem Schuljahr der Wechsel auf das Gymnasium erstmals nach der Jahrgangsstufe 7 erfolgt. Es stellt sich also die Frage, ob das Übergangsverhalten prozentual dem bisherigen Übergangsverhalten auf das Gymnasium in der Jahrgangsstufe 5 entspricht oder ob es sich nach dem Besuch der schulartunabhängigen Orientierungsstufe durch alle Schüler ändern wird. Insofern ist das eine neue Situation.
Dass die Unzumutbarkeit von entstehenden Schulwegzeiten beziehungsweise ein lediglich temporäres Unterschreiten der Schülermindestzahlen bereits in den vergangenen Jahren als Grundlage für Ausnahmegenehmigungen herangezogen wurde, ist allen bekannt und galt auch für alle Schularten.
Angesichts – ich will es durchaus sagen – der drohenden Nichterreichung der Schülermindestzahlen in der Jahrgangsstufe 7 für 21 Gymnasien in Mecklenburg-Vorpommern ist wohl zu erwarten, dass, natürlich gesetzlich legitim, Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Schule, an der die Schüler die gleichen Abschlüsse wie an der bisherigen Schule erreichen können, in zumutbarer Entfernung nicht vorhanden ist.
Mit Blick auf bereits gegenwärtig vorliegende Schulwegzeiten von deutlich mehr als einer Stunde zum Gymnasium sind einer weiteren Ausdünnung des gymnasialen Schulnetzes aus meiner Sicht enge Grenzen gesetzt. Ich stelle also fest, dass das Verhalten des Bildungsministers beziehungsweise des Hauses sich auf dem Boden der anerkannten Rechtsprechung bewegt. Insofern ist der Antrag von der Fraktion DIE LINKE natürlich abzulehnen, da nun alle Ausnahmen die Regel sein sollen. Ich stelle ebenso fest, dass wir weiterhin alles dafür tun werden, dass unsere Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten alle Schularten werden besuchen können.
Mit der Anwendung von im Gesetz formulierten Ausnahmeregelungen wird die große Koalition in MecklenburgVorpommern auch künftig ein qualitatives Angebot in zumutbarer Entfernung für die genannten Schularten anbieten, ohne das Gesetz zu verletzen. Deshalb bin ich der Meinung, und das werden wir auch in dem neuen Schulgesetz berücksichtigen, und zwar für alle Schularten, dass auch der ländliche Raum eine ganz besondere Berücksichtigung fi nden wird.
Wir wissen aber, dass es kommen wird, und dort wird es auch für uns eine wichtige Voraussetzung sein, das Schulnetz aller Schularten, und dazu gehören, meine Damen und Herren, auch Gymnasien, in der Fläche zu erhalten.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Kein Widerspruch, ich habe überhaupt nichts anderes gesagt zu diesem Punkt.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich mit Blick auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE gleich voranstellen, dass die Landesregierung bisher und auch zukünftig für alle Schülerinnen und Schüler und für alle Schularten die im Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern geregelten Rechte gewährleistet.
Ich weiß auch, und das habe ich mit der Röbeler Erklärung versucht deutlich zu machen, dass Schulen, Schulstandorte in Mecklenburg-Vorpommern ein essenzieller Bestandteil der Landesentwicklung sind, denn es geht hierbei um die Chancengerechtigkeit für Mädchen und Jungen in Mecklenburg-Vorpommern, nicht um mehr, aber vor allem nicht um weniger.
Wir wissen mittlerweile ziemlich sicher, was es bedeutet, wenn die Erreichbarkeit von Bildung eingeschränkt wird. Meine Pfl icht ist es, und dieser Pfl icht stellt sich sicher auch der vorliegende Antrag, dafür Sorge zu tragen, dass Bildung für alle Kinder erreichbar bleibt. Und ein Weiteres: Ich kann und werde nicht akzeptieren, dass wir uns mit einer Abiturientenquote um die 16 Prozent in Vorpommern zufriedengeben, ebenso wenig akzeptiere ich, dass mehr als 10 Prozent eines Jahrganges die Schule ohne Schulabschluss verlassen.
Die Landesregierung hat sich zum Ziel gestellt, beide Aspekte gleichberechtigt in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Dieser Aufgabe stellen wir uns im Bildungsministerium alltäglich und die heutige Debatte kann sicher dazugerechnet werden. Ich sage aber auch ganz deutlich, und ich will da gar kein Öl ins Feuer gießen, da werden Sie mich auch nie mehr überreden können, solange ich hier Minister bin, wir haben natürlich in der Politik immer diese Situation, dass es um eine Stimmungsseite und um eine fachliche Seite geht. Das ist mitunter ganz deutlich bei Bildungsfragen zu merken. Und wir haben natürlich auch das Problem, das heißt alle Bildungspolitiker zusammen, quer durch die Reihen, wie kann man veröffentlichte partielle Meinungen und Meinungsbildung, aber auch Grundlagen über Bildungsfragen darstellen. Das ist sehr, sehr schwierig und deshalb will ich heute versuchen, bei der fachlichen Seite zu bleiben.
Grundlage aller die Schulen betreffenden Entscheidungen – und das wurde hier deutlich – ist das Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ich möchte Ihnen aus diesem Grunde gern den Verfahrensablauf schildern, der nach dem Schulgesetz maßgeblich ist und den das Bildungsministerium defi nitiv eingehalten hat und einhalten wird, auch wenn anderes suggeriert wird. Damit bin ich dann sozusagen bei der Stimmungsseite, nicht bei der fachlichen Seite.
Für zwei maßgebliche Parameter in der Schulorganisation sind Festlegungen getroffen worden, die von den Schülermindestzahlen beeinfl usst werden: erstens die Klassenbildung und zweitens die Schulentwicklungsplanung.
Zur Klassenbildung. Das Schulgesetz legt Schülermindestzahlen für Eingangsklassen an den Grundschulen,
an den Regionalen Schulen, an den Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen sowie an den Gymnasien fest. Liegen genügend Anmeldungen an der örtlich zuständigen Schule vor, das heißt, wird die Schülermindestzahl erreicht, besteht, und das ist das Gesetz, ein gesetzlicher Anspruch auf die Aufnahme in diese Schule. Wenn aber nicht genügend Anmeldungen vorliegen, besteht dieser Anspruch nicht. In diesem Fall ist über eine Zuweisung der Schüler an andere Schulen oder eine im Ausnahmefall zulässige Eingangsklasse zu entscheiden. Eine sogenannte untermaßige Klasse entstünde nur bei Einzügigkeit.
Zur Schulentwicklungsplanung. Dieselben Schülermindestzahlen gelten auch bei Aufstellung der Schulentwicklungspläne. Sie bilden in diesem Verfahren das Maß für die Bestandsfähigkeit der einzelnen Schulen. Die laut Schulentwicklungsplan als bestandsfähig eingeschätzten Schulen erreichen daher im Regelfall – so viel zu prophetischen Gaben –, im Regelfall gemäß den Prognosen auch tatsächlich die ausreichende Schülerzahl zur Eingangsklassenbildung. In einzelnen Fällen liegt die tatsächliche Schülerzahlentwicklung unterhalb der prognostizierten Schülerzahl. Nach Abschluss des Anmeldeverfahrens besteht dann die Möglichkeit, einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung zur Einrichtung von Eingangsklassen zu stellen. Ein solcher Antrag ist nach den Vorschriften des Schulgesetzes insbesondere dann genehmigungsfähig, wenn eine andere vergleichbare Schule in zumutbarer Entfernung fehlt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, diese Bestimmungen sind Ihnen bekannt. Sie gelten seit der Aufnahme von Schülermindestzahlen für die Eingangsklassen in das Schulgesetz, eine Folge zahlreicher – auch daran sei hier erinnert –, eine Folge zahlreicher Gerichtsurteile zur Schulentwicklungsplanung im Zuge von ebenso zahlreichen Aufhebungen von Schulen im Land.
Eines muss dabei immer wieder gesagt und verdeutlicht werden: Warum müssen Schulen geschlossen werden? Weil, und auch das wurde ebenso oft intensiv hier im Landtag diskutiert, auch der Kollege Heydorn hat es eben noch mal mit seinem Zwischenruf deutlich gemacht, aufgrund der demografi schen Entwicklung schlicht die Kinder fehlen, um Schulen zu erhalten. Und nun müssen wir alle zusammen den Spagat bewältigen zwischen der Frage einer wohnortnahen Beschulung, da wird Herr Bluhm sicher zustimmen, sowie pädagogisch sinnvollen Schulgrößen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Erfahrungen zeigen, dass die gesetzlichen Festlegungen von Schülermindestzahlen notwendig sind, da nur auf diesem Weg ausreichende Mindestgrößen für einen geordneten Schulbetrieb mit den zur Verfügung stehenden fi nanziellen Ressourcen gewährleistet werden. In den Schuljahren 2006/2007 und 2007/2008 waren die geltenden Schülermindestzahlen bereits Maßstab für die Eingangsklassenbildung in der Jahrgangsstufe 1 der Grundschulen sowie der Jahrgangsstufe 5 der Regionalen Schulen und der Gesamtschulen.
Die Regelungen des Schulgesetzes zu Schülermindestzahlen und Ausnahmetatbeständen haben sich seither bewährt. Sie gewährleisten für die Grundschulen, für die
Regionalen Schulen und die Gesamtschulen ein Bildungsangebot in zumutbarer Entfernung. In der Vergangenheit genehmigten wir für die Grundschulen Ausnahmeanträge zur Bildung untermaßiger Klassen, wenn entweder zu erwarten war, dass die Schülermindestzahl im folgenden Schuljahr wieder erreicht werden würde, oder wenn unzumutbare Schulwegzeiten von mehr als 40 Minuten für die betroffenen Schüler entstehen würden. In einem solchen Fall – auch das hat Frau Polzin deutlich gemacht – ist für die sogenannte kleine Grundschule jahrgangsübergreifender Unterricht zulässig.
Die Landesregierung wird diese Genehmigungspraxis fortführen, um den Grundschülern weiterhin eine wohnortnahe Beschulung zu gewährleisten. Auch für die Regionalen Schulen sowie die Integrierten beziehungsweise Kooperativen Gesamtschulen gelten vergleichbare Ausnahmetatbestände. Ein Ausnahmefall zur Bildung von Eingangsklassen der Jahrgangsstufe 5 war entweder dann gegeben, wenn nach einem Unterschreiten der Schülermindestzahl für die folgenden Schuljahre Schülerzahlen mindestens in der Höhe der Schülermindestzahl prognostiziert wurden oder wenn für die betroffenen Schüler unzumutbare Schulwegzeiten von mehr als 60 Minuten entstehen würden. Für einen solchen Fall sieht das Schulgesetz abgesenkte Schülermindestzahlen vor. Abgesenkte Schülermindestzahlen!