Und da legen Sie immer Wert drauf, dass 0,5 Lehrerwochenstunden etwas anderes sind als 3 Wochenstunden,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
Ich wollte nur mal charmant auf so etwas hinweisen. Das passierte ja in den letzten Jahren ganz oft, dass Sie genau solche Zahlenbeispiele wählen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass gegen die Zielbeschreibung des Antrages wenig einzuwenden wäre,
wenn er denn die konkreten Aufgaben zur Erreichung dieses Ziels auch festschreiben würde. Das tut er aber nicht.
Sie fordern die Landesregierung auf, Zitat, „das Konzept zur sprachlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund vor dem Hintergrund des neuen Schulgesetzes und den Schwerpunkten der individuellen Förderung und selbstständigen Schule im Rahmen der Haushaltsansätze fortzuschreiben.“ Ende des Zitats.
Was Sie vielleicht wollen, kann man in einer dpa-Meldung vom Montag lesen, die ja jetzt schon eine Rolle gespielt hat, in der der Fraktionsvorsitzende der SPD erklärt, dass laut Rahmenplan des Bildungsministeriums für die Sprachförderung drei Zusatzstunden pro Woche vorgesehen sind, die Schülerinnen und Schüler aber nur eine halbe Stunde erhalten.
Im Prinzip, und deswegen gebe ich das gerne charmant zurück, kann man sagen, eigentlich ist die Kritik richtig so. Wir haben immer erklärt, dass der Nachteil der schülerbezogenen Stundenzuweisung in der Intransparenz liegt. Es wurden möglicherweise die drei Zusatzstunden in den ganz normalen Stundenpool eingerechnet,
aber beim Schüler kommt nun explizit nach der Unterrichtsversorgungsverordnung nur noch die halbe Lehrerwochenstunde an. Im günstigsten Fall wurden die restlichen Stundenvolumina für andere Zwecke verwendet, im ungünstigsten Fall sind sie einfach eingespart worden.
Und wenn Sie sagen, Herr Minister, das ist falsch, dann möchte ich Ihnen sagen, wie der Rechtszustand vor der Einführung der schülerbezogenen Stundenzuweisung war. Da war nämlich die gesetzliche Regelung so, dass pro 1.000 Schüler 15 Stunden zur Verfügung gestellt worden sind. Und das ergab alleine im Schuljahr 2004/2005 einen Umfang von knapp 2.600 Stunden beziehungsweise 96 Stellen im Land, aufgeteilt auf die vier Staatlichen Schulämter.
Und wenn ich mir jetzt sozusagen Ihre Berechnung nehme und sage, diese 0,5 Berechnungsfaktor schülerbezogene Stundenzuweisung, die rechne ich hoch auf die von Ihnen hier genannte Zahl, dann komme ich mit Abstand nicht auf ein entsprechendes Volumen. Und die absolute Zahl hat sich in der Tat ja nicht wesentlich verändert, wie dem Bericht zu entnehmen ist.
Ich kann jedenfalls immer nur konstatieren, offensichtlich hat man jetzt gemerkt, und das hat Herr Brodkorb ja auch in der Einführung des Koalitionsantrages hier getan, dass es bei der entsprechenden Umsetzung der Förderrichtlinie, die im Übrigen aus der Zeit von Rot-Rot, nämlich vom Mai 2006 stammt, jetzt Schwierigkeiten gibt, weil sich im Rahmen der entsprechenden Flächensituation des Landes die Bildung von größeren gemeinsamen Unterrichtsformen für diese Schülerinnen und Schüler schwieriger gestaltet, und dass man de facto einen höheren Nasensatz benötigt, um eine entsprechende Fortbildung oder Unterricht in Deutsch zu gewährleisten. Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns für die entsprechende Umsetzung dieses Vorhabens engagieren wollen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sagen selber in Ihrem Antrag, der Deckel liegt auf dem Topf und Umverteilungen können nur innerhalb dieses Topfes erfolgen. Anders gesprochen, wir hatten vorhin das Bild der Suppe: Die Suppe in diesem Topf ist so dünn, dass ihr Nährwert für die Schulen seine Grenzen längst unterschritten hat.
Die daraus resultierende Mangelverwaltung, zum Beispiel bei der individuellen Förderung, beklagen die Schulen seit Langem. Aber die Klagen wurden bisher nicht ernst genommen oder gar als Meckerei abgetan. Ich bin sehr gespannt, falls wir die Ergebnisse noch bekommen – und zwar vor Ende der Legislaturperiode und vor der letzten Sitzung des Ausschusses –, wie denn die Umverteilung aussehen soll. Sie machen mit Ihrer Formulierung im Rahmen der Haushaltsansätze ja deutlich, dass Sie den Deckel weiterhin nicht anheben wollen. Sie wollen, um im Bild zu bleiben, die Suppe rühren, der Inhalt wird davon weder mehr noch nahrhafter.
Und um ein anderes Beispiel zu bemühen, denn wir sind immer noch bei dem Prinzip der schülerbezogenen Stundenzuweisung, das sich genau in diesem konkreten Fall eben auch so auswirkt: Sehen Sie sich doch die Stundenzuweisungen bei dem diagnostizierten Förderbedarf bei benachteiligten Schülerinnen und Schülern an! Da gibt es Fälle, da sind sechs Förderstunden diagnostiziert als Förderbedarf, es wird aber nur eine halbe Stunde für die individuelle Förderung zugewiesen. Deshalb, meine
sehr verehrten Damen und Herren, gehört die schülerbezogene Stundenzuweisung bezogen auf ihre Transparenz und die Auskömmlichkeit auf den Prüfstand.
Es wird aus unserer Sicht jedenfalls hier deutlich, dass das Agieren der Landesregierung auch bei einem dieser großen Bildungsprobleme, der sprachlichen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, offensichtlich an der Kassenlage ausgerichtet war und ist. Chancengleichheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, das betonen immer alle im Bildungssystem, ist aber die Voraussetzung für chancengerechte Teilhabe in der Gesellschaft. Und dabei hat die Schule eine Schlüsselrolle.
Nötig sind aus unserer Sicht eben deshalb Konzepte, die beständig, langfristig und umfassend angelegt sind. Und es wäre schon sinnvoll gewesen, umfänglicher über die vorgelegte Unterrichtung und Fortschreibung hier zu debattieren, weil wenn man beide Konzepte sozusagen nebeneinanderlegt, dann sieht man schon die Weiterführung auch des Schulversuchs von 2005 bis 2009 der Bund-Länder-Kommission und den daraus abgeleiteten Konsequenzen.
Ich erinnere mal an die Unterrichtung der Landesregierung 2006, in der es hieß, in dem Konzept, dass, wenn der Bund-Länder-Kommissions-Versuch ausläuft, die entsprechenden Aktivitäten der Landesregierung dazu führen sollen, die entsprechenden Umsetzungen weiterzuführen. Davon findet man in der jetzt vorliegenden Unterrichtung nichts.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundlage des vorliegenden Antrages ist also offensichtlich die Unterrichtung der Landesregierung „Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern“. Dort werden unter Punkt 3.2.4 – ich empfehle das Nachlesen – „Schulische Bildung“ die Situation beschrieben und Zielstellungen und Maßnahmen ausgewiesen. In Punkt 4 der entsprechenden Unterrichtung wird darauf verwiesen, dass der Zeitraum von 2006 bis 2010 bewertet wurde und auf dieser Basis die Ziele und Maßnahmen aktualisiert worden sind.
Da das neue Schulgesetz bereits 2009 in Kraft getreten ist, ging ich jedenfalls bisher davon aus, dass die im Schulgesetz ausgewiesenen Anforderungen an die sprachliche Förderung erfasst, bei der Fortschreibung des Konzeptes berücksichtigt und vor allem in der schülerbezogenen Stundenzuweisung auch eingestellt wurden. Jetzt ist klar, das war zumindest bei der schülerbezogenen Stundenzuweisung in diesem Fall nicht so. Und da es nicht genügend Stunden gibt, sind auch die Ziele offensichtlich so nicht mehr zu erreichen. So ist es folgerichtig, dass Ihr Antrag deutlich macht: Es gibt hier einen Nachholbedarf. Mehr Kritik an Ihrer eigenen Landesregierung und vor allem dem Bildungsminister ist allerdings kaum noch möglich.
Meine Damen und Herren, auch wenn die Konzeption nach eigener Darstellung keinen abschließenden Charakter hat, so wird doch oft darauf verwiesen, ich zitiere aus Punkt 4, Seite 64, dass „weitere verlässliche und differenzierte Daten erforderlich (sind), die Auskunft darüber geben, wie sich der Integrationsprozess im Land vollzieht. Die Entwicklung und Erprobung von Integrationsindikatoren soll deshalb in Zukunft einen noch breiteren Raum einnehmen.“ Ende des Zitats.
Es wäre für die Debatte schon nützlich gewesen, wenn Sie wenigstens im geringen Maße die aktuelle Lage bewertet und einige Indikatoren für die weitere Entwicklung abgeleitet hätten. Mit dem heute hier bisher diskutierten allgemeinen Ziel kommen wir in dieser Frage offensichtlich nicht weiter. Und dann kommt noch dazu der Vorgriff auf die bestehende Kreisgebietsreform, die erst und auch nur vielleicht kommt und wo noch gar keine Erfahrungen vorliegen können, wie sich denn diese entsprechenden Umsetzungen realisieren sollen.
Und was wir in Ihrem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren der Koalition, völlig vermissen, ist die Einbeziehung der in diesem Bereich handelnden Personen selbst, der Migrantinnen und Migranten und ihrer Organisationen, in die Fortschreibung dieses Konzepts. In der Unterrichtung sind sie ordnungsgemäß umfänglich als Teilhabe dargestellt. Aber in Ihrem Antrag ignorieren Sie diese völlig. So gibt es seit 2009 das landesweite Netzwerk MIGRANET-MV, in dem sich Migrantenselbstorganisationen zusammengeschlossen haben. Wir sollten folglich nicht über die Migrantinnen und Migranten, sondern zuerst mit ihnen reden.
Und da wir gerade bei Berichterstattung der Landesregierung sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich erwarte, dass Sie zumindest unserem Änderungsantrag, soweit er den Termin betrifft, zustimmen. Denn der Termin für die Berichterstattung der Landesregierung im Bildungsausschuss zum 30. Juni lässt doch ernsthafte Zweifel an der Ernsthaftigkeit Ihres Antrages aufkommen. Die letzte planmäßige Ausschusssitzung findet am 23. Juni statt. Meine Damen und Herren der Koalition, wann wollen Sie denn die Ergebnisse beraten? Irgendwann in der nächsten Legislatur? Ich glaube schon, dass die Verantwortung auch durch dieses Parlament in dieser Frage wahrzunehmen ist.
Eigentlich sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, ja selbst dafür sorgen, dass Ihre Aufträge an das Ministerium auch abgerechnet werden. Das betrifft unter anderem auch, ich darf daran erinnern, Ihren Prüfauftrag vom März zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die integrative Bildung, Drucksache 5/4197. Es gibt dazu noch keine Ergebnisse – zumindest keine, die der Opposition vorliegen.
Dass Sie das alles nicht tun, lässt nur den Schluss zu, sie waren Ihnen oder dem Minister oder Ihnen beiden nicht wirklich wichtig. Ich würde Sie deshalb herzlich bitten, bei diesem Antrag selbst dafür Sorge zu tragen, dass noch innerhalb der Beratungszeit des Bildungsausschusses die Ergebnisse dieser Prüfung, die Sie hier heute beantragen, vorgelegt werden, damit sie einen Sinn machen für die Befassung dieses Parlaments.
Also, Herr Kollege Bluhm, ich verstehe es nicht. Innerhalb von sechs Wochen kommt der Bericht und ich denke mal, das, wo Sie das immer wollen, das ist da. Der Minister hat es zugesagt. Und von der Warte her verstehe ich jetzt Ihre Kritik nicht ganz an dem Termin. Bis
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ich weiß nicht, was vereinbart worden ist. Mit uns ist nichts vereinbart worden.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor dem Hintergrund des von uns in der Legislatur bereits verabschiedeten neuen Schulgesetzes und der individuellen Förderung scheint es uns notwendig, das Konzept zur sprachlichen Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund fortzuschreiben. Zielstellung soll hier nach wie vor die Verbesserung des Erwerbs von Sprachkompetenz sein. Daher liegt Ihnen hier und heute unser gemeinsamer Antrag vor. Ich vertrete die Auffassung, dass das Beherrschen der Landessprache das A und das O im Integrationsprozess ist. Wer nicht will, nicht kann, nicht mitzieht, wird immer ein Fremder bleiben.
Daher bin ich froh, dass die Kinder von Migranten nicht nur ein Schulrecht haben, sondern auch eine Schulpflicht. Und hier in der Schule wollen wir ihnen alle Möglichkeiten geben, Deutsch zu lernen, sich zu integrieren. Nur so können sie lernen und erfahren, wie wertvoll unsere Demokratie ist, und nur so können sie lernen, wie wichtig es ist, diese Demokratie zu unterstützen und zu stärken.
Unser Ziel ist es, zugewanderte und einheimische Schüler so zu fördern, dass für sie die Chancengleichheit in Bildung und Erziehung für gleichwertige Berufs- und Lebensperspektiven hergestellt wird. Die Schüler mit Migrationshintergrund sollen so in unser Bildungssystem integriert werden, dass ihnen ein erfolgreicher Abschluss und der Übergang in eine berufliche Ausbildung ermöglicht wird.
Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund an der Gesamtschülerzahl in den allgemeinbildenden Schulen ist heute hier schon benannt worden. Ich erspare uns das. Er erscheint auf den ersten Blick sehr gering, aber die konkreten Zahlen sprechen doch eine sehr deutliche Sprache. Es sind die Kinder, sie sind uns wichtig. Sie verteilen sich recht gleichmäßig, auch über alle Schularten, und allein – das haben wir auch gehört – 23,9 Prozent dieser Kinder besuchen das Gymnasium.
Einige Maßnahmen zur sprachlichen Förderung sind eingeleitet worden, der Minister hat davon auch berichtet,
und dem schließt sich die CDU-Fraktion an. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.