Protocol of the Session on June 30, 2011

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Frau Měšťan! Wo ist sie denn jetzt?

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Hier!)

Ach dort. Ich dachte schon, weiter südlich in Europa.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Auch ich, liebe Gabi, möchte dir ganz persönlich meinen Respekt für die Arbeit, die du hier im Landtag geleistet hast, zollen und möchte dir persönlich sagen, dass es angenehm war, mit dir zusammenzuarbeiten. Ich wünsche auch dir ganz persönlich dort im Süden Böhmens alles Gute, Glück, Gesundheit und – auch wenn du es nicht hören willst – Gottes Segen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das weißt du doch gar nicht. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das kann nicht schaden. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ja, etwas hast du gleich am Anfang gefragt, nämlich, ob diese Kommission Geschichte schreibt. Liebe Gabi,

hier möchte ich sagen, Geschichte ist nicht nur immer der subjektive Blick Einzelner auf das, was da geschehen ist, sondern das wird immer auch erst mit der Zeit entschieden. Und das wird auch in diesem Hohen Hause entschieden, wie wir dann in der nächsten Legislaturperiode mit den Empfehlungen dieser Enquetekommission umgehen wollen. Ich bin mir da ganz sicher, dass so in Bausch und Bogen, wie du geurteilt hast über die Arbeit dieser Enquetekommission, nicht zu urteilen ist. Ich bin mir auch ganz sicher, dass wir viele Empfehlungen als Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode haben und der Gesetzgeber entsprechend handeln wird.

Und wenn wir schon über Geschichte reden, auch meine verehrte Vorsitzende der Kommission, Frau Tegtmeier, fing mit Geschichte an. Es ist in der Tat so, es war die 8. Sitzung, das war im Dezember 2006, als da mit hohen Erwartungen – und auch ich hatte diese – die Enquetekommission dann vom Landtag eingesetzt wurde. Diese Erwartungen hatten tatsächlich etwas mit Geschichte zu tun, nämlich mit der Geschichte der Enquetekommission der 3. Legislaturperiode. Und Dr. Armin Jäger, aber auch Heinz Müller, der damalige Vorsitzende, und eben du sind mindestens die, die noch dabei sind und auch damals dabei waren. Die Geschichte dieser Enquetekommission war fast legendär. Man hat sich also vieles anhören müssen.

Es ist richtig, dass auch dort es zunächst so war, dass es einen Prozess gab, der dann zum Schluss dazu führte, dass es eine gemeinsame Erklärung gab und dass gemeinsam in der darauffolgenden Legislaturperiode mit uns – damals als Opposition – die Empfehlungen dieser Enquetekommission eben umgesetzt wurden. Deshalb habe ich eben so viel mehr Hoffnung als zum Beispiel du.

Dieser Einsetzungsauftrag hatte ja eine Menge von Aufgaben formuliert. Als Hauptaufgabe sollten Vorschläge formuliert werden, wie die Gestaltungskraft der Gemeinden und vor allem die demokratische Mitwirkung der Bürger in ihren eigenen Angelegenheiten nun langfristig gesichert werden können. Dazu sollte die Kommission die aktuelle Lage bewerten, analysieren und daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Das ist in der Tat schon eine Menge Holz gewesen, ein großer, ein umfangreicher Auftrag, den diese Enquetekommission abzuarbeiten und die diese Enquetekommission vom Landtag als Aufgabe bekommen hatte.

Wir haben uns damals auch ausdrücklich für eine Enquetekommission entschieden, um der kommunalen Ebene ausreichende Beteiligungsmöglichkeit zu geben. Von Anfang an konnte – und das war meine Auffassung, das ist auch gelungen – sozusagen auf Augenhöhe miteinander verhandelt werden und kommunale Vertreter konnten eben mit Sitz und Stimme als nicht parlamentarische Mitglieder auch in dieser Enquetekommission mitwirken. Das war wichtig und das war gut, das haben die dann auch gemacht. Sie haben sich mit ihren Erfahrungen aus der Praxis eingebracht.

Das war gar nicht immer so leicht, weil es verschiedenste Sichtweisen gab, die da unter einen Hut zu bringen waren. Ich spreche da wirklich aus Erfahrung, wenn ich sozusagen über meinen eigenen Beritt nachdenke.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Da gab es Landräte, da gab es Oberbürgermeister, da gab es aber auch Vertreter von kleinen kreisangehörigen Landgemeinden sozusagen. Dass die jeweils zum Teil zu

ein und demselben Sachverhalt sehr, sehr unterschiedliche Auffassungen hatten,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

das hat wohl jeder von uns gespürt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das hatten Sie in Ihrer ehemaligen Funktion auch.)

Aber ich sage es ganz deutlich, das haben wir auch ganz genau so beabsichtigt. Das wollten wir so. Das haben wir auch deshalb gemacht, weil wir uns sicher waren, dass die Zukunft der Gemeinden dieses Landes nicht etwa sozusagen mit dem Blick von oben, ja, mit dem manchmal auch allwissenden Blick hier, sozusagen aus Schwerin, entschieden werden soll, sondern weil es wichtig war, dass wir die kommunalen Körperschaften dabei haben, und zwar in den verschiedenen Ebenen. Es ist gut, dass wir es so gemacht haben, weil niemals darf über die Köpfe derer hinweg entschieden werden, um die es da geht. Es geht vor allen Dingen mit unserem Einsetzungsauftrag um die Angelegenheiten im kreisangehörigen Raum, dort dieser Gebietskörperschaft.

Meine Damen und Herren, die Kommissionsvorsitzende Frau Tegtmeier hatte den Werdegang der Arbeit der Enquetekommission sehr detailliert beschrieben. Auch bei ihrer Beschreibung wurde eigentlich die Fülle von Aufgaben, die wir da zu erledigen hatten, deutlich.

Dann gab es diesen berühmten Zäsurpunkt, so will ich ihn mal bezeichnen. Das war dieses Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom 26. Juli 2007. Aufgrund der Nichtigkeit des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes, damals der rot-roten Koalition, wurde der bis dahin schon umfangreiche Aufgabenkatalog sozusagen noch einmal erweitert. Da sage ich, Frau Měšťan – und ich glaube, das sollte man der Ehrlichkeit halber tun, ich sage das auch ganz persönlich –, ich halte das heute für einen Fehler rückblickend, weil man hätte vielleicht damals einfach schon in den Paragrafen 1 des Enquetekommissionsgesetzes hineinschauen sollen, der die Aufgaben von Enquetekommissionen beschreibt. Wir haben einiges ganz gut hingekriegt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist richtig.)

Insbesondere, was das Leitbild betraf, haben wir, glaube ich, sehr gute Arbeit geleistet. Ansonsten war die Arbeit der Enquetekommission in der Tat beschwert, weil wir oft den Ereignissen hinterherliefen, das sage ich der guten Ehrlichkeit halber heute auch. Sollte ich aus irgendwelchen Gründen vielleicht noch mal in die Verlegenheit kommen, in einer ähnlichen Situation eine Entscheidung zu treffen, würde ich heute meiner Fraktion anraten, dieses anders zu tun.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Aber wir haben das damals so gemacht.

Das heißt jetzt, am Ende der Legislatur ist eben Zeit, auch zu überprüfen, ob die Enquetekommission die in sie gesetzten Hoffnungen nun erfüllt hat. Dass ich da anderer Auffassung bin als Sie, Frau Měšťan, das will ich gleich mal vorwegschicken und auch als Grundaussage vorwegschicken, dass die Arbeit der Enquetekommission nach meiner Auffassung eher immer konstruktiv war und durchaus auch etwas mit diesem Geist der Enquetekommission aus der 3. Legislaturperiode zu tun hatte.

Deswegen möchte auch ich mich im Namen meiner Fraktion ganz ausdrücklich bei allen Kommissionsmit

gliedern, den beratenden Mitgliedern, den beiden Kommunalverbänden und der Landesregierung für die konstruktive Arbeit bedanken. Das, was wir jetzt als Ergebnis haben, ist durchaus das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit. Das ist, glaube ich, hervorzuheben. Das ist auch gut so.

Damit ich das ja nicht vergesse, ich möchte mich auch im Namen meiner Fraktion wirklich für die sehr gute Arbeit des Sekretariates bedanken. Das war wirklich eine herausragende Arbeit. Auch dort noch einmal herzlichen Dank.

Das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengung ist immerhin ein einstimmiger Beschluss des vierten Zwischenberichtes und auch ein einstimmiger Beschluss des Abschlussberichtes in der Kommission. Ich glaube, das ist so selbstverständlich nicht. Das war, finde ich, ein gutes Stück gemeinsamer Arbeit. Das muss man an dieser Stelle sagen und das ist auch hervorzuheben.

Dem Landtag der nächsten Wahlperiode wird nun unter anderem empfohlen, die Kommunalverfassung um ein weiteres Gemeindemodell zu erweitern, nämlich die Verbandsgemeinde. Die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung bedeutet eben auch immer Stärkung der kleineren Gemeinden. Ich sage ausdrücklich nicht, der Gemeinden, die sozusagen von unserer Kommunalverfassung nicht erfasst sind, aber ich sage auch, der kleineren Gemeinden im Land, denn andere Bundesländer haben uns das zum Teil schon seit vielen Jahren vorgemacht, andere Bundesländer, die übrigens nicht so vom demografischen Wandel betroffen sind wie wir, und andere Bundesländer im Übrigen auch, die eine höhere Besiedlungsdichte haben, wie zum Beispiel Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt. Und es ist egal, ob das Modell in diesen Bundesländern nun Verbandsgemeinde, Samtgemeinde oder sonst wie heißt, sie haben alle das gleiche Ziel.

Um dieses Ziel sollte es uns auch nach den Anhörungen gehen, nämlich die politische Selbstständigkeit. Das ist ein wichtiges Ziel der Mitgliedsgemeinden, mit dem Ziel der Stärkung und Konzentrierung der Verwaltungskraft, denn nur dort ist wirklich Effizienzrendite zu erzielen und wirklich auch Einsparpotenzial, nicht etwa bei dem wenigen, was so ein ehrenamtlicher Bürgermeister in einer kleineren Gemeinde an Entschädigungen bekommt. Das ist es nun wirklich nicht.

Meine Damen und Herren, wer also über die Zukunft der Gemeinden im ländlichen Raum redet, der darf auch die Geschichte dieser Gemeinden in unserem Land nicht aus dem Blick lassen. Viele Gemeinden in unserem Land haben eine jahrhundertealte Tradition, sie haben wechselnde Herrschaften, Herzog- und Großherzogtümer, sie haben Schweden und Preußen, sie haben Kriege und Besetzungen und selbst rot-rote Koalitionen kommen und gehen sehen und haben sie überlebt. Diese Gemeinden, wenn sie den Vorgaben unserer Kommunalverfassung entsprechen – das will ich noch einmal sagen, trotz des heutigen Urteils will ich das noch einmal klar sagen, weil das eben ein Ergebnis der Enquetekommission der 3. Legislaturperiode war, diese 500-Einwohner-Größe, die dann in die Kommunalverfassung kam –, sollen auch weiterhin die Möglichkeit haben, weiterzuexistieren. Dies schaffen wir, das können wir schaffen durch dieses Modell der Verbandsgemeinde. Die Mitgliedsgemeinden bleiben nämlich rechtlich selbstständig …

(Toralf Schnur, FDP: Wer hat das denn vorgeschlagen?)

(Toralf Schnur, FDP: Ich frag nur.)

Ja, vergesst das nicht, ja?! Darauf komme ich gleich noch.

(Toralf Schnur, FDP: Es hätte ja auch sein können, dass wir es waren.)

Die Mitgliedsgemeinden bleiben also rechtlich selbstständig, das ist wichtig, mit einem eigenen gewählten Bürgermeister vor Ort und auch mit einer eigenen gewählten Gemeindevertretung.

(Angelika Peters, SPD: Vielleicht war die Bürgermeisterin dabei vor Ort.)

Lediglich die übertragenen Aufgaben, die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, aber auch die Aufgaben, die übertragen werden sollen auf diese Verbandsgemeinde, diese Aufgaben werden also durch den Verbandsbürgermeister und die Verbandsgemeindevertretung dann übernommen. Wir wissen spätestens seit dem Urteil aus Schleswig-Holstein, ich glaube, vom 26.02. dieses Jahres, dass dies auch rechtlich einfach geboten und vernünftig ist.

Auch diese beiden Organe, also der Verbandsbürgermeister und die Verbandsgemeindevertretung, sollen eben von allen Bürgerinnen und Bürgern der Verbandsgemeinde gewählt werden. Auch das, weiß ich aus eigener Erfahrung, kann durchaus sehr wichtig sein. Damit geben wir den Ehrenamtlern der Mitgliedsgemeinde die Möglichkeit, sich auch weiterhin mit ganzer Kraft ihrer Zukunft zu widmen.

Und, meine Damen und Herren, das war doch das Ziel der Arbeit der Enquetekommission, nämlich Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die die Gestaltungskraft der Gemeinden und die demokratische Mitwirkung der Bürger in ihren eigenen Angelegenheiten auch langfristig sichern sollen. Nicht die Einheitsgemeinde ist sozusagen irgendwo das Ziel, sondern die eigenständige kommunale Selbstverwaltung ist das Ziel. Da gibt es eben mehrere Wege, um dieses Ziel zu erreichen.

Dabei war es gerade uns, das heißt den von der CDUFraktion berufenen Mitgliedern, sehr wichtig, dass die Besonderheiten in unserem Bundesland nicht außer Acht gelassen werden. Ich habe mal ein Gespräch mit einem hochrangigen Vertreter aus dem Ministerium gehabt, der fragte mich, ob wir denn im Ernst wollen, …

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Nein, so weit nicht, aber ich lass dich ruhig weitersuchen, aber weit darunter.

… der hat mich gefragt: Wollt ihr denn wirklich die Kommunalverfassung so beschweren? Wollt ihr neben dem allgemeinen Teil in der Kommunalverfassung, der Amtsordnung und der Landkreisordnung denn wirklich noch zusätzlich später eine Verbandsgemeindeordnung haben? Ich habe gesagt Ja und ausdrücklich Ja, weil es viele gute Gründe gibt in diesem Land, das so wie kein anderes Bundesland auch noch von der demografischen Entwicklung erfasst ist, sich so unterschiedlich wirklich in den verschiedenen Landesteilen, aber auch einfach zwischen Nord-Süd oder meinetwegen der Bereich um Rostock völlig anders als meinetwegen der Bereich, wo schon heute nur 27 Einwohner auf den Quadratkilometer leben,...

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)