Landräte und Landrätinnen des Landes, die Schuldenbremse nur zu akzeptieren, wenn sie kommunalfreundlich sei. Dass diese Befürchtungen nicht mit öffentlichen Versprechungen auszuräumen sind, weil sie eben nicht nur Befürchtungen sind, sondern ganz schnell Realität werden können, zeigen die Debatten in unserem Nachbarland Schleswig-Holstein.
Nachdem die Schuldenbremse für das Land in der Verfassung festgeschrieben steht, diskutiert man jetzt un geniert darüber, diese auch auf die Kommunen auszudehnen.
(Marc Reinhardt, CDU: Ja, weil Sie gerne auf Kosten der nächsten Generation leben, Frau Schwebs, oder?!)
und zwar prinzipiell und ganz konkret in unserer Landesverfassung. Das Deutsche Institut für Urbanistik schätzt allein den Investitionsbedarf im Bereich der kommunalen Infrastruktur bundesweit auf 700 Milliarden Euro. Die Befriedigung dieses Bedarfs ist aber mit einer Schuldenbremse, die direkt auf die Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand wirkt, nicht zu bewältigen. Ausgabenkürzungen im Bereich der kommunalen Infrastruktur auch in unserem Land sind vorprogrammiert und die Wirtschaft wird diese nicht ohne Weiteres ersetzen können. Die Folge wird sein, dass sich die kommunale Infra struktur weiterhin verschlechtert und nachfolgende Generationen damit fertigwerden müssen.
In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf heißt es weiterhin, dass die Schuldenbremse die Voraussetzung für eine „zuverlässige, nachhaltige Finanzpolitik ohne neue Schulden“ sei. Wir, und nicht nur wir, sehen das ganz anders, meine Damen und Herren.
Die Schuldenbremse bremst ganz eindeutig die Zukunft unseres Landes für eine notwendige Entwicklung aus. Sie nimmt dem Land, dem Parlament und der Regierung, aber auch den kommunalen Vertretungen wesentliche Möglichkeiten der Gestaltung der Lebensverhältnisse hier im Land. Die Politik verkommt damit noch mehr zur Verwaltung der vorhandenen finanziellen Mittel. Politisch ist das eine Bankrotterklärung, denn die Schuldenbremse geht zulasten der Spielräume in der Landespolitik, der Spielräume für eine sozial gerechte oder ökologisch nachhaltige Politik in diesem Land.
Wer die Schuldenbremse will, meine Damen und Herren, sei es auf Bundesebene oder auf Landesebene, nimmt den Magerstaat als Ergebnis des Ausgabenverzichts billigend in Kauf. Verlierer auch in unserem Land werden die Kommunen sein, Normalverdiener und sozial Schwache. Es wird weniger Geld für Bildung und Kultur zur Verfügung stehen, an die Stelle der öffentlichen Investitionen werden die für die öffentliche Hand langfristig teureren PPP-Projekte treten, die Lebensqualität wird sinken und die Lebenshaltungskosten für den Einzelnen werden steigen.
Sicher ist es so, meine Damen und Herren, das wissen wir alle, dass die Einnahmen der öffentlichen Hand auf allen Ebenen in den letzten 20 Jahren um zig Milliarden Euro zurückgegangen sind
und die Ausgaben exorbitant gestiegen sind. Aber diese Entwicklung ist nicht vom Himmel gefallen, sondern die Grundlage waren konkrete Gesetzesänderungen der Regierung Kohl, der Regierung Schröder mit Beteiligung der Grünen und auch die CDU und FDP haben jeweils ihren Teil zur Verkürzung der Steuereinnahmen beigetragen.
Und dort gilt es anzusetzen. Das Steuersystem muss umgebaut werden, die Einnahmeseite muss endlich wieder gestärkt werden. Und auch, wenn wir es schon mehrfach von dieser Stelle gefordert haben, will ich es Ihnen nicht ersparen: Höhere Einkünfte und Vermögen müssen stärker besteuert werden, die Unternehmen müssen stärker in die Finanzierung des Staates einbezogen werden und Finanztransaktionen der Steuer unterfallen.
(Rudolf Borchert, SPD: Wenn wir das alles machen, dann können wir auch die Schuldenregel einhalten. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)
Und dann können wir uns eine solche Wachstums- und Investitionsbremse – ich komme auch zu meinen letzten Satz, Herr Präsident –, wenn das alles passiert, dann können wir uns eine Wachstums- und Investitionsbremse, wie sie heute vorgeschlagen wird, sparen.
Weil wir davon ausgehen, dass die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung MecklenburgVorpommern die Verfasstheit dieses Landes erheblich verändern wird, und wir die nicht akzeptieren können, werden wir heute einer Überweisung nicht zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Marc Reinhardt, CDU: Wir müssen die nächsten Generationen vor Ihnen beschützen.)
Um das Wort hat noch einmal gebeten der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.
Ja, liebe Frau Schwebs, ich möchte nicht auf Ihre Argumente eingehen, auch nicht auf das Beispiel mit dem Hochzeitspaar, wobei sich da aufdrängt, dass man natürlich fragen würde, was ist eigentlich mit den Kindern, denn darum geht es ja, sondern es geht mir um Folgendes: Ich verstehe, dass bei dieser Frage, die ja jetzt auch so auf dem Tisch liegt, sehr deutlich wird, wer möchte denn mehr Geld ausgeben, wer möchte mehr Schulden anhäufen, wer möchte das der kommenden Generation aufhalsen. Darum geht es ja.
bei allem Verständnis dafür, dass Sie in dieser wichtigen Frage inhaltlich hart kämpfen. Dafür habe ich volles Verständnis. Ich habe auch Verständnis dafür, dass es Ihr Stil weitgehend ist, dabei zu moralisieren und den Gegner so ein bisschen in das moralische Abseits zu bringen. Das mag ein Stil sein, der Ihrer ist. Was nicht geht, ist, dass Sie nicht die Wahrheit sagen. Das geht nicht. Und die Behauptung, ich sei gegen die Schuldenbremse gewesen und ich hätte die Schuldenbremse nicht gewollt, die ist nicht richtig. Und Sie können das,
Sie können im Einzelnen nachlesen, was ich dazu hier gesagt habe und was ich im Bundesrat gesagt habe. Und, liebe Frau Schwebs, vielleicht ist typisch für das, was Sie gerade behauptet haben, dass Sie nicht ein Zitat von mir gebracht haben, sondern dass Sie so ein bisschen schwammig paraphrasiert haben, als ob das von mir gewesen sein könnte. So ist es nicht, sondern Sie können das bitte im Einzelnen nachlesen.
Ich war in einer sehr schwierigen Situation und auf dem Tisch lag ein komplettes Paket. Und in diesem kompletten Paket war ein Punkt, den ich als Ministerpräsident dieses Landes nicht akzeptieren kann, dass wir in dieser schwierigen Frage des Umgangs mit Schulden, dass Mecklenburg-Vorpommern, nachdem es zwölf Jahre mit großer Anstrengung diesen Kurs gefahren ist, dann plötzlich zum Geberland wird für andere Länder, die nicht diese Anstrengungen gemacht haben, denen es wirtschaftlich besser geht,
die bessere Voraussetzungen haben als wir, die aber nur in der Vergangenheit mehr Schulden angehäuft haben.
Und ich habe damals gesagt, diesem Paket kann man nicht zustimmen, einmal, weil wir zum Geberland werden, und zweitens, weil es überhaupt keine Mechanismen gab. Ich habe gesagt, was wir für Mechanismen machen bei den Kommunen. Es gab keinerlei Mechanismen darin, die dazu führen, dass die Länder, die Kon
Ich habe damals schon drei Beispiele angeführt. Kaum war das durch im Bundesrat, hat eines der Nehmerländer gesagt, jetzt können wir ja 40 Prozent mehr an unsere Lehrer zahlen, das nächste hat gesagt, wir können ja jetzt gemeinsam mit dem Partner die Landesbank für 2 Milliarden konsolidieren, und das dritte Land hat gesagt, wir können für 650 Millionen unsere Stadtwerke kaufen. Das ist ein deutliches Beispiel dafür, dass das alles, was da vereinbart worden ist, den Zweck verfehlt.
Und ich habe immer gesagt, das, was in der Schuldenbremse fest bestehen wird, ist das, was wir in Mecklenburg-Vorpommern seit vielen Jahren tun. Ich habe allerdings auch gesagt, ich würde es für sinnvoll halten, dass das, was da an Verpflichtung ist, eine Selbstverpflichtung hier im Parlament ist. Das tun wir heute mit einiger Verspätung.
Also bei allem Verständnis für den Kampf bitte nichts Falsches behaupten. Lesen Sie es noch mal im Einzelnen nach, dann können wir uns darüber unterhalten. Das wollte ich so nicht im Protokoll stehen lassen. – Vielen Dank.