Protocol of the Session on May 9, 2007

Meine Damen und Herren, es ist ja auch unübersehbar, dass wir hier durchaus auf gutem Wege sind. Das reicht aber alles noch nicht aus, gar keine Frage, und wir sind auch noch lange nicht am Ziel, aber ich glaube, wir haben allen Optimismus, hier entsprechend mitzuwirken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt sich positiv, Auftragseingänge und mehr Investitionen in den Unternehmen tragen dazu bei. Im April waren es 23.716 Arbeitslose weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote lag immer noch sehr hoch bei 17,8 Prozent, aber es ist der niedrigste Aprilwert seit elf Jahren

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und es melden sich auch deutlich weniger Menschen arbeitslos und kommen mehr in Beschäftigung. Das gilt besonders erfreulicherweise bei den Arbeitslosen unter 25 Jahren, denn ich bleibe dabei, es ist völlig richtig und da sind wir uns auch, glaube ich, einig, dass es dramatisch wäre, wenn junge Menschen als erstes Erlebnis in der Arbeitswelt die Erfahrung von Arbeitslosigkeit machen. Damit werden wir uns nicht abfi nden und wir werden alles tun, um genau diese Dinge auch zukünftig zu bekämpfen. So weit die positiven Nachrichten zur Belebung des Arbeitsmarktes, bedingt durch den konjunkturellen Aufschwung in Deutschland und auch die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur, die schrittweise in Mecklenburg-Vorpommern vorangeht.

Meine Damen und Herren, ich will auch klar sagen, dass die Zahl von 156.300 Arbeitslosen im Land nach wie vor nicht zu akzeptieren ist. Deswegen müssen wir weiterhin alles tun, um mehr Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt entstehen zu lassen und alle Maßnahmen zu verhindern, die genau dies gefährden. Und ich kann Ihnen nichts anderes sagen, als dass fl ächendeckender gesetzlicher Mindestlohn dieses Ziel gefährdet.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Warum denn? – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Unsinn!)

Das werde ich versuchen, Ihnen noch zu erklären. Ich hoffe, dass Sie es mir abnehmen.

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das glaube ich nicht. – Zuruf von Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

In Deutschland werden Löhne grundsätzlich frei vereinbart oder auf der Grundlage von Tarifverträgen festgelegt. In Einzelarbeitsverträgen wird oftmals die Anwendung tarifl icher Regelungen vereinbart. Im Unterschied zu einheitlichen gesetzlichen Mindestlöhnen sehen tarifvertragliche Mindestlöhne differenzierte Regelungen in Abhängigkeit von den Gegebenheiten der jeweiligen Branche und Region vor. Herr Sellering hat schon auf ein Thema hingewiesen, sodass es erst mal gar nicht zu akzeptieren wäre, wenn es einen deutschlandweiten gesetzlichen Mindestlohn geben würde.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Wieso denn?)

Da wäre schon mal das erste Problem, auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das sind Denkschablonen. – Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Es darf keine Regelung geben, die alles und jeden über einen Kamm schert, ohne die regionalen und branchenbezogenen Bedingungen zu berücksichtigen. Und deshalb, meine Damen und Herren, können und sollten wir Löhne nicht aus Berlin festlegen, sondern dies sollte nach wie vor Sache der Arbeitnehmervertretungen und der Arbeitgeber sein,

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Da kann man doch eine untere Grenze ziehen.)

also den Tarifpartnern überlassen bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Nun wird ja immer in der Debatte auf die Mindestlöhne in anderen Ländern verwiesen. Das funktioniert dort auch, wird dann gesagt. Ich will das mal im Einzelnen versuchen, etwas aufzugreifen. In Großbritannien gibt es auch einen sehr fl exiblen Arbeitsmarkt. Es gibt zugegebenermaßen relativ wenige Arbeitslose, die in den Arbeitsmarkt zu integrieren sind, und es gibt gegenwärtig nur 1,9 Prozent der Beschäftigten, die überhaupt zum Mindestlohn arbeiten, weil das Lohnniveau höher ist. Nebenbei gesagt, alle Besucher, die jetzt in Großbritannien waren, sagen, die Preise sind in vielen Bereichen auch etwas höher als in Deutschland.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja, erheblich.)

Ein Mindestlohn von 7,50 Euro würde bei uns in Mecklenburg-Vorpommern fast ein Fünftel der Beschäftigten treffen. Da kann man sagen, genau, das wollen wir haben.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, genau das.)

Ich sage Ihnen, es ist eine riesengroße Gefahr für alles das, was sich jetzt entwickelt hat, wenn eine solche fl ächendeckende Lohnerhöhung, so sehr ich jedem Menschen einen guten Lohn für seine Arbeit gönne, hier stattfi nden würde.

(Zuruf von Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Auch in den USA gibt es einen Mindestlohn, das ist richtig. Aber dann frage ich Sie mal: Wollen Sie denn auch die Flexibilität und das Arbeitsrecht der USA übernehmen?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Besser nicht. – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das sind aber Argumente, die an den Haaren herbeigezogen sind. – Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

In Frankreich gibt es Mindestlöhne. Und wenn man sich die Situation konkret anschaut, dann ist die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich doppelt so hoch wie in Deutschland. Auch das ist, glaube ich, kein Beispiel für uns.

Und wenn wir uns hier, wie ich das gerade gehört habe, auf den US-Sachverständigenrat berufen, dann will ich auch das für uns zunächst einmal hintenanstellen und berufe mich auf den deutschen Sachverständigenrat, der solche fl ächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhne für Deutschland ablehnt.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Die sind ja auch nicht sachverständig. – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wer sitzt denn da drin? – Dr. Armin Jäger, CDU: Fachleute.)

Und übrigens, meine Damen und Herren, auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen, besonders erfolgreich am Arbeitsmarkt sind Dänemark und Österreich, beides übrigens Länder ohne gesetzliche Mindestlöhne, aber mit viel mehr Flexibilität des Arbeitsmarktes, mit zugegebenermaßen auch hohem sozialen Standard. Da könnten wir uns gern mal unterhalten, inwieweit wir diese Dinge weiter anstreben.

(Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Ein einheitlicher fl ächendeckender Mindestlohn von zum Beispiel 7,50 Euro pro Stunde würde – ich habe es gesagt

und wiederhole es noch einmal – viele Arbeitsplätze insbesondere in Ostdeutschland gefährden. Es ist eine einfache Rechnung.

(Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch alles nicht wahr! – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das stimmt doch nicht!)

Produkte und Leistungen werden teurer, das Konkurrenzangebot aus dem Ausland wird nicht teurer. Die Gefahr wächst, dass zahlreiche Betriebe ortsunabhängiger Branchen auch im verarbeitenden Gewerbe ihre Produktionsstätten in das Ausland verlagern. Und da liegt ein entscheidender Unterschied zum Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern zu Großbritannien.

(Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Wir haben eine erheblich lange Außengrenze mit Polen. Das ist zum Beispiel in Großbritannien nicht der Fall.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Sind jetzt die Polen schuld? – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Die Friseusen kommen dann. – Zuruf von Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS)

Flächendeckend einheitliche Mindestlöhne in Deutschland wären für uns in Mecklenburg-Vorpommern auch dramatisch, schaut man sich mal die Situation in Vorpommern an. Gehen Sie dort mal hin! Schauen Sie mal, wie das mit den Dienstleistungsbereichen dort läuft! Prüfen Sie mal, wie viele Leute jetzt schon nach Polen fahren! Und ich sage Ihnen, diese Situation würde sich dramatisch verstärken. Insofern wäre dies keine Lösung für Mecklenburg-Vorpommern.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Ausländerfeindlich.)

Das Lohn- und Gehaltsniveau ist in Mecklenburg-Vorpommern geringer als im deutschen Durchschnitt. Das ist richtig.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja das Problem. – Dr. Armin Jäger, CDU: Warum ist es das?)

Ja, das ist völlig klar.

Auf der einen Seite ist dies für den Binnenkonsum nicht gut, auf der anderen Seite ist es aber – das kann man nun diskutieren, wie man will – natürlich ein Ansiedlungsgrund für Unternehmen. Das sagen die uns auch.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, logisch.)

Und wir wären verrückt, diesen Grund jetzt zu ändern, wenn wir Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern haben.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Niedriglohn als Standortfaktor. Und das sagt ein Wirtschaftsminister! – Harry Glawe, CDU: Das hat er nicht gesagt. – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Genau das hat er gesagt. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Mindestlöhne ziehen zudem eine außerordentliche Kontrollbürokratie nach sich. Trotz hohem Personalaufwand wird die Kontrolle nie fl ächendeckend sein und ohnehin wäre es auch so – das muss man zumindest auch mal

erwähnen –, dass die vorhandene Neigung zur Schwarzarbeit dann noch viel stärker wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Was gibt’s da wohl zu klatschen?!)

Je höher die Messlatte für den Mindestlohn gesetzt wird, desto höher ist der Anreiz, durch Schwarzarbeit, unbezahlte Mehrarbeit oder Scheinselbstständigkeit dieser Regelung auszuweichen und sich illegale Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Meine Damen und Herren, es gilt hier wie in vielen anderen Fällen: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht, denn der Mindestlohn soll wenig Verdienende schützen, er gefährdet aber gerade deren Arbeitsplätze, die einfachen Jobs für Langzeitarbeitslose und gering Qualifi zierte.