Gender Budgeting heißt so viel wie geschlechtergerechte Haushaltsaufstellung, Herr Wirtschaftsminister, ist Teil der Strategie des Gender-Mainstreaming, Herr Wirtschaftsminister, und verfolgt die Gleichstellung der Geschlechter in der Finanz- und Haushaltspolitik. Und eigentlich hätte man ja davon ausgehen können, dass die Landesregierung, die ja jetzt schon in der Aufstellungsphase für den nächsten Doppelhaushalt ist, von selber auf die Idee kommt, dieses Element des GenderMainstreaming in die Haushaltspolitik mit einzubringen.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Michael Andrejewski, NPD: Da ist ja auch das Allerwichtigste auf der Welt.)
Aber offensichtlich ist es zumindest im Wirtschaftsressort noch nicht so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gender-Mainstreaming ist in Mecklenburg-Vorpommern als Strategie zur Umsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen fest in das politische Handeln implementiert. Wir haben im Land seit dem Jahr 2000 die Landesgleichstellungskonzeption, die erfolgreich und kontinuierlich fortgeschrieben wird. Im Jahr 2002 fand unter anderem das Aktionsprogramm zur Implementierung von Gender-Mainstreaming im Rahmen des Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramms ASP statt.
Beim Gender Budgeting werden die Einnahmen und Ausgaben öffentlicher Haushalte danach betrachtet, welche Auswirkungen deren Verteilung auf Frauen und Männer hat. Gender Budgeting verfolgt das Ziel, das Haushaltsverfahren im Sinne der Gleichstellung der Geschlechter zu gestalten. Und als positiver Nebeneffekt fördert der Prozess auch die Transparenz in der Verteilung der öffentlichen Mittel.
In der Analyse und Planung der Mittelverteilung muss auch betrachtet werden, welche Wechselwirkungen zwischen den Finanzströmen und weiteren Ressourcen wie Zeit, bezahlte und unbezahlte Arbeit bestehen. Das ist unbedingt erforderlich, da so auch Familien- und Haushaltsarbeit sowie ehrenamtliche Arbeit und Tätigkeiten als Faktoren Berücksichtigung finden müssen. Gender Budgeting, richtig angewendet, sorgt für Geschlechtergerechtigkeit in der Verteilung der öffentlichen Mittel.
Wegen des unmittelbaren Eingriffs in die Finanzströme ist Gender Budgeting ein direktes und zielführendes Instrument der Gender-Mainstreaming-Strategie. Dazu muss gesagt werden, nahezu alle Aktivitäten, die im Sinne von Gender-Mainstreaming stattfinden, ziehen auch haushaltspolitische Veränderungen nach sich, zum Beispiel durch die gezielte Förderung von Frauen- und Mädchen- oder eben auch von Jungen-Projekten.
Durch in den vergangenen Jahren angewandte GenderMainstreaming-Strategien in Mecklenburg-Vorpommern sind die Veränderungen natürlich auch in der Haushaltspolitik vonstatten gegangen. Wir möchten, dass Gender Budgeting als festes Instrument im Haushaltsverfahren des Landes Mecklenburg-Vorpommern implementiert wird. Eine geschlechtergerechte Haushaltsaufstellung kommt somit zum Beispiel auch bei der Prioritätensetzung bei Haushaltseinsparungen zum Tragen. Häufig gehen Einsparungen dann doch zulasten von Frauen oder Frauenprojekten.
Das ist leider auch die Realität bei uns im Land. Frauen sind noch immer in vielen Lebensbereichen benachteiligt. Darüber haben wir ja an dieser Stelle im Plenarsaal in jüngster Zeit Debatten geführt.
Auf den zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen zum 100. Internationalen Frauentag oder auch am Equal Pay Day vor drei Wochen wurde Bilanz gezogen und wieder deutlich, dass wir von einer tatsächlichen Gleichstellung noch meilenweit entfernt sind.
Wie sieht Gender Budgeting in der Praxis aus? Als Grundlage wird zunächst einmal eine gute Datenbasis benötigt. Wir müssen wissen, wie sich die Situation der Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern in den
verschiedenen Lebensbereichen darstellt. Dazu müssen wir vorhandene Daten nutzen, aber auch neue Erkenntnisse gewinnen. Das betonen wir immer wieder. Ich erinnere an unsere Beiträge zum Bericht zum Stand der Gleichstellung im ländlichen Raum oder zum GenderReport für Mecklenburg-Vorpommern.
Eine weitere Grundlage im Gender-Budgeting-Prozess ist die Analyse der Einnahme- und Ausgabensituation des Haushaltes und die Betrachtung der Auswirkungen der Mittelverteilung auf die Frauen und Männer im Land. Diese Erkenntnisse werden zugrunde gelegt, um das Haushaltsverfahren geschlechtergerecht zu gestalten.
Der Gender-Budgeting-Prozess erfolgt im Wesentlichen in drei Schritten: Der erste Schritt ist die Zielsetzung auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse. Der zweite Schritt ist die Durchführung des Haushaltsverfahrens von der Aufstellung des Haushaltes über die Ausführung bis hin zur Abrechnung und Kontrolle. Der dritte Schritt ist die Evaluation. Alle drei Phasen erfolgen dabei nicht anhand einer losen Abfolge, sondern in einem Prozess der ständigen Rückkopplung.
In unserem Antrag fordern wir, die geschlechtergerechte Budgetierung in Mecklenburg-Vorpommern zunächst anhand von Projekten zu erproben,
zum Beispiel in den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit, im Kulturbereich und im Sport. Die entsprechenden Titel und Kapitel des Landeshaushaltes sind dabei einzubeziehen. Die Erfahrungen aus den Projekten sollen dann als Basis für die zukünftige geschlechtergerechte Aufstellung des Landeshaushaltes genutzt werden. Um diesen Prozess kritisch zu begleiten, soll jährlich von der Landesregierung ein Bericht zur Umsetzung von Gender Budgeting vorgelegt werden, der die Fortschritte aufzeigt, aber auch deutlich macht, wo die Schwierigkeiten im Prozess liegen, um Haushaltsempfehlungen abzuleiten.
Bei der Umsetzung von Gender Budgeting in Mecklenburg-Vorpommern kann und sollte auch auf Erfahrungen aus anderen Ländern zurückgegriffen werden. In Berlin wurden bereits zu Beginn der rot-roten Legislaturperiode im Jahr 2002 Beschlüsse zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming und Gender Budgeting im Abgeordnetenhaus und Senat gefasst.
wurden Auflagebeschlüsse zur geschlechtergerechten Haushaltsaufstellung getroffen. Es wurde eine AG Gender Budgeting bei der Senatsverwaltung eingerichtet. Die Grundlage für die Einführung,
die Grundlage für die Einführung von Gender Budgeting in Berlin bildete eine geschlechterdifferenzierte Erhebung von Daten zu 56 Angeboten in den zwölf Berliner Bezirken in den Bereichen Kultur, Bildung, Jugend und Gesundheit sowie zu Aufgaben der Senatsverwaltung.
In Sachsen-Anhalt – vielleicht erinnern Sie sich noch, wer in Sachsen-Anhalt lange Ministerpräsident war, liebe Kollegen von der CDU –, in Sachsen-Anhalt wurde 2004 mit dem exemplarischen Gender-Mainstreaming-Anwendungsprojekt Gender Budgeting im Bereich Jugend begonnen.
Das Projekt soll anhand des entsprechenden Kapitels im Einzelplan 05 das grundsätzliche Verfahren von Gender Budgeting im Landeshaushalt von Sachsen-Anhalt erproben. Es erfolgte zunächst eine Gender-BudgetingAnalyse, bei der die Finanzströme und ihre Wechselwirkungen untersucht wurden.
Damit sollen die mit dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse bei der zukünftigen Haushaltsaufstellung in Sachsen-Anhalt – lieber Kollege, unter Führung der CDU! – genutzt werden.
Weitere Länder wie Bremen haben ebenfalls Projekte initiiert. Im europäischen Ausland haben Staaten wie Großbritannien, Schweden und Österreich Gender Budgeting eingeführt. In Österreich wurde Gender Budgeting im Jahr 2009 als Vorgabe für die Haushaltsführung sogar in die Verfassung aufgenommen und ist somit fest verankertes Instrument im Haushaltsverfahren. Auch in die österreichische Steuerreform fließt der Aspekt des Gender Budgetings mit ein. Und auch in Deutschland wird derzeit an der Einführung von Gender Budgeting gearbeitet. Eine Machbarkeitsstudie für die Bundesebene liegt vor. Vielleicht ist Ihnen das ja entgangen.
Das Europäische Parlament verabschiedete bereits 2002 eine Entschließung zur Aufstellung öffentlicher Haushalte unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten. Gender Budgeting ist damit ein zentraler Pfeiler der EU-Gleichstellungspolitik und spiegelt sich zum Beispiel auch im Bundesprogramm zum Europäischen Sozialfonds wieder. Bei der ESF-Förderung muss laut Artikel 6 der ESFFörderung sichergestellt werden, dass die, ich zitiere, „Chancengleichheit“ von Frauen und Männern „bei der Ausarbeitung, der Durchführung, der Begleitung und der Evaluierung der operationellen Programme gefördert wird“. Zitatende. Auch das ist Gender Budgeting.
am 14. und 15. April, also morgen und übermorgen, findet die Vorkonferenz zur Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder in Kiel statt.
Auf der Tagesordnung steht ein Antrag aus SchleswigHolstein zur Umsetzung von Gender Budgeting. Wer regiert in Schleswig-Holstein?
Wir freuen uns sehr, dass die Parlamentarische Staatssekretärin aus Mecklenburg-Vorpommern, die für Gleichstellungsfragen zuständig ist,
Und weil das so ist, wäre es gut, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, wenn Sie unsere Parlamentarische Staatssekretärin für Gleichstellungsfragen mit einem Votum dieses Landtages ausrüsten und Ja sagen zu unserem vorliegenden Antrag.