Protocol of the Session on March 29, 2007

Nein, so weit können Sie nicht gucken.

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Er wusste das. – Dr. Armin Jäger, CDU: Er hält sich an das, was die Präsidentin sagt. Das ist doch in Ordnung. – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Sowohl Herr Kollege Dr. Timm als auch Herr Minister Seidel haben eigentlich das Wesentliche gesagt, sodass ich das, was ich hätte sagen wollen, kurzfassen kann, um noch einmal auf einige wenige Gesichtspunkte hinzuweisen.

Wir wissen, dass es unserer Bundeskanzlerin in der EUPolitik gelungen ist, die Staats- und Regierungschefs der EU auf ein gemeinsames Klimahandlungskonzept einzuschwören. Und das ist der erste ernsthafte Handlungsrahmen hierfür bei uns in Europa.

Auf die Studie der Vereinten Nationen ist bereits hinreichend eingegangen worden. Wir wissen aber auch, dass aus dem noch nicht veröffentlichten Teil der UN-Studie der Menschheit nicht einmal mehr 15 Jahre bleiben, um durch Klimaschutzmaßnahmen unumkehrbare Prozesse zu verhindern. Und ich unterstelle, dass die Aussagen im Kyoto-Protokoll uns allen bekannt sind.

Ich hatte gerade Gelegenheit, meine Kolleginnen und Kollegen, an einer Tagung in Potsdam zum Thema Klimawandel unter Federführung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung teilzunehmen. Dort ist sehr eingehend auch all das gesagt worden, was hier Gegenstand unserer Diskussion ist. Der Chefökonom dieses

namhaften Instituts in Potsdam hat allerdings vor übertriebenem Dirigismus gewarnt. Er sagte, die Politik muss den Menschen nicht vorschreiben, welche Autos sie kaufen, welchen Sprit sie tanken sollen. Ihre Aufgabe ist es, klar zu signalisieren, dass die Immissionen gesenkt werden müssen, und sie muss die Marktkräfte für den Klimaschutz mobilisieren.

(Beifall Hans Kreher, FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das wird wohl nicht reichen.)

Meine Damen und Herren, das ist eine Warnung, dass wir uns nicht in engmaschigem Dirigismus verstricken sollten. Wir glauben, dass mit unserem Antrag ein wichtiger und guter Beitrag für die Bewertung des Klimaschutzes und für das, was wir tun sollen, in unserem Land getan wird. Eine wissenschaftlich fundierte Studie dient der Versachlichung der Diskussion. Und wir müssen in unserem Land darüber nachdenken, wie wir mit der Grundlagenforschung für den Klimaschutz umgehen.

Meine Damen und Herren, da gab es vor 14 Tagen in einer überregionalen Zeitung einen Hinweis darauf, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Leibniz-Preis, den höchstdotierten Wissenschaftspreis in Deutschland, mit 2,5 Millionen Euro an den Klimaforscher Gerald Haug vom Geoforschungszentrum Potsdam verliehen hat. Dieser hohe Preis steht für Forschungszwecke in Deutschland zur Verfügung. Mit diesem Preis hat die DFG neben der Würdigung des Forschers der Bedeutung des Klimaschutzes Rechnung getragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Preisgeld bleibt in Deutschland, der Forscher geht ins Ausland – wieder ein Forscher, der im Ausland bessere Bedingungen für die Grundlagenforschung fi ndet. Der Preisträger Haug ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er seine Kreativität für die Klimagrundlagenforschung besser in der Schweiz verwirklichen kann. Er geht zur ETH nach Zürich,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Gute Adresse.)

die ihm ein interessantes Angebot gemacht hat, sodass er sogar daraufhin den Ruf an eine amerikanische Eliteuniversität ausgeschlagen hat. Er hat wörtlich in einem Presseinterview gesagt: „,Ich habe mich bewusst für Europa entschieden.‘ … Nicht gegen Deutschland, aber gegen einige deutsche Zustände.“ Er beschreibt die Zustände in unserer Forschungslandschaft mit „Unfreiheit“ und sagt wörtlich: „,Um wirklich als Grundlagenforscher gut arbeiten zu können, braucht man viel Freiheit.‘ … Doch gerade daran mangle es heute in der … Forschungsorganisation,... Genügend Geld zu bekommen, um Geräte und Mitarbeiter zu bezahlen, sei das Eine, noch wichtiger sei es aber, nicht ständig ,in einer irrwitzigen Relevanzdebatte gegängelt zu werden. Typisch deutschen Dirigismus‘ erlebe er fast jeden Tag. Die Forschungsbürokratie, sagt er, verschlingt einen wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit. Bis zu siebzig Prozent jedes Tages gehen mit Berichten, Gremiensitzungen, Formularen drauf. Wer das nicht von innen kenne, könne es kaum glauben.“

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wieder ein Aderlass für die deutsche Forschung, diesmal in dem so wichtigen Bereich der bereits diskutierten Klimagrundlagenforschung. Dieser Fall, meine ich, muss uns besonders nachdenklich machen. Wir werden uns im Bereich der

Forschung fragen müssen, ob wir genügend tun, um auch in der Klimaforschung exzellente Forscher in Deutschland zu erhalten.

Meine Damen und Herren, es liegt uns ein Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS vor. Wir sind der Auffassung, dass wir diesem Änderungsantrag nicht zustimmen können. Das, was wir mit unserem Antrag wollen, ist inhaltlich voll zum Ausdruck gebracht worden. Wir halten den Änderungsantrag für überfl üssig.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na!)

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke schön, Herr von Storch.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Linkspartei.PDS Herr Professor Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme Kollegen Timm fast wörtlich in seinen Ausführungen zu, trotzdem habe ich erhebliche Kritiken an Ihrem Antrag. Im Unterschied zu Herrn Dr. von Storch bin ich der Auffassung, dass eben gerade Ihr Antrag nicht den Anforderungen entspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ihr Antrag ist in der jetzigen Form überfl üssig, weil das, was Sie fordern, bereits getan wird.

Von Ihrem Antrag gehen zwei sehr unterschiedliche Botschaften aus. Eine gute: Die Koalitionsfraktionen nehmen sich endlich des Themas Klimaschutz an, denn in der Koalitionsvereinbarung habe ich selbst beim dritten Durchlesen diesen Begriff nicht gefunden.

(Zurufe von Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Die schlechte Nachricht, die schlechte Botschaft, die mit Ihrem Antrag verbunden ist, ist, dass Sie offensichtlich nicht verstanden haben, was wirklich notwendig ist.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Offensichtlich wissen Sie nicht, welche Vorarbeiten bereits vorliegen. Ich weiß nicht, welche Ursachen es dafür gibt.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Das ist der Diskontinuität anheimgefallen.)

Dann kann man nur spekulieren:

Entweder ist es eine fehlende Kommunikation mit Ihrer eigenen Landesregierung. Die Ausführungen von Herrn Seidel haben deutlich gemacht, was bereits vorliegt und was in Auftrag gegeben ist durch das Ministerium, durch die Arbeitsgruppe. Offensichtlich war Ihnen das so nicht bekannt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Doch. – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Na dann hätte der Nachtrag anders aussehen müssen.)

Und wenn Sie eine wissenschaftliche Studie fordern, will ich darauf hinweisen, dass es davon en masse gibt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Natürlich muss man immer weiter untersetzen, aber Ihr Antrag geht so in diese Richtung, lasst uns mal wissenschaftliche Studien machen, damit wir wissen, was wir tun müssen. Über einen solchen Zustand sind wir längst hinaus.

Oder es ist Ignoranz, dass Sie ganz einfach nicht wahrnehmen wollen, welche Ergebnisse in der Verantwortung eines PDS-Ministers vorher erzielt worden sind. Vielleicht ist das auch der Grund.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Oh, oh, das war mager, das war wirklich mager. – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Manche Absicht ist mager.)

Ja, ich muss das so deuten, sonst kann man doch nicht ignorieren, was vorliegt, was in Ihrem eigenen Hause vorliegt.

Was Sie beschließen wollen, ist aus meiner Sicht ganz einfach nicht zielführend.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wir brauchen ein konkretes Handlungskonzept.)

Wir brauchen sicherlich auch in Zukunft vertiefende Studien. Niemand hat etwas dagegen, aber Ihr Antrag suggeriert es so, als ob wir das brauchen, um zu wissen, was wir tun sollen.

Auch die Fortschreibung des Aktionsplanes „Klimaschutz“ ist eine sehr richtige Forderung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Allerdings hat die Landesregierung das bereits beschlossen, als sie den Aktionsplan „Klimaschutz“ im Jahre 2005 vorgelegt und verabschiedet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es ist so was von selbstverständlich, dass das als eine ständige Aufgabe wahrzunehmen ist.

Sie sollten schnellstmöglich zur Kenntnis nehmen, welche wissenschaftlichen Studien bereits vorliegen. In meiner Amtszeit, aber selbst in der Amtszeit meiner Vorgängerin, sind solche Arbeiten vorgelegt worden. Aus dem letzten Jahr gibt es eine Studie einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe des wissenschaftlichen Beirates des Umweltministeriums. Danach hat es eine Delphi-Studie gegeben, die jetzt vorgelegt wurde.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Es gibt Studien des Potsdamer Institutes, des Hamburger Institutes für Klimafolgenforschung beziehungsweise Meteorologie. Es gibt eine Studie des Institutes für Ostseeforschung Warnemünde, also zahlreiche Studien. Sie haben weitere erwähnt. Es gibt also bereits weitreichende Grundlagen für die Festlegung von sinnvollen Anpassungsstrategien, für konkrete Maßnahmen im Aktionsplan „Klimaschutz“.

Das Wichtigste, meine Damen und Herren, vermissen wir, nämlich sofort zu handeln. Und das ist die Schizophrenie der Politik im Moment in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern!