Protocol of the Session on March 16, 2011

An die Stelle von Trauer traten Unfrieden und Empörung. Und um es hier ganz deutlich zu sagen: Wir brauchen keine demonstrativen Aufmärsche und keine sogenannten Heldengedenkveranstaltungen. Das sind Versuche der Geschichtsklitterung von Rechtsextremisten, die wir nicht zulassen werden.

Die vorgeschlagene Regelung soll es den Landkreisen, Ämtern und Gemeinden in Zukunft erlauben, solche Störungen künftig wirkungsvoller als bisher zu unterbinden. Ganz bewusst wird dabei auf das Gräbergesetz des Bundes verwiesen, denn es geht nicht allein um Kriegsgräberstätten. Es geht um die Gräber all derer, die an den Folgen von Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung gestorben sind. Dazu zählen die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt ebenso wie die der sich anschließenden kommunistischen Willkürmaßnahmen.

Meine Damen und Herren, ich sagte es bereits eingangs und wiederhole mich in diesem Punkt gern: Gräberstätten sind Orte der stillen Einkehr und des ungestörten Gedenkens. Deswegen muss alles, was an diesen Gedenkstätten geschieht, in einem diesem Sinn entsprechenden würdigen Rahmen stattfinden. Aktionen, die andere in ihrem stillen Gedenken stören, sind nicht von der Widmung erfasst und deshalb eben auch unzulässig.

Und selbstverständlich dürfen Gräberstätten auch nicht auf eine Art und Weise in Anspruch genommen werden, bei der Krieg und Gewaltherrschaft verharmlost oder gar verherrlicht werden.

(Stefan Köster, NPD: Wie das immer von Ihnen gemacht wird. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Gräberstätten sind damit auch besondere Orte der gegenseitigen Rücksichtnahme. Deswegen kann der Zugang und der Aufenthalt beispielsweise auch dann eingeschränkt oder vollständig untersagt werden, wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Vorbereitung oder Durchführung einer Gedenkveranstaltung gestört oder beeinträchtigt würde.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Jeder hat das Recht, auf Gräberstätten zu trauern, solange er bereit ist, deren Würde zu achten und die Regeln des Anstandes nicht zu verletzen.

(Michael Andrejewski, NPD: Und das richtige Parteibuch hat.)

Das Gräberstättengesetz wird auch die tägliche Arbeit der örtlichen Ordnungsbehörden und der Polizei erleichtern. Durch den in Paragraf 2 festgelegten Widmungszweck wird der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Bezug auf Gräberstätten konkretisiert. Das

erleichtert die Anwendung der ordnungsrechtlichen Generalklausel des Paragrafen 13 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. So können zum Beispiel auch Aktionen außerhalb der Gräberstätte verboten werden, wenn sie den Widmungszweck stören. Außerdem werden Vorschriften geschaffen, die das Versammlungsrecht ergänzen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Landtag und Landesregierung treten jeder Form von Extremismus entschlossen entgegen. Gesetze wie das neue Wahlgesetz oder das Landesbeamtengesetz fordern deswegen von denjenigen, die für Ämter kandidieren oder Ämter im öffentlichen Dienst anstreben oder innehaben, zu Recht ein klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, denn sie ist in Deutschland seit Jahrzehnten das Fundament für Frieden, für Freiheit und für Demokratie.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Rückbesinnung auf Krieg und Gewaltherrschaft hilft, sich dieser elementaren Bedeutung immer wieder bewusst zu werden.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Gräberstätten bieten dafür die Gelegenheit. Ein Gesetz zu ihrem Schutz ist deshalb auch eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den politischen Extremismus.

Ich wünsche mir, dass das Gesetz möglichst zügig den jeweiligen Ordnungsbehörden und der Polizei zur Verfügung steht, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von den Koalitionsfraktionen vorgestellte und eingebrachte Gesetzentwurf enthält eigentlich Selbstverständlichkeiten – eigentlich. Danach sind Gräberstätten als Orte der stillen Einkehr und des ungestörten Gedenkens der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gewidmet. Der Zugang zu und der Aufenthalt auf Gräberstätten wird nur im Rahmen der Widmung gewährt. So weit klar.

Klar dürfte damit auch sein, dass der Zugang zu Gräberstätten eingeschränkt werden kann, wenn durch bestimmte Handlungen und Einwirkungen diesem Widmungszweck widersprochen wird. So wird in der Gesetzesbegründung – auch aus Sicht meiner Fraktion völlig zu Recht – formuliert, dass Gräberstätten „nicht in einer Art und Weise in Anspruch genommen werden (dürfen)“, die einer „Verharmlosung oder Verherrlichung von Kriegen oder gar Gewaltherrschaften“ dienen, oder dass „Handlungen, die der stillen Einkehr entgegenwirken, … als störend anzusehen (sind)“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aussagen halte ich für Selbstverständlichkeiten – eigentlich. Leider gibt es aber auch in Mecklenburg-Vorpommern Parteien und Gruppierungen, für die Gräberstätten nicht dazu dienen, der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in besonderer Weise zu gedenken und für zukünftige Generationen die

Erinnerung daran wachzuhalten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben, so, wie es im Gräbergesetz des Bundes steht. Nein, vielmehr nutzen insbesondere Vertreter der NPD gerade solche Orte, um ihre Ideologie zu propagieren.

(Tino Müller, NPD: Das klingt nach 8. Mai.)

Ich nenne nur wenige schlagwortartige Beispiele für den Geschichtsrevisionismus der Rechtsextremisten. Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS werden als Helden gefeiert,

(Stefan Köster, NPD: Richtig.)

der Geist von Liebe zur Heimattreue und Gehorsam wird gepredigt,

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, und?)

Vertreter des NS-Regimes werden rehabilitiert beziehungsweise – wie bei Rudolf-Heß-Gedenkmärschen – geehrt.

(Stefan Köster, NPD: Auch in Ordnung.)

Die Bombardierung von Dresden wird als Bombenholocaust dargestellt.

Einen Moment, Herr Ritter.

Herr Abgeordneter Köster, Ihre Anmerkungen weise ich auf das Entschiedenste zurück. Ich betrachte das als eine gröbliche Verletzung der Würde des Hohen Hauses und ermahne Sie hier nachdrücklich, das zu unterlassen.

Die Bombardierung von Dresden wird als Bombenholocaust dargestellt.

(Michael Andrejewski, NPD: Völlig richtig.)

Die angebliche Einseitigkeit des Gedenkens der Opfer des Holocaust wird kritisiert oder Gedenkfahrten nach Auschwitz werden als „steuerfinanzierter Sühnetourismus“ bezeichnet, wie der sicherlich von Ihnen geschätzte NPD-Abgeordnete des Sächsischen Landtages Jürgen Gansel bemerkte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gedenkveranstaltungen mit derartigen Intentionen werden auf dem Rücken der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft ausgetragen. Das brauchen wir nicht und das wollen wir nicht und das werden wir nicht hinnehmen. Deswegen steht meine Fraktion der Initiative der Koalitionäre offen gegenüber, die Möglichkeiten einer Verhinderung solcher Veranstaltungen zu verbessern.

(Stefan Köster, NPD: Sie stehen ja allem offen, was andere verfolgt.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Dinge möchte ich aber vorab für den weiteren Beratungsverlauf anmerken. Zum einen ist für die Zustimmung meiner Fraktion eine Voraussetzung, dass Ansprachen oder künstlerische Darbietungen auch an Gräberstätten grundsätzlich weiterhin möglich sein müssen. Nach der Gesetzesbegründung soll dies bei Darbietungen „in einem ruhigen und würdigen Rahmen“ möglich sein. Das ist schon einmal beruhigend. Ich lege aber Wert darauf, dass wir im weiteren Verfahren noch mal dieses klar herausstellen und gegebenenfalls nachbessern.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Zum Zweiten will ich anmerken, dass im Gesetzentwurf bislang nicht genau definiert ist, wann sonstige Ein

richtungen oder Anlagen „in einem engen räumlichen Zusammenhang mit einer Gräberstätte“ stehen. Ich denke, das ist für die Umsetzung und für uns alle wichtig, dass auch dieser Punkt genau im Gesetz definiert wird. Auch sie sollen ja, also diese Einrichtungen und Anlagen, vom Anwendungsbereich des Gräberstättengesetzes erfasst sein. Und es bedarf der Rechtsklarheit in dieser Frage. Wenn der Gesetzgeber, also wir hier nicht tätig werden, sollte zumindest die Landesregierung durch Rechtsverordnung diesen Bereich näher bestimmen.

Die Fraktion DIE LINKE stimmt einer Überweisung in den Innenausschuss zu und wir würden uns auch freuen, wenn wir mit der Beratung dieses Gesetzentwurfes zügig zu Ende kommen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Timm für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab ärgerliche und es gibt ärgerliche und empörende Anlässe – einige sind hier auch schon beschrieben worden –, die zu diesen Überlegungen geführt haben, die dem Gesetzentwurf zugrunde liegen. Eigentlich, und da gebe ich Herrn Ritter völlig recht, ist es beschämend, dass wir so einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen müssen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber er muss eben eingebracht werden. Und ich bin sehr gespannt, wie er in Zweiter Lesung dieses Haus verlässt.