Protocol of the Session on June 29, 2011

Ein wichtiges Argument in diesem Bereich, gerade bei uns im dünn besiedelten Flächenland, ist, dass wir, zum Beispiel in den Bioenergiedörfern, mit vielen kleinen Anlagen deutlich machen, das, was hier passiert, kommt direkt den Menschen vor Ort zugute. Das steigert einfach die Akzeptanz. Wenn wir das nicht tun, wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden wir Hunderte von Bürgerinitiativen haben, Tausende von Klagen,

(Udo Pastörs, NPD: Die sind jetzt schon da, die Bürgerinitiativen. Gott sei Dank!)

und wir werden nicht vorankommen. Also, die Menschen müssen mitgenommen werden. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir alle gemeinsam dafür werben, welch große Chance diese Energiewende für uns bietet.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Also, meine Damen und Herren, ich möchte, dass wir die Riesenchance der erneuerbaren Energien, eine der wichtigsten Zukunftsperspektiven für unser Land gemeinsam nutzen, um Mecklenburg-Vorpommern wirtschaftlich voranzubringen, für gute Arbeitsplätze und für Wertschöpfung hier im Land. Lassen Sie uns das bitte gemeinsam anpacken in diesem wichtigen und spannenden Prozess, der jetzt passiert, wo innerhalb kürzester Zeit wichtige Entscheidungen getroffen werden. Lassen Sie uns da zusammenhalten und diese Entscheidung so beeinflussen, dass das Beste für Mecklenburg-Vorpommern herauskommt. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Holter, Fraktionsvorsitzender der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn am Ende der Legislaturperiode das Thema „Energiewende – Chancen für Mecklenburg-Vorpommern“ von einer Fraktion aufgesetzt wird in der Aktuellen Stunde, muss ein Rückblick erlaubt sein:

Wer seit 2006 gegen das Steinkohlekraftwerk in Lubmin zu Felde gezogen ist, dagegen protestiert hat, eine abweichende Auffassung hatte, der hätte dem Land Schaden zugefügt, so die SPD und auch die CDU. Wer zur Jahreswende 2010/2011 gegen Atomkraft aufgetreten ist, der schade der deutschen Wirtschaft, so die CDU. Die CDU und die FDP, die schwarz-gelbe Koalition in Berlin, hat die Laufzeiten verlängert mit der Begründung, dass die deutsche Technologie und die deutsche Sicherheit das Beste sind, was es auf der Welt gibt, dass damit eine preiswerte Energiebasis für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft geschaffen wird und dass der Atomstrom – wir erinnern uns – die Brückentechnologie hin zu den erneuerbaren Energien sein muss.

(Vincent Kokert, CDU: Das stand auch nie in Abrede.)

Das war Ihre Position. Ich habe nur die drei Positionen wiederholt, um das noch einmal klarzumachen, was damals der Ausgangspunkt war.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Die Folge für Mecklenburg-Vorpommern war, dass die Entscheidung, zwei Gaskraftwerke in Lubmin zu realisieren, zumindest von den Investoren verschoben, ausgesetzt wurde. Das ist eine Folge Ihrer energiepolitischen Position aus der Zeit vor Fukushima.

(Ute Schildt, SPD: Nee, das stimmt nicht. – Vincent Kokert, CDU: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Das kann man überall nachlesen,

(Zurufe von Matthias Mantei, CDU, und Beate Schlupp, CDU)

das ist überall bestätigt worden. Nun regen Sie sich mal nicht auf!

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diese Argumentation, die drei Punkte, die ich hier kurz zusammengefasst habe, Herr Kokert und Frau Schlupp, hat die CDU inzwischen versenkt. Das ist auch gut so. Aber was haben Sie eigentlich gemacht? Sie sind unglaubwürdig geblieben den Menschen gegenüber

(Vincent Kokert, CDU: Ach!)

und haben auf der anderen Seite auch Ihre Klientel, nämlich die Wirtschaft, verschaukelt.

(Vincent Kokert, CDU: Schön, dass Sie sich um uns Sorgen machen, Herr Holter.)

Ich mache mir um Sie keine Sorgen, ich mache mir Sorgen um die Wirtschaft und um die Menschen. Sie haben diese nämlich für dumm verkauft mit Ihrer Position.

(Renate Holznagel, CDU, Vincent Kokert, CDU, und Matthias Mantei, CDU: Ach!)

Ja, selbstverständlich!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Woran soll denn jetzt die CDU noch gemessen werden? Das ist doch Ihr Problem, welches Sie als Partei haben!

(Torsten Renz, CDU: Jähe Wendungen.)

SPD und CDU haben in der Tat, das haben wir eben gerade wieder erlebt, eine neue Zeitrechnung aufgemacht. Ich habe das bei mehreren Auftritten des Minister präsidenten in der Vergangenheit erlebt, dass Sie, Herr Sellering, tatsächlich Ihre energiepolitische Wende vor Fukushima begonnen haben und dass die SPD als Vorreiter der erneuerbaren Energien in Mecklenburg-Vorpommern hier sich generiert und auftritt. Die Anstrengungen der Arbeit, die die SPD-Landtagsfraktion vollzogen hat, erkenne ich an.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vielen Dank, Herr Holter! – Udo Pastörs, NPD: Ha, ha!)

Aber die Zeitrechnung beginnt nicht 2009, die Zeitrechnung beginnt lange, lange davor.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und dazu gehört eben auch, und das hat Herr Timm angesprochen, der Streit um das „Energieland 2020“, um dieses Landeskonzept. Wir haben damals gesagt, dieses Konzept ist halbherzig, es ist inkonsequent, weil es genau von den falschen fachlichen und politischen Positionen heraus entwickelt wurde. Das ist hier von dem energiepolitischen Sprecher der SPD klar angesprochen worden.

Ja, auch das ist unsere Auffassung, und das können Sie immer wieder nachlesen und auch rekapitulieren: Wir haben die erneuerbaren, die alternativen Energien immer als Chancen für Mecklenburg-Vorpommern begriffen. Ich will da ausdrücklich noch einmal Professor Dr. Methling nennen, der als Umweltminister hier wirklich Pionierarbeit geleistet hat. Wir stünden ganz woanders, wenn diese Arbeit damals nicht durch den Umweltminister Methling so vorangetrieben worden wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Tolle Leistung.)

Ja, eine tolle Leistung, die muss man hier auch mal würdigen.

(Vincent Kokert, CDU: Das habe ich sogar schon mal gesagt.)

DIE LINKE hatte immer eine klare Linie. Wir haben auch gegen den Strom gekämpft, wir sind konsequent auf unserer Linie der erneuerbaren Energien geblieben.

(Udo Pastörs, NPD: Gegen den Strom gekämpft!)

Wir haben immer gesagt, dass mit den erneuerbaren Energien auch mehr Arbeitsplätze, hochwertige Arbeitsplätze verbunden sind und wir sehr wohl diese Strategie für die nachhaltige Entwicklung als Jobmotor begreifen. Die Frage ist aber, und das ist auch eine Frage an die Landespolitik, Herr Sellering: Was passiert denn eigentlich im Land Mecklenburg-Vorpommern?

Wir diskutieren über Fachkräfte, Sie selbst haben jetzt eine Zahl gesagt, 22.000, die Grünen, glaube ich, reden über 50.000. Das ist jetzt, glaube ich, auch nicht die entscheidende Frage. Es werden neue Stellen geschaffen, da sind wir uns ja alle einig. Die Frage ist, ob wir auch sehr schnell die Anerkennung neuer Berufsfelder erreichen, neue Ausbildungsberufe entwickeln, damit tatsächlich diejenigen, die auf diesen Stellen arbeiten, als Fachkräfte, als ausgebildete Experten dann auch entlohnt werden. Denn da nehme ich Sie beim Wort, es geht um gut bezahlte Arbeitsplätze. Und wenn es also um die Fachkräfte geht, dann hat das natürlich auch etwas mit Entlohnung zu tun. Die Argumentation dazu kann ich mir jetzt hier sparen.

DIE LINKE will, dass Mecklenburg-Vorpommern nicht nur Tourismusland und Gesundheitsland Nummer eins wird, sondern auch das Land der erneuerbaren Energien. Und da, meine Damen und Herren, befinden wir uns im Wettbewerb. Da kann man nach Bayern schauen und da kommen wir zu einem wesentlichen Problem. Der dortige Ministerpräsident Seehofer hat dieser Tage, also in dieser Woche, eine Regierungserklärung abgegeben, wo er versprochen hat, die große Energiewende in Bayern einzuleiten. Er will Bayern bei der Energiewende zum Vorreiter in Europa machen. Da sind wir genau bei der Frage, die eben in Ihrer Rede, Herr Sellering, auch angesprochen wurde: Was ist mit dem Strom der offshore, onshore, Biogas, der über die vielen Anlagen erzeugt wird? Wir wollen ja Exportland werden für alternative Energien, da sind wir uns ja alle einig, denke ich, aber dazu brauchen wir natürlich die Abnehmer. Wir stehen in diesem Zusammenhang im Wettbewerb mit den anderen Ländern, die natürlich auch diese Energiewende vollziehen wollen.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Einige von uns waren ja beim IHK-Empfang letzte Woche hier in Schwerin zugegen, da ist direkt von einer Referentin über Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit gesprochen worden. Das muss in Übereinstimmung gebracht werden. Und ich füge ausdrücklich hinzu, es geht auch um die sozialen Folgen dieser Energiewende.

Ich habe das vernommen, was Herr Sellering hier eben wiederholt zum Ausdruck gebracht hat. Sie haben mal gesagt, es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die Endverbraucher abgeschoben, abgelagert werden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist auch unser Begehren.)

Sie haben das eben eindeutiger formuliert. Dafür bin ich Ihnen dankbar, dass Sie das so klar zum Ausdruck gebracht haben. Das sollte auch eine Position sein, die Mecklenburg-Vorpommern in die Debatte zu den Gesetzen auf Bundesebene einbringt. Warum? Weil es nämlich nicht sein kann, dass die Bürgerinnen und Bürger am Schluss die Zeche zahlen, übrigens auch nicht die Wirtschaft und gerade in Mecklenburg-Vorpommern die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist eine unserer zentralen Forderungen, Herr Holter.)

Also wenn das eine Grundposition ist, die uns einigt, dann sollte das auch Maßstab bei allen anderen Fragen sein, dass wir tatsächlich hier darum kämpfen, dass die Kosten nicht verlagert werden. Ich sage gleich, warum das notwendig ist. Wir hatten, ich darf daran erinnern, in der vergangenen Landtagssitzung genau dazu einen Antrag eingebracht. Der Antrag wurde von Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, abgelehnt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weil wir das längst machen. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)