Protocol of the Session on March 18, 2011

(Vincent Kokert, CDU: Da, wo Sie immer demonstrieren an der Schiene. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Michael Andrejewski, NPD)

Sie müssen kausal denken und nicht einfach so dazwischenrufen, lieber Herr Kokert.

Das muss der Beginn des schnellen, vollständigen und unumkehrbaren Ausstiegs aus der Atomenergienutzung sein, die Rückkehr zum rot-grünen Atomkonsens reicht nicht aus. Und natürlich müssen wir dahin kommen, dass auch in der ganzen EU diese Erkenntnisse reifen. Gleiche Sicherheitsstandards, wie sie jetzt angestrebt werden, sind für mich eine Selbstverständlichkeit. Eine atomare Wolke macht an keiner Landesgrenze halt.

Und selbstverständlich ist es auch erforderlich, die Endlagerfrage anzugehen. Das fordern ja auch alle Fraktionen unseres Hauses unisono. Dass das nicht einfach ist, zeigt die Tatsache, dass nirgends auf der Welt ein genehmigtes Endlager besteht, nirgendwo.

(Michael Roolf, FDP: Doch, in der DDR gab es das.)

Das ist doch auch völlig verständlich. Niemand will diesen tödlich strahlenden und giftigen Müll auf seinem Territorium haben,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

in der Bundesrepublik auch diejenigen nicht,

(Michael Roolf, FDP: In Russland hat man alles in die Erde gebuddelt.)

die die meisten Meiler haben und die vehementesten Befürworter der Atomenergie sind.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Weder Rot-Grün noch Schwarz-Rot sind dabei vorangekommen. So, wie es jetzt gemacht werden soll, meine Damen und Herren von CDU und FDP, geht es aber auch nicht. Es geht ganz einfach nicht, sich hinzustellen und zu sagen, Gorleben wird es und damit basta, zudem

belegt ist, dass die Salzstöcke nicht, in keinster Weise geeignet sind.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Eine wissenschaftlich begründete und standortoffene Suche muss es geben.

(Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Aber auch in dieser Frage ist es dringend erforderlich, dass zunächst mal die Produktion von noch mehr Atommüll gestoppt wird.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, Sie haben von der Regierungsbank hier nichts zu kommentieren.

Herr Minister, ich bitte doch, auf der Regierungsbank die Diskussion hier zu unterlassen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Vor allen Dingen Beleidigungen zu unterlassen.)

Deutschland hat gute Voraussetzungen, …

Ich meinte den Innenminister.

… die Energieversorgung durch erneuerbare Energien in relativ kurzer Zeit sicherstellen zu können.

(Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Michael Roolf, FDP)

Dazu haben mein Fraktionsvorsitzender, aber auch der Ministerpräsident in der Aktuellen Stunde gesprochen und Vorschläge für nächste dringende Schritte unterbreitet. Darauf gehe ich an der Stelle deshalb nicht näher ein. Die Forderungen beider sind Bestandteil unseres Antrages. Die Bevölkerung in Deutschland verlangt den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie. Diese Forderung ist auch unsere. Dem widmet sich unser Antrag und soll ein Signal des Landesparlaments an die Bevölkerung sein: Wir haben euch verstanden.

Herr Abgeordneter, …

Stimmen Sie unserem Antrag zu!

… die Einbringungszeit ist weit überschritten. Ich bitte, doch, jetzt zum Schluss zu kommen.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Timm von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Auch meine Gedanken sind bei den Menschen in Fukushima, bei denen, die an den zerstörten Reaktoren versuchen zu retten, was zu retten ist, aber natürlich auch bei all denen, die betroffen sind und ihre Wohnungen verlassen mussten oder auch nicht verlassen wollten, in der ganzen Umgebung dort. Wir haben ein wenig Hoffnung, wie wir durch die Nachrichten hören, dadurch, dass die Reparatur des Starkstromkabels geglückt ist. Ob es aber glückt, die Generatoren beziehungsweise die Pumpen und Aggregate wieder anzuschmeißen, wissen wir noch nicht. Japan wird uns lange beschäftigen und beschäftigt uns ja nun auch schon seit einigen Tagen in der Innenpolitik hier, insbesondere in der Energiepolitik in Deutschland und Europa. Und darum geht es ja auch in den beiden Anträgen, die wir jetzt vor uns liegen haben.

Die Bundeskanzlerin hat ein Moratorium von drei Monaten verkündet und will, dass über die Sicherheit an den Atomkraftwerken in Deutschland neu nachgedacht beziehungsweise dass diese neu geprüft werden. Da liest man dann aus der Partei der CDU, aus dem Munde des Fraktionsvorsitzenden Kauder, die betroffene Vorschrift, auf die sich die Bundeskanzlerin beruft, setzt entweder eine konkrete Strahlengefahr für die Bevölkerung oder einen Verstoß der Kraftwerksbetreiber gegen rechtliche Vorschriften voraus. Beides sei nicht erkennbar, sagt die Partei der CDU.

Ich will das alles nicht kommentieren, meine Damen und Herren. Was mich bei diesem Moratorium, das ich letztlich in der Situation, in der wir sind, auch für sinnvoll halte, am meisten stört oder was ich am allermeisten vermisse, ist, dass es nicht dazu genutzt wird oder bislang dazu nicht genutzt wird, einen neuen Energiekonsens zwischen Politik, das heißt Regierung und Opposition, zwischen Politik und Wirtschaft, insbesondere der Energiewirtschaft und zwischen der Wirtschaft und der Bevölkerung herzustellen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Alles redet durcheinander, jeder schimpft auf jeden, aber das, was wir zehn Jahre hatten von 2000 bis 2010 und zerstört wurde, beginnend mit dem sogenannten energiepolitischen Appell, der in allen Tageszeitungen im August 2010 erschienen ist und dann mit dem Vertrag zwischen der Energiewirtschaft und der Bundesregierung, was damit zerstört wurde an Konsens, ist wieder herstellbar,

(Marc Reinhardt, CDU: Da gab es keinen Konsens mit der Opposition.)

wenn man es will, wenn es dazu nutzt. Wenn man es dazu nutzt.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Im „Handelsblatt“ ist ja dazu einiges zu lesen von heute, dass auch die Führung der deutschen Wirtschaft sehr daran interessiert ist, diesen Konsens wiederherzustellen.

(Marc Reinhardt, CDU: Es gab doch gar keinen Konsens.)

Und inzwischen will sich auch keiner mehr darauf ansprechen lassen, was bis vor einer Woche noch als führende Meinung in der Wirtschaft, in der Lobby sozusagen zu diesem energiepolitischen Dissens, der entstanden ist, gesagt wurde.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Meine Damen und Herren, ich will mich auch nicht dazu äußern, ob es hier um die Verlängerung der Restlaufzeiten einiger schwarzer Landesregierungen geht. Das alles ist viel zu flach diskutiert.

(Vincent Kokert, CDU: Die Erkenntnis ist aber genau richtig. Die ist genau richtig. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die Erkenntnis werden Sie ja spätestens an den nächsten Sonntagen haben.

Die entscheidende Frage ist für meine Begriffe die, ob wir sowohl aus der Atomkraft als auch aus den fossilen Energieträgern kontinuierlich, und das heißt geordnet, aussteigen können, wie es ja auch schon festgelegt worden war, mit dem Ziel, die erneuerbaren Energien zu einem und dann zu dem Leistungsenergieträger für alle Energiearten zu machen in Deutschland.

(Rudolf Borchert, SPD: Besser schnellstmöglich und nicht irgendwann.)