Protocol of the Session on November 14, 2007

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, ja, ja, ja.)

schränkt die Tarifautonomie ein und die regionalen Unterschiede in Mecklenburg-Vorpommern bleiben unberücksichtigt.

(Michael Andrejewski, NPD: Diese schrecklichen Mindestlöhne!)

Wir torpedieren den wirtschaftlichen Kurs, den wir erfolgreich eingeschlagen haben. Darüber können Sie parteipolitisch natürlich gerne anderer Auffassung sein,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sind wir.)

jedoch denke ich, die Zahlen sprechen für sich. Die Auswirkungen des Mindestlohnes werden, und das haben wir auch schon öfter diskutiert, natürlich von den einschlägigen Wirtschaftsinstituten bestätigt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ja gar nicht wahr. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Die Einführung des Mindestlohns schafft in MecklenburgVorpommern keinen Arbeitsplatz,

(Michael Roolf, FDP: Vernichtend!)

sondern erhöht die Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wir haben eine vereinbarte Alternative,

(Michael Roolf, FDP: Das ist ja der Koalitionspartner.)

und die ist auch im Bund geschlossen, und zwar den Weg über das Entsendegesetz, den sollten wir dann auch gehen.

Meine Damen und Herren, steigende Löhne werden nicht vom Staat festgesetzt, sie entstehen aufgrund von Angebot und Nachfrage. Auch in Mecklenburg-Vorpommern steigen die Löhne. Wer sich als Unternehmer am Markt behaupten will, muss Qualität liefern. Dies geht nur mit gutem und motiviertem Personal.

(Regine Lück, DIE LINKE: Genau. Das ist ganz richtig.)

Wer das als Unternehmer heute noch nicht versteht, wird über kurz oder lang auch vom Markt verschwinden. Wir müssen endlich aufhören, den Weg in die Staatswirtschaft immer weiter zu manifestieren!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU und Michael Roolf, FDP – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Jetzt zu dem Beitrag von Frau Lück. Frau Lück, Sie sprachen über die aktuellen Diskussionen bei den Postdienstleistungen. Für die Aufnahme der Postdienstleistungen in das Entsendegesetz waren schlicht und einfach die Voraus setzungen nicht erfüllt.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Der vorgelegte Tarifvertrag für die Beschäftigten in den Postdienstleistungen umfasste nicht mehr als 50 Prozent der Beschäftigten. Somit waren glasklar die vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Gesetz ist Gesetz! – Michael Roolf, FDP: Genauso ist es. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Da wirft man denen sofort Wortbruch vor.

(Jörg Heydorn, SPD: Das stimmt doch nicht. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie werden immer etwas fi nden, um sich herauszureden.)

Jedoch hat der zurückgetretene Minister Müntefering bestätigt, dass es sich nicht um Wortbruch handelt, aber – um es mit den Worten von Herrn Beck zu sagen – die Tür ist selbstverständlich noch nicht zugeschlagen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Darüber hat er aber gestern anders gesprochen. Das ist ja merkwürdig, wie Sie hier alles verdrehen. – Glocke der Vizepräsidentin – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir werden weiter darüber diskutieren.

Meine Damen und Herren, wir sind hier nicht in Berlin und treffen auch keine bundespolitischen Entscheidungen, sondern wir sind hier in Mecklenburg-Vorpommern und müssen unsere Hausaufgaben machen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Wir sind auf einem guten Weg, auch wenn noch viel zu tun ist, das geben wir zu. Machen Sie mit und reden Sie nicht alles schlecht! – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion CDU)

Danke schön, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Arbeitslosigkeit ist nicht das Hauptproblem, sondern zu wenig Geld zum Leben, das ist das wahre Übel. Und das wird in zwei Versionen zum aussuchen angeboten, ohne Arbeit und mit Arbeit. Manche Bürger nehmen freiwillig Hungerlohnjobs an, die ein Leben in Würde in der Tat nicht gewährleisten, weil sie sich lieber ausbeuten lassen, als ganz aus der Gesellschaft herauszufallen und nur noch zu Hause zu sitzen. Zwingen kann man sie meiner Meinung nach dazu nicht und sollte man auch nicht, denn die Grenze ist die Sittenwidrigkeit. Die Behörde könnte ja auch zu einer arbeitslosen Frau sagen: Arbeiten Sie doch als Prostituierte, das ist ja jetzt ein anerkannter Job mit Steuerzahlpfl icht und so weiter, aber es ist sittenwidrig. Mindestlöhne beziehungsweise Hungerlöhne unter einem gewissen Niveau müssten als genauso sittenwidrig angesehen werden. Ein Arbeitnehmer müsste mit Recht sagen können, dafür arbeite ich nicht, wenn er es denn nicht will.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Manche werden trotzdem gezwungen von der Sozialbürokratie und manche, da staunt man, demonstrieren sogar für Hungerlöhne und gegen Mindestlöhne, also gegen ihre eigenen Interessen, wie man zuletzt sehen konnte in Berlin bei Demonstrationen der privaten Postangestellten. Das waren Bilder wie aus dem alten DDR-Fernsehen. Die Winkelemente sind wieder da, die werden geschwenkt, es wurden Parolen gerufen, Interviews wurden gegeben im Sinne der Firma und daneben standen Aufpasser, nicht von der Stasi, sondern von der Geschäftsleitung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Mit der DDR kennen Sie sich gut aus, ne?)

Ich habe mich damit befasst.

Da fragt man sich in der Tat: Wie ist so etwas möglich? Erster Gedanke, das sind vielleicht Mitdemonstranten, das hat es ja auch schon gegeben, Ärztedemonstrationen, Leute in weißen Kitteln demonstrieren. Was stellt sich heraus? Es waren Hartz-IV-Empfänger, die wurden angeheuert als Mietdemonstranten, sie wurden in weiße Kittel gesteckt und bekamen ein paar Euro in die Hand. Das gab es. Aber in diesem Fall bei den privaten Postangestellten, das waren die wirklichen Arbeitnehmer dieser Postdienste. Wofür haben die überhaupt demonstriert? Die haben dafür demonstriert, dass sie ohne Stundenlöhne arbeiten dürfen. In vielen privaten Postfi rmen werden sie nach der Anzahl der verteilten Briefe bezahlt und wenn sie Pech haben, und die Kunden wohnen weit auseinander, dann haben sie vier Kunden in einer Stunde und bekommen einen Stundenlohn von 1 Euro, wenn man das umrechnet. Das gibt es. Die haben dafür demonstriert, dass sie arbeiten dürfen, wenn sie Glück haben im Schnitt von 900 Euro brutto und 700 Euro netto bei einem knallharten Job bei Wind und Wetter.

Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist also nicht ganz komplett. Es geht nicht nur um Arbeit für ein Leben in Würde, sondern auch für ein Leben in Freiheit, denn die sind frei, die demonstrieren dafür nicht freiwillig. Eher glaube ich noch, dass die Arbeiter in der „Aktuellen Kamera“, die damals gesagt haben, ich bin gegen den Nato-Doppelbeschluss, wirklich gegen den Nato-Doppelbeschluss waren, als dass ich glaube, …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie haben wohl DDR-Fernsehen geguckt?)

Das habe ich gern, ja. Es war interessant, sehr exotisch, mal was anderes.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

… dass Arbeitnehmer sagen: Ich bin gegen Mindestlöhne, ich möchte Hungerlöhne, je niedriger, desto besser. Raider heißt jetzt Twix und die SED ist jetzt wieder auferstanden als Pingroup und gehört dem Axel Springer Verlag. Da fragt man sich in der Tat, ob es vielleicht einen Hintergedanken dabei gab, dass der Axel Springer Verlag kurz vor der Wende die DDR nicht mehr in Anführungsstriche gesetzt hat, denn gewisse DDR-Methoden kann man auch im Kapitalismus gut brauchen, zum Beispiel Einschüchterungsmethoden. Die Preisfrage ist nur: Warum schmeißen die nicht einfach alles hin? Warum sagen die nicht, nee, ich demonstriere nicht, auch wenn die Geschäftsleitung noch so die Zähne fl etscht und durchblicken lässt, dann bist du aber draußen und wirst rausgemobbt? Nö, mach’ ich einfach nicht, schmeißt mich doch raus.

Das Problem ist, 30 Prozent der Bevölkerung haben keinerlei Vermögen. Sie leben von der Hand in den Mund. Wenn am Ersten das Geld nicht kommt, ist Feierabend, denn sie haben keine Reserven. Wenn das so ist, dann kann ich mir nix mehr leisten. Selbst wenn die Arbeitsbedingungen noch so mies sind, wenn ich kündige aufgrund der miesen Arbeitsbedingungen, bin ich erst einmal im Generalverdacht, dass ich schuld daran bin, und die Leistungen werden erst mal gestrichen. Das ist also generell so. Es ist vollkommen unvorstellbar in diesem Staat, dass ich als Arbeitnehmer vielleicht einen Grund haben könnte zu kündigen, weil die Arbeitsbedingungen unerträglich sind, nein, ich bin schuld. Und wenn ich gekündigt werde, dann muss ich damit rechnen, dass das Amt vielleicht ein bisschen herumtrödelt, wenn ich einen Antrag stelle. Manche haben wirklich kein Geld, wenn der Erste da ist, dann ist Feierabend. Wenn ich ein bis zwei Wochen kein Geld habe, dann bin ich erledigt. Davor haben die Leute Angst. Deswegen geben sie Interviews im Sinne der Ausbeuter. Wir haben mittlerweile Verhältnisse, so wie eine Art DDR-Kapitalismus.

Mindestlöhne reichen nicht aus, wenn sie nur zum Überleben sind, sondern sie müssen so gestaltet sein, dass man bei verantwortungsbewusster Haushaltsführung auch kleine Reserven anhäufen kann. Wenn ich eine Reserve habe für ein bis zwei Monate, dann kann ich ganz anders auftreten sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber der Behörde. Selbst bei Hartz-IV-Empfängern gibt es Klassen. Habe ich eine Monatsreserve, dann stehe ich ganz anders da, als wenn ich von der Hand in den Mund leben muss. Mindestlöhne müssen natürlich kontrolliert werden, damit sie eingehalten werden. Es gibt viele Tricks, wie man dies umgehen kann. Man lässt zehn oder zwölf Stunden arbeiten und zahlt nur acht Stunden oder man vereinbart Zahlungen für schlechte Leistungen, die man dann auch irgendwie herausfi ndet. Das Problem ist weiterhin, wenn das Geld nicht pünktlich erscheint, wenn einmal nicht gezahlt wird am Ersten, dann gehen die Überweisungen nicht pünktlich weg für die Miete, für den Strom und so weiter. Das machen die Banken einmal beziehungsweise zweimal mit, dann bin ich mein Konto los, falle aus dem Wirtschaftsleben heraus und bekomme auch nie wieder einen Arbeitsplatz.

Es gibt 600.000 Bürger in Deutschland ohne Konto, nicht einmal ein Girokonto auf Guthabenbasis, die sind erledigt. Da kann man noch so viel Druck machen, dass sie sich einen Arbeitsplatz suchen sollen. Den Geldhäusern ist jeder Vorwand recht, Bürger ohne Geld rauszuschmeißen, die Geschäftsbeziehung zu beenden. Arm sein ist für Banken mindestens genauso schlimm wie in der NPD sein. Es ist in dieser Gesellschaft noch schlimmer, wenn ich in der NPD bin, bekomme ich vielleicht kein Hotelzimmer, wenn ich arm bin, kann ich mir nie im Leben eines leisten.

Eingehen möchte ich noch auf die Callcenter hier in Schwerin: 4,10 Euro Grundlohn und Leistungszulagen gibt es noch. Aber die Leistungszulagen sind so hoch angesetzt, dass es höchstens Adolf Hennecke schaffen würde, der Aktivist der ersten Stunde, sonst schafft es keiner, …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Den kennen Sie auch?!)

… und Stachanow, wenn er hier schuften müsste als Billig löhner aus Osteuropa, aber sonst bekommen sie effektiv 4,10 Euro. Das ist ein Kapitalismus mit DDRMethoden! Ich hoffe nur, dass er irgendwann seinen 17. Juni und seinen 9. November erleben wird. – Vielen Dank.