Und im Übrigen, Herr Roolf, das will ich schon noch mal feststellen, und auch andere haben es ja gesagt: Ich verstehe eigentlich nicht, warum Sie beklagen, dass ein außerordentlich demokratischer Prozess jetzt hier stattgefunden hat.
Das mag ja vielleicht naiv klingen, aber ich denke, das ist eben der Weg, wie Gesetze in einer Demokratie erlassen werden sollten. Wozu macht man denn Ausschusssitzungen, wozu macht man Anhörungen, wenn man dann nicht bereit ist, auch die Erfahrungen und Erkenntnisse von Fachleuten und von betroffenen Kreisen der Wirtschaft oder wie auch immer hier einfl ießen zu lassen?
Und deswegen, meine Damen und Herren, will ich noch einmal hervorheben, und das erscheint mir besonders wichtig, dass wir eben mit den Kernaussagen, und das sind die Öffnungszeiten, ähnliche Rahmenbedingungen haben wie die Nachbarländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Berlin. Das sind diejenigen, die um uns herum gelegen sind und wo wir in ähnlicher Art und Weise die Möglichkeit haben, die Öffnung unserer Läden hier zu gestalten.
Die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes, das will ich dann noch einmal ganz deutlich sagen, bedeutet eben nicht, dass die Geschäfte fl ächendeckend zukünftig rund um die Uhr aufhaben werden, bloß weil die Möglichkeit dazu besteht. Es muss keiner öffnen, Herr Holter, sondern er kann es. Und wenn die von Ihnen zitierten Unternehmer sagen, dass es für sie keinen Sinn macht, dann werden sie auch nicht öffnen.
dass eben nicht von den Möglichkeiten in voller Höhe Gebrauch gemacht wird, aber man kann tatsächlich fl exibel und unterschiedlich in der jeweiligen Region die Öffnungszeiten handhaben. Ich glaube, dass noch einmal unterstrichen werden muss, dass es eben wirklich wichtig ist, dass diejenigen entscheiden über die Öffnungszeiten, die am Ende davon auch direkt betroffen sind, und das sind die Unternehmerinnen und Unternehmer. Das ist der Grundinhalt dieses Gesetzes.
Meine Damen und Herren, ein wichtiger Gesichtspunkt, den wir noch einmal einer kritischen Wertung und Würdigung unterzogen haben, ist die Sonntagsöffnung. Nach dem Grundgesetz sowie der Verfassung unseres Landes Mecklenburg-Vorpommern bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt. Dem Sonn- und Feiertagsschutz kommt daher im Ladenöffnungsgesetz eine besondere Bedeutung zu. Das fi ndet nicht nur in der Präambel seinen Niederschlag, sondern ist auch ein Grund dafür, weshalb wir in Paragraf 6 die Anzahl von ursprünglich acht Sonntagen auf nur vier Sonntage, die keine gesetzlichen Feiertage sind, reduziert haben. Insofern, das ist richtig, sind hier Grenzen gesetzt worden, die nach meiner Auffassung im FDP-Entwurf überhaupt nicht entsprechend gewürdigt wurden. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht wäre ein derartig weitgehender Ansatz, wie im FDP-Entwurf vorgesehen, überhaupt nicht haltbar.
Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Der Gesetzentwurf eines Ladenöffnungsgesetzes der Fraktionen von SPD und CDU ist sehr ausgewogen und es wird auch deutlich, das will ich ganz klar hier aussprechen, wir stufen den Umsatz nicht über die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, die von den Auswirkungen einer eventuell veränderten oder verlängerten Ladenöffnung betroffen sein könnten.
Und, Herr Roolf, das ist der Unterschied zwischen der sozialen Marktwirtschaft auf der einen Seite und der liberalen Marktwirtschaft, die Sie wahrscheinlich etwas stärker vertreten. Da werden Sie sich auch immer gefallen lassen müssen, dass wir solche Unterschiede hier und da mal herausheben. Denn gerade, wenn wir es mit Familienpolitik ernst meinen, müssen natürlich auch Familien die Möglichkeit haben, entsprechend gemeinsame Freizeit zu verbringen und ihr Familienleben zu gestalten. Und deswegen ist es von besonderer Bedeutung, die Möglichkeit zur zeitlichen Verzahnung des sozialen Lebens der Bürgerinnen und Bürger eben auch mit der persönlichen Ruhe, Besinnung und Erholung im praktischen Alltag zu realisieren.
Nun will ich schon sagen, das will ich ganz ehrlich hier feststellen, dass mir formal und optisch die Regelung in Paragraf 12 des Gesetzes auch nicht besonders gut gefällt. Da ist ja bis zum Punkt 29 nun alles ausgeführt, was mit entsprechenden Ordnungsstrafregelungen belegt wird. Aber man muss natürlich hier den Forderungen oder den Hinweisen der Juristen tatsächlich folgen. Ich will vielleicht nur dazu sagen: Kein Unternehmer, der mit seinen Mitarbeitern einigermaßen ordentlich umgeht, wird jemals mit diesen 29 Punkten in Berührung kommen. Insofern erübrigt sich eigentlich diese Diskussion.
Ich gehe davon aus, dass wir bei uns in Mecklenburg-Vorpommern Unternehmerinnen und Unternehmer haben, die mit ihren Beschäftigten vernünftig und ordentlich den Alltag gestalten. Ich glaube, dem werden Sie nicht widersprechen.
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das gilt für alle Gesetze. Wenn man sie einhält, hat man kein Problem.)
Meine Damen und Herren, das Ladenöffnungsgesetz ist ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Deswegen ist es ja auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Man muss zunächst noch einmal darauf hinweisen, dass wir alle beklagen, dass die Bevölkerungszahl unseres Landes nach wie vor rückläufi g ist. Damit verbunden, wenn man es ganz klar sieht, ist auch Nachfragerückgang. Und deshalb muss man sagen, dass Wachstumsimpulse durch eine weitere Steigerung der Nachfragebindung im Land sowie durch zusätzliches Potenzial aus dem Tourismus zu holen sind. Auf 1,7 Millionen Einwohner im Land Mecklenburg-Vorpommern kommen gegenwärtig ungefähr 9,7 Millionen Übernachtungsgäste, wenn man die gewerblichen Gäste und die sogenannten privaten, also in den einzelnen Ferienzimmern, zusammenzählt. Wir registrieren insgesamt 61,8 Millionen Tagesausfl ugsreisende nach Mecklenburg-Vorpommern. Die spielen natürlich eine große Rolle, wenn wir über Ladenöffnung in unserem Land reden. Das macht nämlich am Ende mehr als 1 Milliarde Euro Umsatzvolumen für den Handel bisher schon aus. Insofern ist für uns als Urlaubsland der Shoppingtourismus ein Wachstumssegment, das es kräftiger als bisher zu nutzen gilt, und gerade in der Zusammenarbeit zwischen der Einzelhandelsbranche und der Tourismusbranche liegt ein starkes Potenzial, was auch weiter ausbaufähig ist.
Insofern sind die Neuausrichtungen der Öffnungszeiten auf die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie auf die Touristen ausgerichtet und für uns unverzichtbar. Im Übrigen kommt hinzu, dass eine Freigabe der Ladenöffnungszeiten eben auch, und das darf man nicht vergessen, kleineren Einzelhändlern, insbesondere Nischenanbietern, die Möglichkeit gibt, ihre Läden dann zu öffnen, wenn es sich vielleicht für die großen gar nicht rechnet. Das ist lokal außerordentlich unterschiedlich.
Wir brauchen in der Summe eigentlich gar nicht so viel mehr Öffnungszeiten, sondern wir brauchen die Flexibilität, wir brauchen mehr Möglichkeiten, die Öffnungszeiten in den Unternehmen, in den Regionen unterschiedlich gestalten zu können, um Kundenwünschen und auch Wünschen unserer Gäste gerecht zu werden. Hier ist die Entwicklung des Tourismus sehr abhängig von der Entwicklung der Attraktivität der Destination. Dort, wo ein umfangreiches Dienstleistungsangebot vorgehalten wird, wird sich auch das Geschäft in anderen Branchen gut entwickeln. Das ist eine alte Erfahrung, die im Tourismusbereich ganz besonders gilt.
Meine Damen und Herren, die Föderalismusreform hat Freiräume geschaffen. Gemeinsam mit dem Handel und den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wollen wir die gegebenen Möglichkeiten nutzen. Das bedeutet, den Freiraum sinnvoll mit Leben zu erfüllen und für die Menschen Entwicklungschancen in unserem Land zu erschließen. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Der Abgeordnete Michael Roolf bittet um das Wort für eine Anfrage.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt bin ich hier nicht mehr als Ausschussvorsitzender, jetzt bin ich hier als wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Ich werde trotzdem richtig reden.
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wir erkennen Sie trotzdem. – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)
Aber vielleicht nun doch etwas pointiert zu dieser Sache. Ich fand es schon bemerkenswert, wenn ich die Äußerungen des Kollegen Roolf auf der einen Seite mit den Äußerungen des Kollegen Holter – und der Herr Wirtschaftsminister hat es ja eben schon angedeutet – verglichen habe, ist nun doch deutlich geworden, dass die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion, auch was die Konsensfähigkeit und was die Zielstrebigkeit für das Handeln für dieses Land angeht, ja offensichtlich in der Mitte richtig sitzen.
Das ist die goldene Mitte. Wenn Sie, Herr Professor Methling, das sagen, dann kann ich das doch nur unterstützen.
Aber der entscheidende Punkt ist – das vielleicht zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Roolf –, Sie hätten natürlich noch einmal 80 Änderungsanträge einbringen können und wir hätten sie sicherlich auch behandelt.
Ich wäre mir nur nicht sicher gewesen, ob qualitativ wirklich was dabei herausgekommen wäre, weil wenn ich Ihren ursprünglichen Gesetzentwurf nehme und das zusammenfasse, dann kommen wir doch im Ergebnis zu einem Rückfall in die neoliberalen Zeiten – „neo“ kann man ja gar nicht mehr sagen –, in die liberalen Zeiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo es heißt: Macht was ihr wollt, tut was ihr könnt und bereichert euch dabei!
Und, Herr Kollege Holter, das muss man einmal sagen, ich habe mit Erstaunen – na, mit Erstaunen nicht, Sie wissen ja, dass ich genau zuhöre, wenn Sie etwas sagen –, ich habe sehr gerne gehört, dass Sie natürlich viele Bedenken, die ich hier an dieser Stelle in der ersten Landtagsdebatte auch geäußert habe, heute aufgenommen haben und von Ihrer Seite vorgetragen worden sind. Es beruhigt
mich nun, dass wir, zumindest, was das Ergebnis angeht, die gleichen Überlegungsprozesse anstellen. Es ist vielleicht so, dass in Absprache mit der CDU-Fraktion die SPD zu anderen Ergebnissen gekommen ist, aber damit muss man leben in demokratischen Prozessen.
Dafür entschuldige ich mich auch nicht. Damit habe ich kein Problem. Sie dürfen denken, was Sie wollen. Das ist nicht das Problem. Aber ich hätte mich natürlich gefreut, wenn die Debatte, die Sie angesprochen haben, die aus Ihrer Sicht nicht so emotional geführt worden ist im Wirtschaftsausschuss, denn von Ihnen so geführt worden wäre.
Ich will jetzt aber auf einen Punkt zurückkommen, der meiner eigenen Fraktion von Anfang an wichtig war. Und das habe ich hier auch gesagt. Die SPD-Fraktion …
(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Herr Holter ist ja auch nicht so leidenschaftlich wie Sie. – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)
Ich habe das damals im Rahmen der Ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes hier gesagt, dass es meiner Fraktion, mir persönlich auch, insbesondere auch um die Rechte der Arbeitnehmer und um den Schutz der Arbeitnehmer geht.
Und jetzt wollen wir mal wieder ernsthaft werden bei der ganzen Sache. Ich denke – und das werden Sie der SPD-Fraktion, den Koalitionsfraktionen und allen Beteiligten zugestehen müssen –, es hat qualitative Fortschritte gegeben und es hat Fortschritte gegeben, die weit über das hinausgehen, was in anderen ländergesetzlichen Regelungen drinsteht
Man muss es einfach anerkennen bei der Sache, wir haben eine Anhörung durchgeführt und im Rahmen dieser Anhörung haben die Koalitionsfraktionen in zugegebenermaßen mühsamen und langwierigen Diskussionsprozessen ein Ergebnis erzielt, wo ich glaube, dass sich viele derjenigen, die sich als Sachverständige im Rahmen der Anhörung geäußert haben – und damit meine ich jetzt nicht nur den DGB, auch wenn Herr Roolf meint, wir haben den Gesetzentwurf mit dem DGB geschrieben, ich glaube, der DGB sieht das anders, aber trotzdem, ich nehme das gerne zur Kenntnis –, dass sich viele von denen, die sich dort geäußert haben, in dem, was wir tatsächlich jetzt als Gesetzentwurf vorlegen, und zwar nach den Änderungsanträgen im Wirtschaftsausschuss, wiederfi nden werden. Dass nicht jeder damit an jeder Stelle zufrieden sein wird, das ist selbstverständlich. Aber ich denke mir, das werden wir bei keinem Gesetzentwurf, weder in diesem Landtag noch in anderen, haben.