Protocol of the Session on January 28, 2011

Liebe Frau Kollegin Schwebs, ich weiß, wie schwer das manchmal sein kann, zu Anträgen zu reden, um dann hinterher in der einen oder anderen Richtung doch noch zu dieser oder jener Stellungnahme für eine abschließende …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da sprechen Sie aus Erfahrung.)

Ich spreche da auch aus Erfahrung, Herr Kollege Holter, genau.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Genau, das kennen wir. Und trotzdem hatte Sie recht. Ja, das ist so.)

Ich will gar nicht auf meinen vorbereiteten Redetext eingehen. Ich will tatsächlich mal die Gelegenheit nutzen und auf Ihre Rede eingehen, Frau Kollegin Schwebs, weil das, was an inhaltlichen Schwierigkeiten und auch an Problemen, aber auch an Chancen im Zusammenhang mit dieser Verkehrsverbindung nicht nur für die Region, sondern auch für breite Teile bis nach Berlin und darüber hinaus zur Verfügung steht, ist durch den Verkehrsminister hier deutlich gemacht worden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Bei Frau Schwebs auch.)

Und ich denke, es muss nicht alles, was offensichtlich in einem breiten Konsens als gut befunden wird, dann an dieser Stelle zerredet werden.

Frau Kollegin Schwebs, man kann sich natürlich immer hinstellen und sagen, dieser oder jener Antrag ist ein populistischer, weil zwar alle dafür sind, aber auch alle sehen, dass da Schwierigkeiten dabei sind. Aber auf der anderen Seite ist es Aufgabe dieses Parlamentes – und ich habe das gestern gemeinsam mit dem Kollegen Specht auch noch einmal gegenüber einer Gruppe von Schülern aus Rostock ausgeführt –,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nur wenn wir Anträge stellen, dann ist es nicht Aufgabe des Parlaments, dann ist es Aufgabe der Regierung.)

natürlich auch die Wünsche, die Interessenlagen, die Bedürfnisse der Menschen in diesem Land aufzunehmen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Dann ist die Regierung schon dabei.)

sie zu artikulieren und dadurch natürlich auch einen entsprechenden Rückhalt deutlich zu machen, auch gegenüber anderen außerhalb dieses Bundeslandes.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Den fordern wir auch oft ein.)

Dieser Antrag der Koalitionsfraktionen heute ist gerade angesichts der Schwierigkeiten, die es natürlich bei der Umsetzung eines solchen Vorhabens gibt, als Unterstützung all derjenigen gedacht, die sich schon seit Jahren für dieses Vorhaben einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Was ist immer mit den Regelsätzen?)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, wir alle wissen, welche Schwierigkeiten da bestehen.

Und, Frau Kollegin Schwebs, wir sind beide zusammen auf einer Veranstaltung der Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern in Wolgast gewesen, wo mit den Beteiligten vor Ort …

(Egbert Liskow, CDU: In Anklam, in Anklam.)

Der Kollege Liskow ist auch dabei gewesen.

In Anklam, Entschuldigung, in Anklam ist es gewesen und der Kollege Liskow war auch mit dabei, sonst hätte er den Ort jetzt auch nicht korrigieren können.

Wenn Sie sich daran erinnern, dann sind es sowohl der Verkehrsminister, aber auch ich gewesen, die den Menschen dort genau gesagt hat, was machbar ist und was nicht machbar ist. Deswegen haben wir, glaube ich, das Recht an dieser Stelle, als Koalitionsfraktionen deutlich zu machen, dass dort trotz aller Schwierigkeiten auch eine politische Unterstützung aus den Landtagsfraktionen da ist, eine uneingeschränkte politische Unterstützung.

Aber ich will in diesem Zusammenhang auch noch einmal die Bedenken aufgreifen, die Sie eben angesprochen haben. Sie haben einmal gesagt, man kann hier dieses Projekt nicht gegen andere Projekte abwägen, ob es nun die Strecke Lübeck–Bad Kleinen–Schwerin bis weiter nach Magdeburg ist, ob es der Ausbau einer Strecke zwischen Rostock und Berlin ist oder andere Vorhaben, auch Straßenverkehrsvorhaben in diesem Land. Das ist auch nicht nötig. Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland wohl kaum ein Parlament, das sich allen Ernstes hinstellt und sagt, wir machen im vorauseilendem Gehorsam gegenüber egal welcher Bundesregierung – das hat weder was mit FDP, CDU oder SPD zu tun –, gegenüber irgendeiner Bundesregierung eine Streichliste, die sagt, das wollen wir alles nicht.

Wir haben die Verbindung, über die wir gestern gesprochen haben, zwischen Lübeck und Bad Kleinen. Und Sie, Frau Kollegin Schwebs, wissen, dass die bereits heute Teil des VDE Nr. 1 ist und von Anfang an vorgesehen war, die auch zum Beispiel zweigleisig auszubauen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, aber die steht auf dem Abstellgleis. Auch das muss man dazusagen.)

Da das bis heute nicht geschehen ist, ist es unsere Pflicht, das an dieser Stelle im Parlament zu monieren. Sie wissen, dass wir uns seit Jahren in diesem Parlament für den Ausbau anderer Verkehrsstrecken in allen Teilen dieses Landes, die Teil des Bundesverkehrswegeplanes sind, immer wieder vehement einsetzen. Und auch das ist unsere Pflicht. Und genauso ist es unsere Pflicht auch, wenn in einer Region wie Usedom deutlich wird, dass es dort ein verkehrspolitisches Bedürfnis ist, dieses entsprechend zu unterstützen.

Und in diesem Zusammenhang erlauben Sie mir dann auch noch eine Aussage, die ich für wichtig halte. Wir unterstützen es, weil wir eine schnelle Fernverkehrsverbindung wollen. Was wir nicht wollen – und ich glaube, das ist auch durch den Verkehrsminister noch einmal deutlich gemacht worden –, ist, dass der Bund, auch egal welche Bundesregierung es ist, Herr Kollege Roolf,

(Michael Roolf, FDP: Ich habe doch gar nichts gesagt. Um Gottes willen!)

bevor Sie sich da wieder möglicherweise aufregen, sich hinstellt und sagt, macht es doch als Nahverkehrsverbindung. Wir können es nicht als Nahverkehrsverbindung finanzieren

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

und wir wollen es auch nicht als Nahverkehrsverbindung finanzieren, weil wir heute bereits als Aufgabenträger im Bereich des Nahverkehrs Verbindungen finanzieren, die vom Norden Deutschlands bis in den südlichen Teil von Brandenburg oder Sachsen-Anhalt führen. Das ist kein Nahverkehr. Und eine Verbindung zwischen Heringsdorf und Berlin ist auch kein Nahverkehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Wir wollen dort keinen Bummelzug, der an jeder Milchkanne hält, sondern wir wollen eine Verbindung haben – und dafür setzen sich auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ein –, die es den Berlinern ermöglicht, schnell nach Usedom zu kommen und dort ihre Zeit und auch ihr Geld zu lassen.

(Michael Roolf, FDP: Frauen dürfen nicht mitfahren. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Und, meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund muss man sich auch im Klaren darüber sein, dass es natürlich bei der Bewertung eines Kosten-NutzenVerhältnisses durch die Bundesregierung nicht angehen kann, wenn dort bereits bestehender Güterverkehr nicht mit einbezogen wird. Wollen wir doch mal ehrlich sein, bei Schienenverkehrsstrecken, auf denen es keinen Güterverkehr gibt, da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie bauen eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für den ICE –

(Michael Roolf, FDP: Transrapid.)

ich glaube, so eine Trasse wollen nicht mal die Use domer haben – oder der andere Fall ist, dass das Gefälle oder die Steigungsraten so hoch sind, dass der Güterverkehr nicht kommt. Ich glaube, das lassen die topografischen Verhältnisse auf Usedom dann auch nicht zu.

(Heinz Müller, SPD: Wohl kaum.)

Dann müssten wir vielleicht zwischendurch noch eine Achterbahn installieren.

(Heinz Müller, SPD: Aber für die Achterbahn haben wir einen Spezialisten bei den LINKEN.)

Transrapid ist, glaube ich, auch keine ernsthafte Variante.

Also, wir wollen natürlich eine Strecke, über die hinterher auch selbstverständlich Güterverkehr fließen wird, und das muss dann auch entsprechend in die Berechnungen mit einbezogen werden. Aber das darf nicht dazu führen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, und damit möchte ich dann auch meinen Redebeitrag beenden, dass wir an dieser Stelle sagen, wir wollen jetzt mal zurück von dem Thema Fernverkehr, sondern wir sind auch bereit, mit dem Bundesverkehrsministerium darüber zu diskutieren, dass letztendlich auf Kosten dieses Landes eine Nahverkehrsverbindung geschaffen würde. Das würde weder eine Landesregierung oder ein Landesparlament in Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen tun, das würde auch kein Landesparlament oder eine Landesregierung in Nordrhein-Westfalen oder in

Hamburg tun. Und ich denke, es ist auch nicht Aufgabe dieses Landesparlamentes und dieser Landesregierung, das im vorauseilenden Gehorsam gegenüber einer Regierung in Berlin zu tun, egal welcher politischen Couleur sie ist.

In diesem Zusammenhang, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann auch von meiner Seite noch mal die Bitte um eine breite Unterstützung. Wenn Sie es breit unterstützen, bringen Sie damit letztendlich zum Ausdruck, dass es auch aus Ihrer Sicht ein sinnvoller Antrag ist. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDPFraktion Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte im Vorfeld gern eine Reaktion auf unseren Änderungsantrag gehabt, aber vielleicht kommt das noch, weil der Aspekt, den wir mit einbezogen haben, dass wir dringlichst eben auch die …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Warum tragen wir denn eine gelbe Schleife, Herr Roolf?)

Wegen Afghanistan, Herr Holter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Darf man das in diesem Parlament an die Brust heften?)

In diesem Augenblick wird unseren Soldaten in Afghanistan der Rücken durch den Deutschen Bundestag gestärkt. Deshalb trage ich diese Schleife.