Protocol of the Session on March 29, 2007

Viertens, die Vermeidung von Liquiditätsengpässen bei der Weitergabe von Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

An dieser Stelle, Herr Lenz, nur eine Information. Wir haben natürlich auch im Finanzministerium und in den Finanzämtern gefragt, ob es denn in den letzten Jahren überhaupt einen belegbaren Fall gab, dass bei der Übergabe eines Unternehmens aufgrund der Erbschaftssteuerzahlung das Unternehmen gefährdet war beziehungsweise Arbeitsplätze verloren gingen. Nach unseren Recherchen ist kein Fall bekannt. Nach unseren Recherchen ist auch kein …

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, weil sie ausweichen.)

Ich spreche von Erbschaftssteuer.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, sie weichen aus.)

Moment, Moment!

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Michael Roolf, FDP)

Lassen Sie mich doch bitte aussprechen.

(Zuruf von Werner Kuhn, CDU)

Es ist nach unseren Recherchen auch nicht bekannt, dass es generell in den letzten Jahren Anträge gab, überhaupt die zehn Jahre Stundung in Anspruch zu nehmen, was notwendigerweise auch begründet werden muss. Ich möchte Ihnen einfach nur anbieten, dass wir mal Informationen austauschen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja.)

Damit habe ich kein Problem.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Die Unternehmen weichen aus.)

Wir haben natürlich auch recherchiert, weil uns klar ist, welche Verantwortung wir hier haben bezüglich der Unternehmensnachfolge und der Sicherung von Arbeitsplätzen.

(Beifall Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Jawohl, lasst Fakten sprechen!)

Und als letzten …

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Roolf? interjection: (keine Zustimmung)

Und als letzten Punkt, und das ist natürlich besonders wichtig, da kann ich als Finanzpolitiker keine andere Position haben: Selbstverständlich erwarte ich auch von der Erbschaftssteuerreform eine deutliche Erhöhung des Erbschaftssteueraufkommens insgesamt.

(Toralf Schnur, FDP: Genau. Genau das ist es.)

Selbstverständlich erwarte ich das.

(Toralf Schnur, FDP: Immer ran!)

Na selbstverständlich.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Ich weiß gar nicht, worin die Aufregung besteht. Wenn Finanzpolitiker kein Interesse haben, die Einnahmeseite zu stärken, weiß ich nicht, was das für Finanzpolitiker sein sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Muss ich mich etwa dafür entschuldigen, wenn ich mich dafür einsetze, dass die öffentlichen Haushalte eine vernünftige Einnahmeseite haben?

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU und FDP – Heike Polzin, SPD: Richtig. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Das kann ja wohl nicht wahr sein!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wir können gleich die Emotionen wieder runterfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auch deutlich die Frage beantworten, wie ich mir das vorstelle. Wie ist eine deutliche Erhöhung des Erbschaftssteueraufkommens möglich? Als Erstes nehmen wir zur Kenntnis, dass Erbschaften in Deutschland stark zugenommen haben. Es gibt neueste Berechnungen bezüglich des Erbschaftssteueraufkommens in den nächsten zehn Jahren, die davon ausgehen, dass wir insgesamt in den nächsten zehn Jahren in Deutschland eine Vererbung haben von sage und schreibe 2,3 Billionen.

(Toralf Schnur, FDP: Aber jemand muss doch arbeiten können.)

2,3 Billionen Euro! In einem Jahr etwa 200 Milliarden Euro!

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Also wissen Sie, auch wenn Sie das noch zehnmal wiederholen oder lauter und so weiter, wird es nicht neuer.

(Toralf Schnur, FDP: Deswegen wird es aber auch nicht falscher.)

Der Erneuerungswert Ihres Zwischenrufes ist wenig ertragreich,

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Toralf Schnur, FDP)

würde ich als Finanzer sagen.

(Marc Reinhardt, CDU: Auf Zuhören schalten!)

Von den 200 Milliarden Euro werden zurzeit, wie gesagt, etwa 4 Milliarden besteuert. Und jetzt kommt es: Gleichzeitig zur Entwicklung des Erbschaftsaufkommens von 2,3 Billionen Euro haben wir eine Zunahme – und das ist ja durchaus positiv – von circa 65 Prozent auf das Bruttovermögen in Richtung des Vermögens von privaten Haushalten. Insgesamt geht es da um 10 Millionen Euro.

Was will ich damit sagen?

Deutschland ist Gott sei Dank ein sehr reiches Land, und darüber sollten wir froh sein. Damit ist klar, dass wir in den nächsten Jahren mehr Vermögen vererben, und demzufolge ist es logisch, dass davon auch mehr ankommen müsste. Und ich bin genauso wie die Finanzministerin überrascht, dass sich das so widerspiegelt in der Entwicklung, denn wir haben in letzten drei Jahren eine abfl achende Einnahme bei der Erbschaftssteuer.

Zweitens begrüße ich das Verfassungsgerichtsurteil ausdrücklich, weil wir eben durch die neuen Bewertungsgrundlagen, die wir bekommen werden, selbstverständlich durch die gleichmäßige Besteuerung aller Vermögensarten eine Riesenchance haben, dass sich insgesamt das Erbschaftssteueraufkommen erhöhen wird. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn ich Immobilien nach dem Verkehrswert berechne, werde ich dort erhebliche Mehreinnahmen haben.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Und drittens, dazu stehe ich selbstverständlich auch, ist natürlich bei Berücksichtigung von ausreichenden Freibeträgen zu prüfen, inwieweit die Steuersätze für größere Erbschaften möglicherweise verändert werden im Sinne von Erhöhungen. Auch das steht logischerweise auf dem Prüfstand und ich halte das auch für gerecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es fehlen zurzeit aktuelle Modellrechnungen – diese fehlen, das ist noch nicht möglich gewesen in der Kürze der Zeit –, die man bezogen auf das Verfassungsgerichtsurteil abchecken könnte, was demnächst möglich wäre. Auch wenn ich eine konservative Berechnung bei konsequenter Beachtung der Spielräume, die wir durch das Urteil haben, unterstelle, wäre eine Verdopplung der 4 Milliarden auf 8 Milliarden Euro durchaus denkbar, auch bei Berücksichtigung der Freibeträge, dieses natürlich nur, wenn wir uns an internationalen Maßstäben orientieren. Deutschland besteuert anteilig am BIP das Erbschaftsgesamtvermögen mit 0,18 Prozent, Großbritannien mit 0,26 Prozent, Schweiz ebenso, USA 0,24 Prozent, Frankreich 0,56 Prozent, Niederlande 0,34 Prozent. Das heißt, wir liegen im internationalen Maßstab noch kurz vor Österreich, die bei 0,8 Prozent liegen. Alle anderen liegen höher. Man kann durchaus feststellen, Deutschland ist eine Steueroase für Erben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)

Im internationalen Maßstab, wenn Sie sich die Zahlen angucken, wenn Sie die Fakten ernst nehmen, kommen Sie zu keiner anderen Schlussfolgerung.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)