Im Rahmen der Anhörung hat es einen regen und konstruktiven Austausch vieler Vorschläge und Argumente gegeben und dieses hat sich dann bei der internen Ausschussberatung fortgesetzt. Exemplarisch möchte ich einige Themen ansprechen, zum Beispiel die Einführung der Anstalt des öffentlichen Rechts für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, die Überarbeitung der Vorschrift über die geschäftsführenden Gemeinden, die Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwanges im Zusammenhang mit Klimaschutzvorhaben auf der örtlichen Ebene und Weiteres. Wie gesagt, diese Liste ist nicht abschließend.
Das wichtigste Thema war aber nach meiner Einschätzung die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Energiebereich. Alle kommunalen Interessenvertreter haben diese Regelung zur wirtschaftlichen Betätigung befürwortet, insbesondere natürlich der Vertreter des kommunalen Wirtschaftsverbandes. Dementgegen haben die Wirtschaftsvertreter befürchtet, dass es mit einer Ausweitung der wirtschaftlichen kommunalen Betätigung zu einer Schlechterstellung der privaten Wirtschaft kommt. Angeregt wurde daher von den Vertretern der Privatwirtschaft, eine Verpflichtung im Gesetz aufzunehmen, dass vor der jeweiligen örtlichen Entscheidung über die örtliche Betätigung einer Kommune die Vertreter der Organisationen der jeweils betroffenen Wirtschaftsbereiche die Unbedenklichkeit der konkreten örtlichen Vorhaben bescheinigen sollen. Diese und weitere Vorschläge führten nach einer gründlichen Debatte zu über 60 Änderungsanträgen, zwei Drittel kamen von den Kollegen aus der FDP-Fraktion.
Mehrheitlich wurden dann Änderungen zum eingebrachten Gesetzentwurf in folgenden Bereichen beschlossen: zum Beispiel zum Bestandsschutz für kleine Fraktionsstärken, zum Akteneinsichtsrecht, es gab eine Klarstellung zur überörtlichen wirtschaftlichen Betätigung bei der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung, zur Größe der Amtsausschüsse und einiges mehr.
Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen nach, wie ich finde, einer sehr konstruktiven Debatte hier im Hohen Hause mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf der Drucksache 5/4173 in der von ihnen geänderten Fassung und im Übrigen unverändert anzunehmen. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 180 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat um das Wort gebeten der Innenminister des Landes Herr Caffier. Bitte schön, Herr Innenminister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Was lange währt, wird endlich gut. Ich glaube, keine Weisheit wäre passender, um die Novellierung der Kommunalverfassung in einem Satz zusammenzufassen.
Die Ursprünge der heute abschließenden Lesung der vorliegenden neuen Kommunalverfassung reichen bis ins Jahr 2005 zurück. Es gab viele und oft auch gegensätzliche Ansätze, aber klar war von Anfang an bei allen, die sich an der Diskussion beteiligten, wir wollen im Ergebnis die Kommunen stärken, die Selbstverwaltung in den Kreisen und den Gemeinden. Das ist uns unter dem Strich, glaube ich, gut gelungen. Die neue Kommunalverfassung gibt unseren Kommunen die Instrumente in die Hand, die sie für die Zukunftsfähigkeit sichern.
Wie heißt es doch immer, das hat Heinz Müller mir zu Beginn der Legislatur gleich gesagt: Kein Gesetz verlässt den Landtag so, wie es eingebracht wurde.
Da macht auch die Kommunalverfassung keine Ausnahme. Sie haben gegenüber dem Regierungsentwurf, und der Ausschussvorsitzende hat schon einmal darauf hingewiesen, eine gewichtige Änderung vorgenommen, die, das räume ich auch freimütig ein, die Novelle noch besser macht. Verbesserte Möglichkeiten bei der Einsichtnahme in Verwaltungsakten oder der Absetzung von Tagesordnungspunkten stärken die Rechte der Minderheiten in den kommunalen Vertretungen und sind letztendlich auch Ausdruck von gelebter Demokratie. Genauso wichtig, vor allem für die Betriebe vor Ort, ist auch die Pflicht zur Anhörung der örtlichen Vertreter der Wirtschaft, bevor die Kommune eine neue wirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt.
Meine Damen und Herren, Demokratie lebt von Mitmachen, das gilt gerade in den Kreisen und in den Gemeinden unseres Landes. Ehrenamtliches Engagement heißt: Mitglied im Kreistag, in der Gemeindevertretung oder als sachkundiger Bürger ist Einsatz für die örtliche Gemeinschaft. Dort, in den Kreistagen und in den Gemeindevertretungen, lebt die aktive Bürgergesellschaft. Aktive Bürgergesellschaft bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und mitzuentscheiden, wenn es um die Dinge vor der eigenen Haustür geht. Kommunale Selbstverwaltung ist also das beste Beispiel für eine aktive Bürgergesellschaft. Verantwortung kann aber nur übernehmen, wer gut informiert ist, vor allem vor großen Investitionen. Die Diskussionen der letzten Wochen haben das gezeigt. Deshalb müssen die Bürgerinnen und Bürger künftig darüber informiert werden, welche finanziellen Risiken mit den Vorhaben einhergehen und welche Kosten folgen oder etwa durch höhere Abgaben drohen. Denn klar ist doch, kein Gemeinwesen kann auf Dauer mehr Geld ausgeben, als es einnimmt. Die Diskussion hatten wir schon mal vor einigen Stunden.
Diese Tatsache wird den Bürgerinnen und Bürgern durch die neue Informationspflicht noch einmal ganz deutlich vor Augen geführt. Niemand kann beispielsweise eine neue Schwimmhalle bauen, wenn er nicht weiß, woher das Geld kommen soll. Ich bin fest davon überzeugt, dass die neue Informationspflicht die Willensbildungsprozesse der kommunalen Vertretung unmittelbar beeinflussen wird. Oder die Einwohnerfragestunde, sie ist keine lästige Pflicht der kommunalen Selbstverwaltung, sie ist eine Selbstverständlichkeit. Jeder, der in der Gemeinde wohnt, Grundeigentum hat oder ein Gewerbe betreibt, hat einen Anspruch darauf, dass seine Fragen beantwortet werden. Das geschieht auch im Interesse der Gemeinde oder des Kreises. Denn wer gut informiert ist, kann Entscheidungen der Vertretung nachvollziehen.
Die Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume zieht sich als roter Faden durch die gesamte neue Kommunalverfassung. Kommunale Selbstverwaltung heißt vor allem, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Ehrenamtliche Mandatsträger werden nur dort Befriedigung aus ihrer Tätigkeit ziehen, wo sie mitgestalten können und nicht nur gesetzliche Vorgaben nachvollziehen müssen.
Die neue Kommunalverfassung räumt ihnen deshalb Entscheidungsspielräume ein. Dies betrifft beispielsweise die kommunale Zusammenarbeit oder die rechtlich erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten bei der wirtschaftlichen Betätigung. Größere Spielräume gibt es auch bei der Ausgestaltung der Ortsteilverfassung. Starke Ortsteile als Entfaltungsräume für örtliche Identität und ehrenamtliches Engagement sind meines Erachtens der Schlüssel dazu, Gemeindefusionen erfolgreicher zu gestalten.
Hier kommt dem möglichen zukünftigen Ortsvorsteher eine zentrale Bedeutung zu. Er ist in Zukunft der Kümmerer vor Ort. Er vertritt die Angelegenheiten des Ortsteils in der Gemeindevertretung. Anders ausgedrückt, er sorgt dafür, dass der Ortsteil eine lebendige Gemeinschaft bleibt. Aus diesem Grund ist es nur konsequent, dass Bürgermeister, die aufgrund einer Gemeinde fusion ihr Amt verlieren, bis zum Ende der Wahlperiode als Ortsvorsteher fungieren können.
Meine Damen und Herren, ein ganz zentraler Punkt der Novelle ist natürlich die wirtschaftliche Betätigung unserer Kommunen.
Ich möchte einmal ausdrücklich klarstellen, dass die Gesetzesnovelle keine Unruhe in das bestehende ordnungspolitische Gleichgewicht zwischen Kommunen und Privatwirtschaft bringen wird. Ob sich eine Kommune wirtschaftlich betätigt
oder eine vorhandene Betätigung ausweitet, ist fassungsrechtlich vorrangig ihre eigene Entscheidung. Ich habe mir noch einmal alle Kreistage angeguckt, es gibt in allen Kreistagen auch Interessenvertreter der Wirtschaft. Sie müssen dann ihre Interessen auch wahrnehmen und dürfen das nicht nur auf den Schultern der Landräte oder Bürgermeister im Entscheidungswege alleine lassen.
Die hierbei zu beachtenden rechtlichen Schranken bleiben durch die Novelle völlig unangetastet. Wenn die wirtschaftliche Betätigung aber rechtlich möglich ist, dann sollen die Kommunen künftig neben Eigenbetrieben und GmbHs mit der Anstalt des öffentlichen Rechts eine zusätzliche Ausgestaltungsmöglichkeit erhalten. Diese Alternative gibt es in einigen anderen Bundesländern im Übrigen schon seit vielen Jahren und sie hat dort Erfolg.
Ich habe schon bei der Ersten Lesung gesagt, und ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne, jeder, der unseren Kommunen die wirtschaftliche Betätigung am besten ganz verbieten will, ist auf dem Holzweg, denn niemand will umgekehrt die Unternehmen verpflichten, unwirtschaftliche und nicht profitable, aber notwendige Einrichtungen der Daseinsfürsorge zu betreiben. Das wäre genauso unsinnig, wie den Kommunen das Recht auf wirtschaftliche Betätigung abzusprechen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, klar ist, und so regelt es auch Paragraf 68, eine wirtschaftliche Betätigung, die ausschließlich oder ganz überwiegend zum Zweck der Gewinnerzielung erfolgt, ist unzulässig. Die Kommunalverfassung bietet nicht die Grundlage dafür, eine neue Staatswirtschaft einzuführen. Das war auch von keinem Abgeordneten in diesem Haus so vorgesehen. Die hatten wir hier in Mecklenburg-Vorpommern vor längerer Zeit. Das muss ich nicht weiter ausführen. Deshalb ist es auch völlig richtig, zum Schutz der Betriebe vor Ort ein Anhörungsrecht für die Vertreter der Wirtschaft vorzuschreiben, und zwar bevor die Gemeinde
Jede Kommune hat sich mit den Auswirkungen auf die örtliche Wirtschaft und das Handwerk auseinanderzusetzen.
Ein nächster wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Energiewende. Sie ist zurzeit in aller Munde.
In Hamburg beispielsweise gibt es sogar ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, die Versorgungsnetze zurückzukaufen. Kommunen sollen die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser sicherstellen.
Aus diesem Grund sind insbesondere Einrichtungen zur Erzeugung erneuerbaren Energien künftig gesetzlich privilegiert. Außerdem wird das Örtlichkeitsprinzip in den Bereichen Strom-, Gas- und Wärmeversorgung zwar nicht gänzlich aufgegeben, aber doch gelockert. Und das ist auch richtig so. Eine derartige Betätigung dient künftig auch außerhalb des Gemeindegebietes einem öffentlichen Zweck.
Meine Damen und Herren, ob wirtschaftliche Betätigung, Bürgerbeteiligung oder Erweiterung der Ortsteilrechte, mit der neuen Kommunalverfassung wird die kommunale Selbstverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin gestärkt werden. Das neue Gesetz gibt Antworten
auf die Fragen, die den Kreisen, Ämtern und Gemeinden auf den Nägeln brennen, und sichert so auch ihre Zukunftsfähigkeit. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund der in einem Vierteljahr in Kraft tretenden Kreisgebietsreform. Gemeinsam mit dem FAG ist die Kommunalverfassung das wichtigste Gesetz für die kommunale Familie. Stimmen Sie dem Gesetz zu
und sichern Sie so auch die Zukunft der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern! – Recht herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende Herr Roolf. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister hat es hier angesprochen, wir haben im Wesentlichen, wenn wir über die Kommunalverfassung reden,